Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109095/2/Li/Vie/Rt

Linz, 28.08.2003

 

 

 VwSen-109095/2/Li/Vie/Rt Linz, am 28. August 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Linkesch über die Berufung des Herrn Ing. J.G., vom 20.6.2003 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 20.5.2003, Zl. VerkR, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

 

 

 

  1. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
  2. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 7,20 Euro, zu leisten.

 
Rechtsgrundlage:

Zu I. § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG.
Zu II. §§ 64 Abs. 1 und 2 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

I.

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding (belangte Behörde) hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) für schuldig befunden, am 10. 11. 2002 gegen 18.00 Uhr den Personenkraftwagen mit dem pol. Kennzeichen auf der öffentlichen Zufahrtstraße vom Haus R., Gemeinde Hartkirchen, gelenkt zu haben und als Lenker dieses Fahrzeuges nach dem Anhalten wegen eines Begegnungsverkehrs nicht zurückgefahren zu sein, obwohl ihm dies wegen der Art des von ihm gelenkten Fahrzeuges und wegen der örtlichen Verhältnisse leichter möglich gewesen wäre. Er habe dadurch die Vorschrift des § 10 Abs.2 2. Satz in Verbindung mit § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verletzt.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe von 36 Euro, im Nichteinbringungsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden, verhängt.

 

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von insgesamt 3,60 Euro verpflichtet.

2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis rechtzeitig Berufung. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit begründet. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. In seinem als "Einspruch" bezeichneten, als Berufung zu wertenden Rechtsmittel bringt der Bw unter Zitierung des § 10 Abs.1 StVO vor, diese Bestimmung regle nicht, ja könne nicht regeln, ob und wie außerhalb der Straße gelegene Grundstücke zum Ausweichen verwendet werden können, da diese keine Straßen mit öffentlichem Verkehr darstellen und daher außerhalb des Geltungsbereiches der StVO liegen. Folge man der Rechtsmeinung eines Sachbearbeiters der (belangten) Behörde, wäre er beim Lenken eines Kraftfahrzeuges auf dem öffentlichen Ortschaftsweg im Begegnungsverkehr stets verpflichtet, unter Inkaufnahme etwaiger Flurschäden auf seine angrenzenden Grundstücke auszuweichen. Eine solche Rechtsauffassung entbehre jedweder Rechtsgrundlage und sei daher das Zurückfahren und Ausweichen auf sein angrenzendes Grundstück bzw. in seine Hauseinfahrt aufgrund der Bestimmungen des § 10 Abs.2 2. Satz StVO 1960 nicht geboten gewesen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde darin aus, § 10 Abs. 1 StVO 1960 regle nur, dass gewisse Teile einer Straße (nämlich

außerhalb der befestigten Fahrbahn gelegene) zum Ausweichen nicht verwendet werden müssen. Nicht geregelt sei von dieser Bestimmung, ob und inwieweit außerhalb der Straße gelegene Grundstücke zum Ausweichen verwendet werden können. Hinsichtlich der Art der Fahrzeuge könne davon ausgegangen werden, dass dem Bw das Zurückfahren genauso leicht möglich gewesen wäre wie Herrn W.A. Aus den Zeugenaussagen sowie einem (vom Gendarmerieposten Aschach aufgenommenen) der Anzeige beigelegten Lichtbild lasse sich eindeutig entnehmen, dass ein Zurückfahren einer geringen Wegstrecke und ein Ausweichen auf ein im Besitz des Bw befindliches Grundstück bzw. in seine Hauszufahrt jedenfalls möglich gewesen wäre. Hinsichtlich der Art der Fahrzeuge (PKW) sei beiden Lenkern das Zurückfahren in gleicher Weise möglich gewesen. In Bezug auf die örtlichen Verhältnisse sei dem Bw ein Zurückfahren und Ausweichen auf seine Hauszufahrt bzw. auf ein in seinem Eigentum stehendes Privatgrundstück jedenfalls leichter möglich gewesen als Herrn A. Es wäre somit das Zurückfahren einer geringen Wegstrecke und das Ausweichen durch den Bw nicht nur vernünftig, sondern auf Grund der Bestimmungen des § 10 Abs.2 StVO 1960 jedenfalls geboten gewesen.

Gemäß § 10 Abs.1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges einem entgegenkommenden Fahrzeug rechtzeitig und ausreichend nach rechts auszuweichen. Einem entgegenkommenden Schienenfahrzeug ist jedoch, wenn der Abstand zwischen ihm und dem Fahrbahnrand ein Ausweichen nach rechts nicht zulässt, unter Bedachtnahme auf den Gegenverkehr nach links auszuweichen.

Kann nicht oder nicht ausreichend ausgewichen werden, so sind gemäß § 10 Abs.2 StVO 1960 die einander begegnenden Fahrzeuge anzuhalten. In einem solchen Fall muss jenes Fahrzeug zurückgefahren werden, mit dem dies wegen seiner Art und wegen der örtlichen Verhältnisse leichter möglich ist.

 

Nach dieser Vorschrift besteht demnach für einander begegnende Fahrzeuglenker dann eine Anhalteverpflichtung, wenn die objektiven Umstände, wie die Fahrbahnbreite und die Breite der einander sich begegnenden Fahrzeuge ein ausreichendes Ausweichen nicht gewährleisten können.

Aus dem Verfahrensakt (insbesondere der Anzeige des Gendarmeriepostens Aschach vom 28.11.2002 incl. Beilagen) ergibt sich, dass der Bw das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug in einer Entfernung von ca. 20 m von seinem Haus R. auf Grund des entgegenkommenden, von W.A. gelenkten PKW zum Stillstand bringen musste. Laut Anzeige betrug die Fahrbahnbreite in diesem Bereich lediglich 3,20 m.

 

Die Strecke, welche Herr W.A. mit dem von ihm gelenkten Fahrzeug (bis zur Öd in Bergen-Landesstraße) hätte zurückschieben müssen, wurde laut Anzeige

mit etwa 150 m angegeben. Diese Entfernung wurde von der Zeugin E.G. ebenfalls mit ca. 150 m angegeben. Von den Zeugen W.A., C.A. und Dr. M.A. wurde diese Strecke mit "300-400 m" angegeben. Dem im Verfahrensakt einliegenden Lageplan kann entnommen werden, dass hinsichtlich der Entfernung, welche von Herrn A. - rückwärtsfahrend - zurückzulegen gewesen wäre, diese mit "etwa 150 m" am zutreffendsten ist. Im Hinblick darauf ergeben sich keinerlei Zweifel, dass dem Bw beim Vorfall vom 10.11.2002 aufgrund der kürzeren Strecke ein Zurückfahren jedenfalls leichter möglich gewesen und dies daher geboten gewesen wäre. Der Bw hat daher - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - gegen die Bestimmung des § 10 Abs.2 StVO 1960 verstoßen und diese Übertretung zu verantworten. Dass der Bw nach erfolgtem Zurückschieben seines Fahrzeuges zwecks Ausweichen unter Umständen auch sein eigenes Privatgrundstück bzw. seine eigene Hauseinfahrt hätte benützen müssen, hätte er in diesem Zusammenhang in Kauf nehmen müssen.

Durch das Verhalten des Bw war Herr W.A. gezwungen, die für ihn längere Strecke zurückzufahren. Da der Bw überdies sein Fahrzeug absperrte und zu seinem Haus zurückging, war es Herrn A. in der Folge nur unter Zurücklegung eines Umweges von ca. 3 km möglich, zu seinem Elternhaus zu gelangen.

Die Tat stellt ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG dar, zu deren Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung der Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Erstbehörde hat die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw als strafmildernd gewertet, straferschwerend wurde kein Umstand gewertet. Der Umstand, dass sich das Verhalten des Bw für den Lenker des entgegenkommenden Fahrzeuges - wie oben näher ausgeführt - nachteilig ausgewirkt hat, war zu berücksichtigen.

 

Zu berücksichtigen waren ferner spezialpräventive Überlegungen dahingehend, dass der Bw durch eine entsprechende Bestrafung von der Begehung weiterer derartiger Verwaltungsübertretungen abgehalten werden soll. Diesem Aspekt kommt im vorliegenden konkreten Falle Relevanz zu, als der Bw, wie sich aus seinen im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens abgegebenen Stellungnahmen und zuletzt aus dem Berufungsschriftsatz ableiten lässt, ein uneinsichtiges Verhalten an den Tag legt.

In Anbetracht des gesetzlich vorgegebenen Strafrahmens bis zu einer Höhe von 726 Euro wurde der Strafrahmen lediglich in einem Ausmaß von 5 % ausgeschöpft und es erscheint die verhängte Geldstrafe im vorliegenden Fall als durchaus vertretbar bemessen. Was die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw betrifft, so wurden die aus dem Akt ersichtlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers (außerlandwirtschaftliches monatliches Einkommen von ca. 1.000 Euro, Landwirtschaft im Ausmaß von 12 ha mit 6.976 Euro Einheitswert sowie einem Wohnungseinheitswert von 14.607 Euro mit einer Hypotheksbelastung von ca. 9.700 Euro, keine Sorgepflichten) der Strafbemessung zugrundegelegt.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Berufungswerber weder durch den Schuldspruch noch durch die Bemessung der Geldstrafe in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb diesbezüglich die Berufung als unbegründet abzuweisen war.

 

Aus den angeführten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. L i n k e s c h

 

 
Beschlagwortung:
Zurückfahren, Privatgrundstück

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