Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109355/2/Ki/Pe

Linz, 19.11.2003

 

 

 VwSen-109355/2/Ki/Pe Linz, am 19. November 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn J S, St. W, W, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. K D S, Dr. W S, Mag. R A G, S, vom 4.11.2003, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 7.10.2003, VerkR96-3221-2003, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die verhängte Geldstrafe auf 70 Euro bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Kostenbeitrag des Berufungswerbers für das Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Gmunden wird auf 7 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) herabgesetzt. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG.

zu II: §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Mit Straferkenntnis vom 7.10.2003, VerkR96-3221-2003, hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 31.1.2003 um 09.11 Uhr den Lkw W auf der B von L kommend in Fahrtrichtung G gelenkt, wobei er im Gemeindegebiet von R auf Höhe Strkm. an einem Verkehrsunfall beteiligt war, bei dem Sachschaden entstand. Obwohl sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall stand, habe er es unterlassen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen. Er habe dadurch § 4 Abs.5 StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 190 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 101 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahrens in Höhe von 19 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 4.11.2003 Berufung erhoben, dies mit dem Antrag das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das gegen den Beschuldigten laufende Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; in eventu gemäß § 21 VStG eine Ermahnung auszusprechen, in eventu die verhängte Geldstrafe schuld- und tatangemessen herabzusetzen.

 

In der Begründung wird argumentiert, dass die geringfügige Streifung im Zuge der Begegnung mit dem gegnerischen Fahrzeug nicht auf ein Verhalten des Berufungswerbers zurückzuführen sei, da dieser mit angemessener Geschwindigkeit am äußerst rechten Fahrbahnrand gefahren sei. Für den Beschuldigten sei darüber hinaus nicht erkennbar gewesen, dass überhaupt ein Vorfall gegeben war, welcher es erforderlich mache, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen. Es entspreche nicht den Tatschen, dass im Zuge des Begegnungsverkehrs ein lauter Knall zu hören gewesen sei. Die Streifung sei lediglich minimal gewesen, beim vom Beschuldigten gelenkten Lkw sei lediglich die Abdeckung des Rückspiegels gelockert worden, sodass dieser im Zuge der Fahrt verloren worden sei und es sei dies dem Beschuldigten aus dem Führerhaus nicht erkennbar gewesen. Er habe eine Überstellungsfahrt durchgeführt, er fahre nicht ständig mit diesem Lkw, sodass er die genaue Beschaffenheit nicht in jenem Ausmaße kannte, dass ihm der Schaden hätte auffallen müssen.

 

Aufgrund der minimalen Streifung, der Lkw-Geräusche, sowie des Umstandes, dass für den Beschuldigten an seinem Lkw vorerst der Anschein bestanden habe, dass es zu keinerlei Beschädigung gekommen sei, sowie der Tatsache, dass auch der andere Lkw-Lenker seine Fahrt fortgesetzt hatte, habe der Beschuldigte zu Recht davon ausgehen dürfen, dass im Zuge der gegenständlichen Streifung überhaupt keine Sachschäden eingetreten sind.

 

Der Beschuldigte habe zunächst keine Möglichkeit zur Verständigung gehabt, da er über keinen Mobilfunk bzw. kein Mobiltelefon verfügte und es sei ihm auch nicht zuzumuten gewesen, dass er mit dem Lkw in einem für ihn unbekannten Gebiet die nächste Gendarmerie- oder Polizeidienststelle suchen werde, da ihm diese nicht bekannt gewesen sei.

 

Es sei dem Beschuldigten keineswegs vorzuwerfen, dass er bei gehöriger Aufmerksamkeit einen Verkehrsunfall mit Sachbeschädigung hätte annehmen müssen.

 

Letztlich habe die Verständigung aufgrund der vorgenommenen Verkehrskontrolle unterbleiben können, da der Beschuldigte bereits Kenntnis davon hatte, dass eine Anzeige durch den anderen Kraftfahrzeuglenker erfolgte. Der Zeitraum von 32 Minuten nach der Berührung der beiden Außenspiegel sei keineswegs verspätet, da dem Beschuldigten weder die nächste Gendarmeriedienststelle bekannt gewesen sei, noch eine Verständigung über Mobiltelefon möglich gewesen wäre, da er ein derartiges im Zuge der gegenständlichen Fahrt nicht mitgeführt habe.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, zumal im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

 

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der Unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 begeht, wer in anderer als der in Abs.2 lit.a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere u.a. den bei bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen.

 

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die in Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass die Pflicht zur Meldung (bei fehlendem Identitätsnachweis) unabhängig von der Verschuldensfrage besteht, sie aber das Wissen oder Wissenmüssen um eine Sachbeschädigung voraussetzt. Aus welchen Gründen der Identitätsnachweis unterblieben ist, ist unerheblich, entfernt sich einer der Beteiligten vorher von der Unfallstelle, so ist der andere trotzdem zur Meldung verpflichtet. Ob ein Aufschub nötig ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles.

 

Unbestritten ist es im gegenständlichen Falle zu dem im Spruch des Straferkenntnisses bezeichneten Verkehrsunfall, bei welchem der Berufungswerber mit dem linken Außenspiegel seines Lkw den linken Außenspiegel eines entgegenkommenden Lkw touchiert hat, gekommen. Der Berufungswerber selbst hat ausgeführt, dass er nach dem Vorfall angehalten hat, der andere beteiligte Kraftfahrzeuglenker jedoch von ihm nicht mehr auszumachen gewesen sei. Darauf habe er die Fahrt fortgesetzt.

 

Wenn nun der Beschuldigte argumentiert, der Sachschaden sei ihm nicht aufgefallen, so ist mit dieser Argumentation nichts zu gewinnen. Wie bereits ausgeführt wurde, kommt es nicht darauf an, dass der Betreffende tatsächlich vom Schaden Kenntnis erlangt, sondern dass er bei Anwendung der nötigen Sorgfalt vom Eintritt des Schadens hätte wissen müssen. Von einem sorgfältigen Kraftfahrzeuglenker ist in einer derartigen Situation zu erwarten, dass er sich genauest von den Auswirkungen des Verkehrsunfalls überzeugt. Gerade die Berührung des Außenspiegels lässt geboten sein, dass dieser Spiegel besonders in Augenschein genommen wird. Nachdem der Beschuldigte diese Sorgfalt unterlassen hat, ist ihm jedenfalls ein fahrlässiges Verhalten zu unterstellen.

 

Dass der Beschuldigte letztlich kein Funkgerät und kein Mobiltelefon bei sich hatte, vermag im vorliegenden Falle ebenso wenig zu entlasten, wie der behauptete Umstand, dem ortsunbekannten Beschuldigten sei nicht bekannt gewesen, wo sich die nächste Gendarmeriedienststelle befindet. Der Verkehrsunfall ereignete sich in R und der Beschuldigte hätte am Weg nach Gmunden jedenfalls die Möglichkeit gehabt, irgendwo anzuhalten und telefonisch mit der Gendarmerie Kontakt aufzunehmen. Bezogen auf den konkreten Fall vertritt daher auch die Berufungsbehörde die Auffassung, dass der Beschuldigte den ihm zur Last gelegten Sachverhalt in objektiver Hinsicht verwirklicht hat und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, welche ihn in subjektiver Hinsicht entlasten würden.

 

Es mag daher dahingestellt bleiben, ob es tatsächlich einen lauten Knall gegeben hat bzw. in welchem Ausmaß der Außenspiegel des entgegenkommenden Lkw tatsächlich beschädigt war, eine Beschädigung ist jedenfalls evident.

 

Der Schuldspruch ist daher zu Recht erfolgt.

 

I.6. Der Berufungswerber vermeint, dass im Falle eines Schuldspruches mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden könnte.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiters in Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Voraussetzung für die Anwendung der Rechtswohltat des § 21 VStG ist, dass das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Beide Elemente müssen kumulativ vorhanden sein.

 

Im gegenständlichen Falle mag es dahingestellt bleiben, in wie weit die Tat Folgen nach sich gezogen hat, zumal die Schuld des Beschuldigten nur dann als geringfügig anzusehen ist, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt.

 

Dazu wird festgestellt, dass grundsätzlich vom Lenker eines Lkw, welcher eine hiefür erforderliche Lenkberechtigung besitzt, zu erwarten ist, dass er die maßgeblichen straßenverkehrs- und kraftfahrrechtlichen Bestimmungen kennt. Wie bereits oben dargelegt wurde, hätte bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt der Beschuldigte jedenfalls zumindest Bedenken dahingehend haben müssen, dass durch den Verkehrsunfall auch beim anderen Kraftfahrzeug ein Schaden eingetreten ist und entsprechend die Meldung zu erstatten gehabt. Dadurch dass er eine entsprechende Überprüfung seines Fahrzeuges unterlassen hat, was - jedenfalls dem Berufungsvorbringen nach - zur Nichtmeldung führte, führt dazu, dass von einem Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt in erheblichem Maße nicht mehr gesprochen werden kann.

 

Mangels Vorliegen sämtlicher Voraussetzung für die Anwendung des § 21 VStG konnte daher auch dem Eventualantrag nicht Folge gegeben werden.

 

I.7. Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt, so hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als mildernd die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet, erschwerende Umstände wurden keine festgestellt. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 1.100 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten angenommen.

 

In Anbetracht des Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit einerseits bzw. der von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden dargelegten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, vertritt die Berufungsbehörde die Auffassung, dass eine angemessene Reduzierung sowohl der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe vertretbar ist. Wenn auch letztlich der Beschuldigte in Gmunden schon von der Gendarmerie erwartet wurde, ist auch zu berücksichtigen, dass lediglich ein Zeitraum von 32 Minuten zwischen Verkehrsunfall und dem Kontakt mit den Gendarmeriebeamten vergangen ist. Auch, dass letztlich nur ein geringerer Sachschaden beim gegnerischen Kraftfahrzeug eingetreten ist, ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen.

 

Wie die Bezirkshauptmannschaft Gmunden zu Recht ausgeführt hat, zählen jedoch Übertretungen nach § 4 StVO 1960 zu den schwersten Verstößen gegen die straßenpolizeilichen Normen, weshalb die Behörden derartigen Verwaltungsübertretungen mit besonderer Strenge entgegenzutreten haben.

 

Zu berücksichtigen ist auch, dass eine entsprechende Strafbemessung einerseits aus generalpräventiven Gründen geboten ist, um potenzielle Täter von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten und andererseits auch spezialpräventive Überlegungen zu berücksichtigen sind, um nämlich, dem Täter das Unrechtmäßige seines Verhaltens vor Augen zu führen und ihn von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Diese präventiven Überlegungen stehen einer weiteren Reduzierung sowohl der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe entgegen.

 

Die Berufungsbehörde vertritt aber die Auffassung, dass im vorliegenden konkreten Fall mit der nunmehr festgelegten Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe das Auslangen gefunden werden kann.

 

I.8. Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Berufungswerber weder durch den Schuldspruch noch durch die nunmehr festgesetzte Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe in seinen Rechten verletzt wird, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 

 
 

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