Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109132/17/BMa/Be

Linz, 24.05.2004

 

 

 VwSen-109132/17/BMa/Be Linz, am 24. Mai 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung des D, vertreten durch Dr R, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 26.5.2003, Zl. VerkR96-6194-2002, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. Mai 2004 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 72 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass an Stelle "Km 267,500" die Angabe "Km 267.320" tritt.

 

II. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 20 Euro; für das Verfahren vor dem Oö Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:
 
zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 10/2004 iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 117/2002.
zu II.: § 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG.
 
 

 

 

Entscheidungsgründe:

    1. Mit dem aus der Präambel ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber (Bw) zur Last gelegt, er habe am 18. Jänner 2002 um 14.05 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen W auf der Westautobahn A1 in Fahrtrichtung Wien gelenkt, wobei er im Gemeindegebiet von St. Lorenz bei Km 267,500 die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 64 km/h überschritten habe. Hierdurch habe er die Rechtsvorschrift des § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 verletzt und es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 108 Stunden gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verhängt.

1.2. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei unstrittig, dass der Berufungswerber das im Spruch angeführte Kfz gelenkt habe. Die vorgeworfene "Geschwindigkeitsüberschreitung" (gemeint war wohl Fahrgeschwindigkeit) sei mittels geeichtem Radargerät Multanova VR6 FA Nr. 1975 festgestellt worden.

Die Angaben eines Gendarmeriebeamten als Meldungsleger, zusammen mit einem eindeutigen Radarfoto würden als ausreichender Beweis für eine Verletzung der Vorschriften hinsichtlich der zulässige Fahrgeschwindigkeit genügen.

Es läge kein Grund vor, an der Richtigkeit der Messung zu zweifeln und die Geschwindigkeitsbeschränkungen seien laut vorgelegten Verordnungen des BMVIT ordnungsgemäß verordnet und aufgestellt gewesen.

    1. Gegen dieses, ihm am 30. Mai 2003 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 13. Juni 2003 (und damit rechtzeitig) zur Post gegebene Berufung.

 

1.4. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, die gegen den Berufungswerber erhobenen Vorwürfe würden nicht zu Recht bestehen, er habe den Tatbestand des

§ 52 lit.a Z.10a StVO 1960 nicht erfüllt. Zu diesem Ergebnis hätte die belangte Behörde kommen müssen, sofern sie die von ihm gestellten Beweisanträge berücksichtigt hätte.

Die belangte Behörde habe dem Berufungswerber auch nicht sein Verschulden nachgewiesen, weshalb das bekämpfte Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet sei.

Die am Tatort aufgestellten Verkehrszeichen würden überdies nicht dem Gesetz entsprechen und die zugrundeliegende Verordnung sei gesetzwidrig kundgemacht worden. Die Anbringung des Verkehrszeichens "höchstzulässige Geschwindigkeit 60 km/h" habe nicht der Vorschrift des § 48 StVO entsprochen, da der Abstand zwischen dem der Fahrbahn zunächst liegenden Rand des Zeichens und dem Fahrbahnrand mehr als 0,30 m betragen habe.

Zur Klärung der Sachlage würden Beweisanträge gestellt bzw. die bereits gestellten Beweisanträge zu solchen der Berufung erhoben.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 VStG in eventu die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

 

2. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Am 5. Mai 2004 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Berufungswerber in rechtsfreundlicher Vertretung, die Zeugen BI Bauer und ABM Schöringhumer sowie der Sachverständige Ing. Raberger erschienen sind.

 

3.1. Der Zeuge Schöringhumer gab im Wesentlichen an, zur ordnungsgemäßen Kundmachung der Geschwindigkeitsbeschränkung werde auf den Aktenvermerk vom 20. Juni 2002 verwiesen. Die Aufstellung der Verkehrszeichen seien vom Polier, vermutlich dem Herrn Hausleitner, kontrolliert und wie im Regelplan dargestellt, vorgenommen worden. Die Baustellen seien täglich kontrolliert worden, insbesondere (wie im vorliegenden Fall) im Winter. Wäre irgendetwas umgestoßen worden, so wäre dies sofort wieder behoben worden. Wie weit das Verkehrszeichen vom rechten Fahrbahnrand entfernt aufgestellt worden sei, sei aus dem Regelplan nicht ersichtlich. Die Aufstellung sei im Bankettbereich erfolgt. Zwischen der Fahrbahn und dem Bankettbereich habe sich der Pannenstreifen, auf dem Verkehrszeichen nicht aufgestellt werden dürfen, befunden. Direkt neben dem rechten Rand des Pannenstreifens, eben im Bankettbereich, sei das Verkehrszeichen aufgestellt worden.

 

3.2. Der Zeuge BI B gab im Wesentlichen an, die Radarmesskabine sei gemäß den Bedienungsvorschriften im Beisein von Ing. Sarländer vom BEV aufgestellt und eingerichtet worden. Der Standort sei damit vom BEV abgenommen worden. Dies gewährleiste, dass die Bedienungsvorschriften ordnungsgemäß eingehalten würden. Vom Messwert würden gemäß den Vorschriften 5 % Messtoleranz abgezogen (Punkt 15 der Verwendungsbestimmungen). Die Dauer des Messvorgangs (Beweisantrag in der Stellungnahme vom 12.5. 2003) sei geschwindigkeitsabhängig. Die gesamte Einstellung sei ordnungsgemäß gewesen. Der Film sei in die Radarkabine ca. um 8.00 Uhr eingelegt worden und er sei um ca. 22.00 Uhr voll gewesen. Den ganzen Tag über habe es keine Fehlermeldungen gegeben.

 

3.3. Zur Beweisfrage, ob die Radarkabine vorschriftsmäßig angebracht und das technische Gerät richtig eingestellt war, erstattete der technische Amtssachverständige nachstehenden Befund und folgendes Gutachten:

" Der richtige Winkel des Messstrahles zum Fahrbahnrand beträgt 22 °. Dieser wird bei der Aufstellung der Messkabine eingestellt und es besteht keine Möglichkeit diesen Winkel zu verändern. Der seitliche Abstand zum Fahrbahnrand spielt aus technischer Sicht keine Rolle (Punkt 12 der Verwendungsbestimmungen).

Die Messung wurde in einer Wegstrecke von ca. 5 Metern durchgeführt, daraus ergibt sich auch die Dauer des Messvorganges.

Gutachtlich wird ausgeführt, dass es sich um eine gültige Messung handelt, wie sich auch aus der fotogrammetrischen Geschwindigkeitskontrolle ergibt (die Auswertung wird als Beilage 1 der Verhandlungsschrift angeschlossen)."

 

3.4. Der Bw selbst gab in der mündlichen Verhandlung an, er sei bereits 44 Jahre lang 100 % unfallfrei gefahren. Er habe nicht festgestellt, dass im Bereich des Tatorts eine Geschwindigkeitsbeschränkung bestanden habe, er habe diese einfach übersehen. Zum Tatzeitpunkt sei die Autobahn überraschenderweise nahezu vollständig ohne Verkehr gewesen.

Er fahre mit dem Tempomat auf der Autobahn grundsätzlich 130 km/h, dies entspreche einer "Echtgeschwindigkeit" von 125 km/h, sofern keine andere Geschwindigkeitsbeschränkung bestehe. Er sei ein sehr disziplinierter Fahrer und halte sich grundsätzlich an Beschränkungen. Zum Tatzeitpunkt sei die Fahrbahn nicht vereist gewesen und es hätten keine winterlichen Fahrverhältnisse geherrscht.

 

3.5. In der abschließenden Stellungnahme wurde - wie bereits in den vorrangigen Äußerungen - darauf hingewiesen, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnis bei der angegeben Kilometeranzahl 80 km/h verordnet gewesen seien und der Tatvorwurf auf eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h laute. Darüber hinaus seien die Verkehrszeichen nicht ordnungsgemäß aufgestellt und damit nicht erkennbar gewesen.

 

Daher wird die Einstellung des gegenständlichen Verfahrens in eventu eine milde Bestrafung beantragt.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Die relevanten Rechtsvorschriften, §§ 52 lit.a Z.10 und 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurden im angefochtenen Erkenntnis wiedergegeben; eine nochmalige Zitierung erübrigt sich somit.

 

Gemäß § 48 Abs.5 StVO darf der seitliche Abstand bei seitlicher Anbringung der Verkehrszeichen zwischen dem der Fahrbahn zunächst liegenden Rand eines Straßenverkehrszeichens und dem Fahrbahnrand auf Freilandstraßen nur in Ausnahmefällen weniger als 1 Meter und mehr als 2,50 Meter betragen.

Der Begriff "Fahrbahn" ist in § 2 StVO als der für den Fahrzeugverkehr bestimmte Teil der Straße definiert. Eine Straße ist eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in diesem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen.

Gemäß § 2 Abs.1 Z.6a ist ein Pannenstreifen der rechts neben den Fahrstreifen einer Richtungsfahrbahn befindliche befestigte Teil der Straße, sofern dieser nicht durch Bodenmarkierungen als Verzögerungs- oder Beschleunigungsstreifen gekennzeichnet ist.

 

4.2. Der Berufungsweber lenkte am 18. Jänner 2002 um 14.05 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen W- auf der Westautobahn A1 in Fahrtrichtung Wien, wobei er die bei Km 267.320 durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 64 km/h überschritten hat. Dies ergibt sich aufgrund der Messung des Radarmessgerätes sowie der Zeugenaussagen und der Aussage des technischen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 5. Mai 2004.

Dem Vorbringen, die Geschwindigkeitsbeschränkung sei gemäß § 48 Abs.5 StVO nicht ordnungsgemäß kundgemacht, wird entgegengehalten, dass gemäß den oben zitierten, in § 2 StVO angeführten Begriffsbestimmungen der Pannenstreifen als Teil der Fahrbahn anzusehen ist und die Situierung der Geschwindigkeitsbeschränkung nicht anders als auf dem Bankettbereich erfolgen konnte. Denn es ist notorisch, dass in diesem Fahrbahnabschnitt im Anschluss an den Bankettbereich Lärmschutzwände bestehen. Aus diesem Grund konnten auch die in § 48 Abs.5 StVO angegebenen Abstände unterschritten werden.

Die Korrektur des Spruchs im angefochtenen Straferkenntnis von Km 267.500 auf Km 267.370 war möglich, da die Angabe von Km 267.500 lediglich als Schreibfehler zu qualifizieren ist. So wurde dem Berufungswerber noch innerhalb der Frist der Verfolgungsverjährung, mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. März 2002, der (richtige) Tatvorwurf, nämlich "bei Km 267,320" gemacht.

 

Damit hat der BW tatbildlich gem. § 52 lit.a Z.10a in Verbindung mit § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 gehandelt.

 

4.3. Das Verschulden des Berufungswerbers ist gemäß § 5 VStG zu beurteilen, da der Verstoß ein Vergehen gegen Verwaltungsvorschriften darstellt.

 
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsüber-tretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Im konkreten Fall wurde vom Berufungswerber vorgebracht, er habe nicht festgestellt, dass im Bereich des Tatortes eine Geschwindigkeitsbeschränkung bestanden habe, er habe diese einfach übersehen. Daraus ist ableitbar, dass sein Verhalten keine Vorsatzkomponenten enthält, er es jedoch fahrlässig unterlassen hat, die nötige Aufmerksamkeit obwalten zu lassen, um sich im Straßenverkehr rechtskonform zu verhalten.

Somit hat er die subjektive Tatseite der vorgeworfenen Rechtsnormen erfüllt.

 

4.4. Bei der Strafbemessung war ausgehend von einem Strafrahmen bis zu 726 Euro Folgendes zu erwägen:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, denen die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichten.

 

Die belangte Behörde hat als strafmildernden Umstand die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit und straferschwerend das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 100 % der erlaubten Höchst-geschwindigkeit gewertet.

Eine Reduktion der Strafe konnte im Hinblick auf den vom BW glaubhaft gemachten ausgewiesenen Verlust in seiner Umsatzsteuervoranmeldung von August 2002 sowie den Umstand erfolgen, dass das Verschulden des Berufungswerbers auf einem bloßen Versehen (siehe oben) beruht und spezialpräventive Erwägungen damit in den Hintergrund treten.

 

5. Insoweit war der Berufung daher gemäß § 24 VStG in Verbindung mit § 66 Abs.4 VStG stattzugeben, im Übrigen war diese hingegen als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde nach § 64 Abs.1 und 2 VStG; für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Mag. Bergmayr-Mann

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