Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108930/2/Bi/Be

Linz, 15.04.2003

 

 

 VwSen-108930/2/Bi/Be Linz, am 15. April 2003

DVR.0690392
 

 
 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W, vom 20. März 2003 gegen die Höhe der mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Steyr-Land vom 11. März 2003, VerkR96-851-2003, wegen Übertretung der StVO 1960 verhängten Strafe zu Recht erkannt:
 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 436 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 7 Tage herabgesetzt werden.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich daher auf 43,60 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 20 und 19 VStG,

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1a StVO 1960 eine Geldstrafe von 872 Euro (16 Tagen EFS) verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 87,20 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

 

3. Der Bw ersucht um Reduzierung der Strafe um 50 % mit der Begründung, er habe an diesem Abend versucht, für seine schwerkranke Mutter, die er seit vier Jahren pflege, eine mentale Hilfestellung zu finden. Er nehme selbst seit Jahren Schmerzmedikamente (ua Parkamed, Voltaren, Aktivanat mit 16 Vol% Alkohol). Die Alkoholkonzentration sei nicht hoch gewesen, aber durch diese Mittel verstärkt worden. Am 26. Februar 2003 sei seine Mutter verstorben. Die Begräbniskosten von 3.500 Euro und die Klinikkosten in Deutschland seien von ihm beglichen worden. Er ersuche daher um Nachlass in seiner psychisch und finanziell angespannten Situation.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Aus der Anzeige geht hervor, dass der Bw als Lenker eines Pkw in Steyr auf der Ennser Straße um 2.06 Uhr des 23. Februar 2003 auffiel, wobei Anhaltspunkte für Alkohol bestanden. Der Meldungsleger RI H, der sich gerade in der Nähe befand, hielt den Bw nach einer Nachfahrt auf der Ennser Straße in der Rooseveltstraße 14 an und stellte deutliche Alkoholisierungssymptome fest, worauf der Bw angab, zwischen 00.30 und 1.00 Uhr eine Halbe Bier getrunken zu haben. Der um 2.32 Uhr und 2.34 Uhr durchgeführte Alkotest mit dem geeichten Alkomat Siemens W580 ergab Atemalkoholwerte von 0,72 mg/l und 0,75 mg/l. Der Bw machte keine Angaben über von ihm eingenommene Medikamente.

 

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Bw eine Übertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1a StVO 1960 mit einem Atemalkoholgehalt von
0,72 mg/l zur Last gelegt, wobei hinsichtlich der Strafhöhe die bisherige Unbescholtenheit als mildernd, kein Umstand als erschwerend sowie die finanzielle Situation (1.235 Euro Einkommen, Sorgepflichten für die Mutter und kein Vermögen) berücksichtigt wurde. Zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 20 VStG geht aus dem Straferkenntnis nicht hervor.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Der Strafrahmen des § 99 Abs.1a StVO 1960 reicht von 872 Euro bis 4.360 Euro Geldstrafe bzw für den Fall der Uneinbringlichkeit von 10 Tagen bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

 

Die über den Bw verhängte Strafe entspricht der gesetzlichen Mindeststrafe, dh eine Herabsetzung wäre nur über eine außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG möglich. Demnach kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Der 1963 geborene Bw hat laut Vormerkungsverzeichnis eine nicht einschlägige Vormerkung vom September 2003 wegen § 52a Z10a StVO (36 Euro), dh einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Wegen der Geringfügigkeit dieser Vormerkung kann noch von einer relativen Unbescholtenheit ausgegangen werden, die einen Milderungsgrund darstellt. Als weiterer strafmildernder Umstand ist seine angesichts des schlechten Gesundheitszustandes der Mutter, der Nachtzeit und des Umstandes, dass der Bw allein war, absolut verständliche und nachvollziehbare Verzweiflung anzunehmen, die als "allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung" im Sinne des § 34 Abs.1 Z8 StGB zu verstehen ist, die den Bw dazu gebracht hat, die ihm offensichtlich ansonsten sehr wohl bewussten Schranken - in Bezug auf Alkohol scheint bei ihm bisher nichts auf - kurzfristig zu vergessen.

Erschwerungsgründe waren nicht zu finden, sodass die genannten Milderungsgründe - nicht schon allein wegen der Anzahl, sondern aus Überlegungen der Gewichtung - zweifellos beträchtlich überwiegen.

 

Insgesamt ist daher von einem Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 VStG auszugehen und der Strafbemessung ein Strafrahmen von 436 Euro bis 4.360 Euro Geldstrafe bzw 5 Tagen bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe zugrundezulegen.

 

Innerhalb dieses Strafrahmens ist die nunmehr verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung angemessen, wobei die vom Bw angeführten finanziellen Verhältnisse berücksichtigt wurden, allerdings nicht bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

§ 20 VStG gegeben (keine Erschwerungsgründe, Unbescholtenheit, schlechter Gesundheitszustand der Mutter, die 3 Tage später gestorben ist, Nachweis und Alleinsein = allg. begreifliche heftige Gemütsbewegung, gemäß § 34 Abs.1+8 StGB als mildernde Umstände, die beträchtliche Überwiegung) Ô Mindeststrafe gerechtfertigt

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