Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109395/15/Bi/WW/Be

Linz, 19.07.2004

 

 

 VwSen-109395/15/Bi/WW/Be Linz, am 19. Juli 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn H P, I, U, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F W, S, W, vom 7. November 2003, am 28. Juni 2004 eingeschränkt auf das Ausmaß der mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 13. Oktober 2003, VerkR96-8308-2003/U, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 verhängten Strafe, aufgrund des Ergebnisses der am 28. Juni 2004 durchgeführten öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung), zu Recht erkannt:
 

 

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben; unter Zugrundelegung einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 177 km/h wird die Geldstrafe auf
300 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Tage herabgesetzt.

 

II. Der Kostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 30 Euro, im Berufungsverfahren fallen keine Kosten an.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51 i und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 f VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

zu I.:

1. Mit dem oben angeführten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 364 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 144 Stunden) verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 36,40 Euro auferlegt. Dem Berufungswerber (Bw) wurde darin zur Last gelegt, am 13. Mai 2003 um 9.22 Uhr im Gemeindegebiet Eggendorf/Trkr. auf der A1 Westautobahn bei StrKm 183.950, FR Salzburg, das Kfz, Kz. , gelenkt und dabei die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 53 km/h überschritten zu haben. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden.

 

2. Dagegen hat der Bw fristgerecht Berufung eingebracht, die dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am
28. Juni 2004 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines rechtsfreundlichen Vertreters, RA Dr. W, der Zeugen BI W M und RI A S und des technischen Amtssachverständigen Ing. R H durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt.

Angesichts der Ergebnisse des Beweisverfahrens hat der Bw seine Berufung in der mündlichen Verhandlung auf das Strafausmaß eingeschränkt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

 

3. Zur Strafbemessung führt der Bw aus, die Strafe sei insofern überhöht, als von einer Geschwindigkeit von unter 180 km/h, nämlich 177 km/h auszugehen sei. Die Milderungsgründe des bisher ordentlichen Lebenswandels gemäß § 34 Abs.1 Z2 StGB, der Nichtherbeiführung eines Schadens gemäß § 34 Abs.1 Z13 StGB, sein ernstliches Bemühen, nachteilige Folgen zu verhindern gemäß § 34 Abs.1 Z 15 und sein Wohlverhalten, obwohl die Tat schon vor längerer Zeit begangen worden sei gemäß § 34 Abs.1 Z18 StGB seien nicht berücksichtigt worden. Der Schuldgehalt sei ebenfalls nicht berücksichtigt worden - seiner mitfahrenden Gattin sei schlecht geworden und er habe eine Autobahnraststätte gesucht.

Er beantragt unter Hinweis auf seine Sorgepflichten für zwei Kinder Strafherabsetzung entsprechend seiner Einkommens- und Vermögenslage; die Einkommensschätzung bestreitet er nicht. Beantragt wurde die Anwendung des
§ 21 VStG, in eventu des § 20 VStG.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein rechtsfreundlicher Vertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt und im Hinblick auf die zunächst auch gegen den Schuldspruch gerichtete Berufung ein Beweisverfahren durchgeführt wurde, bei dem der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen wurde (auf die Einvernahme des zweiten Beamten wurde verzichtet) und in die Videoaufzeichnung Einsicht genommen wurde. Bei der vom Sachverständigen durchgeführten fotogrammetrischen Einzelbildauswertung ergab sich ein tatsächlich vorwerfbarer Geschwindigkeitswert von 177 km/h. Dabei wurde nicht nur der bei ProViDa-Aufzeichnungen zu berücksichtigende Toleranzabzug von (aufgerundet) 5 % vom Messwert durchgeführt, sondern angesichts des Aufschließens des nachfahrenden Zivilstreifenfahrzeuges zur Zeit der Tachoanzeige "193 km/h" auch eine technisch mögliche Fahrzeugbeschleunigung des Gendarmeriefahrzeuges zugrundegelegt, die nach den Ausführungen des Sachverständigen für den Bw günstigstenfalls mit
6 km/h angenommen wurde (0,5 m/sec² in 3 sec des Aufschließungsvorganges). Daraus ergab sich eine tatsächliche Geschwindigkeit von sicher 177 km/h, demnach eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 47 km/h, die der Strafbemessung zugrunde zu legen ist.

 

Dabei war zu berücksichtigen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO bis zu
726 Euro Geld- und im Fall der Uneinbringlichkeit der Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen reicht.

Angesicht des etwas geringeren Unrechtsgehalts (die Geschwindigkeitsüberschreitung betrug anstelle von 53 km/h "nur" 47 km/h) war die Strafe herabzusetzen, wobei das Ausmaß der Überschreitung den Unrechtsgehalt der Übertretung betrifft und keinen Straferschwerungsgrund darstellt.

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass beim Bw von Unbescholtenheit schon deshalb nicht die Rede sein kann, weil er nach Mitteilung seiner Wohnsitzbehörde, der BH Baden, zwei einschlägige Vormerkungen vom August 2000 (§ 20 Abs.2 StVO) und vom Februar 2001 (§ 52a Z10 lit.a StVO) aufweist. Dass die Fahrweise des Bw keinen Verkehrsunfall zur Folge hatte, ist nicht strafmildernd, weil die Herbeiführung eines Schadens kein Tatbestandsmerkmal des § 20 Abs.2 StVO darstellt, dh gegebenenfalls das Verschulden eines Verkehrsunfalles erschwerend zu werten wäre. Beim auf dem Video ersichtlichen Verkehrsaufkommen hat der Umstand, dass es trotz der vom Bw eingehaltenen Geschwindigkeit zu keinem Verkehrsunfall gekommen ist, mehr mit der defensiven Fahrweise der anderen Fahrzeuglenker und viel Glück zu tun, als mit dem geltend gemachten "ernstlichen Bemühen des Bw um eine Verhinderung nachteiliger Folgen" im Sinne des § 34 Abs.1 Z15 StGB.

Der Bw kam nach eigenen Angaben aus Richtung Wien und passierte kurz vor der gegenständlichen Geschwindigkeitsmessung die Autobahnraststätte Ansfelden. Seine Verantwortung, zu dieser Zeit sei seiner Gattin noch nicht so schlecht gewesen, vermag sein Verschulden hinsichtlich der wesentlich überhöhten Geschwindigkeit insofern nicht zu mildern, als die Westautobahn über Autobahnparkplätze und notfalls einen Pannenstreifen verfügt. Andere Verkehrsteilnehmer mit einer solchen Begründung einer erhöhten Gefahr auszusetzen, ist in höchstem Maß verantwortungslos.

 

Da die gefahrene Geschwindigkeit für den Lenker eines Kraftfahrzeuges gleichzeitig auf dem Tacho ablesbar ist und die Einhaltung einer derartigen Geschwindigkeit samt deren Unterschied zu anderen Fahrzeugen bei vorauszusetzender Aufmerksamkeit bei entsprechendem Druck auf das Gaspedal auffällig ist, war von vorsätzlicher Begehung auszugehen - für dolus eventualis im Sinne des § 5 Abs.1 StGB genügt es, dass der Täter die Verwirklichung des einem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhalts ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet. Eine Notstandssituation im Hinblick auf eine behauptete Übelkeit der Gattin des Bw ist auszuschließen.

Die Erstinstanz nahm (trotz entsprechender Aufforderung) mangels jeglicher Angaben des Bw zu seinen finanziellen Verhältnissen eine Einkommensschätzung auf ca 1.000 Euro monatlich netto bei fehlendem Vermögen und Sorgepflichten vor. Dem widersprach der Bw nunmehr lediglich im Hinblick auf die Sorgepflichten.

 

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Kriterien des
§ 19 VStG im Wesentlichen dem (nur etwas geringeren) Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, als auch ist sie den nun zugrunde gelegten finanziellen Verhältnissen des Bw angemessen. Mildernd war kein Umstand; selbst Wohlverhalten seit 13. Mai 2003 erfüllt noch nicht die Voraussetzungen des § 34 Abs.1 Z18 StGB (vgl VwGH 5.9.1997, 97/02/0184, mit Hinweis auf Vorjudikatur).

Wesentliche Erschwerungsgründe stellen hingegen die beiden einschlägigen und noch nicht getilgten Vormerkungen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen dar, die das nunmehrige Verhalten des Bw keineswegs als seinem bisherigen Lebenswandel widersprechend darstellen. Vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 VStG kann keine Rede sein - ebensowenig von einem geringfügigem Verschulden, das die Anwendung des § 21 VStG ermöglichen würde.

Auch eine weitere Herabsetzung der verhängten Strafe war damit nicht zu rechtfertigen; die Ersatzfreiheitsstrafe wurde im Verhältnis zur Geldstrafe entsprechend dem gesetzlichen Strafrahmen angemessen herabgesetzt - trotzdem liegt die Strafe noch unterhalb der Hälfte des gesetzlichen Strafrahmens. Sie hält damit general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Angesichts der Sorgepflichten für zwei Kinder steht es dem Bw frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Geldstrafe in seinem nachzuweisenden Einkommen entsprechenden Teilbeträgen zu bezahlen, anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Überschreitung um 47 anstatt 53 km/h hat geringfügige Strafherabsetzung zur Folge

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