Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109102/25/BMa/Schä

Linz, 26.04.2004

 

 

 VwSen-109102/25/BMa/Schä Linz, am 26. April 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung des Herrn L G, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. T B, vom 12. Juni 2003 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 2. Juni 2003, Zl. VerkR96-627-2003, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 2. April 2004 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 2, 1. Alt VStG;
Zu II.: § 66 Abs. 1 VStG

Entscheidungsgründe:
 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Rechtsmittelwerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 190 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden) verhängt, weil er am 3. Jänner 2003 um 14.35 Uhr mit seinem Kombi, Kennzeichen:, in Perg in der Bahnhofstraße im Bereich des Hauses Nr. 16 bei einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichen Zusammenhang gestanden habe, indem er beim Ausparken gegen einen parkenden Pkw gestoßen sei. Er habe nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt, obwohl er auch dem Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nicht nachgewiesen habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 4 Abs. 5 iVm. § 99 Abs. 3 lit. b Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) in der geltenden Fassung begangen, weshalb er gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO 1960 zu bestrafen gewesen sei.

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, vom Beschuldigten werde zugegeben, dass er beim Ausparken einen Anstoß bei dem hinter ihm parkenden Fahrzeug verspürt habe. Von einem Zeugen sei der Vorfall beobachtet worden, wobei dieser feststellen habe können, dass sich der beschädigte Pkw durch den Anstoß bewegt habe. Der Schaden habe von dem Zeugen, dem Geschädigten selbst und einem Gendarmeriebeamten des Postens Perg festgestellt werden können. Die Verwaltungsübertretung erscheine der Behörde auf Grund der Anzeige und der zeugenschaftlichen Aussagen als erwiesen.

 

1.3. Gegen dieses dem ausgewiesenen Rechtsvertreter am 4. Juni 2003 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende am 20. Juni 2003 - und damit rechtzeitig - bei der Bezirkshauptmannschaft Perg eingelangte Berufung vom 12. Juni 2003.

 

1.4. Darin führt der Rechtsmittelwerber im Wesentlichen aus, der Berufungswerber habe am 3. Jänner 2003 am oben bezeichneten Tatort ausgeparkt. Zuerst sei der Berufungswerber ein kleines Stück nach vor gefahren, beim darauffolgenden Zurückfahren habe er einen leichten Anstoß am hinteren Fahrzeug verspürt. Er habe sein Fahrzeug angehalten und die möglichen Kontaktstellen besichtigt. Weder an seinem Fahrzeug noch am geparkten Fahrzeug habe von ihm an den möglichen Kontaktstellen eine Beschädigung festgestellt werden können, obwohl er sogar, um allfällige unter dem üblichen Schmutz verborgene Dellen erkennen zu können, mit der Hand über die Stoßstange getastet habe. Nachdem er keinerlei Schaden feststellen habe können, habe er sein Fahrzeug wieder in Betrieb genommen und sei nach Hause gefahren.

Es sei durch die leicht schräge Ausfahrt - bzw. Rückfahrbewegung des Berufungswerbers die Kontaktierung nur mit der mittleren oder linken Heckseite des Fahrzeuges möglich gewesen, sodass ein Schaden am rechten Rücklicht auf Grund der Ausfahrbewegung des Berufungswerbers nicht erklärbar sei. Damit es zu dem behaupteten Schaden durch die Fahrbewegung des Berufungswerbers hätte kommen können, wäre eine erhebliche Verformung der Stoßstange am betroffenen Fahrzeug notwendig gewesen. Ein solcher Schaden sei jedoch nicht behauptet worden. Beide betroffenen Fahrzeuge würden über eine Anhängevorrichtung verfügen, dadurch werde zwar die Möglichkeit eines Kontaktes bzw. einer Berührung erleichtert, jedoch der Eintritt des gegenständlichen Schadens noch wesentlich unwahrscheinlicher. Die Feststellung irgend eines Schadens am betroffenen Pkw durch den Zeugen, den Geschädigten und den Gendarmeriebeamten des Postens Perg vermag in keiner Weise nachzuweisen, dass dieser Schaden vom Pkw des Berufungswerbers verursacht worden sei.

Daher wird u. a. die Gegenüberstellung der betroffenen Fahrzeuge im Wege eines Lokalaugenscheines an Ort und Stelle, die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

  1. Am 2. April 2002 wurde eine mündliche Verhandlung unter Vornahme eines Lokalaugenscheines durchgeführt, zu der der Berufungswerber in rechtsfreundlicher Vertretung, Herr König als Vertreter der belangten Behörde und der technische Amtssachverständige Ing. H erschienen sind. Die ordnungsgemäß geladenen Zeugen Herr E und Frau E sind zur Verhandlung nicht gekommen.
  2.  

    1. Zur Beweisfrage, ob die im Akt dargestellte Beschädigung am Pkw, Marke Toyota Carina, KZ.:, auf Grund des Ausparkmanövers am 3. Jänner 2003 um 14.35 Uhr mit dem Pkw Renault Espace, deutsches KZ.: FFB -B6730, verursacht wurde, gab der technische Sachverständige unter Berücksichtigung der vor Ort getätigten Angaben des Berufungswerbers Befund und Gutachten ab. Darin führte er wie folgt aus:

     

    Befund:

    (Vorweg wird vom Sachverständigen eine Beschreibung des Tatorts vorgenommen)

    "Die beiden gegenständlichen Fahrzeuge haben auf Höhe des Kaufhauses Strasser geparkt. Höhe Hausnummer Bahnhofstraße 17 stand das Fahrzeug des Beschuldigten, ein Renault Espace V6, mit dem deutschen Kennzeichen, in Fahrtrichtung Bahnhof. Das ca. einen Meter neben oder hinter der rückwärtigen Stoßstange des Espace stehende Fahrzeug, Toyota Carina, mit dem amtlichen Kennzeichen, stand in Fahrtrichtung Stadtmitte. Der Abstand zwischen den Stoßstangen betrug ca. einen Meter. Die Fahrzeuge standen achsparallel zur Bordsteinkante. Der Abstand des Espace in Fahrtrichtung gesehen, zu einem aus seiner Fahrtrichtung vor ihm stehenden größeren Kombi, betrug ebenfalls in etwa einen Meter.

    Unter Zugrundelegung der Beschreibung des Ausparkmanövers des Beschuldigten fuhr der Beschuldigte zuerst ein Stück nach vor, wobei die Vorderräder bereits eingeschlagen wurden. Das Fahrzeug stand dann in Bezug auf die Bordsteinkante in einer leichten Schrägstellung. Im Anschluss fuhr er dann ein Stück zurück. Unter der Voraussetzung, dass das rückwärts parkende Fahrzeug parallel zum Bordstein stand, ergab sich in Bezug auf die Heckposition des Fahrzeug des Beschuldigten eine leichte Schrägstellung. Die vom Beschuldigten angegebene Kollisionsstelle, mit seinem Fahrzeug am rechten hinteren Stoßstangeneckbereich und beim Fahrzeug des Geschädigten im Bereich (Fahrtrichtung gesehen) des linken Kennzeichenbeginns ist plausibel.

     

    Gutachten:

    Unter den vorstehend genannten Voraussetzungen ist durch die leichte Schrägstellung des Renault Espace ein Kontakt, wie im vorhandenen Schadensfoto ersichtlich, nicht möglich. Der ersichtliche Schaden befindet sich beim Fahrzeug des Geschädigten, in Fahrtrichtung gesehen, beim rechten hinteren Schlusslicht. Durch die Schrägstellung (leichte Schrägstellung) des Fahrzeuges ist eine Kontaktierung in diesem Bereich durch den Espace nicht möglich. Aus technischer Sicht ist daher die Anschlussstelle beim Fahrzeug des Toyota nicht nachvollziehbar.

    Unfallversuche haben gezeigt, dass die Strukturfestigkeit von Rückleuchtencelonen so groß ist, dass bei Ausparkmanövern im Kleinkollisionsbereich eine sichere Wahrnehmung gegeben ist, da das erzeugte Rucksignal eindeutig über der Wahrnehmbarkeitsgrenze von 0,75 m pro Sekundenquadrat liegt."

     

  3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
  4.  

    Gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung derjenige, der u. a. den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet.

     

    Gemäß § 4 Abs. 5 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

     

    Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 1. Alt. VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

     

    Wie sich aus den plausiblen und nachvollziehbaren Ausführungen in Befund und Gutachten des technischen Amtssachverständigen beim Lokalaugenschein in Perg am 2. April 2004 ergibt, konnte der Schaden an der Rückleuchtencelone des Pkw Toyota Carina, KZ.:, nicht auf Grund des Ausparkmanövers am 3. Jänner 2003 um 14.35 Uhr mit dem Pkw des Herrn L G, Marke Renault Espace, deutsches KZ.:, verursacht worden sein.

    Damit ist aber auch ein Verstoß gegen § 4 Abs. 5 iVm § 99 Abs. 3 StVO nicht möglich, da für diese Verwaltungsübertretung die Verursachung eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden Voraussetzung ist.

     

    Das Verfahren war somit gemäß § 45 Abs. 1 Z.2 VStG einzustellen.

     

  5. Die Kostenentscheidung ist im § 66 Abs. 1 VStG gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

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