Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240429/9/WEI/Ni

Linz, 20.05.2003

 

 

 VwSen-240429/9/WEI/Ni Linz, am 20. Mai 2003

DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des J Z, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 15. Februar 2002, Zl. VetR 96-11-2001, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 50 Z 1 Fleischuntersuchungsgesetz (BGBl Nr. 522/1982, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 96/2002) iVm der Rückstandskontrollverordnung (BGBl II Nr. 426/1997 idF BGBl II Nr. 254/2002) zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass das im Spruch genannte Arzneimittel "Sulfadimidim" richtig "Sulfadimidin" heißen muss.

  2.  
  3. Der Berufungswerber hat im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 140 Euro zu leisten.

 
Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 64 Abs 1 und 2 VStG 1991.
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt für schuldig erkannt und bestraft:

 

" Bei einer amtstierärztlichen Kontrolle nach der Rückstandskontrollverordnung am 15.05.2001 in Ihrem Betrieb in P, wurde festgestellt, dass Sie vom Betreuungstierarzt

 

- am 23.2.2001 2 x 2 kg S 10 mit einer Wartezeit von 28 Tagen und einer Anwendungsdauer von 10 Tagen

- am 8.5.2001 2,5 kg Sulfadimidim mit einer Wartezeit von 12 Tagen und einer Anwendungsdauer von 10 Tagen und 5 kg OTC HCL 50 % mit einer Wartezeit von 28 Tagen und einer Anwendungsdauer von 10 Tagen,

- am 7.5.2001 5 kg OTC HCL 50 % mit einer Wartezeit von 28 Tagen und einer Anwendungsdauer von 10 Tagen,

zur Behandlung Ihres Schweinebestandes erhalten haben, wovon am Tag der Kontrolle noch 2 kg Sulfadimidim und 4 kg OTC HCL 50 % vorgefunden wurden.

 

Sie haben es als Tierhalter unterlassen, die Behandlung Ihres Schweinebestandes

- vom 23.2.2001 bis 5.3.2001 mit S 10

- vom 8.5.2001 bis 15.5.2001 mit Sulfadimidim und OTC HCL 50 % und

- vom 8.5.2001 bis 15.5.2001 mit OTC HCL 50 %

im betriebseigenen Register durch Anführung von Zeitpunkt und Art der Behandlung, der behandelten Tiere und der Wartezeit einzutragen."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 12 Abs 2 Rückstandskontrollverordnung BGBl II Nr. 426/1997 iVm § 50 Z 1 Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl Nr. 522/1982, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 98/2001, als übertretene Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 50 Fleischuntersuchungsgesetz eine Geldstrafe von 700 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 70 Euro vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seiner Rechtsvertreter am 26. Februar 2002 zugestellt wurde, richtet sich die am 12. März 2002 rechtzeitig zur Post gegebene Berufung, die am 13. März 2002 bei der belangten Behörde einlangte. Die Berufung strebt primär die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens an.

 

 

2.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat am 25. März 2003 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Gegenwart des Bw und seines Rechtsvertreters Dr. J M sowie des Dr. G O als Vertreter der belangten Behörde durchgeführt. Beweis wurde erhoben durch Darstellung des bisherigen Verfahrens und Verlesung von aktenkundigen Urkunden, Einvernahme des Amtstierarztes Mag. H B als sachverständigen Zeugen über von ihm durchgeführte Kontrollen im Schweinemastbetrieb des Bw.

 

2.2. Danach steht der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t fest:

 

2.2.1. Am 15. Mai 2001 führte die Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich im Schweinemastbetrieb des Bw eine Betriebskontrolle durch, über die der beigezogene Amtstierarzt Dr. H von der Landesveterinärdirektion einen Erhebungsbogen anfertigte. Aus diesem aktenkundigen Erhebungsbogen ergibt sich, welche Medikamente und/oder Futterzusatzstoffe in welcher Menge am 15. Mai 2001 beim Bw noch vorgefunden wurden und ob diese Arzneimittel in Österreich zugelassen waren. Das Arzneimittel Sulfadimidin 100F war noch mit 2 kg (2,5 kg Sack) und OTC HCL 50 % (Oxytetracycline) mit 4 kg (5 kg Sack) vorrätig. Bei beiden handelt es sich um Antibiotika, die in Österreich nicht zugelassen sind.

 

Laut Rechnung vom 19. März 2001 des Betreuungstierarztes Dr. A erhielt der Bw bei einem Besuch am 23. Februar 2001, 2 Packungen zu je 2 kg vom Futterarzneimittel S 10 (Zeuge Mag. B, Verhandlungsprotokoll, Seite 10). Von diesem Medikament wurde bei der Kontrolle am 15. Mai 2001 kein Restbestand mehr vorgefunden.

 

In den Besuchsprotokollen des Betreuungstierarztes Dr. A vom 7. und 8. Mai 2001 ist unter der Rubrik "Tierärztlicher Arzneimittelabgabebeleg:" je das Arzneimittel OTC HCL 50 % in einer Menge von 5 kg (insgesamt also 10 kg) und zur "Dosierung pro Tier und Tag" 2 x 1,8 g bei einer Wartezeit von 28 Tagen vermerkt. Für das am 15. Mai 2001 noch in einer Menge von 2 kg vorgefunden Sulfadimidin 100F liegt kein Abgabebeleg vor. Aus dem aktenkundigen Etikett für das Arzneimittel Sulfadimidin 100F betreffend die von Dr. A abgefüllte Charge 10531 in einer Füllmenge von 2,5 kg geht hervor, dass es sich um ein Pulver zum Vermischen mit dem Mischfutter (Arzneimittelvormischung) handelt, das zur Behandlung von Krankheiten durch sulfonamidempfindliche Erreger (beispielsweise auch bei Infektionen des Atmungstraktes) dient und bei Schweinen eine Wartezeit von 12 Tagen erfordert.

 

Da in dem betriebseigenen Stallbuch bzw Register keine Eintragungen hinsichtlich der Anwendung der Arzneimittel S 10 (Anwendungsdauer 10 Tage, Wartezeit
28 Tage), OTC HCL 50 % (Anwendungsdauer 10 Tage, Wartezeit 28 Tage) und Sulfadimidin (Anwendungsdauer 10 Tage, Wartezeit 12 Tage) zu den angegebenen Tatzeiträumen aufscheinen, lastete die belangte Behörde dem Bw sinngemäß an, er habe es unterlassen, die Behandlung seines Schweinebestandes mit S 10 (vom 23.02.2001 bis 5.03.2001) und mit Sulfadimidin und OTC HCL 50 % (je vom 8.05. bis 15.05.2001) zu dokumentieren.

 

Der Amtstierarzt Mag. B zog im Betrieb des Bw am 17. Mai 2001 bei 5 Mastschweinen mit einem Gewicht von zweimal 55 kg und dreimal 85 kg Harnproben zur Untersuchung auf Hemmstoffe (vgl Aktenvermerk vom 5.06.2001 und angeschlossene Prüfberichte). Die Prüfberichte der Bundesanstalt für veterinärmedizinischen Untersuchungen waren hemmstoffpositiv, was bedeutet, dass antimikrobiell wirksame Substanzen nachgewiesen werden konnten. Der Bw wies dem Amtstierarzt bei der späteren Erhebung aus Anlass der positiven Prüfberichte inoffizielle Privataufzeichnungen über Behandlungen von Mastschweinen mit den Antibiotika Dimowerfft und OTC 50 % für die Zeit vom 15. bis 24. Mai 2001 vor.

 

2.2.2. In der rechtsfreundlich eingebrachten Rechtfertigung vom 15. Jänner 2002 gestand der Bw als richtig zu, dass er vom Betreuungstierarzt am 23. Februar 2001, 2 x 2 kg S 10 und am 8. Mai 2001, 2,5 kg Sulfadimidin und 5 kg OTC HCL 50 % erhalten hatte. Richtig wäre auch, dass am 15. Mai 2001 noch 2 kg Sulfadimidin und 4 kg OTC HCL 50 % vorgefunden wurden. Bei sämtlichen Medikamenten, die der Trockenfuttermenge beigemengt würden, handelte es sich um sog. Einstellprophylaxen für neu eingestellte Ferkel zur Hintanhaltung von Erkrankungen. Bei der vom Bw vorgenommenen Verwendung der wartezeitpflichtigen Medikamente als Einstellprophylaxe wären bereits nach einem Drittel der Mastdauer keine Rückstände mehr vorhanden. Hinsichtlich der unvollständigen Aufzeichnungen des Bw läge unter Berücksichtigung des Normzwecks der Rückstandskontrollverordnung kein Verschulden vor, weil Rückstände bei Schlachtreife auf Grund der gegebenen Mastdauer bei Verwendung als Einstellprophylaxe ausgeschlossen wären. Einzeltierbehandlungen würden im Stallbuch ohnedies detailliert aufscheinen, sodass die Gewissenhaftigkeit des Bw ersichtlich sei. Das Strafverfahren sei daher einzustellen, hilfsweise nach § 21 VStG vorzugehen.

 

In der Berufung wird im Wesentlichen der Standpunkt der Rechtfertigung vom 15. Jänner 2002 vertreten und bemängelt, dass die Strafbehörde trotz ausdrücklicher Antragstellung kein amtstierärztliches Sachverständigengutachten einholte und sich eigenes Fachwissen angemaßt hätte. Durch Einholung eines Gutachtens hätte sich im Hinblick auf die Anwendung als Einstellprophylaxe bei Ferkeln ergeben, dass nach einem Drittel der Mastdauer keine Rückstände mehr vorhanden sein konnten.

 

2.2.3. Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Straferkenntnis fest, dass die im Spruch angeführten Behandlungen des Schweinebestandes ohne Eintragungen in das betriebseigene Register des Bw erwiesen seien. Die belangte Behörde stellte auf Seite 4 ihres Straferkenntnisses im Wesentlichen klar, dass nach den tierärztlichen Arzneimittelangabebelegen 6 kg OTC HCL 50 % (insgesamt 10 kg OTC HCL 50 %), 4 kg S 10 und 0,5 kg Sulfadimidin verbraucht worden sein müssen, ohne dass darüber Eintragungen im Stallbuch erfolgt wären. Der Zweck der Arzneimittelanwendung sei für den objektiven Tatbestand nicht maßgeblich, die angegebene Einstellprophylaxe nicht stichhaltig. In den am 17. Mai 2001 gezogenen Harnproben von zwei Mastschweinen mit 55 kg und bei drei mit 85 kg wurden antimikrobiell wirksame Substanzen nachgewiesen. Da Ferkel mit rund 30 kg eingestellt würden und nach einer Mast von 100 bis 120 Tagen fertig gemästet wären, könnte es sich bei Anwendung des Sulfadimidin und des OTC HCL 50 % nicht um Einstellprophylaxe gehandelt haben.

 

Die Behandlung mit Sulfadimidin und OTC HCL 50 % der Mastschweine mit 85 kg bedeute grob fahrlässiges Verhalten, weil diese Schweine noch innerhalb der Wartefrist von 28 Tagen Schlachtreife erlangt hätten und dennoch keine Eintragung im Stallbuch erfolgte, was besonders grob dem Normzweck der Rückstandskontrollverordnung widersprochen habe.

 

Mildernde Umstände wären nicht zu berücksichtigen gewesen, erschwerend wertete die Strafbehörde das grob fahrlässige Handeln. Zu den persönlichen Verhältnissen ging die belangte Behörde davon aus, dass der Bw gemeinsam mit der Gattin Eigentümer eines Schweinemastbetriebes mit rund 550 Schweinen ist. Beim gegebenen Strafrahmen von 4.360 Euro hielt die Strafbehörde eine Geldstrafe von 700 Euro für angemessen und geboten, um den Bw von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten.

 

 

3. Der erkennende Verwaltungssenat folgt zur Gänze den Tatsachenfeststellungen, welche die belangte Behörde ihrem Schuldspruch zugrundelegte. Dies ergibt sich beweiswürdigend aus folgenden Gründen:

 

In der Berufungsverhandlung vom 25. März 2003 gab der Bw über Vorhalt der von Dr. A am 7. und 8. Mai 2001 an ihn abgegebenen großen Menge OTC HCL 50 % zu, dass er ca. 300 Mastschweine gegen Atemwegsinfektion zu behandeln und dass er diese Verabreichung von Antibiotika nicht in das betriebseigene Register eingetragen hatte. Dies hätte er halt einmal vergessen (vgl Verhandlungsprotokoll, Seite 2). Schon mit dieser Aussage hat der Bw ein Tatsachengeständnis abgelegt.

 

Der Bw hat im Übrigen nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats mehrfach unwahre Tatsachen behauptet und sich in die Enge getrieben darauf zurückgezogen, dass er sich nicht mehr im Detail erinnern könnte. Seiner zum Teil widersprüchlichen Einlassung war daher großteils nicht zu folgen.

 

In der mündlichen Berufungsverhandlung meinte der Bw zunächst, dass bei den 5 harnbeprobten Mastschweinen der Begriff Einstellprophylaxe falsch gewählt wäre, zumal es sich in Wahrheit um eine konkrete Behandlung von Atemwegserkrankungen gehandelt hätte. Bei den eingesetzten Medikamenten hätte es sich um Sulfadimidin und OTC HCL 50 % gehandelt, die er vom Betreuungstierarzt erhalten hatte. Über Vorhalt der ihm vom Betreuungstierarzt überlassenen großen Menge OTC HCL 50 % von insgesamt 10 kg räumte er ein, dass auch die weiteren Mastschweine in der Zahl von rund 300 hätten versorgt werden müssen, um eine Infektion zu verhindern.

 

Der Bw behauptete weiter, erst ab 15. Mai 2001 das OTC HCL 50 % im Flüssigfutter an seine Mastschweine verabreicht zu haben, weil er zu diesem Zeitpunkt erfahren hätte, dass der Betrieb gesperrt werde und ihm eine längere Wartezeit dann schon egal gewesen wäre. Diese Ansicht ist schon deshalb verfehlt, weil die Sperre eines Betriebs immer nur für die Dauer angeordnet wird, die die Wartezeit eines Medikaments erfordert (vgl Zeuge, Verhandlungsprotokoll, Seite 7). Mit dem Amtstierarzt hält es auch das erkennende Mitglied für sonderbar und unglaubhaft, dass der Bw das am 7. und danach gleich 8. Mai 2001 je in einer Menge von 5 kg (vgl Besuchsprotokolle Dris. A) bezogene Medikament OTC HCL 50 %, das unstrittig nur über die Futterbeimischung anzuwenden ist, erst am 15. Mai 2001 eingesetzt haben will. Mit diesen Bedenken konfrontiert, meinte der Bw, er habe dies im Detail nach zwei Jahren nicht mehr im Kopf. Er vermeinte aber, seinerzeit einen beträchtlichen Anteil an Ferkeln erworben zu haben, sodass er das Fütterungsarzneimittel zur Einstellprophylaxe benötigte. Über Vorhalt der Behandlungsempfehlung "Einstallung 2 x TAGL. 0,9 g" im Besuchsprotokoll vom 8. Mai 2001 erklärte der Bw, dass er sich erinnere, damals 160 Ferkel im Betrieb eingestellt zu haben, bei denen wegen der besonderen Empfindlichkeit von Jungtieren eine Einstellprophylaxe vorzunehmen gewesen wäre. Warum er diese Verabreichung dann nicht ins Betriebsregister eingetragen hatte, erklärte der Bw mit seinen Zweitaufzeichnungen in einem separaten Heft (vgl Verhandlungsprotokoll, Seite 8). Aus dem vom Bw selbst vorgelegten Stallplan vom 17. Mai 2001, der in Form einer Liste aktenkundig ist, ergibt sich entsprechend einem handschriftlichen Vermerk des Amtstierarztes, dass zum damaligen Zeitpunkt 558 Mastschweine im Bereich von 55 kg und 85 kg Lebendgewicht vorhanden waren. Aus dieser Liste ist nicht ersichtlich, dass Ferkel im Gewichtsbereich von 30 kg eingestellt waren. Die Mastschweine hatten am 17. Mai 2001 zumindest 55 kg, weshalb sie am 7. oder 8. Mai 2001 nicht Einstellferkel gewesen sein konnten (vgl Zeuge, Verhandlungsprotokoll, Seite 9). Auf weiteres Befragen durch den Verteidiger erläuterte der Amtstierarzt, dass Einstellferkel mit Lebendgewicht von 30 bis 35 kg pro Tag 400 g bis 500 g zulegen, weshalb ein Ferkel mit 55 kg am 17. Mai 2001 schon etwa 50 Tage im Stall gestanden sein musste. Der Einstelltermin dieser Ferkel müsste daher etwa Anfang April gewesen sein. Aus den aktenkundigen Betriebsregisterblättern ergeben sich auch diverse Eintragungen des Bw betreffend verschiedener Einstellprophylaxen (vgl Zeuge, Verhandlungsprotokoll, Seite 10). Dem Bw war demnach durchaus bewusst, dass er auch Einstellprophylaxen einzutragen hatte. Die Verantwortung des Bw muss demnach als widerlegt betrachtet werden.

 

Die Verabreichung von Sulfadimidin und OTC HCL 50 % für Mastschweine in der Gewichtsklasse von 85 kg erachtete der Amtstierarzt mit Recht für problematisch, zumal unter Berücksichtigung der Anwendungsdauer von 10 Tagen und der Wartezeit von 28 Tagen bei einer durchschnittlichen täglichen Gewichtszunahme von 1,20 kg ein Schlachtgewicht von etwa 30 kg über dem üblichen Marktgewicht von 105 kg zu erwarten war (vgl Zeuge, Verhandlungsprotokoll, Seite 6). Nur bei schwer erkrankten Tieren war für die Dauer der Erkrankung von der Unmöglichkeit einer Gewichtszunahme auszugehen. Für fressunlustige Tiere wurde ohnehin zusätzlich eine Sonderbehandlung vorgenommen, was in aktenkundigen Betriebsregister-blättern mit der Bezeichnung Stall 1+4 (V1-8) und V5-8/Stall 4 für Eintragungen am 8. und 9. Mai 2001 zum Ausdruck kommt (vgl näher Verhandlungsprotokoll, Seite 7).

 

Der Bw konnte dazu keine überzeugenden Angaben machen. Seine Einlassung, dass auch schwerere Mastschweine bis zu 150 kg Lebendgewicht - wenn auch mit Preisnachteilen - vermarktet werden könnten (vgl Verhandlungsprotokoll, Seite 3), erscheint betriebswirtschaftlich (schlechte Kosten-Nutzenrelation) nicht sinnvoll und vermag jedenfalls nichts an der Schlüssigkeit der Darstellung des Amtstierarztes zu ändern.

 

Der Bw hat beim erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenats einen unaufrichtigen Eindruck hinterlassen. Die nach Vorhalt der Sachlage immer wieder vom Bw variierte Verantwortung in der Berufungsverhandlung machen in Verbindung mit den aufgezeigten Ungereimtheiten die Einlassung des Bw schlechthin unglaubwürdig. Für sich selbst spricht auch der Umstand, dass der Bw inoffizielle Privataufzeichnungen über die Anwendung von Arzneimitteln, die er freilich aus gutem Grund nicht vorlegte, neben dem offiziellen unvollständig geführten Stallbuch zugeben musste. Solche Aufzeichnungen führt man bekanntlich nur, wenn man etwas zu verbergen hat.

 

Schließlich war auch der Gedächtnisverlust des Bw im Zusammenhang mit der Anwendung des Fütterungsarzneimittels S 10 für seine Unaufrichtigkeit bezeichnend. Er gab zwar zu, dass er dieses Mittel im Februar 2001 von Dr. B erhalten und auch die Rechnung beglichen hatte, wollte sich aber plötzlich nicht mehr erinnern können, was er damit in Bezug auf die Schweinemast unternommen hatte. Nach Angaben des Vertreters der belangten Behörde, der einen entsprechenden Beipackzettel nachträglich vorlegte, handelte es sich - wie der belangten Behörde aus anderen Verfahren amtsbekannt war - um eine Sondermischung des Tierarztes Dr. A zur Einstellprophylaxe. Im Widerspruch zur Rechtfertigung des Bw vom 15. Jänner 2002 im strafbehördlichen Verfahren, wo sinngemäß die Anwendung zwecks Einstellprophylaxe für Ferkel zugegeben wird, wollte sich der Bw auch nach Vorhalt der Angaben des Behördenvertreters nicht erinnern können. Trotz fehlender Erinnerung behauptete er sogar die Möglichkeit, dass das Medikament wieder zurückgenommen worden sein könnte. Der erkennende Verwaltungssenat hält diese Einlassung für besonders unglaubwürdig und vertritt die Ansicht, dass der Bw reine Schutzbehauptungen aufstellte. Dem Beweisantrag auf Einvernahme des Dr. A zum Beweis dafür, dass der Bw die Medikamente S 10, Sulfadimidin und OTC HCL 50 % in den angelasteten Tatzeiträumen nicht verabreicht hätte, war schon deshalb nicht nachzukommen, weil nicht ersichtlich ist, wieso Dr. A über die tatsächliche Verabreichung der dem Bw überlassenen Medikamente aus eigener Wahrnehmung Auskunft hätte geben können. Was die angebliche Möglichkeit der Zurücknahme des Fütterungsarzneimittels S 10 betrifft, ist dem Bw entgegenzuhalten, dass er nach allgemeiner Lebenserfahrung einen solchen wesentlichen Umstand mit Sicherheit wissen und daher behaupten können müsste. Irgendwelchen abstrakten Möglichkeiten ist im Rahmen eines Beweisverfahrens nicht nachzugehen, Erkundungsbeweise sind nicht aufzunehmen.

 

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 50 FleischuntersuchungsG macht sich im Fall der Ziffer 1, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 4.360 Euro (idFd Euro-UmstellungsG-Bund, BGBl I Nr. 98/2001) zu bestrafen,

 

wer gegen Gebote oder Verbote einer auf Grund des § 1 Abs 4, 5, 6, 7, 8 oder 9 erlassenen Verordnung verstößt.

 

§ 1 FleischuntersuchungsG enthält allgemeine Vorschriften über die amtliche Untersuchung von Haustieren, deren Fleisch zum Genuß für Menschen verwendet werden soll. In den Absätzen 4 bis 10 sind umfassende Verordnungsermächtigungen geregelt. Der gegenständlich einschlägige § 1 Abs 9 FleischuntersuchungsG sieht u.a. auch eine Verordnungsermächtigung für tierärztliche Kontrollen der Betriebe und der Tiere und für allfällige Beschränkungen des Inverkehrbringens vor.

 

Gemäß dem § 12 Abs 2 der u.a. auch auf Grund des § 1 FleischuntersuchungsG erlassenen Rückstandskontrollverordnung (BGBl II Nr. 426/1997, zuletzt geändert mit BGBl II Nr. 254/2002) sind Tierhalter und Betriebsinhaber verpflichtet, Zeitpunkt und Art der Behandlung der Tiere in das betriebseigene Register einzutragen, sofern dies nicht bereits durch den Tierarzt erfolgt ist, sowie die Wartezeiten einzuhalten. Diese Aufzeichnungen sind fünf Jahre lang aufzubewahren und den behördlichen Kontrollorganen auf Verlangen zur Einsicht vorzulegen.

 

Nach der Begriffsbestimmung der Ziffer 2 des § 1 Abs 2 der Rückstandskontrollverordnung ist ein betriebseigenes Register (Stallbuch) ein Protokollbuch, in welches Behandlungen und Wartezeiten im Sinne des § 15 Abs 6 Lebensmittelgesetz 1975 einzutragen sind.

 

4.2. Nach den wesentlichen Tatsachenfeststellungen ist davon auszugehen, dass der Bw gegen seine Verpflichtung, in einem offiziellen betriebseigenen Register lückenlose Aufzeichnungen über die Behandlungen seiner Tiere zu führen, in den gegenständlichen Fällen ganz bewusst verstoßen hat. Er führte vielmehr inoffizielle Privataufzeichnungen in einem Heft, das er dem Amtstierarzt erst auf Grund der Konfrontation mit dem Nachweis der antimikrobiell wirksamen Substanzen in den Harnproben vorwies, um eine Medikation gegen Atemwegserkrankungen darzulegen, die in den offiziellen Aufzeichnungen im Stallbuch nicht nachzuvollziehen waren. Ein Grund für diese inoffiziellen Aufzeichnungen könnte auch darin liegen, dass es sich bei den eingesetzten Fütterungsarzneimitteln Sulfadimidin und OTC HCL 50 % um in Österreich nicht zugelassene Medikamente handelte. Jedenfalls war es auch sonderbar selbst bei Mastschweinen mit 85 kg noch Fütterungsarzneimittel mit so langer Wartezeit einzusetzen, dass bei deren Einhaltung das marktübliche Schlachtgewicht deutlich überschritten worden wäre.

 

Der objektive Tatbestand der Nichtbefolgung des im § 12 Abs 2 Rückstandskontrollverordnung normierten Gebots, Zeitpunkt und Art der Behandlung der Tiere in das betriebseigene Register einzutragen, erscheint für die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angegebenen Tatzeiträume erfüllt. Dass in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses auf Seite 3 beim Zeitraum "23.2.2001 bis 5.3.2001" irrtümlich von OTC HCL 50 % anstatt von S 10 die Rede ist, schadet nicht weiter, weil es sich dabei nach der Sachlage offenbar um einen bloßen Schreibfehler handelt und der Spruch das korrekte Arzneimittel S 10 ausweist.

 

Nach dem § 5 Abs 1 Satz 2 VStG 1991 ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes Fahrlässigkeit ohne weiteres dann anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Diese Glaubhaftmachung ist dem Bw mit seiner Einlassung sicher nicht gelungen. Vielmehr muss der Oö. Verwaltungssenat auf Grund der oben dargelegten Umstände sogar davon ausgehen, dass der Bw die gegenständlich erforderlichen Eintragungen in sein Stallbuch vorsätzlich unterlassen hat. Er wusste nämlich genau, dass er sämtliche Behandlungen - auch eine allfällige Einstellprophylaxe - einzutragen hatte. Entweder wollte er die Anwendung von in Österreich nicht zugelassenen Medikamenten verschleiern oder er wollte die Wartezeit nicht einhalten und dafür im eigenen Stallbuch keinen Beweis durch eine Eintragung liefern. Jedenfalls ist es nach Art und Umfang der gegenständlichen Behandlungen in keiner Weise denkbar, dass es sich nur um einmaliges Versehen gehandelt haben könnte.

 

4.3. Im Rahmen der Strafbemessung ging die belangte Behörde unwidersprochen davon aus, dass der Bw gemeinsam mit seiner Gattin Eigentümer eines Schweinemastbetriebes mit rund 550 Mastschweinen ist. Seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse können demnach nicht als ungünstig bezeichnet werden. Mildernde Umstände stellte die Strafbehörde nicht fest. Erschwerend wertete sie das ihrer Meinung nach grob fahrlässige Verhalten des Bw.

 

Den vorgelegten Verwaltungsakten ist kein Vorstrafverzeichnis zu entnehmen. Da auch im gesamten Verfahren keine Vorstrafen bekannt geworden sind, hat der Bw als unbescholten zu gelten, was sich grundsätzlich als Milderungsgrund auswirkt. Dem steht allerdings erschwerend gegenüber, dass der Bw vorsätzlich die Eintragung der gegenständlichen Behandlungen in das offizielle Stallbuch (betriebseigene Register) unterlassen und statt dessen ein inoffizielles Heft geführt hat, in das er offenbar "heikle" Anwendungen zur eigenen Erinnerungsstütze eintrug.

 

Die Geldstrafe war innerhalb eines Strafrahmens bis zu 4.360 Euro zu bemessen. Mit der verhängten Strafe von 700 Euro hat die Strafbehörde diesen Strafrahmen im Ausmaß von rund 16 % ausgeschöpft. Dieses noch im unteren Bereich des vorgesehenen Strafrahmens angesiedelte Strafmaß erscheint dem erkennenden Verwaltungssenat angesichts der gegebenen Strafbemessungsumstände, die doch auf ein erhebliches Verschulden des uneinsichtigen Bw schließen lassen, durchaus angemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Bw angepasst. Eine Strafe in dieser Höhe war vor allem aus general- und spezialpräventiven Gründen unbedingt geboten, um einerseits allgemein klarzustellen, dass unterlassene Eintragungen im betriebseigenen Stallbuch geeignet sind, effiziente veterinärmedizinische Kontrollen des Fleisches von zum Genuss für Menschen bestimmten Tieren zu erschweren, wenn nicht sogar zu vereiteln, und um andererseits zu gewährleisten, dass der Bw als Schweinemastbetreiber künftig von der Begehung gleichartiger Übertretungen abgehalten wird.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe war gemäß § 16 Abs 1 und 2 VStG mangels abweichender Regelung im § 50 FleischuntersuchungsG innerhalb eines Rahmens von zwei Wochen festzusetzen. Die von der belangten Behörde für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe festgesetzten 2 Tage entsprechen nur rund 14,3 % des Rahmens und können aus der Sicht des Bw nicht mit Aussicht auf Erfolg beanstandet werden. Es war daher im Ergebnis auch die Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

 

 

5. Bei diesem Ergebnis hat der Bw im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der Geldstrafe, das sind 140 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. W e i ß

 
 

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