Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109047/15/Bi/Be

Linz, 08.10.2003

 

 

 VwSen-109047/15/Bi/Be Linz, am 8. Oktober 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau M, vertreten durch H & B & W RAe OEG, vom 14. April 2003 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 27. März 2003, VerkR-10055-2002, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, auf Grund des Ergebnisses der am 9. Oktober 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 2.Alt. und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über dee Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 51 lit.a Z10a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 254 Euro (96 Stunden EFS) verhängt, weil sie am 14. Februar 2002 um 10.12 Uhr den auf das ORF Landesstudio Burgenland zum Verkehr zugelassenen Pkw auf der A1 Westautobahn in Fahrtrichtung Salzburg gelenkt und im Gemeindegebiet von Innerschwand bei km 257.679 im do Baustellenbereich die durch deutlich sichtbar aufgestellte Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 55 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu ihren Gunsten abgezogen worden.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 25,40 Euro auferlegt.

 



2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 9. Oktober 2003 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Bw, ihres rechtsfreundlichen Vertreters RA Dr. F, des Zeugen Autobahnmeister S und des technischen Amtssachverständigen Ing. R durchgeführt. Seitens der Erstinstanz ist niemand erschienen. Auf die Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, aus der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 3. Oktober 2001, GZ 314.501/49-III/10-01, die auf den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 20. September 2001, VerkR01-2065-2001, verweist, ergebe sich, dass zum Tatzeitpunkt der Regelplan U II/4 integrierender Bestandteil der genannten Verordnung gewesen sei. Die Kundmachung habe daher gemäß dem Regelplan zu erfolgen, in dem aber angeführt sei, dass 60 km/h nur dann gelten, wenn der verbleibende bzw rechte Fahrstreifen schmäler als 3,25 m sei. Das sei aber nicht der Fall gewesen.

Außerdem seien die im Regelplan angeführte Sperrlinie jeweils 30 m über den Beschränkungsbereich hinauszuziehen und provisorische Randlinien zu markieren gewesen. Diese Bodenmarkierungen müssten in der Natur aufgebracht worden sein. Das Radarfoto zeige das Fahrzeug unmittelbar nach dem Standort des Radargerätes ca bei km 257.700 und auch, dass weder Sperrlinien noch die provisorische Randlinie angebracht gewesen sei. Da die Beschränkung auf 60 km/h daher nicht verordnungskonform kundgemacht worden sei, könne ihr keine Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt werden.

Laut Regelplan sei das Radargerät bei km 257.700 in FR Salzburg aufzustellen, tatsächlich jedoch bei km, also 20 m vor dem verordneten Standpunkt, aufgestellt gewesen, demnach rechtswidrig.

Das angefochtene Straferkenntnis enthalte keine Aussage darüber, ob am Tatort oder am Aufstellungsort der Geschwindigkeitsbeschränkung der rechte Fahrstreifen schmäler als 3,25 m gewesen sei. Die Feststellungen im Bescheid ließen eine Aussage über die Fahrstreifenbreite gar nicht zu. Beantragt wird die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung, Verfahrenseinstellung, in eventu Herabsetzung der verhängten Strafe.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, weitere Erhebungen sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die Bw und ihr rechtsfreundlicher Vertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt, der Zeuge unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht einvernommen und der technische Amtssachverständige zur Nachvollziehbarkeit der gegenständlichen Radarmessung ein technisches Gutachten erstellt hat.

 

Außer Streit gestellt wurde, dass die Bw den genannten Pkw am 14. Februar 2002 um ca 10.12 Uhr auf der Westautobahn in Richtung Salzburg gelenkt und den gegenständlichen Baustellenbereich bei km 257.679, wie in der Anzeige angeführt, passiert hat.

Der Zeuge S, als Autobahnmeister verantwortlich für die ordnungsgemäße Kundmachung der "Baustellenverordnungen", hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft ausgesagt, er habe die Verordnung und den Bescheid samt Regelplänen erhalten und, wie von ihm bestätigt, am 28. September 2001 die Absperrungsmaßnahmen durchgeführt. Er hat darauf verwiesen, dass in Fahrtrichtung Salzburg im Bereich vor dem Rasthaus Mondsee eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h bestanden hat, im weiteren Verlauf danach eine solche auf 80 km/h. Er führte weiters aus, dass aufgrund eines sich schweren Unfalles in einem Baustellenbereich in Niederösterreich vor der Einrichtung des gegenständlichen Baustellenbereichs eine Zusammenkunft der Verantwortlichen stattgefunden habe, bei der vereinbart wurde, im Verlauf derartiger Autobahnbaustellen wie dem Gegenständlichen auf einer Richtungsfahrbahn nicht den linken Fahrstreifen nicht, wie bisher üblich, auf nur zwei Meter Breite zu reduzieren, weil sich dadurch immer gefährliche Situationen beim Überholen und Nebeneinanderfahren ergeben hätten, sondern beide Fahrstreifen gleich breit auszuführen. Deshalb seien schon bei Beginn der Absperrmaßnahmen am 28. September 2001 beide Fahrstreifen in Richtung Salzburg in einer Breite von je 2,75 m ausgeführt worden. Für den Bereich der 80 km/h-Beschränkung nach der Raststätte sei das im Bescheid der Erstinstanz sogar genau festgelegt worden, nicht aber für den 60 km/h-Beschränkungsbereich vorher. Ein diesbezüglich geänderter Bescheid, eine geänderte Verordnung oder ein geänderter Regelplan war dem Zeugen nicht bekannt.

 

Nach den Ausführungen des technischen Amtssachverständigen, der die beiden Fotos - beim laut Eichschein zuletzt vor dem Vorfallstag am 10. Mai 2001 ordnungsgemäß geeichten Radargerät MUVR 6FA Nr.1974 handelt es sich um eine Radarkabine, bei der im Abstand von 0,5 Sekunden zwei Fotos vom gemessenen Fahrzeug angefertigt werden - fotogrammetrisch ausgewertet hat, ergibt sich, dass der gemessene Geschwindigkeitswert innerhalb der vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen festgelegten Abweichungen liegt, daher gültig ist. Die Fotoaufnahme erfolgt je nach Kameraeinstellung einige Meter nach dem Standort der Radarkabine, die im gegenständlichen Fall auf der linken Seite am Mittelstreifen situiert war. Von der gemessenen Geschwindigkeit von 122 km/h wurden 5 % Verkehrsfehlergrenze, wie vorgeschrieben, aufgerundet und abgezogen, sodass sich die zur Last gelegte Geschwindigkeit von 115 km/h ergibt.

 

Aus dem durchgeführten Beweisverfahren ergibt sich unter Zugrundlegung der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 3. Oktober 2001, GZ 314.501/49-III/10-01, dass für die Zeit bis 2. September 2002 für beide Richtungsfahrbahnen der Westautobahn A1 für den Bereich von km sowie für die in diesem Bereich liegenden Rampen der Anschlussstelle "Mondsee" und des Rasthauses "Mondsee" jene Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und -verbote erlassen wurden, die aus den mit Bescheid der BH Vöcklabruck vom 20. September 2001, VerkR01-2065-2001, mitübersandten Regelplänen der Typen U II/4, E II/2 und E II/7 ersichtlich sind, wobei diese Regelpläne - mit für den gegenständlichen Fall unbeachtlichen Maßgaben - einen integrierenden Bestandteil dieser Verordnung bilden.

Laut Bescheid der BH Vöcklabruck vom 20. September 2001, VerkR01-2065-2001, ergibt sich die Phase I, in der die Arbeitsstelle nach Regelplan U II/4 abzusichern ist, für den Zeitraum von 21. September 2001 bis 14. Juni 2002 auf der Richtungsfahrbahn Salzburg von km. Am in Phase I gelegenen Vorfallstag, dem 14. September 2001, galt demnach Regelplan U II/4, der einen integrierenden Bestandteil der Verordnung bildete.

Daraus lässt sich ersehen, dass (nach einem Geschwindigkeitstrichter) die 60 km/h-Beschränkung in Richtung Salzburg bei km begann und bis zum Beginn der 80 km/h-Beschränkung nach der Anschlussstelle Rasthaus Mondsee bis km 258.700 reichte.

Im Regelplan weist die 60 km/h-Beschränkung eine Fußnote 21) mit dem Wortlaut auf: "60 km/h nur, wenn der verbleibende bzw rechte Fahrstreifen schmäler als
3,25 m ist".

Im Regelplan ist der darauffolgende Bereich so vermerkt, dass nach der Verschwenkung nach rechts bei km zwei Fahrstreifen in Richtung Salzburg bestehen, von denen der linke 2 m breit vorgesehen und auch bei km ein entsprechender Voranzeiger verordnet ist. Die Breite des rechten Fahrstreifens ergibt sich nicht dezidiert aus dem Regelplan. Der Zeuge hat die Fahrstreifenbreite bei der tatsächlich kundgemachten Ausführung mit gleich breiten Fahrstreifen mit je 2,75 m, benannt, woraus sich eine Breite der "Richtungsfahrbahn Salzburg" mit 5,50 m und weiters unter Abzug der Fahrstreifenbreite von 2 m des linken Fahrstreifens eine Breite des rechten Fahrstreifens laut Regelplan mit 3,50 m errechnen lässt. Auch wenn die tatsächlich in der Natur bereits von Beginn der Absperrmaßnahmen am 28. September 2001 bestehende Anordnung der Fahrstreifen vom Regelplan U II/4 abwich, zeigt der Regelplan die offenbar ursprünglich geplante Variante, dass nämlich die beiden in Richtung Salzburg führenden Fahrstreifen bis zum Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h unverändert bleiben, wobei der rechte Fahrstreifen immer eine Breite von 3,50 m aufweist. Dem Zeugen war nicht bekannt, dass der Regelplan bis zum Vorfallstag, dem 14. Februar 2002, geändert worden wäre. Auch seitens der Erstinstanz wurde kein anderer Regelplan oder eine andere rechtliche Grundlage für die in Rede stehende Geschwindigkeitsbeschränkung


vorgelegt. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat war daher davon auszugehen, dass die dem von der Erstinstanz vorgelegten Verfahrensakt angeschlossene Verordnung samt Bescheid und Regelplan U II/4 die maßgebende Grundlage bilden. Darin war aber die vom Zeugen S geschilderte Vereinbarung der Führung zweier gleich breiter Fahrstreifen in eine Fahrtrichtung nicht enthalten.

Vielmehr war auch die Voraussetzung für die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h, nämlich ein verbleibender bzw rechter Fahrstreifen unter 3,25 m Breite, laut Regelplan U II/4 nicht gegeben, weil laut Regelplan, der integrierender Bestandteil der genannten Verordnung war, der rechte Fahrstreifen 3.50 m breit war. Zweifellos erfolgte auch keine ordnungsgemäße Kundmachung der genannten Verordnung, weil die Gestaltung zweier gleich breiter Fahrstreifen darin nicht vorgesehen war und der Regelplan nicht der (im Übrigen als vernünftig anzusehenden) vom Zeugen geschilderten Vereinbarung angepasst wurde, obwohl dies offenbar schon vor Beginn der Einrichtung der Baustelle feststand.

Die tatsächlich auf der Grundlage des Regelplanes U II/4 kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h bei km 257.679, dem Ort der der Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretung, hatte sohin am 14. Februar 2002 keine Gültigkeit.

 

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus, dass trotz ordnungsgemäßem Messergebnis der Bw kein Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 55 km/h gemacht werden kann, weil gemäß § 45 Abs.1 Z1 2.Alt. VStG die der Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß auch kein Verfahrenskostenbeitrag vorzuschreiben war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 
 

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