Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-240371/2/Gf/Km

Linz, 03.07.2000

VwSen-240371/2/Gf/Km Linz, am 3. Juli 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der I M, vertreten durch Dr. K H K, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 9. Mai 2000, Zl. 101-4/9-330107636, wegen einer Übertretung des AIDS-Gesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 9. Mai 2000, Zl. 101-4/9-330107636, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage) verhängt, weil sie "am 17.2.2000 um 00.45 Uhr (Kontrolle durch die Kriminalpolizei Wels) in W, in der F in der F die Prostitution gewerbsmäßig ausgeübt" habe, ohne dass sie sich zuvor einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion unterzogen hätte; dadurch habe sie eine Übertretung des § 4 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 Z. 2 des AIDS-Gesetzes, BGBl.Nr. 728/1993, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 117/1999 (im Folgenden: AIDS-G), begangen, weshalb sie nach der letztgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihr am 29. Mai 2000 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 10. Juni 2000 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass die der Rechtsmittelwerberin angelastete Verwaltungsübertretung aufgrund entsprechender Wahrnehmungen im Zuge einer Polizeikontrolle als erwiesen anzusehen sei und von der Berufungswerberin auch nicht bestritten werde.

Im Zuge der Strafbemessung sei ihre bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu beurteilen gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; infolge der Unterlassung einer entsprechenden Mitwirkung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 10.000 S).

2.2. Dagegen wendet die Beschwerdeführerin unter Vorlage eines entsprechenden Ausweises ein, dass sie sich beginnend mit dem 2. Februar 2000 jedenfalls bis zum 22. März 2000 ohnehin regelmäßig der gesetzlich vorgeschriebenen Untersuchung unterzogen habe.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates Linz zu Zl. 101-4/9-330107636; da bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt zu klären war und ein entsprechender Parteienantrag nicht gestellt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 9 Abs. 1 Z. 2 AIDS-G begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, der gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper duldet, ohne sich vor der Aufnahme dieser Tätigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung gemäß § 4 Abs. 2 AIDS-G zu unterziehen.

Nach § 4 Abs. 2 AIDS-G haben sich Personen vor der Duldung gewerbsmäßiger sexueller Handlungen am eigenen Körper einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion zu unterziehen.

4.2. Im gegenständlichen Fall hat die Rechtsmittelwerberin einen vom Gesundheitsamt des Magistrates der Stadt Linz gemäß § 2 der Verordnung BGBl.Nr. 314/1974 ausgestellten Ausweis vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass sie sich beginnend am 2. Februar 2000 einer HIV-Untersuchung unterzogen und diese in Abständen von einer Woche, darunter insbesondere am 16. Februar 2000 - also einen Tag vor der Tat -, wiederholte.

Daraus geht zweifelsfrei hervor, dass die Beschwerdeführerin die ihr angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

4.3. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Rechtsmittelwerberin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. G r o f