Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108984/16/Bi/Be

Linz, 27.05.2003

 

 

 VwSen-108984/16/Bi/Be Linz, am 27. Mai 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Z, vertreten durch RA Mag. K-M vom 7. April 2003 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 27. März 2003, VerkR96-5166-2003, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, auf Grund des Ergebnisses der am 15. Mai 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 2) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt wird.

Im Punkt 1) wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

  1. Im Punkt 2) entfällt jeglicher Verfahrenskostenersatz.

Der Rechtsmittelwerber hat im Punkt 1) zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 232 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 19 und 45 Abs.1 Z1 VStG,

zu II.: §§ 64 ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

zu I.:

Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 Geldstrafen von 1) 1.160 Euro (384 Stunden = 16 Tage EFS) und 2) 70 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am



22. November 2002 um 2.10 Uhr den Pkw, Kz, im Gemeindegebiet von Windhaag/Perg auf der 1426 Rechberger Straße, Strkm 10.200,

  1. in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (gemessener Alkoholgehalt der Atemluft 0,99 mg/l) gelenkt habe.
  2. Er habe es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallsbeteiligten unterblieben sei.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 123 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 15. Mai 2003 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines rechtsfreundlichen Vertreters RA Mag. K-M, der Zeugen W, H, RI B und Meldungsleger GI K (Ml) durchgeführt. Der Vertreter der Erstinstanz, W, hat sein Fernbleiben entschuldigt; der ordnungsgemäß geladene Zeuge C ist unentschuldigt nicht erschienen. Auf die mündlichen Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3. Der Bw bestreitet im Wesentlichen, den auf ihn zugelassenen Pkw zum Tatzeitpunkt gelenkt zu haben und verweist darauf, sein Neffe W, der vor dem Lenken des Fahrzeuges keine alkoholischen Getränke zu sich genommen gehabt habe, habe den Pkw von Windhaag/Perg nach Perg zum genannten Lokal gelenkt gehabt. Von einem Verkehrsunfall oder einem Gegenverkehr, der ausweichen habe müssen, sei ihm ebenso wie dem Zeugen W nichts aufgefallen. Er habe keinen Grund gehabt, der Aufforderung zum Alkotest nicht Folge zu leisten, da er nicht beabsichtigt habe, den Pkw zurück nach Windhaag zu lenken. Der angeblich Unfallgeschädigte habe bislang keinen Schadenersatz geltend gemacht und er habe ihm auch nicht ermöglicht, den Schaden auch nur zu sehen. Auch am angeblichen Unfallsort seien keine Spuren zu sehen gewesen. Die Strafanzeige wegen der angeblichen Verletzungen des Zeugen sei nach § 90 StPO zurückgelegt worden. Beantragt wird die Einvernahme der Zeugen W, H und C, insgesamt die Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw sowie sein rechtsfreundlicher Vertreter


gehört, die Ausführungen der Erstinstanz berücksichtigt und die genannten Zeugen - bis auf den nicht erschienenen Zeugen C, auf dessen Einvernahme verzichtet wurde - unter Hinweis auf Entschlagungsrechte und die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen sowie ein Ortsaugenschein bei km 10.200 der R Straße durchgeführt wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw hielt sich am Abend des 21. November 2002, einem Donnerstag, etwa ab 22.00 Uhr im Gasthaus H in Windhaag/Perg auf, wo er nach glaubhafter Aussage des Zeugen H etwa 5 Halbe Bier bis zur Sperrstunde um 1.30 Uhr zu sich nahm. Sein Neffe, der Zeuge W, kam nach ihm ins Gasthaus und verließ dieses zusammen mit dem Bw, nachdem er nur Mineralwasser und Kaffee getrunken hatte. Beide beschlossen, noch nach Perg ins Lokal Openhour zu fahren.

Nach den Aussagen des Bw und des Zeugen W in der mündlichen Verhandlung lenkte der Zeuge W den Pkw des Bw, Kz., nach Perg, wobei sich der Zeuge zwar an einen Gegenverkehr beim Ortsende Windhaag erinnerte; jedoch fiel ihm nicht auf, dass der Lenker des entgegen kommenden Fahrzeuges ausweichen und dabei sogar auf die Böschung fahren habe müssen.

Der Bw und der Zeuge W befanden sich etwa 15 Minuten im Lokal in Perg - das wurde RI B im Lokal auf Nachfrage mitgeteilt ebenso wie, dass der Bw dort erst vom ersten bestellten Bier einmal getrunken hatte - als die beiden Gendarmeriebeamten GI K, dem der Bw persönlich bekannt war, und RI Baumgartner im Lokal nach dem Zulassungsbesitzer des davor abgestellten Pkw, , fragten. Die Amtshandlung mit dem Bw wurde vom Ml vor dem Lokal weitergeführt. Der Ml teilte dem Bw mit, dass der Zeuge C beim GP Perg Anzeige gegen den Lenker des Pkw erstattet habe, weil ihn dieser gegen 2.10 Uhr des 22. November 2002 auf der R Straße in seiner Fahrtrichtung am Ortsbeginn Windhaag zum Ausweichen auf die Böschung genötigt habe. Dabei sei der rechte Vorderreifen und die Felge am Pkw des Zeugen beschädigt worden. Da der Lenker die Fahrt fortgesetzt habe, ohne sich um den Zeugen zu kümmern, sei dieser dem Pkw bis nach Perg nachgefahren und habe sofort Anzeige erstattet.

Der Bw gab gegenüber dem Ml an, er sei sicher nicht um 2.10 Uhr dort unterwegs gewesen und wisse nichts von einem Unfall. Er gab an, schon etwa zwei Stunden im Lokal zu sein und dort acht gespritzte Weißwein getrunken zu haben - in der Verhandlung reduzierte er die Zeit auf etwa 45 Minuten. Da er anklingen ließ, dass nicht er gefahren sei, aber auf dezidierte Nachfrage des Ml den Lenker nicht nannte, forderte der zu Amtshandlungen gemäß § 5 StVO speziell geschulte und behördlich ermächtigte Ml den Bw wegen des offensichtlichen Alkoholgeruchs seiner Atemluft zum Alkotest auf, worauf dieser antwortete, dann müsse er eben einen solchen über sich ergehen lassen.






Der Alkotest wurde um 3.23 Uhr bzw 3.25 Uhr beim GP Perg durchgeführt und ergab Atemalkoholwerte von 0,99 mg/l bzw 1,00 mg/l, worauf dem Bw der Führerschein und die Autoschlüssel abgenommen wurden.

Den beiden Gendarmeriebeamten fiel der Zeuge W zwar auf, jedoch wurde dessen Nachfrage, warum der Bw zum GP mitfahren müsse, vom Ml als Einmischung in die Amtshandlung gewertet. Der Ml bestätigte aber, er habe schon gesagt, dass es um das Lenken des Pkw zu einer bestimmten Zeit gehe, aber er konnte nicht sagen, ob der Zeuge das mitbekommen habe, weil ihm aufgefallen sei, dass dieser schlecht höre; auf eine Alkoholisierung habe er das nicht zurückgeführt.

 

Der Zeuge W blieb während des Alkotests mit dem Bw im Lokal. Nach seiner Rückkehr ins Lokal erzählte der Bw seinem Neffen, dass mit ihm ein Alkotest durchgeführt worden und ihm Schlüssel und Führerschein abgenommen worden sei. Der Zeuge fragte nach eigenen Angaben aber nicht nach dem Grund, weil der Bw ihm gesagt habe, er werde sich alles am nächsten Tag holen, zumal sie ohnehin mit dem Taxi heimfahren wollten, was sie dann auch getan haben.

 

Nach der Darstellung des Bw versuchte dieser am Freitag, dem 22. November 2002, Schlüssel und Führerschein beim GP Perg abzuholen, was dort aber mit der Begründung abgelehnt worden sei, die beiden Beamten seien nicht im Dienst und der Akt bereits bei der Erstinstanz. Der Bw hat nach eigenen Angaben weder am Freitag noch am Samstag, als er von der ärztlichen Bestätigung des Zeugen C über beim Unfall erlittene Verletzungen erfuhr, einen anderen Lenker für den Unfallszeitpunkt benannt. Begründet hat er das damit, er habe den Neffen heraushalten und sich mit einem Rechtsanwalt beraten wollen. Die Verletzungsanzeige des Zeugen C wurde vom Gemeindearzt Dr. S am 23. November 2002 ausgestellt, wobei der Zeuge auch an diesem Tag, Samstag, beim GP einvernommen wurde. Am Freitag hat der Bw nach Angaben des Zeugen W diesem kurz vor dessen Nachtschicht erstmals mitgeteilt, dass es um den Lenker seines Pkw zur Unfallzeit gehe. Eine "Richtigstellung" des Lenkers bei der Gendarmerie oder der Erstinstanz haben beide nach eigenen Angaben mangels jeglicher Erfahrung in solchen Angelegenheiten nicht in Erwägung gezogen.

 

Die Alkoholanzeige des Ml wurde der Erstinstanz am 28. November 2002 übermittelt; erst am Montag, dem 2. Dezember 2002, also 11 Tage nach dem Vorfall, hat der Bw beim GP Perg als damaligen Lenker seinen Neffen W bekanntgegeben, laut seinen Angaben auf Anraten seines Rechtsvertreters.

 

Beide Gendarmeriebeamte haben zeugenschaftlich bestätigt, dass der Pkw des Zeugen C insofern beschädigt war, dass diese Beschädigung von einem Auffahren auf einen Randstein stammen konnte; allerdings wurden im Bereich der angegebenen Unfallstelle damit übereinstimmende Spuren nicht gefunden.



Beim Ortsaugenschein im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurde festgestellt, dass sich ca bei km 10.200 der R Straße aus Richtung Perg kommend rechts ein Randstein befindet, an den eine Wiesenböschung anschließt.

 

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates zu der Auffassung, dass das Nachfahrmanöver und die Unfallsanzeige bezogen auf den Lenker des Pkw durch den Zeugen C um 2.30 Uhr in der Nacht sicher nicht ohne Grund erfolgt sind, sondern wohl wegen eines Vorfalls im Begegnungsverkehr. RI B hat die Beschädigung am Reifen des Pkw selbst gesehen und ein Zustandekommen durch ein solches wie das geschilderte Fahrmanöver für möglich gehalten, auch wenn Spuren in der Wiesenböschung trotz weichem Boden nicht zu finden waren.

Nach Aussage von RI B ergab sich die Richtigkeit der angegebenen Lenkzeit 2.10 Uhr auch aus den Aussagen der Lokalinhaberin, der Bw sei erst ca
15 Minuten im Lokal. Der letzte Alkoholkonsum vor dem Alkotest wurde für ca 2.30 Uhr angegeben. Die Fahrzeit vom Ortsende Windhaag zum Lokal in Perg beträgt keine 10 Minuten, dh die Angaben von RI B, für ihn sei die angegebene Unfallzeit 2.10 Uhr auch ohne Nachprüfen der Wärme der Motorhaube glaubhaft gewesen, sind nachvollziehbar. Dass das Gasthaus H minutengenau um
1.30 Uhr geschlossen wurde, hat nicht einmal dieser behauptet.

 

Fest steht auch, dass die Angaben des Bw bei der Amtshandlung gänzlich unglaubwürdig sind. Sein angeblicher Nachtrunk von acht gespritzten Weißwein während seines angeblich schon zweistündigen Aufenthaltes im Lokal Openhour wurde durch die sofortigen Erhebungen von RI B widerlegt. Dass der Bw erheblich alkoholisiert war, steht außer Zweifel; der beim Alkotest um 3.23 Uhr erzielte günstigste AAG von 0,99 mg/l wurde nie angezweifelt.

Zur Lenkverantwortung des Bw ist zu sagen, dass RI B auf ausdrückliche Befragung hin aussagte, er habe nicht den Eindruck gehabt, dass jemand anderer gefahren sei, der Bw habe nur die Lenkzeit abgestritten.

Der Ml, der nach eigenen Angaben den Bw seit langer Zeit kennt und solche Amtshandlungen noch nie mit ihm zu führen hatte, versuchte in der Verhandlung augenscheinlich, dem Bw möglichst nicht zu schaden, wobei auch seinem persönlichen Eindruck nichts entgegen zu halten ist, der Bw habe sich auf einen anderen Lenker ausgeredet, diesen aber trotz ausdrücklicher Befragung nicht nennen wollen, - immerhin führten die beiden Beamten die Amtshandlung zumindest im Lokal in Perg getrennt, aber nicht mehr beim GP Perg.

In objektiver Hinsicht bestand jedoch für die Befürchtung des Bw, seinen Neffen in etwas "hineinzuziehen", überhaupt kein Anlass. Nach übereinstimmenden Aussagen trank der Zeuge W vor dem Unfallzeitpunkt ja nur Kaffee und Wasser, dh bei ihm bestand gar kein Anlass für die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung um


2.10 Uhr. Auch wenn der Zeuge H eingeräumt hat, der Bw und der Zeuge W würden sein Gasthaus öfter besuchen - wobei erfahrungsgemäß Gastwirte keine Aussagen machen, die Stammgästen (noch dazu von selben Ort) zum Nachteil im Hinblick auf eine eventuelle Alkoholisierung gereichen könnten - so ist auch den beiden Gendarmeriebeamten beim Zeugen keine augenscheinliche Alkoholisierung aufgefallen, wobei ein eventueller Alkoholkonsum im Lokal in Perg abgezogen werden hätte müssen.

Warum der Bw also nicht sofort den Zeugen W als Lenker bezeichnet hat, diesen auch nicht am darauffolgenden Tag und auch nicht bis 2. Dezember genannt hat, lässt sich nicht allein mit dem erst einzuholenden Rat des Rechtsvertreters und auch nicht mit einer Unerfahrenheit in solchen Angelegenheiten erklären. Dem Bw musste als Inhaber einer Lenkberechtigung bekannt sein, dass das Lenken eines Fahrzeuges in keiner Weise strafbar ist, wenn der Lenker keinen Alkohol konsumiert hat, wie im gegenständlichen Fall der Zeuge W - wenn er tatsächlich der Lenker war. Diesem war schon aus den Erzählungen des Bw bekannt, dass dieser wegen eines Verkehrsunfalles einen Alkotest absolviert hat und ihm die Fahrzeugschlüssel und der Führerschein abgenommen wurden. Auch wenn der Ml ausdrücklich betont hat, er könne nicht sagen, ob der Zeuge W seine Mitteilung, dass gegen den Bw Anzeige wegen eines Verkehrsunfalles auf der Fahrt von Windhaag nach Perg erstattet worden sei, die der Zeuge auch zuordnen konnte, verstanden hat, weil er "schlecht höre", so ist das Verhalten des Zeugen W, nämlich sich nicht als Lenker zu deklarieren, nur unter dem Gesichtspunkt nachvollziehbar, dass er nicht der Lenker war.

Richtig ist, dass der Zeuge bei seiner Einvernahme in der mündlichen Verhandlung nachgefragt hat, wenn er etwas nicht verstanden hat. Er war aber zweifelsohne in der Lage, der Befragung zu folgen und die an ihn gestellten Fragen ausführlich zu beantworten. Dass er von den Gendarmen nicht ausdrücklich gefragt wurde, ob vielleicht er der Lenker gewesen sei, liegt auf der Hand, zumal ihn die Beamten nicht zuordnen konnten und ihn daher für einen sich in eine Amtshandlung einmischenden Lokalgast hielten.

 

Dass der Bw, der genügend Gelegenheit gehabt hätte, sich mit dem Zeugen W zu beraten und den Lenker, wäre dieser tatsächlich der Lenker auf der in Rede stehenden Fahrt gewesen, sofort bei der Gendarmerie richtig zustellen, solches offenbar nicht für erforderlich hielt, spricht nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates sehr dafür, dass der Bw selbst den Pkw gelenkt hat. Für jeden Inhaber einer Lenkberechtigung ist vorhersehbar, dass bei einem niedrigsten AAG von 0,99 mg/l sicher nicht am nächsten Tag der Führerschein wieder ausgefolgt wird und er das Ganze "vergessen" könne, wie der Bw dem Zeugen W nach dessen Aussage mitgeteilt habe. Abgesehen davon hat RI B betont, der Bw habe ihm gegenüber nur den Lenkzeitpunkt 2.10 Uhr bestritten, nicht aber, dass er selbst der Lenker gewesen sei. Die Aussage des Ml, der Bw habe wegen der Person des


Lenkers zuerst herumgeredet, dann aber den Alkotest absolviert und Führerschein und Schlüssel mit der Bemerkung abgegeben, dann müsse er das über sich ergehen lassen, spricht ebenfalls dafür, dass der Bw tatsächlich der Lenker um 2.10 Uhr war, jedoch versucht hat, den ihm persönlich bekannten Ml günstig zu stimmen. Als dieser ihm jedoch erklärte, er sei verpflichtet, ihn zum Alkotest aufzufordern, da er ja keinen anderer Lenker nennen könne, absolvierte der Bw den Alkotest.

Der VwGH vertritt in ständiger Rechtsprechung, der sich im gegenständlichen Fall der Unabhängige Verwaltungssenat anschließt, die Auffassung, dass die angesichts der erstmaligen Konfrontation mit einem Tatvorwurf gemachten Angaben der Wahrheit am nächsten kommen. Der Bw war nicht in der Lage, einen anderen Lenker zu nennen; die erst viel spätere Aussage, sein Neffe sei der Lenker gewesen, ist im zeitlichen Zusammenhang gesehen nicht nachvollziehbar. Warum der Bw die Zeit, die er bis zum Eintreffen der Gendarmeriebeamten im Lokal in Perg verbracht hat, mit über zwei Stunden und seinen Nachtrunk mit 8 gespritzten Weißwein angegeben hat, konnte er in der Verhandlung selbst nicht erklären. Er war bei der Amtshandlung jedoch nicht derart alkoholisiert, dass er nicht mehr in der Lage gewesen wäre, dem Gespräch mit den Beamten zu folgen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat geht im Rahmen der freien Beweiswürdigung aus all den oben genannten Überlegungen davon aus, dass der Bw selbst seinen Pkw um 2.10 Uhr des 22. November 2002 gelenkt hat. Auch ist davon auszugehen, dass es dabei im Bereich des Ortsendes von Windhaag, dh etwa bei km 10.200 der R Straße zu einem Vorfall mit dem Pkw des Zeugen C gekommen ist, zumal der Zeuge sonst keinen Grund gehabt hätte, dem Pkw nachzufahren und den Lenker zur Anzeige zu bringen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zum Vorwurf gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1 lit.a StVO 1960:

Gemäß § 5 Abs.1 leg.cit. darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 %o oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 %o oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

 

Der Bw hat bei dem um 3.23 Uhr des 22. November 2002 mittels geeichtem Atemluftmessgerät Siemens Alcomat M52052/A15, GeräteNr W03-504, letzte Überprüfung am 6. Juni 2002, einen günstigsten Wert von 0,99 mg/l AAG erzielt. Der Atemalkoholwert wurde nicht in Zweifel gezogen.



Bezogen auf die Lenkzeit 2.10 Uhr wäre pro Stunde mit 0,05 mg/l AAG rückzurechnen, was zu einem Wert von 1,04 mg/l AAG führen würde. Davon wäre der Nachtrunk im Lokal in Perg abzuziehen, wobei nach Aussage von RI B laut Erhebungen im Lokal der Bw von einer Halben Bier einmal getrunken hatte. Eine Halbe Bier hätte beim Bw einen BAG von 0,28 %o zur Folge (20 g Ethanol : reduziertes Körpergewicht 100 x 0,7 = 70 kg), dh umgerechnet nach dem im § 5 Abs.1 StVO vorgegebenen Umrechnungsfaktor von 2:1 0,14 mg/l AAG. Billigt man dem Bw zu, die Hälfte der Halben Bier bereits getrunken zu haben, ergäbe das 0,07 mg/l, die von 1,04 mg/l abzuziehen wären, ds 0,97 mg/l. Auch wenn der Bw bereits das Bier zur Gänze ausgetrunken hätte, läge ein AAG über 0,8 mg/l für 2.10 Uhr vor (1,04 mg/l - 0,14 mg/l = 0,90 mg/l).

 

Auf der Grundlage des durchgeführten Beweisverfahrens besteht seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates kein Zweifel, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, zumal ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens iSd
§ 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 von 1.162 Euro bis 5.813 Euro Geldstrafe bzw für den Fall der Uneinbringlichkeit von zwei bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Die Erstinstanz hat - zutreffend - weder mildernde noch erschwerende Umstände berücksichtigt und eine Geldstrafe verhängt, die sogar unterhalb des gesetzlichen Strafrahmens liegt, obwohl die Voraussetzungen des § 20 VStG nicht vorliegen und diese Bestimmung auch nicht angewendet wurde. Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz damit den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessenspielraum in irgend einer Weise überschritten hätte. Die Strafe entspricht auch insofern den finanziellen Verhältnissen des Bw, als diese der Schätzung laut Schreiben der Erstinstanz vom 3. Dezember 2002 (1.100 Euro netto monatlich, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) nicht widersprochen hat.

Die Ersatzfreiheitsstrafe liegt ebenfalls an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens. Es steht dem Bw frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Strafe in Teilbeträgen zu bezahlen, anzusuchen.

Vor allem soll die Strafe den Bw dazu anhalten, in Zukunft kein Fahrzeug mehr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu lenken.

 

Zum Vorwurf gemäß §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960:

Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs.2 lit.a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere ... den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Schaden nicht meldet.



Gemäß § 4 Abs.5 leg.cit. haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die im Abs.1 genannten Personen - ds alle, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht - die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl Erk v 28.9.1988, 88/02/0058, v 26.5.1993, 92/03/0125, ua) setzt die Meldepflicht des § 4 Abs.5 StVO nicht unbedingt das positive Wissen um einen Verkehrsunfall mit Sachschaden und vom ursächlichen Zusammenhang voraus, sondern es genügt, wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können. Der Tatbestand des § 4 Abs.5 StVO ist daher schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein
gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte.

 

Im gegenständlichen Fall hat das Beweisverfahren ergeben, dass zwar der Bw um ca 2.10 Uhr des 22. November 2002 von Windhaag nach Perg gefahren ist und dabei die Stelle passieren musste, die der Zeuge C als Unfallstelle angegeben hat. Zwar hat der Pkw des Zeugen eine Beschädigung im Bereich des rechten vorderen Reifens samt Felge aufgewiesen, die RI B auch als möglicherweise beim beschriebenen Fahrmanöver entstanden bestätigt hat, jedoch ergab sich kein Hinweis auf einen genauen Unfallsort, weil weder Spuren in der Böschung noch am Randstein zu finden waren.

 

Der Zeuge C ist zur Verhandlung ohne Angabe von Gründen nicht erschienen, sodass seine Angaben im Rahmen der Anzeige nicht nachvollziehbar sind. Es ist daher nicht auszuschließen, dass der Bw, sollte er tatsächlich an diesem Vorfall ursächlich beteiligt gewesen sein, möglicherweise ein Abkommen des Pkw des Zeugen von der R Straße nicht bemerkt hat und trotz gehöriger Aufmerksamkeit auch nicht bemerken musste. Die R Straße beschreibt dort in Fahrtrichtung Perg anschließend an km 10.200 eine Kurvenkombination, die die Sicht auf den Unfallsort zu beeinträchtigen in der Lage ist, sodass auch nicht auszuschließen ist, dass der Bw von einem tatsächlichen Abkommen des Pkw C von der R Straße ohne sein Verschulden nichts mitbekommen hat.

Aus dieser Überlegung war im Zweifel der Berufung im Punkt 2) Folge zu geben und gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG spruchgemäß zu entscheiden.

 



zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz bzw dessen Entfall im Punkt 2) ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 
 

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