Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109172/10/Bm/Sta

Linz, 20.11.2003

 

 

 VwSen-109172/10/Bm/Sta Linz, am 20. November 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn Dr. med. N N, T, K, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10.6.2003, Zl. VerkR96-11675-2002, betreffend Zurückweisung eines Einspruches als verspätet, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid
wird bestätigt.

 
Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land
  2. den Einspruch des Berufungswerbers gegen die Strafverfügung vom 5.6.2002, VerkR96-11675-2002, als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

  3. Gegen diesen Bescheid hat Herr Dr. med. N N Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde.
  4. Von der Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung konnte abgesehen werden, weil sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet
    (§ 51e Abs.3 Z4 VStG).

     

  5. Der Berufungswerber macht im Wesentlichen geltend, dass die Zustellung der
  6. Strafverfügung durch Einwerfen in den Postkasten nicht erfolgt sei, da unter der angegebenen Adresse T, sich kein Postkasten befinde. Nur das Grundstück verfüge über einen Postkasten, der allerdings weder Name noch Adresse aufweise. Es sei ein schlichter Holzkasten am Baum des Nachbargrundstückes. Es könne nicht angehen, dass ein Einwerfen eines Bescheides in einen beliebigen Postkasten ohne Benachrichtigung des Adressaten als rechtskräftig angesehen werde. Auch das Regierungspräsidium in G berufe sich irrtümlicherweise auf Zustellungsvorschriften der Zivilprozessordnung. Einschlägig sei die Zustellungsvorschrift der StPO, wie das auch in Verkehrsordnungswidrigkeitsfällen in der Bundesrepublik Deutschland praktiziert werde, dh es werde eine Niederlegung im Postamt mit entsprechender Urkunde angewendet. Hierbei erfolge eine Benachrichtigung über die Niederlegung, was eine Zustellung beinhalte. Sollte eine Zustellung durch den Postboten durch einfaches Einwerfen in einen Briefkasten erfolgt sein, so sei zumindest zu erwarten, dass auf der Zustellungsurkunde vermerkt werde, in welchen Briefkasten und unter welchem Namen die Urkunde eingeworfen geworden sei. Das sei nachweislich nicht geschehen.

    Ein Versäumnis seinerseits sei nicht geschehen. Auch der Name der Postboten als potentieller Zeuge sei aus den Unterlagen nicht feststellbar.

     

  7. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis

erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Einholung einer schriftlichen Stellungnahme der Deutschen Post AG vom 19.8.2003.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich: Die beeinspruchte Strafverfügung wurde im Rechtshilfewege unter Verwendung einer Postzustellungsurkunde im Sinne des Pkt. 10.1 dieser Zustellungsurkunde durch den Postbediensteten in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten bzw. in eine ähnliche Vorrichtung am 22.8.2002 eingelegt.

Mit Eingabe vom 22.11.2002 teilte der Berufungswerber der belangten Behörde folgendes mit:

"Sehr geehrte Damen und Herren, die Ihnen hiermit im Original zurückgesandte Zahlungsaufforderung kann ich so nicht akzeptieren.


Mir ist kein Vorgang bekannt, aus dem sich eine Zahlungsverpflichtung ergeben
hätte. Ich ersuche Sie mir mitzuteilen, wie Sie dazu kommen, von mir diese
Summe zu fordern. Gegen eventuelle Entscheidungen Ihrerseits lege ich hiermit
vorsorglich Widerspruch ein."

Mit Schreiben vom 26.11.2002, Zl. VerkR96-11675-2002, übermittelte die belangte Behörde dem Berufungswerber die Kopie der oa Strafverfügung sowie eine Kopie der oa Zustellungsurkunde und teilte mit, dass das Regierungspräsidium G beauftragt worden sei, die Zustellung zu veranlassen, was am 22.8.2002 auch durchgeführt worden sei. Da die Strafverfügung somit in Rechtskraft erwachsen sei, wurde der Berufungswerber ersucht, den offenen Strafbetrag einzuzahlen.

Mit Schreiben vom 2.12.2002 teilte der Berufungswerber der belangten Behörde mit, dass aus den zur Verfügung gestellten Zustellungsunterlagen des Regierungspräsidenten in D (gemeint wohl G) deutlich hervor gehe, dass keine Zustellung erfolgt sei.

Es sei das Formular A.R.CNO7 in keinem der angegebenen Zustellungsmodalitäten angekreuzt. Aus dem Zustellungszeugnis sei zwar zu entnehmen, dass das Ersuchen am 22.8.2002 in K erledigt worden sei, es fehle jedoch die Angabe, wem die genannten Schriftstücke übergeben worden seien. Das Formular A.R.CNO, abgestempelt vom Regierungspräsidenten G am 28.8.2002, Abteilung II, sei nicht ausgefüllt. Es enthalte keinerlei Angaben über Art und Personen oder Modalität der Zustellung. Auf der letzten Seite dieser Urkunde sei lediglich angekreuzt, dass das Schriftstück zu übergeben versucht worden sei. Punkt 9/Punkt 10.1 besage lediglich, dass das Schriftstück an irgend einem Briefkasten eingeworfen worden sei. Somit stehe fest, dass eine Zustellung nicht nachweislich erfolgt sei.

Im angefochtenen Zurückweisungsbescheid geht die belangte Behörde davon aus, dass die beeinspruchte Strafverfügung laut Zustellungsurkunde am 22.8.2002 ordnungsgemäß zugestellt worden ist und daher der Berufungswerber den Einspruch spätestens am 5.9.2002 zur Post geben hätte müssen. Laut Poststempel ist der Einspruch jedoch erst am 22.11.2002 zur Post gegeben worden, weshalb wegen Ablauf der Einspruchsfrist die Strafverfügung in Rechtskraft erwachsen und diese daher gemäß § 49 Abs.1 VStG als verspätet eingebracht zurückzuweisen ist.

Auf Grund des Berufungsvorbringens wurde vom Oö. Verwaltungssenat eine Stellungnahme der Deutschen Post AG eingeholt, aus der eindeutig hervor geht, dass es sich bei der Vorrichtung, in dem das Schriftstück eingelegt wurde, um eine Vorrichtung im Sinne des § 180 Zivilprozessordnung handelt, die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist.

Die Deutsche Post AG hat mitgeteilt, dass die Nachbargrundstücke T 11 und 13 räumlich nicht voneinander getrennt sind und die Zustellung schon seit Jahren über den besagten Holzkasten, in dem alle Postsendungen für Herrn N eingelegt werden, erfolgt. Bislang gibt es auch keine Anhaltspunkte, dass Postsendungen, die in diesen Holzkasten eingelegt werden, in der Vergangenheit in Verlust geraten sind.

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Bei rechtzeitiger Einbringung des Einspruches ist gemäß § 49 Abs.2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten. Wurde der Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben, dann ist nach § 49 Abs.3 VStG die Strafverfügung zu vollstrecken.

 
Ein nicht rechtzeitig erhobener Einspruch ist von der Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, mit Bescheid zurückzuweisen (vgl. Hauer/Leukauff, Handbuch des Österr. Verwaltungsverfahrens, Anm. 11 zu § 49 VStG; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, 217, Anm. 9 zu § 49 VStG).

Nach § 32 Abs.2 AVG (iVm § 24 VStG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages, der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates. Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können gemäß § 33 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG weder verkürzt noch verlängert werden.

Gemäß Artikel 3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen BGBl. Nr. 526/1990, wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet.

Artikel 10 Abs.1 Satz 1 dieses Vertrages sieht zunächst die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungsverfahren unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr geltenden Vorschriften vor. Kann eine solche Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen (Artikel 10 Abs.1 Satz 3). Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.

Nach deutscher Rechtslage ist in § 3 Abs.3 Verwaltungszustellungsgesetz (dBGBl. I 1952, 379, geändert mit dBGBl. I 2001, 1206) und in entsprechenden Bestimmungen des Verwaltungszustellgesetzes der Länder für das Zustellen durch den Postbediensteten die Anwendung von Zustellvorschriften der §§ 177 bis 181 der Zivilprozessordnung (dZPO) vorgesehen. § 178 der Zivilprozessordnung besagt, dass, wenn die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen wird, das Schriftstück zugestellt werden kann

1. in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner

  1. in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,
  2. in Gemeinschaftseinrichtungen beim Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.

Nach § 180 Zivilprozessordnung kann das Schriftstück, wenn die Zustellung nach
§ 178 nicht ausführbar ist, in einem zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstückes das Datum der Zustellung.

Im gegenständlichen Fall ersucht die belangte Behörde das Regierungspräsidium G um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe. Die Zustellung erfolgte entsprechend dem gestellten Ersuchen im Wege der Post mit Postzustellungsurkunde. Aus den Angaben des Zustellorganes im verwendeten Postvordruck "Postzustellungsurkunde" geht hervor, dass dieser am 22.8.2002 das gegenständliche Schriftstück zu übergeben versucht hat und weil die Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung nicht möglich war, das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt wurde.

Aus der durch den Oö. Verwaltungssenat eingeholten Stellungnahme der Deutschen Post AG geht eindeutig hervor, dass es sich bei der Vorrichtung, in dem das Schriftstück eingelegt wurde, um eine Vorrichtung im Sinne des § 180 Zivilprozessordnung handelt, die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist.

Die Strafverfügung wurde daher durch Einlegung in eine zu der Wohnung gehörende einem Briefkasten ähnliche Vorrichtung im Sinne des § 180 dZPO rechtswirksam zugestellt und es begann mit diesem Tag die Einspruchfrist von zwei Wochen zu laufen. Sie endete am 5.9.2002. Der Einspruch gegen die Strafverfügung vom 5.6.2002 hätte daher spätestens an diesem Tag eingebracht werden müssen. Mit dem Ablauf dieses Tages war das Rechtsmittel als verfristet anzusehen. Der mit 22.11.2002 datierte und am 26.11.2002 bei der belangten Behörde eingelangte Einspruch erfolgte daher verspätet, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Mag. Bismaier

 

 
 

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