Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109134/2/BMa/Ka

Linz, 04.08.2003

 

 

 VwSen-109134/2/BMa/Ka Linz, am 4. August 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung der Frau KU, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. HB, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 16.Juni 2003, Zl.S-3532/03-4, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 36 Euro herabgesetzt wird und die Ersatzfreiheitsstrafe entfällt. Als Rechtsnorm wird zusätzlich § 1 Abs.4 3.Satz FSG eingefügt. Im Spruch wird nach der Wortfolge "....mehr als 6 Monate verstrichen sind," ein Punkt gesetzt und der restliche Spruchteil entfällt. Im Übrigen wird die Berufung hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 3,60 Euro; für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG, BGBl.Nr.51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.117/2002 iVm §§ 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1, § 65 VStG, BGBl.Nr.52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.117/2002

 
 

 
 
 
 
 
 

Entscheidungsgründe:
 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen der Übertretung des §§ 23 Abs.1 iVm 37 Abs.1 Führerscheingesetz-FSG BGBl. I Nr. 120/1997 idF BGBl. I Nr. 129/2002 eine Geldstrafe von 60 Euro und für den Nichteinbringungsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, wobei ihr zur Last gelegt wurde, sie habe am 1.Jänner 2003 um 14.00 Uhr das KFZ mit dem Kz.: auf der B 310 bei Strkm.55.270 bei der Grenzkontrollstelle Wullowitz in Richtung Österreich mit einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung gelenkt, obwohl seit der Begründung des Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet mehr als sechs Monate verstrichen gewesen seien, wobei sie nur im Besitz einer von einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung gewesen sei.

 

Gegen dieses, ihrem Rechtsvertreter am 18. Juni 2003 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 2. Juli 2003 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

 

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, es sei unbestritten geblieben, dass die Rechtsmittelwerberin in Österreich einen Hauptwohnsitz habe. Dies sei auch aus den Daten des ZMR ersichtlich. Zwar sei aufgrund der melderechtlichen Daten allein nicht der Schluss zulässig, dass die Meldeadresse tatsächlich den Hauptwohnsitz der sie betreffende Person bilde, doch komme dem erklärten Willen der gemeldeten Person im gegebenen Zusammenhang eine hohe Indizwirkung zu. Die gleichzeitige Anmeldung eines Hauptwohnsitzes und Nebenwohnsitzes, zuletzt am 13. Mai 2002, sei so zu verstehen, dass die Rechtsmittelwerberin sich im Bundesgebiet mit der Absicht niedergelassen habe, um dort dauernden Aufenthalt zu nehmen. Ein wesentliches Indiz dafür sei, dass die Mutter der Berufungswerberin und ihr Adoptivvater ebenso mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet seien. Nicht glaubwürdig sei die Behauptung, sie würde das zur Verfügung gestellte Kfz in Österreich nur zu Sprachübersetzungszwecken verwenden und die Ausreise in die Republik Tschechien erfolge üblicherweise am gleichen Tag.

 

2.2. Dagegen bringt die Bw im Wesentlichen, auch durch Verweis auf ihre bereits früher abgegebenen Stellungnahmen vor, der Tatbestand des § 23 Abs.1 FSG sei nicht erfüllt. Sie verfüge über einen Doppelwohnsitz und habe in Österreich und Tschechien gleichwertige Hauptwohnsitze. Von einer Verlegung des Hauptwohnsitzes von Tschechien nach Österreich könne nicht die Rede sein, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 23 Abs.1 FSG seien daher nicht erfüllt. Aufgrund ihres Doppelwohnsitzes sei sie berechtigt, mit ihrem tschechischen Führerschein ein ihr zur Verfügung gestelltes KFZ der Stiftung südböhmische Volkshilfe, in deren Auftrag ehrenamtlich und karitativ in Österreich zu Sprachübersetzungszwecken zu verwenden. Bei derartigen Fahrten erfolge die Ausreise mit dem Kraftfahrzeug in die Republik Tschechien üblicherweise am gleichen Tag.

 

Die Erstbehörde habe sich nicht entsprechend mit ihrem Vorbringen auseinandergesetzt und es würden entscheidungswesentliche Begründungsmängel vorliegen. Sie mache geltend, sie sei mittlerweile in Besitz einer österreichischen Lenkberechtigung gelangt und damit würden Meinungsverschiedenheiten, wie sie in der Vergangenheit vorgekommen seien, unterbleiben. Sie habe ohnehin über einen gültigen Führerschein im maßgeblichen Tatzeitraum verfügt und durch ihr Verhalten sei auch keine Gefährdung der Verkehrssicherheit eingetreten, es gehe letztlich nur um die Einhaltung formalrechtlicher Vorschriften, hinsichtlich deren Auslegung offensichtlich Meinungsverschiedenheiten bestehen würden.

 

Daher wird - erschließbar - das Absehen von der Strafe (gemäß § 21 VStG) und hilfsweise die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BPD Linz, zu Zl. S-3532/03-4; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Parteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs.3 Z3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. Über die gegenständliche Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 1 Abs.4 3. Satz FSG ist das Lenken eines KFZ mit einer in einem Nicht - EWR - Staat erteilten Lenkberechtigung nur im Rahmen der Bestimmung des § 23 leg.cit. zulässig.

 

Gemäß § 23 Abs.1 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen von Anhängern aufgrund einer von einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung durch Personen mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet zulässig, wenn seit dessen Begründung nicht mehr als sechs Monate verstrichen sind. Die Behörde hat auf Antrag diese Frist um weitere sechs Monate zu verlängern, wenn sich der Antragsteller nachweislich aus beruflichen Gründen oder zum Zwecke der Ausbildung nicht länger als ein Jahr in Österreich aufhalten wird.

 

4.2. Zum Vorfallszeitpunkt verfügte die Bw über einen tschechischen Führerschein, also einen Führerschein, der in einem Nicht-EWR-Staat erteilt wurde, und hatte bereits mehr als sechs Monate, nämlich bereits seit 31. August 1990, einen Hauptwohnsitz in Linz.

Das wird von der Bw auch gar nicht bestritten. Sie wendet jedoch ein, sie hätte zwei gleichwertige Hauptwohnsitze, nämlich einen in der Republik Österreich und einen in Tschechien.

Dieses Vorbringen vermag an der Erfüllung des Tatbestands des § 23 Abs.1 FSG (Lenken eines KFZ mit einem tschechischen Führerschein, obwohl in Österreich schon länger als ein halbes Jahr ein Hauptwohnsitz begründet wurde) nichts zu ändern, da dafür ausschließlich das Bestehen eines Hauptwohnsitzes in Österreich ausschlaggebend ist, unabhängig davon, ob in anderen Staaten weitere Hauptwohnsitze begründet wurden.

Die Bw hat daher tatbildlich im Sinn der vorzitierten Rechtsvorschriften gehandelt.

 

4.3. Die Bw hätte sich innerhalb von sechs Monaten nach Begründung eines Hauptwohnsitzes in Österreich darum kümmern müssen, dass sie in den Besitz einer in Österreich geltenden Lenkberechtigung kommt. Diese Untätigkeit ist ihr als Fahrlässigkeit anzulasten und damit hat sie auch schuldhaft gehandelt.

 

Ihre Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

5. Bei der Strafbemessung war ausgehend von einem Strafrahmen von 36 Euro bis 2.180 Euro Folgendes zu erwägen:

 

5.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

5.2. Bei der Bemessung der Strafe wurde von der erstinstanzlichen Behörde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt. Als mildernd wurde das Fehlen verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen gewertet, erschwerende Umstände lagen keine vor. Es wurde davon ausgegangen, dass die Bw kein Vermögen besitze, keine Sorgepflichten habe und über kein Einkommen verfüge.

 

5.3. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, diese Feststellungen und Wertungen der Erstbehörde in Zweifel zu ziehen. Lediglich die Strafmilderungsgründe werden vom Oö. Verwaltungssenat dahingehend ergänzt, dass die Bw (wie sich aus einem Aktenvermerk der BPD Linz vom 9. Juli 2003 ergibt) bereits einen Antrag zur Erlangung einer österr. Lenkberechtigung gestellt hat. Durch dieses Handeln hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie sich künftig den in Österreich geltenden Normen gemäß verhalten will. Dem steht auch ihre vor Anfertigung des Aktenvermerkes in der Berufung abgegebene, zu diesem widersprüchliche Erklärung, sie sei bereits im Besitz einer österreichischen Lenkerberechtigung, nicht entgegen, da - selbst wenn sie die Lenkberechtigung noch nicht hat - zum Ausdruck kommt, dass sie sich in Hinkunft konform der österreichischen Rechtsordnung verhalten will.

Die verhängte Strafe bedarf daher keiner spezialpräventiven Wirkung und eine Ersatzfreiheitsstrafe ist nicht mehr aufzuerlegen (Walter/Mayer, Verwaltungsver-fahrensrecht7, RZ 785).

Aus generalpräventiven Gründen konnte mit der Verhängung der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden, da die Tat keine wesentlichen nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat.

Die verhängte Strafe war somit herabzusetzen.

 

Ergänzend wird angemerkt, dass die Voraussetzungen zu einem Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG nicht vorliegen, da das Verschulden der Bw keinesfalls als geringfügig fahrlässig einzustufen ist (siehe dazu Punkt 4.3.).

 

6. Die Herabsetzung der Geldstrafe erfordert eine dementsprechende Anpassung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten (§ 64 Abs.1 und 2 VStG). Aufgrund des Teilerfolges der Berufung fielen keine Kostenbeiträge für das Berufungsverfahren an (§ 65 VStG).

 
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 
 

Mag. Bergmayr-Mann

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