Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109175/2/Re/Sta

Linz, 13.01.2004

 

 

 VwSen-109175/2/Re/Sta Linz, am 13. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des F B, A, vertreten durch Dr. F D, Rechtsanwalt in Wels, R, vom 17. Juli 2003 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24. Juni 2003, VerkR96-21770-2002/U, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 
 
Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51c sowie 51 e Abs.2 Z1 VStG.
zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung des § 20 Abs.2 und § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 190 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil er am 21. August 2002 um 10.37 Uhr im Gemeindegebiet Zell am Moos auf der L1281, bei Strkm 8,320, in Richtung Frankenmarkt, als Lenker des KFZ mit dem polizeilichen Kennzeichen , im Ortsgebiet um 43 km/h schneller als 50 km/h gefahren ist. Die Geschwindigkeitsüberschreitung sei mittels Messung festgestellt worden.

 

Weiters wurde ihm gemäß § 64 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens ein Betrag von 19 Euro (10 % der Strafe) auferlegt.

 

Begründend wurde im Straferkenntnis im Wesentlichen ausgeführt, der dargestellte Sachverhalt sei auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse zweifelsfrei erwiesen. Bei den Rechtfertigungsangaben des Berufungswerbers handle es sich um Schutzbehauptungen, zumal keinerlei konkrete Beweise für die Richtigkeit der Vorbringen angeboten worden seien. Es gebe keine Veranlassung, die unbedenklichen Angaben des fachlich geschulten und unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen (Meldungsleger) zu bezweifeln. Der Beschuldigte unterliege nicht einer solchen Wahrheitspflicht. Der Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser der Bauart LTI 20.20.TS/KM sei grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit.

 

Gegen dieses dem Berufungswerber zu Handen seines Rechtsanwaltes am 2. April 2003 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 17. Juli 2003 per FAX der Behörde übermittelte und am selben Tage zur Post gegebene und damit rechtzeitige Berufung.

 

Darin wird im Wesentlichen angeführt, das abgeführte Verfahren sei mangelhaft geblieben. Er sei eine derart hohe Geschwindigkeit nicht gefahren. Die angeführte Beschleunigung sei mit dem LKW nicht möglich. Es sei möglich, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung von einem anderen Fahrzeug begangen worden sei. Die Beamten seien nicht ergänzend befragt worden, welche Kontrollmessungen zur Funktionalität des Gerätes durchgeführt worden seien. Es wurden insgesamt mehrere Beweisanträge gestellt, die von der erkennenden Behörde negiert worden seien. Es wäre allerdings notwendig gewesen, diese Beweise aufzunehmen, um zu einem gesicherten Beweisergebnis zu kommen. Er habe den erhebenden Beamten keine Falschaussagen unterstellt, sondern lediglich die Möglichkeit einer Verwechslung angegeben. Eine Begründung, warum seine Angaben Schutzbehauptungen sein sollten, ließe die erkennende Behörde vermissen. Es werde daher die Einstellung des eingeleiteten Verfahrens beantragt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden
(§ 51c VStG).

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, (§ 51 e Abs.3 Z3 VStG) da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG) und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen ist, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Absätzen 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 und 3) vorgenommen worden ist.

 

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung und dergleichen) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht hat oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

Vorweg ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen zur Durchführung eines Strafverfahrens gegeben sind, nämlich eine taugliche Verfolgungshandlung durch die Erstbehörde innerhalb der gesetzlichen Frist von 6 Monaten (§ 31 Abs.2 VStG) gesetzt wurde. Demnach ist die Anzeige des Gendarmeriepostens Frankenmarkt, welche für sich noch keine Verfolgungshandlung bildet, am 22.8.2002 bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingelangt und wurde mit selben Datum die Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG an den Zulassungsbesitzer, den Lenker des Fahrzeuges zum fraglichen Zeitpunkt bekannt zu geben, erstellt. Auch diese Aufforderung zur Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG stellt keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG dar. Als Ergebnis dieser Aufforderung zur Lenkerauskunft wurde aktenkundig, dass der nunmehrige Berufungswerber zu der in der Anzeige angeführten Tatzeit das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen
gelenkt hat. Als Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG gilt die daraufhin ergangene Strafverfügung vom 17.10.2002, VerkR96-21770-2002, welche dem Berufungswerber am 21.10.2002, nachweisbar zugestellt worden ist. In dieser Verfolgungshandlung wurde als Tatort "Gemeindegebiet Zell am Moos, L1281, Strkm 8,320 in Richtung Frankenmarkt" angeführt. Derselbe Tatort, nämlich Strkm 8,320, scheint in der auf Grund des vom nunmehrigen Berufungswerber gegen die Strafverfügung erhobenen Einspruchs ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 7.11.2002, VerkR96-21770-2002/U, auf.

 

Während die Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG am 21.2.2003, somit
6 Monate nach dem Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist, endete, scheint der ursprünglich zur Anzeige gebrachte Tatort "Strkm 8,420" erst wieder in der zeugenschaftlichen Vernehmung des Meldungslegers am 10. März 2003 auf, somit zu einem Zeitpunkt, als die Verfolgungsverjährung bereits eingetreten ist.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zum anderen die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Demnach sind zum einen entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Zum anderen nämlich in Bezug auf das unverwechselbare Festhalten der Identität der Tat, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das bedeutet, dass die den Beschuldigten vorgeworfene Tat unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren.
 

Das an Tatort- und Zeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein (siehe hiezu auch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. 11894/A).

Unter Bezugnahme auf die demnach erforderliche Tatortkonkretisierung ist festzuhalten, dass dem Berufungswerber der der Anzeige zu Grunde liegende Tatort, nämlich "Strkm 8,420" im Rahmen einer tauglichen und zulässigen Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG nicht innerhalb der Frist der Verfolgungsverjährung vorgeworfen worden ist. Ob die Geschwindigkeitsübertretung jedoch bei Strkm 8,420 oder bei Strkm 8,320 begangen wurde, stellt gerade bei der festgestellten Übertretung im Ortsgebiet ein jedenfalls wesentliches und zu berücksichtigendes Sachverhaltselement in Bezug auf die zweifelsfreie Konkretisierung der Straftat dar, dies auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens.

Da entsprechende Änderungen des Spruches des Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde auf Grund der bereits in der Sphäre der belangten Behörde eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht mehr möglich war, war wie im Spruch zu entscheiden, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

 

Zu II.:

Die Kostenentscheidung ist den zitierten Gesetzesstellen begründet.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. Reichenberger
 

 
 

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