Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109035/11/Bi/Be

Linz, 10.07.2003

 

 

 VwSen-109035/11/Bi/Be Linz, am 10. Juli 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Mag.M, vom 5. Mai 2003 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 10. April 2003, Verkr96-17-2001-Br, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen oder eines Barauslagenersatzes eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG, § 5a Abs.2 StVO.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1b iVm 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 581 Euro (8 Tagen EFS) verhängt, weil er am 20. November 2001 (gemeint: 2000) um 16.45 Uhr auf der B310 bei Strkm 55.270 bei der Grenzkontrollstelle Wullowitz, Gemeinde Leopoldschlag in Richtung Freistadt den Pkw in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 58,10 Euro auferlegt und
65 Euro als Ersatz der Barauslagen für die Kosten einer klinischen Untersuchung.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht - am Tag des Zustellversuches bzw der Hinterlegung, dem 16. April 2003, war er nachweislich ortsabwesend - Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen



mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, der Nachweis von Kokain weise nicht unmittelbar auf eine Beeinträchtigung durch diese Substanz hin, da Kokain bis zu
5 Tagen im Harn nachweisbar sei und eine nachgewiesene Beeinträchtigung spätestens nach 2 bis 24 Stunden ende. Sein Konsum müsse mindestens
24 Stunden zurückgelegen sein. Der Amtsarzt habe ihn auch zuerst für fahrtauglich erklärt. Der Harntest sei später beim Grenzposten ohne Beisein des Amtsarztes erfolgt und das 6 Stunden nach seiner Anhaltung, was auch bekräftige, dass er nicht offensichtlich beeinträchtigt gewesen sei. Er habe außerdem zwei Tage später einen negativ verlaufenden Harntest erhalten, den er nachbringen könne. Er ersuche um "Aussetzung" des Straferkenntnisses.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens zur Frage einer suchtgiftbedingten Fahruntüchtigkeit des Bw.

 

Aus der Anzeige geht hervor, dass der Bw am 20. November 2000 um 16.45 Uhr als Lenker des Lkw bei der Grenzkontrollstelle Wollowitz aus Richtung Tschechien kommend auf der B310 nach Österreich eingereist ist. Außer einem Alkoholgeruch der Atemluft fiel dem Kontrollbeamten Insp. Jahn das unsichere Auftreten des Bw auf. Der Alkotest mit dem geeichten Atemluftalkoholmessgerät Dräger Alcotest 7110A, SerienNr. ARLL-0095, ergab um 17.39 und 17.40 Uhr Werte von 0,14 und 0,13 mg/l AAG. Der Bw gab an, er habe in der Vorwoche in Wien an einer Kokszigarette angezogen, sei heroinsüchtig und nehme zum Ausstieg das Medikament Vendal ein. Außerdem gab er den Konsum einer Halben Bier um
16.00 Uhr zu.

 

Der Bw wurde dem Gemeindearzt von Leopoldschlag Dr. P zur klinischen Untersuchung vorgeführt, die dieser allerdings laut Alkoholerhebungsbogen nicht durchgeführt hat, weil keine der dafür vorgesehenen Rubriken ausgefüllt ist, nämlich weder Datum oder Uhrzeit noch einzelne Parameter. Angekreuzt ist lediglich bei der Rubrik "alkoholbeeinträchtigt" "nein" und bei der Rubrik "fahruntüchtig" "nein", was zu einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt, vom Gemeindearzt unterschrieben, abgeändert wurde auf "ja" und dem Vermerk "Korrektur nach positivem DHT - pos. Test auf Opiate durch Substitution".

Laut Laborbefund des Institutes für Labordiagnostik der Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg vom 22. November 2000 bestanden beim Bw bei unbekanntem Probenabnahmedatum positive Werte bei Opiaten und bei Kokain, wobei allerdings wegen des niedrigen Kreatininwertes auf eine mögliche Harnverdünnung hingewiesen wurde.



Eine Blutabnahme erfolgte nicht. Dem Bw wurde der Führerschein laut Anzeige "auf Grund seines psychischen Zustandes" nicht abgenommen.

 

In ihrer gutachterlichen Äußerung vom 4. Juli 2003, San-233417/1-2003-Has/Pa, hat die Amtsärztin Dr. H ausgeführt, die Frage, ob sich der Bw zum Zeitpunkt des Lenkens des Kfz in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden habe, könne nicht beantwortet werden, zumal das Hauptgewicht bei einer Beurteilung einer "suchtgiftbedingten Fahrbeeinträchtigung" die klinische Untersuchung in Kombination mit einem Harn- bzw Blutlaborbefund darstelle. Im gegenständlichen Fall sei entweder keine klinische Untersuchung durchgeführt oder möglicherweise doch durchgeführt, aber nicht dokumentiert worden.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1b StVO1960 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung der
20. StVO-Novelle begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

Gemäß § 5 Abs.1 StVO, darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen.

 

Auch wenn es sich bei einer Übertretung gemäß §§ 99 Abs.1b iVm 5 Abs.1 StVO um ein Ungehorsamsdelikt handelt, hat dennoch die Behörde dem Beschuldigten die Erfüllung des objektiven Tatbestandes nachzuweisen. Um eine zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehende Suchtgiftbeeinträchtigung tatsächlich nachweisen zu können, ist zunächst die objektive Feststellung erforderlich, in welcher Intensität welches Suchtgift überhaupt konsumiert wurde. Dazu ist eine (verpflichtende) Blutabnahme und deren Analyse auf bei Suchtgiftkonsum im Blut enthaltene Substanzen unumgänglich. Erst daraus und in Verbindung mit bei der klinischen Untersuchung festgestellten Einzelsymptomen und den Beobachtungen durch dafür geschulte Straßenaufsichtsorgane von einem für dieses Fachgebiet bestellten Sachverständigen gewonnene Schlussfolgerungen sind aussagekräftig im Hinblick auf eine Beurteilung der Fahruntüchtigkeit des Probanden im Lenkzeitpunkt.

Im gegenständlichen Fall ist der Behörde der Nachweis des objektiven Tatbestandes, wie er dem Bw im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt wurde, nicht gelungen, weil die vorliegenden Beweise nicht ausreichend aussagekräftig im Hinblick auf die Beurteilung einer suchtgiftbedingten Fahruntüchtigkeit des Bw um 16.45 Uhr des 22. November 2000 sind.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 1. Alt. VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahren abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 



Im gegenständlichen Fall kann die dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden, zumal eine Fahruntüchtigkeit nicht anhand der Ergebnisse einer klinischen Untersuchung, sondern lediglich auf Grund eines unbestätigten Drogenharntests - ein Kontrolltest ist nicht erfolgt - sowie Erzählungen des Bw, somit nicht schlüssig, behauptet wird. Anhaltspunkte für konkrete klinische Symptome liegen auch nach der Anzeige nicht vor, zumal der Meldungsleger außer Alkoholgeruch und einem "unsicheren" Auftreten beim Bw nichts festgestellt hat, diese Beschreibungen aber auch andere Ursachen haben können bzw der Alkotest keinen im Sinne der StVO relevanten Wert ergeben hat.

Zum Vorfallszeitpunkt stand außerdem die Verfassungsbestimmung des § 5 Abs.10 StVO (in Kraft seit 1.1.2003) noch nicht in Geltung, sodass der Bw auch nicht zu einer Blutabnahme verpflichtet war, die aber für die Feststellung eines durch Suchtgift beeinträchtigten Zustandes unumgänglich ist, wie auch die Amtssachverständige bestätigt hat (siehe auch VwSen-108178/18/Bi/Be, VwSen-108179/16/Br/Rd, ua).

Aus all diesen Überlegungen war spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß weder ein Verfahrenskostenbeitrag noch der Barauslagenersatz für eine "klinische Untersuchung" vorzuschreiben waren.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

Mag. Bissenberger

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