Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109163/2/BMa/Ka

Linz, 12.08.2003

 

 

 VwSen-109163/2/BMa/Ka Linz, am 12. August 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung des Herrn Ing. JD, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. P vom 18. Juni 2003, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 16. Mai 2003, Zl. 101-5/3-330131561, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG, BGBl.Nr.51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.117/2002 iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z.1 1.Alt., 51c sowie 51e Abs.3 Z3 VStG, BGBl.Nr.52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.117/2002.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:
 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz wurde der Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe als verantwortlicher Beauftragter und somit als gemäß § 9 Abs.2 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma "A" Gesellschaft für Außenwerbung mbH mit dem Sitz in W, zu verantworten, dass die Werbung "JACOBS COFFEE - KICK" in L Auffahrt A Richtung Norden Rampe 2, zumindest am 12. Juli 2001 auf einem Werbeträger außerhalb des Ortsgebietes weniger als 100 m vom Fahrbahnrand entfernt (Fahrbahnentfernung 2 m), laut einer Anzeige des städtischen Erhebungsdienstes, angebracht gewesen sei, obwohl dies gemäß § 84 Abs.2 StVO verboten sei und keine Ausnahmebewilligung gemäß § 84 Abs.3 StVO vorgelegen sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 84 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit. j StVO 1960 iVm § 9 Abs.2 VStG begangen. Gemäß § 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe von 218 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von insgesamt 21,80 Euro verpflichtet.

 

1.2. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der dargestellte Sachverhalt sei als erwiesen angenommen worden; eine Verfolgungsverjährung sei im gegenständlichen Fall nicht eingetreten, da gemäß § 32 Abs.3 VStG eine Verfolgungshandlung, die gegen einen zur Vertretung nach außen Berufenen gerichtet sei, auch als Verfolgungshandlung gegen die anderen zur Vertretung nach außen Berufenen und gegen die verantwortlichen Beauftragten gelte. Im gegenständlichen Fall sei daher die Strafverfügung vom 19. Juli 2001 gegen Herrn Dr. HS als rechtzeitige Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 leg.cit. anzusehen.

 

Die angebrachte Werbung "JACOBS COFFEE-KICK" verkörpere die vom Gesetz verbotene wirtschaftliche Werbung mit einem Güteurteil, weshalb sie unter den Verbotstatbestand des § 84 Abs.2 StVO falle.

 

1.3. Gegen diesen, ihm am 5. Juni 2003 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 20. Juni 2003 (und damit rechtzeitig) zur Post gegebene Berufung.

 

1.4. Darin wird im Wesentlichen angeführt, der Tatvorwurf sei verjährt, da dem Einschreiter eine Tat vom 12. Juli 2001 vorgeworfen werde und innerhalb von sechs Monaten nach diesem Termin gegen ihn keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt worden sei.

Bei der Werbung "JACOBS COFFEE - KICK", die der Bw angebracht habe, handle es sich nicht um eine Werbung im Sinne der Rechtsprechung des VwGH. Eine Werbung in diesem Sinne liege nur vor, wenn damit auch ein Güteurteil verbunden sei, dies sei bei der Wortfolge "JACOBS COFFEE - KICK" aber keineswegs der Fall (siehe VwGH vom 15.7.1964, 1745/63, ZVR 1965/109).

Im Übrigen müsse es als behördennotorisch gelten, dass Außenwerbeunternehmen ihre Werbung nicht selbst anbringen, sondern die in ihrem Eigentum stehende Werbeflächen Dritten überlassen, damit diese dort ihre Werbung anbringen können.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 VStG beantragt.

 

1.5. Der Bürgermeister der Stadt Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c erster Satz VStG).

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und wie folgt erwogen:

 

2.1. Gemäß § 84 Abs.2 StVO 1960 sind - von der Bestimmung des § 84 Abs.1 StVO 1960 abgesehen - außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten, wobei dies jedoch nicht für die Nutzung von Werbezwecken gemäß § 82 Abs.3 lit.f gilt.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer in anderer als der in lit.a bis h sowie in den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c und 4 bezeichneten Weise Gebote, Verbote oder Beschränkungen sowie Auflagen, Bedingungen oder Fristen in Bescheiden nicht beachtet.

 

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 und 3) vorgenommen worden ist.

 

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

Gemäß § 32 Abs.3 VStG gilt eine Verfolgungshandlung, die gegen einen zur Vertretung nach außen Berufenen (§ 9 Abs.1) gerichtet ist, auch als Verfolgungshandlung gegen die anderen zur Vertretung nach außen Berufenen und die verantwortlichen Beauftragten. Eine Verfolgungshandlung, die gegen den Unternehmer (§ 9 Abs.3) gerichtet ist, gilt auch als Verfolgungshandlung gegen die verantwortlichen Beauftragten.

 

3. Vorweg ist zu prüfen, ob die Voraussetzung zur Durchführung eines Straf- verfahrens gegeben ist, nämlich eine taugliche Verfolgungshandlung durch die Erstbehörde innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Monaten (§ 31 Abs.2 VStG) gesetzt wurde. Am 19. Juli 2001, also innerhalb der Frist von sechs Monaten nach der am 12. Juli 2001 vom städtischen Erhebungsdienst festgestellten Übertretung, wurde gegen Herrn Dr. S als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. "A" Gesellschaft für Außenwerbung mbH eine Strafverfügung erlassen. Gemäß der oben zitierten Verfahrensbestimmung gilt diese Verfolgungshandlung auch für den gemäß § 9 Abs.2 VStG verantwortlichen Beauftragten, zu dem der Bw am 20. Juli 2000 bestellt wurde. Die Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer Dr. S gilt daher auch als Einleitung des Strafverfahrens gegen den Bw.

 

3.1. In dieser Verfolgungshandlung wurde als Tatort Linz Dallingerstraße Auffahrt A 7 Richtung Norden, bezeichnet. In seiner Rechtfertigung vom 28. Februar 2002 machte Dr. S bereits geltend, dass die Bezeichnung "Auffahrt A7 Richtung Norden" keine exakte Ortsbezeichnung sei. Das Verfahren gegen Dr. S wurde in der Folge eingestellt, da dieser den Bw, Ing. D, als verantwortlichen Beauftragten namhaft gemacht hat. In der an Ing. Josef D am 17. Februar 2003 ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung wurde als Tatort 4020 Linz, Dallingerstraße Auffahrt A7 Richtung Norden Rampe 2 angeführt. Diese Ergänzung "Rampe 2" erfolgte zweifellos außerhalb der für Verfolgungshandlungen vorgesehenen Sechsmonatsfrist, unterliegt somit der Verfolgungsverjährung und kann auch nicht mehr wirksam in den Spruch des Straferkenntnisses gegen Herrn Ing. D aufgenommen werden.

 

3.2. Nach § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderem die als erwiesen angenommene Tat konkretisiert mit allen rechtserheblichen Merkmalen nach Ort und Zeit und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu beinhalten.

 

So hat der VwGH in der Entscheidung vom 10. April 1991, Zl.90/03/0283 erkannt:

 

§ 44a Z1 VStG 1950 bestimmt, dass in einem Straferkenntnis der "Spruch" (§ 44 Abs.1 Z.6 leg.cit) "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten hat. Das heißt, dass die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Der zitierten Rechtsvorschrift ist also dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahme-verfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a lit.a VStG 1950 genügt oder nicht genügt, mithin ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtschutzüberlegungen zu messendes sein (siehe hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. NF Nr.11894/A)."

 

3.3. Entscheidend ist die Frage, ob der Tatort in der Strafverfügung am 19. Juli 2001 (also ohne den Zusatz "Rampe 2") so präzise ist, dass er vom Bw nachvollzogen werden kann, dieser dazu Beweise anbieten kann, um den Tatvorwurf allenfalls zu widerlegen.

Der Anzeige, die Ausgangspunkt des bekämpften Straferkenntnisses war, war eine Luftbildaufnahme des Vermessungsamts des Magistrates Linz vom 18.1.2001 beigelegt, in welchem der Standort des Plakats bezeichnet war, ebenso wurde ein Foto von dem Plakat mit der Aufschrift "JACOBS COFFEE - KICK" beigelegt. Diese beiden Beilagen wurden dem handelsrechtlichen Geschäftsführer Dr. S innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nie zur Kenntnis gebracht. Überdies hätten sich aus dem beigefügten Foto auch keine Merkmale für einen bestimmten Standort des Plakates ableiten lassen. Aus der Luftbildaufnahme des Vermessungsamtes ergibt sich auch, dass in dem Bereich des bezeichneten Standortes noch weitere Standorte für Plakatwände eingezeichnet sind. Eine exakte Zuordenbarkeit des angegebenen Tatortes zur Bezeichnung des Tatortes im Spruchpunkt ist ohne exakte Ausmessung des Planes, der ja wie bereits oben erwähnt dem Bw nicht zur Kenntnis gelangte, nicht möglich.

 

Das Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

 

 

3.4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

 

Mag. Bergmayr-Mann

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