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des Landes Oberösterreich
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VwSen-109480/15/Ki/Ri

Linz, 11.08.2004

 

 

 VwSen-109480/15/Ki/Ri Linz, am 11. August 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des T S, S, D, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. J K, A, B, vom 16.12.2003 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 1.12.2003, VerkR96-1055-2002-Br, wegen Übertretungen des KFG 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 4.8.2004 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I. Bezüglich der Fakten 1, 2, 3 und 5 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Bezüglich Faktum 4 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

  1. Bezüglich Faktum 4 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 7,20 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten, bezüglich der Fakten 1, 2, 3 und 5 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1und 2 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG

zu III: §§ 64 Abs.1 und 2 bzw 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat unter VerkR96-1055-2002-Br vom 1.12.2003 gegen den Berufungswerber nachstehendes Straferkenntnis erlassen:

"Sie haben wie, bei einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle am 09.03.2002 um 10.12 Uhr auf der B310 bei Strkm 19,00 im Gemeindegebiet von Wartberg ob der Aist festgestellt wurde, als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen AM und dem Sattelanhänger mit dem Kennzeichen AM

  1. als Fahrer des Fahrzeuges, welches der Güterbeförderung dient und dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, vom 06.03.2002 bis 08.03.2002 die erlaubte Tageslenkzeit von 10 Stunden überschritten, weil die tatsächliche Tageslenkzeit laut den Tachografenschaublättern 16 Stunden und 54 Minuten betragen hat
  2. als Fahrer des Fahrzeuges, welches der Güterbeförderung dient und dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, vom 06.03.2002 auf den 07.03.2002 innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraumes von 24 Stunden die vorgeschriebene Ruhezeit von 9 Stunden nicht eingelegt, weil die tatsächliche Ruhezeit laut den Tachografenschaublättern nur 7 Stunden und 30 Minuten betragen hat
  3. als Fahrer des Fahrzeuges, welches der Güterbeförderung dient und dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, vom 07.03.2002 auf den 08.03.2002 innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraumes von 24 Stunden die vorgeschriebene Ruhezeit von 9 Stunden nicht eingelegt, weil die tatsächliche Ruhezeit laut den Tachografenschaublättern nur 4 Stunden und 10 Minuten betragen hat
  4. als Fahrer des Fahrzeuges, welches der Güterbeförderung dient und dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, das Schaublatt vom 07.03.2002 über den Zeitraum, für den es bestimmt war, hinaus verwendet, sowie
  5. als Fahrer des Fahrzeuges, welches der Güterbeförderung dient und dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, dem zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem Sie gefahren sind, bzw eine ordnungsgemäße Bestätigung darüber, dass Sie an diesem Tag nicht gefahren sind, nicht vorgelegt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

  1. § 134 Abs. 1 KFG 1967 und Art. 6 Abs.1 der Verordnung (EWG-Nr.) 3820/85
  2. § 134 Abs. 1 KFG 1967 und Art. 8 Abs.1 der Verordnung (EWG-Nr.) 3820/85
  3. § 134 Abs. 1 KFG 1967 und Art. 8 Abs.1 der Verordnung (EWG-Nr.) 3820/85
  4. § 134 Abs. 1 KFG 1967 und Art. 15 Abs.2 der Verordnung (EWG-Nr.) 3821/85
  5. § 134 Abs. 1 KFG 1967 und Art. 15 Abs.7 der EG-VO 3821/85.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Falls diese uneinbringlich ist, Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

1) 145 Euro 48 Stunden 1)-5) § 134 Abs.1

2) 36 Euro 12 Stunden KFG 1967 idgF

3) 218 Euro 72 Stunden

4) 36 Euro 12 Stunden

5) 36 Euro 12 Stunden

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

47,10 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro bzw 200 ATS angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

518,10 Euro."

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 16.12.2003 Berufung erhoben und beantragt, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen bzw den bekämpften Bescheid zu beheben, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; in eventu die über ihn verhängte Geldstrafe herabzusetzen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, Einholung eines Gutachtens eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 4.8.2004. An dieser Verhandlung nahm ausschließlich der Berufungswerber im Beisein eines Rechtsvertreters teil.

 

Eine Auswertung der verfahrensgegenständlichen fünf Tachografenschaublätter vom 5.3.2002 bis 9.3.2002 im Hinblick auf die der Bestrafung zugrundeliegenden Fakten durch einen verkehrstechnischen Amtssachverständigen, ergab folgendes Ergebnis:

 

"Zu Punkt 1 des Straferkenntnisses:

Die Lenkzeit am 6.3.2002 (Scheibe 2) beginnt um 06:04 Uhr und endet mit einer Gesamtlenkzeit von 6 Stunden und 58 Minuten am 6.3.2002 um 18:57 Uhr (Ende Scheibe 2).

Die folgende ausreichende Ruhezeit zwischen Scheibe 2 und 3 beträgt 12 Stunden und 34 Minuten. Daher läuft die Tageslenkzeit nicht bis 8.3.2002.

Anzumerken wäre, dass in der Zeit zwischen 20:05 Uhr (6.3.2002) und 06:10 Uhr (7.3.2002) sich die Scheibe 2 in der Beifahrerlade befand. Es fehlen Aufzeichnungen für 24 Kilometer.

Richtig ausgewertet beginnt die Tageslenkzeit (auf Scheibe 1) am 5.3.2002 um 06:00 Uhr und endet mit einer Gesamtlenkzeit von ca. 12 Stunden und 20 Minuten am 6.3.2002 um 18:57 Uhr (Ende Scheibe 2).

Die zu geringe Ruhezeit zwischen Scheibe 1 und 2 beträgt nur 8 Stunden und 46 Minuten. Zu Punkt 2 des Straferkenntnisses:

(Beginn des 24-Stunden-Zeitraumes: 06:00 Uhr)

Die Ruhezeit vom 6.3.2002 auf 7.3.2002 beträgt 11 Stunden und 3 Minuten (18:57 Uhr bis 06:00 Uhr).

Nochmals anzumerken wäre, dass in der Zeit zwischen 20:05 Uhr (6.3.2002) und 06:10 Uhr (7.3.2002) sich die Scheibe 2 in der Beifahrerlade befand.

Zu Punkt 3 des Straferkenntnisses:

(Beginn des 24-Stunden-Zeitraumes: 06:00 Uhr)

Die Ruhezeit vom 7.3.2002 auf 8.3.2002 beträgt 12 Stunden und 17 Minuten (17:43 Uhr bis 06:00 Uhr).

Anzumerken wäre, dass in der Zeit zwischen 18:53 Uhr (7.3.2002) und 09:45 Uhr (8.3.2002) sich die Scheibe 3 in der Beifahrerlade befand. Es fehlen Aufzeichnungen für ca. 315 Kilometer.

Zu Punkt 4 des Straferkenntnisses:

Die Scheibe 3, datiert mit 7./8.3.2002, war über den Zeitraum für den es bestimmt war (länger als 24 Stunden) im Kontrollgerät (7.3.2002, 06:15 Uhr bis 8.3.2002, 09:45 Uhr).

Zu Punkt 5 des Straferkenntnisses:

Das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem der Lenker gefahren ist, ist dem Akt nicht beigelegt."

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung gestand der Berufungswerber ein, dass er vergessen habe, das Schaublatt vom 7.3.2002 so rechtzeitig zu entnehmen, dass der Zeitraum, für den es bestimmt war, nicht überschritten wurde. Er habe vergessen, das Schaublatt zu entnehmen.

 

Bezüglich Nichtvorlage des Schaublattes für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, verblieb er jedoch bei seiner Rechtfertigung, dass er in dieser Woche kein Fahrzeug gelenkt habe. Er habe über Ersuchen eines Herrn R, welcher sich den Kraftwagenzug von der Fa. S ausgeborgt hat, mit diesem zusammen die Fahrten unternommen. Er sei bis zum Jahre 2000 bei der Firma S als LKW-Lenker angestellt gewesen, zur Vorfallszeit sei er jedoch arbeitslos gewesen, nunmehr arbeite er bei der Firma M als Schlosser. Er sei zum fraglichen Zeitpunkt zu Hause gewesen, dies könne seine Ex-Gattin möglicherweise bestätigen.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. hat wie folgt erwogen:

 

Zu I.:

Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

 

  1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann bzw.
  2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

 

Eine Auswertung der verfahrensgegenständlichen Tachografenschaublätter durch einen verkehrstechnischen Amtssachverständigen hat ergeben, dass der Tatvorwurf bezüglich der Fakten 1, 2 und 3 des Straferkenntnisses nicht aufrecht erhalten werden kann. Aus den schlüssigen Ausführungen geht hervor, dass sowohl die Tageslenkzeiten als auch die Ruhezeiten vorschriftsgemäß eingehalten wurden.

 

Hinsichtlich Faktum 5 konnte der Berufungswerber glaubwürdig darlegen, dass er in der dem Lenken vorangegangenen Woche tatsächlich keinen LKW gelenkt hat. Seine Angaben sind insoferne schlüssig, als er zum Vorfallszeitpunkt nicht mehr Angestellter der Firma S gewesen ist und überdies entspricht seine Rechtfertigung, er habe die Fahrten über Ersuchen des Herrn R mit diesem zusammen durchgeführt, durchaus der allgemeinen Lebenserfahrung. Jedenfalls nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" kann in diesem Punkt die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht als erwiesen angesehen werden.

 

Aus den dargelegten Gründen war daher hinsichtlich der Fakten 1, 2, 3 und 5 des Straferkenntnisses der Berufung Folge zu geben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Zu II.:

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht, wer ua der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, Abl.Nr.L370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, Abl.Nr.L353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

 

Gemäß § 15 Abs.2 der zitierten Verordnung benutzen die Fahrer für jeden Tag, an dem sie lenken, ab dem Zeitpunkt, an dem sie das Fahrzeug übernehmen, Schaublätter. Das Schaublatt wird erst nach der täglichen Arbeitszeit entnommen, es sei denn, eine Entnahme ist auf andere Weise zulässig. Kein Schaublatt darf über den Zeitraum, für den es bestimmt ist, hinaus verwendet werden.

 

Eine Auswertung des gegenständlichen Tachografenschaublattes durch den verkehrstechnischen Amtssachverständigen hat ergeben, dass dieses über den Zeitraum, für den es bestimmt war (länger als 24 Stunden) sich im Kontrollgerät befunden hat. Diesbezüglich hat der Berufungswerber diesen Umstand auch eingestanden, er rechtfertigte sich damit, er habe vergessen, das Schaublatt zu entnehmen. Der ihm diesbezüglich zur Last gelegte Sachverhalt ist somit in objektiver Hinsicht verwirklicht und es sind auch, was die subjektive Tatseite anbelangt, keine Umstände hervorgekommen, welche den Beschuldigten entlasten würden. Der Schuldspruch ist in diesem Punkt daher zu Recht erfolgt.

 

Zur Strafbemessung (§ 19 VStG) wird diesbezüglich festgestellt, dass in Anbetracht des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens eine geringfügige Strafe verhängt wurde, es wurde nach Auffassung der Berufungsbehörde lediglich die Ordnungswidrigkeit geahndet. Eine Herabsetzung sowohl der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe wird daher nicht mehr in Erwägung gezogen.

 

Es war daher hinsichtlich Faktum 4 das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

Zu III.:

Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 

 

 
 

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