Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109417/10/Bi/Be

Linz, 29.01.2004

 

 

 VwSen-109417/10/Bi/Be Linz, am 29. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn W O, vom 19. November 2003 (Fax-Sendedatum) gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 14. Oktober 2003, VerkR96-14940-2003, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das Straferkenntnis im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, dass er die Lenkerauskunft der "Bezirkshauptmannschaft" Vöcklabruck zu erteilen gehabt hätte, die Geldstrafe jedoch auf 300 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 Tage herabgesetzt werden.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 30 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 VStG,

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 550 Euro (240 Stunden EFS) verhängt, weil er als die von der Zulassungsbesitzerin des Pkw, E O, namhaft gemachte Auskunftsperson Vöcklabruck über Aufforderung vom 15. Mai 2003 nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung konkret mitgeteilt habe, wer den genannten Pkw am 14. März 2003 um 5.05 Uhr gelenkt habe. Am 6. Juni 2003 habe er lediglich mitgeteilt, dass er mit M T unterwegs gewesen sei, jedoch nicht sagen könne, wer um 5.05 Uhr der Lenker des Pkw gewesen sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 55 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw), vertreten durch seine Mutter M-E R (O) mit Fax vom 19. November 2003, Eingangsstempel 20. November 2003, fristgerecht - aufgrund der präsenzdienstbedingten Ortsabwesenheit des Bw war die Hinterlegung des Schriftstückes mit 4.11.2003 beim Postamt Hall in Tirol unzulässig; tatsächlich ausgefolgt wurde dem Bw das Schriftstück laut Auskunft des Postamtes am 6.11.2003, daher begann an diesem Tag die Berufungsfrist und endete demnach am 20.11.2003 - Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, da der Sachverhalt klar und nur Rechtsfragen zu lösen waren (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei bis 23. Dezember 2003 beim Bundesheer gewesen mit unterschiedlichsten Dienstzeiten und seine Mutter habe ihn bei Behördengängen usw vertreten. Da er keinen Schlüssel zur Wohnung seiner Mutter habe und diese oft in Ungarn sei, habe er auch keine Möglichkeit, in den Postkasten zu sehen. Er habe auch keine Verständigung von der Hinterlegung des Schriftstückes erhalten. M T, die dazu von der Behörde noch immer nicht befragt worden sei, und er könnten nicht mit 100 %iger Sicherheit sagen, wer von ihnen damals den Pkw gelenkt habe. Der Schluss, er sei der Lenker gewesen, sei etwas voreilig.

In der Berufung wird weiters ausgeführt, dass beide Fahrer nicht genau wüssten, wer zum angefragten Zeitpunkt am Lenkrad gesessen sei. Frau T sei lediglich eine Stunde vor Ankunft in Linz gefahren. Wie weit dies von der Geschwindigkeitsüberschreitung zurückliege, könnte sie nicht abschätzen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Pkw am 14. März 2003 um 5.05 Uhr mittels Radargerät Multanova 6FA Nr.1974 (Radarbox) auf der A1 Westautobahn bei km 267.500, Gemeinde St. Lorenz, Fahrtrichtung Wien, mit einer Geschwindigkeit von 166 km/h gemessen wurde, obwohl dort infolge einer Baustelle nur 60 km/h erlaubt waren. Nach Abzug der vorgeschriebenen Toleranzen von 5%, aufgerundet auf 9 km/h, ergab sich eine Geschwindigkeit von 157 km/h, die der Anzeige zugrundegelegt wurde.

 

Mit Schreiben der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. April 2003 wurde die Zulassungsbesitzerin des genannten PKw, Frau M E O, gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens den Lenker des Pkw am 14. März 2003, 5.05



Uhr, bekanntzugeben. Mit Schreiben vom 22. April 2003 teilte die Zulassungsbesitzerin mit, es seien zwei Personen, nämlich der Bw und M T, an diesem Tag mit dem Fahrzeug unterwegs gewesen.

Auf die Frage der Erstinstanz, wem der beiden Personen sie die Fahrzeugschlüssel übergeben habe, teilte Frau O mit, ihr Sohn, der Bw, habe den Autoschlüssel von vornherein auf seinem Schlüsselbund, sodass keine direkte Übergabe stattgefunden habe. Beide hätten von ihr mündlich eine Benützererlaubnis erhalten. Sie selbst sei bei der Fahrt nicht dabei gewesen.

 

Auf dieser Grundlage erging seitens der Erstinstanz mit Schreiben vom 15. Mai 2003 an den Bw als von der Zulassungsbesitzerin namhaft gemachte Auskunftsperson gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 die Aufforderung, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens der Erstinstanz mitzuteilen, wer das genannte Kraftfahrzeug am 14. März 2003, 5.05 Uhr, gelenkt bzw verwendet habe. Ihm wurde der Anlass der Lenkeranfrage zur Kenntnis gebracht, nämlich eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 97 km/h mit genauer Ortsangabe, und er darauf hingewiesen, dass das Nichterteilen der Auskunft oder Erteilen einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei.

Das Schreiben wurde laut Rückschein am 21. Mai 2003 vom Bw persönlich übernommen. Mit Fax vom 13. Juni 2003 teilte der Bw mit, er und M T hätten den Pkw gelenkt. Sie könnten aber nur sagen, dass ca 1 Stunde vor Ankunft in Linz M T das Fahrzeug übernommen habe.

 

Dem Bw wurde mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. August 2003 zur Kenntnis gebracht, dass er als vom Zulassungsbesitzer des Pkw namhaft gemachte Auskunftsperson trotz schriftlicher Aufforderung der BH Vöcklabruck vom 15.5.2003 nicht binnen zwei Wochen der Behörde darüber Auskunft erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 14. März 203, 5.05 Uhr, gelenkt habe. Er hat darauf nicht regiert, sodass das angefochtene Straferkenntnis erging.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche


Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua).

Dieser Rechtsprechung hat sich auch der Unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre.

Zweck dieser Bestimmung ist es nicht, Strafgelder zu lukrieren, sondern der Lenker soll im Hinblick auf die Verkehrssicherheit dazu angehalten werden, die Geschwindigkeitsbestimmungen einzuhalten. Das Ersuchen um Lenkerauskunft
dient dazu, den Lenker persönlich ausfindig zu machen und zu erreichen. Eine solche Auskunft kann aber nur der Zulassungsbesitzer, der über das Fahrzeug verfügungsberechtigt ist, erteilen, weshalb sich das Ersuchen gemäß § 103 Abs.2 KFG zunächst an diesen richtet. Dass eine Nichterteilung der Lenkerauskunft nicht sanktionslos sein kann, liegt wohl auf der Hand.

§ 103 Abs.2 KFG 1967 eröffnet dem vom Zulassungsbesitzer benannten Auskunftspflichtigen nicht die Möglichkeit, seinerseits wieder einen weiteren Auskunftspflichtigen anzugeben. Vielmehr ist der Auskunftspflichtige verpflichtet, den tatsächlichen Lenker ... der Behörde bekannt zu geben (vgl VwGH 14.7.2000, 2000/02/0065 mit Vorjudikatur).

 

Im gegenständlichen Fall hat die Zulassungsbesitzerin zwei Personen, von denen beide ihre Fahrerlaubnis hatten, als Auskunftspersonen genannt, zumal sie selbst bei der gegenständlichen Fahrt nicht dabei war. Damit konnte die anfragende Behörde wählen, wen sie im Rahmen der Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG befragt. Die befragte Person durfte es aber nicht mehr dabei bewenden lassen, erneut zwei als Lenker möglicherweise in Frage kommende Personen zu nennen, sondern war zur tatsächlichen Auskunftserteilung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 verpflichtet. Daraus folgt, dass der Bw, der im Fall des Fahrerwechsels Aufzeichnungen führen hätte müssen, wenn er ohne solche zur Auskunftserteilung nicht in der Lage war, binnen zwei Wochen ab Zustellung der Lenkeranfrage, dh ab 21. Mai 2003, demnach bis 4. Juni 2003, eine konkrete Person als Lenker nennen hätte müssen. Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall stand mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang, war klar und eindeutig formuliert und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nichterteilung war unmissverständlich.

 

Der Bw hat ohne jede Begründung die zweiwöchige, gesetzlich vorgesehene und daher nicht von der Behörde erstreckbare Frist nicht eingehalten, zumal er bis dahin auf die Lenkeranfrage überhaupt nicht reagiert hat. Abgesehen davon, dass er in seinem zwar mit 6. März 2003 datierten, erst am 13. Juni 2003 mit Fax übermittelten Schreiben keinen konkreten Lenker angegeben hat, hat er durch das nutzlose Verstreichenlassen der Zwei-Wochen-Frist des § 103 Abs.2 KFG - für die Auskunftserteilung ist es nicht von Bedeutung, ob sich der Bw gerade beim Bundesheer befunden hat, weil dafür ein Briefkasten ausreicht - den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt. Er hat bei Nichterteilung der Auskunft schuldhaft gehandelt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal es sich bei der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG handelt und dem Bw die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens nicht gelungen ist.

 

Der Schuldvorwurf war gemäß dem Tatvorwurf in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. August 2003 insofern gemäß § 4a Z1 VStG zu ergänzen, als er die Lenkerauskunft der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu erteilen gehabt hätte.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 2.180 Euro Geldstrafe bzw für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses der Strafbemessung zugrundegelegt, dass der Bw durch sein Verhalten das durch § 103 Abs.2 KFG geschützte Interesse in der jederzeit und ohne unnötige Verzögerung möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretungen begangen zu haben, sohin dem Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung, zuwidergehandelt habe. Die Verhängung einer derart hohen Strafe lässt den Schluss zu, dass die Erstinstanz davon ausgeht, dass der Bw selbst den Pkw gelenkt hat und bei durch die Nicht-Auskunftserteilung der verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung samt Konsequenzen entgangen ist. Eine derartige Annahme ist jedoch nicht zulässig; auch sind Unrechts- und Schuldgehalt einer Geschwindigkeitsüberschreitung vom Vorwurf des § 103 Abs.2 KFG zu trennen. Die Strafe war daher herabzusetzen.

 

Tatsächlich ist der Unrechtsgehalt der Übertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG nicht unbedeutend. Der Bw weist mehrere rechtskräftige, jedoch nicht einschlägige Vormerkungen aus den Jahren 2002 und 2003 auf, sodass weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe zu berücksichtigen waren. Er bezieht laut AMS Arbeitslosen



geld in Höhe von 21.77 Euro täglich, was einem Monatseinkommen von ca 650 Euro bei Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten entspricht.

Die nunmehr festgesetzte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung wie auch den finanziellen Verhältnissen des Bw und hält general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde entsprechend herabgesetzt.

Es steht dem Bw frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Geldstrafe in Teilbeträgen zu bezahlten, anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

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