Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251145/3/WEI/An

Linz, 31.05.2005

VwSen-251145/3/WEI/An Linz, am 31. Mai 2005

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine

I. Kammer

unter dem Vorsitz von Dr. Grof,

den Berichter Dr. Weiß

und die Beisitzerin Maga. Bergmayr-Mann

über die Berufung des A E Z, geb. , H, R, vertreten durch Dr. S G, Rechtsanwalt in R, H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 8. Juli 2004, Zl. SV 96-23-2003, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 2.180 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H GmbH, ihrerseits persönlich haftende Gesellschafterin der H GmbH & Co Club KEG, beide mit dem Sitz in R, B, verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich sei, dass die letztgenannte KEG als Dienstgeberin die nigerianische Staatsangehörige E Ö, geb. , im Gastgewerbebetrieb B R, K, R, in der Zeit vom 29.06 bis 08.07.2003 als Stripteasetänzerin und Animierdame beschäftigt habe, ohne diese in der Krankenversicherung Pflichtversicherte "bei Beginn der Pflichtversicherung unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden"; dadurch habe er eine Übertretung des § 33 Abs 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl Nr. 189/1955 [i.d.F. BGBl I Nr. 99/2001 (im Folgenden: ASVG)], begangen, weshalb er nach § 111 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Bw am 12. Juli 2004 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtsfreundlich eingebrachte, am 23. Juli 2004 rechtzeitig zur Post gegebene Berufung gleichen Datums, mit der primär die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass E Ö, die den österreichischen Staatsbürger C Ö am 2. April 2003 in Wien geheiratet hatte, auf Grund eines Inserats in der Kronenzeitung mit der B R in R telefonisch in Verbindung getreten sei und am 29. Juni 2003 in der B R über die Verdienstmöglichkeiten (Beteiligung am Getränkeumsatz, Tänzerin) aufgeklärt worden wäre. In der Zeit vom 29. Juni bis 8. Juli 2003 habe sie als Tänzerin in der B R gearbeitet und etwa 600 Euro verdient.

Anlässlich der Beschuldigtenvernehmung gab der Bw an, dass die Tänzerinnen und Animierdamen eine selbständige Tätigkeit ausübten und sich selbst anmelden müssten. Er wisse nicht, wie lange Frau Ö gearbeitet hätte. Die Bezahlung erfolgte von den Gästen, auch wenn vereinheitlichende Richtlinien vorgegeben wären. Ihre Tätigkeit hätte erst kurz gedauert und eine Anmeldung hätte erst nach Ausstellung des Gesundheitsbuches erfolgen sollen.

Die als Zeugin vor dem Magistrat Wien einvernommene E Ö gab an, in der Zeit vom 29. Juni bis 8. Juli 2003 insgesamt vier Nächte die Tätigkeit als Animierdame und Tänzerin in der B R ausgeübt zu haben. Sie habe in einem zur Verfügung gestellten Zimmer gewohnt, hätte vorgegebene Arbeitszeiten von 20.00 Uhr bis 05.00 Uhr gehabt und 20 % Umsatzbeteiligung von der Barfrau erhalten.

In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde von einer persönlichen Abhängigkeit der E Ö als Animierdame und Tänzerin und damit von einem versicherungspflichtigen und meldepflichtigen Dienstverhältnis iSd § 33 ASVG aus. Die Nichtanmeldung durch den Dienstgeber falle demnach unter die Strafdrohung des § 111 ASVG.

Der Unrechtsgehalt und das Ausmaß des Verschuldens könnten nicht als gering angesehen werden. Die belangte Behörde ging im Zuge der Strafbemessung von zumindest fahrlässigem Verhalten aus und wendete im Hinblick auf vier einschlägige Vorstrafen die Strafdrohung für Wiederholungstäter an. Die Geldstrafe von 2.180 Euro bewege sich ohnehin im untersten Bereich des für den Wiederholungsfall vorgesehenen Strafrahmens.

2.2. In der rechtsfreundlich eingebrachten Berufung wird die Annahme einer Beschäftigung iSd § 4 ASVG bekämpft und vorgebracht, dass die Merkmale der selbständigen Erwerbstätigkeit im gegenständlichen Fall überwiegen. Die belangte Behörde lasse unberücksichtigt, dass Frau Ö von 9 Abenden bzw Nächten nur 4 Nächte die Tätigkeit ausgeübt habe. Ihre Anwesenheitsdauer sei weniger als die Hälfte gewesen. Demnach wäre es auch unrichtig, dass die Arbeitszeiten mit 20.00 Uhr bis 05.00 Uhr festgelegt worden wären. Die Aussage der Frau Ö hätte sich auch nur auf die Öffnungszeiten, nicht aber auf angeordnete Arbeitszeiten bezogen.

Der Erhalt von Trinkgeld fürs Tanzen sowie die Umsatzbeteiligung an der Konsumation für sich allein sprächen ebenfalls nicht für persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit. Ein solches Indiz wäre nur ein Grundgehalt mit dem Zusatz einer Umsatzbeteiligung. Die konkret ausgestaltete Umsatzbeteiligung, wonach unmittelbar nach Zahlung des Gastes 20 % bar ausbezahlt würden, spreche eindeutig für eine selbständige Erwerbstätigkeit. Dies wäre bei einer unselbständigen Erwerbstätigkeit absolut unüblich. Die Feststellung, dass Weisungen bei Ausübung der Tätigkeit erteilt worden wären, sei nicht nachvollziehbar und durch das Beweisverfahren nicht gedeckt.

Auch die rechtliche Beurteilung aus der Judikatur zu Animierdamen, Tänzerinnen und Prostituierten sei insofern unzutreffend, als nicht der Schluss gezogen werden könne, dass jede derartige Tätigkeit eine Dienstnehmereigenschaft gemäß § 4 Abs 2 ASVG begründe. Es komme immer auf die konkrete Ausgestaltung des Einzelfalles an. Die Feststellungen der belangten Behörde seien zur rechtsrichtigen Beurteilung unzureichend.

Nach den einschlägigen Bestimmungen des Oö. Sozialversicherungsträgers sei innerhalb von sieben Tagen die entsprechende Anmeldung vorzunehmen. Es wäre im Hinblick auf die Wochenfrist zwingend festzustellen gewesen, wann die Zeugin die erste Nacht tätig war.

2.3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt und die Abweisung der Berufung beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Akt der belangten Behörde zur Zahl SV 96-23-2003. Schon aus der Aktenlage war ersichtlich, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 111 iVm § 33 Abs 1 ASVG begeht u.A. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe von 2.180 Euro bis 3.630 Euro zu bestrafen, der als Dienstgeber nicht jeden von ihm beschäftigten, in der Krankenversicherung Pflichtversicherten unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anmeldet.

Nach § 33 Abs 1 letzter Satz ASVG kann diese Meldefrist durch die Satzung des Krankenversicherungsträgers im Allgemeinen bis zu sieben Tagen oder für einzelne Gruppen von Pflichtversicherten bis zu einem Monat erstreckt werden.

In diesem Sinne legt § 14 Abs 1 der maßgeblichen Satzung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (Stand 01.07.2004) fest, dass die Meldefrist generell sieben Tage beträgt. Aus § 14 Abs 3 der Satzung geht weiter hervor, dass die Frist für die An- und Abmeldung fallweise beschäftigter Personen (§ 471b ASVG) hinsichtlich der innerhalb des Kalendermonats liegenden Beschäftigungstage mit dem Ersten des nächstfolgenden Kalendermonats beginnt.

Gemäß § 471b ASVG sind unter fallweise beschäftigten Personen solche Personen zu verstehen, die in unregelmäßiger Folge tageweise beim selben Dienstgeber beschäftigt werden, wenn die Beschäftigung für eine kürzere Zeit als eine Woche vereinbart ist.

Aus dem Gesamtzusammenhang dieser Rechtsvorschriften ergibt sich daher jedenfalls, dass grundsätzlich nur derjenige strafbar ist, der als Dienstgeber eine in der Krankenversicherung versicherungspflichtige Person beschäftigt, ohne diese innerhalb von sieben Tagen beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet zu haben.

4.2. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Bw als handelsrechtlichem Geschäftsführer jedoch dezidiert zur Last gelegt, die H GmbH & Co Club KEG habe eine versicherungspflichtige Person beschäftigt, "ohne diese ... bei Beginn der Pflichtversicherung unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden." Auf die stets beachtliche Sieben-Tages-Frist zu Gunsten des Dienstgebers wurde von der belangten Behörde weder in der Tatanlastung des angefochtenen Straferkenntnisses, noch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. Dezember 2003 oder einer sonstigen Verfolgungshandlung Bedacht genommen.

Wie der Oö. Verwaltungssenat schon in Vorerkenntnissen ausgesprochen hat (vgl VwSen-251172/2/SR/Sta vom 30.12.2004 und VwSen-251169/2/Gf/Gam vom 18.01.2005) genügt der Spruch insoweit jedoch nicht den Konkretisierungsanforderungen des § 44a Z 1 VStG in jener Ausprägung, die diese Bestimmung durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfahren hat (vgl u.A. verst. Sen VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Im Ergebnis wurde der Bw vielmehr auf Grund der gegenständlichen Tatanlastung wegen eines Verhaltens bestraft, dass in dieser Form vom Gesetz nicht sanktioniert ist.

Eine entsprechende Korrektur der gegenständlichen Tatanlastung ist dem Oö. Verwaltungssenat - abgesehen davon, dass dieser von Verfassung wegen nicht eine Strafverfolgungsbehörde, sondern ein Organ der Rechtmäßigkeitskontrolle verkörpert (vgl Art 129 ff B-VG) - aber schon deshalb verwehrt, weil zwischenzeitlich bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

4.3. Der vorliegenden Berufung war daher schon aus diesem Grund gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen. Auf das Berufungsvorbringen zur Frage der Dienstnehmereigenschaft brauchte der Oö. Verwaltungssenat nicht mehr einzugehen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. G r o f

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