Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109264/25/Zo/Pe

Linz, 21.04.2004

 

 

 VwSen-109264/25/Zo/Pe Linz, am 21. April 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn H H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K F, vom 26.8.2003 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 21.7.2003, VerkR96-15963-2003, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 341 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 144 Stunden, Verfahrenskosten 34,10 Euro) verhängt, weil dieser am 3.4.2003 um 6.54 Uhr den Pkw auf der A1 bei km 267,500 gelenkt habe, wobei er die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 67 km/h überschritten habe.

 

2. Dagegen richtet sich die Berufung vom 26.8.2003, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass zwar vorerst in der Lenkerauskunft am 5.5.2003 er selbst als Lenker angegeben worden sei. Damals hätte es mehrere ähnlich gelagerte Anfragen gegeben und es sei bei der Auskunftserteilung verwechselt worden, dass tatsächlich Herr Z P der Fahrzeuglenker gewesen sei. Eine Bestätigung des Herrn P wurde der Berufung beigelegt.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, Wahrung des Parteiengehörs hinsichtlich der angeblichen Verspätung der Berufung sowie Einholung einer Stellungnahme des Postamtes P zur Frage der tatsächlichen Behebung des gegenständlichen RSa-Briefes. Weiters wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat Niederösterreich wegen desselben Vorfalles eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung des Berufungswerbers am 31.3.2004 durchgeführt. In die entsprechende Verhandlungsschrift wurde ebenfalls Einsicht genommen.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich, weil die Geldstrafe 500 Euro nicht übersteigt und eine Verhandlung auch nicht beantragt wurde.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Pkw mit dem Kennzeichen wurde am 3.4.2003 um 6.54 Uhr auf der A1 bei km 267,500 im Bereich einer 60 km/h-Beschränkung mit einer Geschwindigkeit von 127 km/h gelenkt. Anlässlich der Lenkerauskunft vom 5.5.2003 wurde von der Zulassungsbesitzerin Herr H (also der nunmehrige Berufungswerber) als Fahrzeuglenker bekannt gegeben. In der Berufung wird vorgebracht, dass aufgrund mehrerer ähnlich gelagerter Anfragen bei dieser Auskunftserteilung ein Fehler unterlaufen ist und das Fahrzeug tatsächlich von Herrn Z P gelenkt worden sei. Das Geburtsdatum sowie die Wohnadresse des Herrn P wurden angegeben, ebenfalls wurde eine von ihm unterfertigte Bestätigung beigelegt.

 

Das Straferkenntnis wurde am 28.7.2003 beim Postamt P hinterlegt, die Berufung wurde erst am 27.8.2003 zur Post gegeben. Dazu hat der Berufungswerber eine schriftliche Stellungnahme seines Bekannten vorgelegt, wonach dieser gemeinsam mit dem Berufungswerber am 25.7.2003 mit den Motorrädern zu einer Rundfahrt aus Wien aufgebrochen sind. Dabei seien sie im Wesentlichen durch Österreich und Norditalien gefahren, wobei sie auf Campingplätzen oder auch bei Bauern übernachtet haben. Sie seien erst gemeinsam vor dem langen Wochenende (15.8.2003) wieder in Wien zurück gewesen. Vom Postamt P wurde auf telefonische Anfrage mitgeteilt, dass der gegenständliche RSa-Brief vom Berufungswerber tatsächlich erst am 13.8.2003 behoben wurde.

 

Wegen desselben Vorfalles war gegen den Berufungswerber auch ein Führerscheinentzugsverfahren anhängig, wobei die Berufung in diesem Verfahren vom unabhängigen Verwaltungssenat Niederösterreich durchgeführt wurde. Im Zuge dieses Berufungsverfahrens zu Zl. Senat-AB-03-0189 wurde am 31.3.2004 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, wobei im Zuge der Verhandlung von Herrn P bekannt gegeben wurde, dass er damals tatsächlich das Fahrzeug gelenkt habe. Er sei damals am frühen Morgen mit seiner krebskranken Schwester in dem angeführten Fahrzeug nach Salzburg gefahren, um sie zu einer Behandlung zu bringen. Das Fahrzeug habe er deswegen verwenden können, weil er damals in der Firma des Berufungswerbers beschäftigt gewesen sei und der Schlüssel im Büro gewesen sei. Er sei bereits zwischen 3.00 Uhr und 4.00 Uhr morgens nach Salzburg gefahren und hätte danach das Fahrzeug wieder zurück nach Wien gelenkt.

 

4.2. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in freier Beweiswürdigung Folgendes erwogen:

 

Es ist nicht ausgeschlossen, dass aufgrund mehrerer zeitlich nahe zusammenliegender Lenkererhebungen in einem Unternehmen von einer Bürokraft tatsächlich eine falsche Auskunft erteilt wird. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die Auskunft mit Schreiben vom 26.8.2003, also noch innerhalb der Verjährungsfrist bezüglich der Geschwindigkeitsüberschreitung richtig gestellt wurde. Die Angaben des Zeugen P vor dem unabhängigen Verwaltungssenat Niederösterreich können nicht widerlegt werden, eine neuerlich Vorladung des Zeugen zu einer mündlichen Verhandlung vor den Oö. Verwaltungssenat erscheint aufgrund der weiten Anreise und der damit verbundenen Kosten nicht sinnvoll, weil ohnedies nicht zu erwarten ist, dass der Zeuge vor dem Oö. Verwaltungssenat eine wesentlich andere Aussage tätigen würde. Dem Berufungswerber kann daher die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden.

 

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Gemäß § 17 Abs.3 erster Satz Zustellgesetz ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter iSd § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

 

5.2. Zur Zustellung ist anzumerken, dass die vom Berufungswerber behauptete und von einer weiteren Person schriftlich bestätigte Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Hinterlegung nicht widerlegt werden konnte. Der Berufungswerber hat das Straferkenntnis am 13.8.2003 behoben, es gilt daher jedenfalls mit diesem Tag als zugestellt. Die am 27.8.2003 zur Post gegebene Berufung ist daher als rechtzeitig zu werten.

 

Aufgrund des oben dargestellten Sachverhaltes und der Beweiswürdigung kann dem Berufungswerber die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht mit der in einem Strafverfahren erforderlichen Sicherheit bewiesen werden. Es ist daher nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" der Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Z ö b l

 
 

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