Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109001/5/Fra/Ka

Linz, 13.08.2003

 

 

 VwSen-109001/5/Fra/Ka Linz, am 13. August 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn FL, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 9.4.2003, Zl. S-47.343/02-3, betreffend Übertretung des § 52 lit.a Z1 StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z3 VStG; § 66 Abs.1 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:
 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 52 lit.a Z1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 36 Euro (EFS 18 Stunden) verhängt, weil er am 22.7.2002 um 17.00 Uhr in Linz, Glögglweg, aus Richtung Prinz-Eugen-Str. kommend, Fahrtrichtung stadtauswärts zum Straßenzug Hittmairstr. als Lenker des Kfz, Kz.: das Verbotszeichen "Fahrverbot (in beiden Richtungen) mit Zusatztafel "ausgenommen Anliegerverkehr" nicht beachtet hat. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung.

 

Der Bw bringt vor, es sei richtig, dass er am 22.7.2002 um 17.00 Uhr den Glögglweg aus Richtung Prinz Eugen-Straße kommend in Fahrtrichtung zur Hittmairstraße befahren habe. Als Rechtfertigung führe er an, dass er zwar das Fahrverbot gesehen habe, ihm jedoch der auf der Zusatztafel angeführte Begriff "Anliegerverkehr" nicht verständlich gewesen sei. Ihm sei der Begriff "Anrainer" bekannt. Bei diesem handle es sich um Besitzer angrenzender Liegenschaften oder Inhaber, Mieter bzw Verfügungsberechtigte von Wohnungen. Den Begriff "Anliegerverkehr" kenne er nicht. Bei der Besichtigung der Fahrverbotszone habe er festgestellt, dass die Zone in Höhe der Ing. Stern-Straße 8 mit der Zusatztafel "ausgenommen Anliegeverkehr" beschildert wurde. Wer nun ein oder was ein "Anliege" und folglich "Anliegeverkehr" ist, sei ihm rätselhaft und nicht begreiflich. Im Duden sei zum Begriff "Anlieger" festgehalten, dass es sich dabei um den deutschen Ausdruck für den Begriff "Anrainer" handelt. Da es sich bei den Begriffen "Anliegerverkehr und Anliegeverkehr" um keine im österr. Sprachgebrauch verwendeten Wörter handelt, sei ihm deren Bedeutung als ein in Österreich geborener und lebender Mensch nicht bekannt. Er ersuche deshalb um Einstellung des Verfahrens.

 

3. Die Bundespolizeidirektion hat das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Dieser hat durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) erwogen:

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 3.10.1984, Zl.84/03/0079, ausgeführt, dass das Straßenverkehrszeichen Fahrverbot (in beiden Richtungen) mit der Zusatztafel "ausgenommen Anrainerverkehr" bedeutet, dass auch der Fahrzeugverkehr für die Anrainer und zu den Anrainern (zB. Eigentümern, Mietern) für Besucher und Angestellte eines Anrainers zulässig ist. Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.3.1991, Zl.90/10/0029, kann der Schluss abgeleitet werden, dass er den Begriff "Anliegerverkehr" mit dem Begriff "Anrainerverkehr" meritorisch gleichsetzt. In Österreich ist sowohl der Begriff "Anrainer" als auch der Begriff "Anlieger" gebräuchlich, wenn auch dem Bw zuzustimmen ist, dass der Begriff "Anrainer" häufig verwendet wird. Die Ausführungen des Bw überzeugen daher insgesamt nicht. Dennoch ist sein Rechtsmittel aus folgenden Gründen erfolgreich:

 

Der Spruch des Straferkenntnisses muss die als erwiesen angenommene Tat mit allen Merkmalen des gesetzlichen Tatbestandes enthalten. Die Regelung des § 44a Z1 VStG erfordert somit, die als erwiesen angenommene Tat im Spruch entsprechend zu konkretisieren, wozu es der Anführung aller Tatbestandsmerkmale bedarf, die zur Individualisierung und Konkretisierung des Verhaltens erforderlich sind. Zu dieser Konkretisierung des Tatvorwurfes ist die individualisierte Beschreibung jener Handlungen erforderlich, die dem Täter als inkriminiertes Verhalten zur Last gelegt wird. Der Spruch ist so hinreichend zu konkretisieren, dass über den Inhalt dessen, was dem Beschuldigten zum Vorwurf gemacht wird, kein Zweifel bestehen kann. In Strafsachen bedeutet dies die Umschreibung des konkreten Sachverhaltes. Dem angefochtenen Spruch ist nicht zu entnehmen, inwiefern der Bw als Lenker des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges das zitierte Verbot nicht beachtet hat. Aus der Anzeige der BPD Linz vom 22.7.2002 könnte dieser Sachverhalt zwar entnommen werden, doch wurde dieser in einer behördlichen Verfolgungshandlung dem Bw während der Verfolgungsverjährungsfrist nicht vorgehalten. Es existiert zwar noch die Strafverfügung vom 9.1.2003. In dieser findet sich jedoch dieselbe Umschreibung wie im angefochtenen Straferkenntnis. Laut Akt wurde dem Bw die oa Anzeige innerhalb der o.a. Frist nicht vorgehalten. Es existiert daher keine behördliche Umschreibung, in welcher konkreter Form der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand verwirklicht hat. Hinzuzufügen ist, dass der Bw selbst bei Durchfahren durch die Verbotszone ohne anzuhalten nicht zwingend der Tatbestand erfüllt hätte, weil es denkmöglich wäre, dass der Fahrzeuglenker mit der Absicht in die Straße eingefahren ist, um beispielsweise einen Anwohner aufzusuchen. Diesbezüglich würde ein erlaubter Anliegerverkehr vorliegen. Dieser würde auch dadurch nicht zum verbotenen Durchgangsverkehr, wenn der Straßenbenützer nun entgegen seiner ursprünglichen Absicht in der Straße nicht anhält, etwa, weil eine Parkmöglichkeit nicht besteht etc. Diesbezüglich hätte es Ermittlungen bedurft. Darauf aufbauend hätte dem Bw der konkrete Sachverhalt vorgehalten werden müssen, mit dem der Bw laut angefochtenem Schuldspruch den ihm zur Last gelegten Tatbestand verwirklicht hat.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 
4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.
 
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. F r a g n e r

 
 

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