Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109169/2/Bm/Ri

Linz, 07.08.2003

 

 

 VwSen-109169/2/Bm/Ri Linz, am 7. August 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn T W, B H, D, vom 12. Juli 2003 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7.7.2003, VerkR96-3409-2003, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
  2. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 11,60 Euro, das sind 20% der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs1 und 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs. 2 iVm 134 Abs. 1 Kraftfahrgesetz 1967 - KFG 1967 eine Geldstrafe von 58 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des KFZ mit dem Kennzeichen H (D) trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Zl. VerkR96-3409-2003, zugestellt am 29.3.2003, nicht binnen zwei Wochen Auskunft darüber erteilt habe, wer das Kraftfahrzeug am 11.10.2002 um 3.42 Uhr im Gemeindegebiet A, auf der A, Strkm, in Richtung W, gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne.

 

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 5,80 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs. 3 Z1 und 3 VStG).

 

3. Der Berufungswerber macht im Wesentlichen geltend, er habe nachweislich zu dem angegebenen Zeitpunkt gearbeitet. Nach deutschem Recht könne er die Aussage verweigern, wenn es sich um verwandte Personen handle. Da er als Person selber nicht in Österreich gewesen sei, müsse deutsches Recht zugrunde gelegt werden. Insofern sei die Interpretation der angegebenen Urteile falsch und unzutreffend. Er sei Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland und die österreichische Rechtslage interessiere ihn nicht, da er sich nicht selbst in Österreich aufgehalten habe.

 

Ein § 103 Abs.2 KFG sei ihm unbekannt. Er müsse sich auch nicht über die Gesetze in Österreich informieren, da er selber nicht in Österreich gewesen sei.

 

Da es sich um ein verwandtes Ehepaar handle und die betreffenden Personen selber nicht wüssten, wer zur angegebenen Zeit gefahren sei und sie sich auch an keine Geschwindigkeitsüberschreitungen erinnern könnten, sei es ihm unmöglich, Angaben zur Person zu machen. Er habe selber keine Möglichkeit gehabt, die Personen zu benennen. Es liege an der Behörde die Personen zu ermitteln (zB. durch ein Foto oder eine unmittelbare Kontrolle des Fahrzeuges). Auch seien von der Behörde keinerlei Beweise vorgelegt worden, die zweifelsfrei den Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung beweisen würden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

 

Daraus geht hervor, dass der PKW, zugelassen auf den Berufungswerber, am 11. 10. 2002 um 3.42 Uhr auf der A bei Strkm, Fahrtrichtung W, im Bereich der Geschwindigkeitsbeschränkung 100 km/h mit einer Geschwindigkeit von 131 km/h mittels geeichtem Radar MUVR 6FA Nr 1401 gemessen wurde. In der vom Landesgendarmeriekommando für Oö., Verkehrsabteilung Linz, erhobenen Anzeige wurde nach Abzug der vorgesehenen Toleranzen von 5%, aufgerundet zugunsten des Beschuldigten, eine Geschwindigkeit von 124 km/h, also eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 24 km/h zugrundegelegt. Eine Anhaltung erfolgte nicht.

Nach Zustellung der Anonymverfügung an den Berufungswerber durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wurde mit Schreiben vom 9. 1. 2003 vom Berufungswerber mitgeteilt, dass er an diesem Tag den PKW an eine verwandte Person verliehen und nachweislich selber am 10. 10. 2002 bis 23.15 Uhr gearbeitet habe und somit nicht als Fahrer in Betracht komme; zur Person möchte er keine Angaben machen.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. 3. 2003 wurde an den Berufungswerber als Zulassungsbesitzer des genannten Kfz ein Ersuchen um Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 gerichtet. In diesem Schreiben war auch die Mitteilung enthalten, dass dem Lenker eine Verwaltungsübertretung, nämlich eine Geschwindigkeitsüberschreitung, im Ausmaß von 24 km/h auf der A, zur Last gelegt werde und der Berufungswerber wurde auch darauf hingewiesen, dass das Nichterteilen einer Auskunft oder das Erteilen einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar ist.

 

Die Annahme dieses Schreibens wurde laut Vermerk des zuständigen Postzustelldienstes verweigert und wurde mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.4.2003 ein Verwaltungsstrafverfahren gemäß §§ 103 Abs. 2 iVm 134 Abs. 1 KFG eingeleitet.

 

In dem von ihm rechtzeitig eingebrachten Einspruch vom 28. 4. 2003 teilte der Berufungswerber mit, dass es sich bei dem Fahrer um eine verwandte Person handle, und er somit das Recht habe die Aussage und somit Angaben zur Person zu verweigern. Es liege an der Behörde die Person zu ermitteln.

 

Von der zuständigen Behörde wurde daraufhin dem Berufungswerber schriftlich die Rechtsansicht der Behörde näher dargestellt.

 

Das daraufhin ergangene Schreiben des Berufungswerbers vom 30. 5. 2003 war gleichlautend, worauf das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erging.

 

In rechtlichter Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw wer zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er diese Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann. Diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung:) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Vom Berufungswerber wird die Nichterteilung der begehrten Auskunft nicht in Abrede gestellt; der Berufungswerber stützt sich vielmehr auf die Auffassung, dass im gegenständlichen Fall deutsches Recht zugrunde zu legen sei und da es sich bei dem Fahrer um eine verwandte Person handle ihm das Recht der Aussageverweigerung zukomme.

 

Dem ist entgegen zu halten, dass nach der Rechtsprechung des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofes Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde ist (vgl. VwGH vom 31. Jänner 1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, dass derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines KFZ zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung - und zwar gemäß der Bestimmung des Kraftfahrgesetzes 1967 - begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat.

 

Im Übrigen hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl. EGMR vom 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89). Der Inlandsbezug ist im gegenständlichen Fall insofern gegeben, als das auf den Berufungswerber zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem Kraftfahrzeug begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl. VwGH vom 11. Mai 1993, 90/08/0095 ua).

 

Da somit österreichisches Recht anwendbar ist, geht der Verweis auf das nach deutschem Recht geltende Zeugnisverweigerungsrecht ins Leere.

 

Im Sinne des § 103 Abs.2 letzter Satz KFG 1967 treten gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. September 1988, G72/88 die Rechtsansicht vertreten hat, dass die Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 idF BGBl. Nr. 106/1986 durch die Verfassungsbestimmung des letzten Satzes des § 103 Abs. 2 KFG verfassungsrechtlich gedeckt ist, weshalb sie weder Art. 90 Abs. 2 BVG noch Art. 6 MRK - den der Verfassungsgerichtshof (bloß) in seiner innerstaatlichen Maßstabfunktion anzuwenden hat - verletzt; sie ist daher nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

Dem Vorwurf des Berufungswerbers, die zuständige Behörde habe selbst Ermittlungen zu führen, wird entgegen gehalten, dass der Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 die Absicht des Gesetzgebers zugrunde liegt, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl. VwGH vom 18. November 1992, 91/03/0294).

Vom Berufungswerber wurde nach Erlassung der Anonymverfügung selbst mitgeteilt, dass er nicht der Lenker des Kfz gewesen sei.

Das Ersuchen um Lenkerauskunft - dass in logischer Konsequenz geführt wurde - dient dazu, den Lenker persönlich ausfindig zu machen und zu erreichen. Eine solche kann aber nur der Zulassungsbesitzer, der über das Fahrzeug verfügungsberechtigt ist, erteilen, weshalb sich das Ersuchen gemäß § 103 Abs. 2 KFG an diesen richtet. Dass eine Nichterteilung der Lenkerauskunft nicht sanktionslos sein kann, liegt auf der Hand - wäre es sonst ein Leichtes, durch die bloße Auskunftsverweigerung der Strafverfolgung zu entgehen.

Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall stand mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang, war klar und eindeutig formuliert und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nichterteilung war unmissverständlich.

Der Berufungswerber hat durch die Verweigerung der Annahme der Lenkeranfrage der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land und daraus folgend durch die Nichterteilung der gewünschten Auskunft in objektiver Hinsicht den ihm vorgeworfenen Tatbestand erfüllt.

Der Berufungswerber hat bei Nichterteilung der Auskunft schuldhaft gehandelt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass § 134 Abs. 1 KFG 1967 Geldstrafen bis zu 2.180 Euro bzw für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen vorsieht.

Die Erstinstanz hat bei der Strafbemessung die vom Berufungswerber nicht bestrittenen geschätzten finanziellen Verhältnisse (1.000 Euro netto monatlich, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) zu Grunde gelegt und die in Österreich gegebene Unbescholtenheit des Berufungswerbers als mildernd berücksichtigt und keinen Umstand als erschwerend gewertet. Die verhängte Strafe entspricht damit den Bestimmungen des § 19 VStG; Anhaltspunkte für eine Herabsetzung der Strafe finden sich nicht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bismaier

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