Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109287/2/Fra/He

Linz, 24.05.2004

 VwSen-109287/2/Fra/He Linz, am 24. Mai 2004

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn B, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. F, gegen Punkt 2. (§ 7 Abs.1 erster Satz StVO 1960) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24. Juli 2003, VerkR96-17609-2002, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z3 VStG;

§ 66 Abs.1 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:
 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat unter Punkt 2. des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 7 Abs.1 erster Satz StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 8.5.2002 um 16.00 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen in Lenzing auf der Agerstraße von Lenzing kommend in Richtung Pettighofen auf Höhe des Hauses Agerstraße 42 nicht soweit rechts gelenkt, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich war.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Im Rechtsmittel wird vorgebracht, dass die Verwaltungsübertretung in keiner Weise hinreichend konkretisiert sei. Im Spruch des Straferkenntnisses werde lediglich ausgeführt, er hätte als Lenker eines Fahrzeuges dieses nicht soweit rechts gelenkt, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre. Wie weit rechts er hätte fahren können oder müssen, ohne diese Bestimmung zu verletzen, sei nicht ausgeführt worden, ebensowenig, in welchem Ausmaß der diese Verpflichtung verletzt hätte. Die Begründung des Bescheides enthalte zwar ausführlich alle Gesetzesbestimmungen, die verletzt wurden, seine Ausführungen im Einspruch gegen die seinerzeitige Strafverfügung, hinsichtlich des Tatvorwurfes aber lediglich das Zitat aus einer Verwaltungsgerichtshofentscheidung sowie einen Leitsatz aus der Fachliteratur und den Hinweis, an der Richtigkeit der Aussage des Gendarmeriebeamten könne nicht gezweifelt werden, zumal es sich bei Inspektor Eitzinger um ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Straßenaufsichtsorgan handle. Dass das besonders geschulte Organ der Straßenaufsicht im Rahmen seiner behördlichen Vernehmung zugeben habe müssen, bei dem in der Anzeige angeführten Tatort Agerstraße 26 handle es sich um einen Irrtum, werde mit keinem Wort erwähnt. Ebenso werde mit keinem Wort darauf eingegangen, dass seitens des Gendarmeriebeamten auch eine Geschwindigkeitsüberschreitung von geschätzten 30 km/h zur Anzeige gebracht worden ist, das sei immerhin mehr als die Hälfte der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit, welchen Tatvorwurf die Behörde aber keineswegs einer verwaltungsstrafrechtlichen Würdigung unterzogen habe. Es stelle sich hier zu Recht die Frage, warum die angezeigte Geschwindigkeitsüberschreitung nicht bestraft worden ist. Wohl nur deshalb, weil sie allein aufgrund der vagen Behauptungen des besonders geschulten Organes nicht als erwiesen angenommen werde könne. Dies habe wohl aber auch für den Tatvorwurf, gegen das Rechtsfahrverbot "verstoßen" zu haben, zu gelten. Es könne wohl niemand ernstlich behaupten, dass ein noch so geschultes Organ, das sich schon hinsichtlich des Tatortes irre, aus einer Entfernung von rd. 200 Meter ohne Zuhilfenahme technischer Mittel mit freiem Auge erkennen könne, dass ein Fahrzeug die Fahrbahnmitte, die überdies nicht durch eine Mittellinie gekennzeichnet ist, überschritten habe, noch dazu wenn es sich nicht um einer Gerade, sondern um eine Fahrbahnkrümmung handle. Er bestreite nicht, dass er sich über das Verhalten des Beamten aufgeregt habe, dies reiche aber keinesfalls dazu aus, dem Beamten aufgrund der besonderen Umstände im konkreten Fall lediglich aufgrund seiner Eigenschaft als Organ der Straßenaufsicht einen höheren Grad an Glaubwürdigkeit zuzubilligen, als ihm. Die Zweifel an der Richtigkeit der Aussage des Beamten lägen in einem derartigen Ausmaß vor, dass dessen Aussage aufgrund der von ihm zugestandenen Irrtümer und den objektiv vorhandenen Unsicherheiten nicht ausreichen, um mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit eine Tatbegehung seinerseits annehmen zu können. Die Behörde hätte festzustellen gehabt, in welchem Ausmaß er tatsächlich die Fahrbahnmitte überschritten habe und wie weit er dabei vom rechten Fahrbahnrand entfernt gewesen sei und überhaupt Ermittlungen über die Straßenbreite anstellen müssen, um von einer Tatbegehung ausgehen zu können. Aus dem angefochtenen Bescheid sei nicht einmal ersichtlich, welche Breite sein Fahrzeug gehabt habe und ob es nicht aufgrund der örtlichen Verhältnisse überhaupt die Fahrbahnmitte bei Einhaltung des gebotenen Sicherheitsabstandes zum rechten Fahrbahnrand überragt habe. Abgesehen von der unrichtigen Beweiswürdigung und der nicht ausreichenden Konkretisierung des Tatvorwurfes in Bezug auf die Überschreitung der Fahrbahnmitte sei das Verfahren auch in Bezug auf die Feststellung der örtlichen Verhältnisse und der Position des Beamten sowie der Sichtverhältnisse mangelhaft geblieben, weshalb er den Antrag stelle, seiner Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn einzustellen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlasst und legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Folgende Verfolgungshandlungen liegen vor:

 

Die oa Strafverfügung scheidet als taugliche Verfolgungshandlung aus, weil darin der Tatort insofern nicht konkretisiert ist, als lediglich die Straße, nicht jedoch die Hausnummer lt. Anzeige angeführt ist. Lt. Niederschrift über die Vernehmung von Zeugen vom 24.7.2002 wurde die inkriminierte Übertretung auf Höhe des Hauses Agerstraße Nr. 42 gesetzt. Die Zeugenaussage des Herrn B vom 5.11.2002 scheidet ebenfalls als taugliche Verfolgungshandlung aus, weil sich dieser lt. seiner Aussage an kein Fehlverhalten des Berufungswerbers erinnern könne, sohin auch kein Bezug zu einer Tatörtlichkeit hergestellt werden kann. Das angefochtene Straferkenntnis führt als Tatörtlichkeit "Agerstraße auf Höhe des Hauses Nr. 42" an.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes zu § 44a Z1 VStG ist der Spruch eines Straferkenntnisses so hinreichend zu konkretisieren, dass über den Inhalt dessen, was dem Beschuldigten zum Vorwurf gemacht wird, kein Zweifel bestehen kann. Diesen Anforderungen genügt der Schuldspruch hinsichtlich des Tatortes, nicht jedoch die vorangegangenen Verfolgungshandlungen, welche, sofern sie überhaupt einen Bezug zum Tatort herstellen, in dieser Beziehung widersprüchlich sind (im Rechtshilfeersuchen vom 1.7.2002, welches auf den beiliegenden Akt, sohin auf die Anzeige des Gendarmeriepostens Lenzing vom 8.5.2002 verweist, muss von einem Tatort "Höhe des Hauses Agerstraße 26", lt. Niederschrift über die Vernehmung von Zeugen der Marktgemeinde Lenzing vom 24.7.2002 muss in der Folge von der Tatörtlichkeit "auf Höhe des Hauses Agerstraße 42" ausgegangen werden). Dem Beschuldigten die Pflicht aufzulegen, aus widersprüchlichen Verfolgungshandlungen interpretativ zu ermitteln, was im nun konkret zur Last gelegt wird, muss aus Rechtsschutzüberlegungen abgelehnt werden.

 

Darüber hinaus haftet dem angefochtenen Schuldspruch noch folgender Mangel an: Lt. Judikatur des VwGH (vgl VwGH vom 22.11.1985, 85/18/0101) liegt in der Angabe "dass der Beschuldigte nicht soweit rechts gefahren ist, wie im dies möglich und zumutbar gewesen wäre .....", nicht die nach § 44a Z1 VStG notwendige Bezeichnung der als erwiesen angenommen Tat in möglichst gedrängter deutlicher Fassung, sondern bereits ihre rechtliche Würdigung iSd § 7 Abs.1 StVO 1960. Die Tatumschreibung nach § 7 Abs.1 erfordert einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts ein Fahrzeuglenker gefahren ist und andererseits die konkrete Angabe, wie weit rechts ihm dies zumutbar und möglich war. Derartige Sachverhaltselemente könnten zwar aus der oa Anzeige des Gendarmeriepostens Lenzing herausgelesen werden, diese würden sich jedoch auf die Tatörtlichkeit "Agerstraße 26", nicht jedoch auf die im angefochtenen Schuldspruch angeführte Tatörtlichkeit "Agerstraße 42" beziehen.

 

Da sohin während der Verfolgungsverjährungsfrist keine ausreichend taugliche, dh verjährungsunterbrechende Verfolgungshandlung seitens der belangten Behörde gesetzt wurde, ist Verfolgungsverjährung eingetreten. Diese ist von amtswegen wahrzunehmen. Dem eingebrachten Rechtsmittel war daher im Ergebnis Folge zu geben.

 

 
4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

Dr. F r a g n e r

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