Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108938/2/Bi/Be

Linz, 07.08.2003

 

 

 VwSen-108938/2/Bi/Be Linz, am 7. August 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M, vom 14. März 2003 gegen Punkt 3) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 21. Februar 2003, VerkR96-7134-2002/Her, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 3) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs. 1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 52aZ4 lit.c iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 2) §§ 102 Abs.1 und 134 Abs.1 KFG iVm Art.15 Abs.2 EG-VO 3821/85 und 3) §§ 102 Abs.1 und 134 Abs.1 KFG iVm Art.15 Abs.7 EG-VO 3821/85 Geldstrafen von 1) 150 Euro (3 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe), 2) 200 Euro (4 Tagen EFS) und 3) 350 Euro (7 Tagen EFS) verhängt, weil er am 4. Oktober 2002 gegen 16.00 Uhr das Sattelkraftfahrzeug, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug und Sattelanhänger,

1) auf der A25 Linzer Autobahn auf Höhe von km im Bereich der Ausfahrt Wels-Ost, Fahrtrichtung Suben, gelenkt und auf einer Straßenstelle, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten für Lastkraftfahrzeuge über 7,5 Tonnen in der Zeit von 5.00 Uhr bis 22.00 Uhr" gekennzeichnet sei, ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt habe,

2) auf der A8 Innkreisautobahn in Fahrtrichtung S gelenkt habe, wobei anlässlich einer Kontrolle auf Höhe von km 18.192 im Gemeindegebiet von


Krenglbach festgestellt worden sei, dass er im Kontrollgerät kein Schaublatt eingelegt gehabt habe

3) und auf Verlangen des Kontrollorganes das Schaublatt der laufenden Woche sowie des letzten Tages der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren sei, nicht vorgelegt habe.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von 70 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, ihm sei nicht Gelegenheit gegeben worden, zu beweisen, dass er den Lkw nur von Linz abgeholt habe und die Tage zuvor seiner Tätigkeit als Chef seiner Firma zu Hause im Büro tätig gewesen sei. Von ihm könne nicht verlangt werden, dass er Tachoscheiben aushändige, die er nicht besitze. Das zu belegen sei in Deutschland kein Problem. Den Verstoß, keine Tachoscheibe eingelegt gehabt zu haben, habe er schon zugegeben und tue dies hier noch einmal.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

 

Laut Anzeige hat sich der Bw, der als Lenker des genannten Sattelkraftfahrzeuges angehalten wurde, gegenüber RI M, einem Beamten der Autobahngendarmerie Wels, geweigert, den Namen des Lenkers mitzuteilen, der das Sattelkraftfahrzeug bis Linz gelenkt habe. Weiters habe er die Aushändigung des Frachtbriefes verweigert, da auf diesem die Abladestelle und der Frachtnehmer ersichtlich gewesen wären, vermutlich weil diese Angaben seine Verantwortung als unwahr widerlegt hätten. Der Bw habe keine Ruhezeit nachweisen können, weshalb eine solche angeordnet, das Sattelkfz am Parkplatz Oberham Nord abgestellt und die beiden Zulassungsscheine abgenommen worden seien. Der Bw habe angekündigt einen Ersatzfahrer herbeizuholen, der die Fahrt fortsetze. Als der Beamte eine Stunde später wieder zum Parkplatz gekommen sei, sei das Sattelkfz nicht mehr da gewesen. Über den Verbleib der beiden Zulassungsscheine sei das Landratsamt Hassfurt in Kenntnis gesetzt worden.

 

Der Bw hat im Einspruch gegen die Strafverfügung der Erstinstanz vom 4. November 2002 angegeben, er habe nicht im Überholverbotsbereich überholt, sondern nach



dem Aufhebungsschild. Er verlange eine Videoaufzeichnung. Es sei richtig, dass er kein Schaublatt eingelegt gehabt habe, das habe er vergessen. Er habe die Schaublätter der Vorwoche bzw der vorherigen Tage nicht vorlegen können, da er im Büro gearbeitet habe. Er habe den Beamten angeboten, darüber eine Bestätigung auszustellen, was diese aber nicht gewollt hätten. In Deutschland sei so etwas möglich.

Der Meldungsleger RI Moser hat bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 23. Dezember 2003 dazu ausgeführt, er habe selbst den Überholvorgang innerhalb des Verbotsbereiches ohne jeden Zweifel wahrgenommen. Das fehlende Schaublatt vom Vorfallstag, dem 4. Oktober 2002 (Freitag), habe der Bw nicht bestritten, jedoch die Schaublätter der vorherigen Tage nicht vorweisen können. Er habe angeboten, selbst eine Bestätigung über das Nichtlenken auszustellen, zumal er erst in Linz weggefahren sei. Auf die Aufforderung des Beamten, den Namen des Fahrers zu nennen, der den Sattelzug nach Linz gelenkt habe, habe der Bw geantwortet, das ginge die Beamten nichts an; mit der selben Begründung sei auch die Vorlage des Frachtbriefes verweigert worden.

Weiters seien die Zulassungsscheine abgenommen und vereinbart worden, dass nach dem Eintreffen des Ersatzfahrers der Bw die Autobahngendarmerie Wels verständigen werde. Die Beamten wären zum Anhalteort gekommen und hätten die Zulassungsscheine dem Bw dann ausgefolgt. Der Bw hätte eine 9stündige Ruhezeit einlegen müssen. Nach einer Stunde seien sie am genannten Parkplatz vorbeigekommen und der Sattelzug sei nicht mehr da gewesen.

Zu dieser Zeugenaussage hat sich der Bw trotz Parteiengehör gar nicht erst geäußert und in der Berufung kein Wort mehr zum vorgeworfenen Verstoß gegen das Überholverbot verloren und das (ohnehin feststehende) Fehlen des Schaublattes vom 4. Oktober 2002 auch nicht bestritten. Die Punkte 1) und 2) des Straferkenntnisses sind demnach in Rechtskraft erwachsen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl.Nr.L370 vom 31. Dezember 1985, S1 sowie der Verordnung (EWG) Nr.3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl.Nr.L370 vom 31. Dezember 1985, S8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr.3572/90, Abl.Nr.L353 vom 17. Dezember 1990, S12, zuwiderhandelt.

 

Gemäß Art.15 Abs.7 EG-VO 3821/85 muss der Fahrer dem zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit das Schaublatt für die laufende Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen können.

 

Zum Berufungsvorbringen zu Punkt 3) ist zu sagen, dass Art.15 Abs.7 EU-VO 3821/85 nur vom "Fahrer" spricht, ohne zu unterscheiden, ob der Fahrer der Unternehmer selbst oder sein Arbeitnehmer ist. Wenn der Fahrer die oben bezeichneten Schaublätter nicht vorlegen kann, weil er nicht selbst gefahren ist, ist er gehalten, zum Aufforderungszeitpunkt entsprechende Unterlagen vorzulegen, die zum einen seine Behauptungen nachvollziehbar machen und von einem Zeitpunkt vor der Beanstandung stammen. Dabei ist auch zu bedenken, dass es dem Kontrollbeamten unmittelbar am Ort der Anhaltung nicht möglich ist, die Angaben des Fahrers zu überprüfen, wenn dieser keine solchen Unterlagen vorweisen kann und beharrlich die Bekanntgabe von Namen und nähere Angaben zum Zweck der Fahrt verweigert. Daher war es auch, wie im gegenständlichen Fall, nicht überprüfbar, ob der Bw tatsächlich nicht gefahren ist, selbst wenn sich dieser selbst (jetzt in seiner Eigenschaft als Unternehmer) bei der Beanstandung eine Bestätigung ausgestellt hätte.

Dass die Bestimmungen des Art.15 EG-VO 3821/85 keine Unterscheidung treffen, ob der Fahrer Arbeitnehmer oder der Unternehmer selbst ist, ist darin begründet, dass diese Bestimmungen der Dokumentation von Lenk- und Ruhezeiten dienen, um die Einhaltung entsprechender Pausen zu gewährleisten und überlange Lenkzeiten zu verhindern, die die Verkehrssicherheit massiv gefährden können. Da der Zweck dieser Bestimmungen jeden "Fahrer", sohin auch den Unternehmer selbst, trifft - wenn dieser infolge Übermüdung einen Verkehrsunfall verursacht, sind die Folgen auch nicht geringer als bei einem Arbeitnehmer, bei dem zusätzlich noch Arbeitszeitüberlegungen zum Tragen kommen - waren diese Bestimmungen selbstverständlich auch auf den Bw anzuwenden.

 

Im gegenständlichen Fall hat der Bw zum Kontrollzeitpunkt weder die genannten Schaublätter vorgewiesen noch eine seine Angaben für die Zeit von Montag, 30. September 2002, bis Donnerstag, 3. Oktober 2002, glaubhaft und nachvollziehbar zu machen vermocht. Das Ausfüllen einer Bestätigung aufgrund der Beanstandung war ebenfalls nicht zielführend, weil diese bereits bei der Beanstandung vorhanden sein muss. Der Bw hat daher zweifellos das ihm zur Last gelegte Verhalten verwirklicht, zumal von einer Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens iSd § 5 Abs.1 VStG nicht die Rede sein kann.

Sein Berufungsvorbringen, ihm möge doch Gelegenheit gegeben werden, entsprechende Unterlagen vorzulegen, geht schon deshalb ins Leere, weil diese Gelegenheit schon seit 4. Oktober 2002 bestanden hätte und es sich um EG-Bestimmungen handelt, die selbstverständlich auch in Deutschland gelten und er auch dort seine Lenk- und Ruhezeiten penibel nachweisen muss.

 

 

 

 

Über den Bw kann aber (bedauerlicherweise) keine Strafe verhängt werden:
§ 134 Abs.1 KFG 1967 weist nur Zuwiderhandlungen gegen die Verordnung (EWG) Nr.3821/85 in der Fassung der Verordnung (EGW) Nr.3572/90, Abl.Nr. L353 vom 17. Dezember 1990, S12, als Verwaltungsübertretung aus.

Die Verordnung (EG) Nr.2135/98 vom 24. September 1998 trat am 10. Oktober 1998 in Kraft und hat Art.15 Abs.7 der Verordnung (EWG) Nr.3821/85 geändert. Mangels Novellierung des § 134 Abs.1 KFG ist das tatbestandsmäßige Verhalten des Bw nicht mit Strafe bedroht, zumal § 134a KFG 1967 ("Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese, sofern nichts anderes ausdrücklich angeordnet wird, in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.") nicht für Verweise auf Verordnungen, internationale Abkommen, EG-RL, EG-VO, ECE-R oder ÖNORMEN gilt (vgl Grundtner, KFG, 5. Auflage, Wien 1998, S 909; ebenso VwSen-107992/2/SR/Ri vom 7.1.2002, uva).

 

Auf dieser Grundlage war mit der Verfahrenseinstellung gemäß § 45 Abs.1 Z1 2.Alt. VStG - ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen - vorzugehen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Beilagen

 

Mag. Bissenberger

 
 

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