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des Landes Oberösterreich
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VwSen-109509/8/Br/Gam

Linz, 16.02.2004

VwSen-109509/8/Br/Gam Linz, am 16. Februar 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 22. Dezember 2003, Zl. VerkR96-12204-2002/U, nach der am 16. Februar 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt;

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002 - AVG iVm § 19 Abs.1 u.2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002 - VStG;

II. Dem Berufungswerber zuzüglich den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 29 Euro (20% der vollinhaltlich bestätigten Strafen) auferlegt;

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wegen Übertretungen nach § 18 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 145 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit (48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt, weil er am 19.04.2002 um 14.59 Uhr in Linz auf der A 7, bei Strkm. 15,7 in Fahrtrichtung Nord, als Lenker des KFZ, pol. KZ., beim Fahren hinter dem nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten habe, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vor ihm fahrende Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, weil er bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 87 km/h einen Sicherheitsabstand von lediglich 0,57/sec (gemessen 13,80 m) eingehalten habe.

    1. Begründend tätigte die Behörde erster Instanz folgende Ausführungen:

"Auf Grund der Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz, TVÜG Gr. II, vom 23.04.2002, wird Ihnen die umseits genannte Verwaltungsübertretung zur Last gelegt.

Gegen die am 18.09.2002 erlassene Strafverfügung haben Sie Einspruch erhoben und führen im diesbezüglichen Schreiben vom 26.09.2002 im wesentlichen an, dass durch eine plötzliche Geschwindigkeitsverringerung des vor Ihnen fahrenden Fahrzeuges der nötige Abstand für Momente nicht eingehalten werden konnte. Bei Abstand- oder Radarmessungen sei das ja bekannt, dass die meisten Fahrer so reagieren würden; bei einer Geschwindigkeit von 87 km/h auf einer 3spurigen Autobahn könnte man nicht unbedingt von "drängeln" reden.

Von der Bundespolizeidirektion Linz wurden daraufhin die Tatablaufbilder angefordert und Ihnen zur Kenntnis gebracht.

Im Schreiben vom 07.11.2003 rügen Sie, dass auf Ihre Rechtfertigungsangaben nicht eingegangen worden wäre. Wie auf den Fotos zu erkennen sei, wäre es Ihnen nicht möglich gewesen, mit einem KFZ samt Anhänger auf die momentane Verringerung der Geschwindigkeit des vor Ihnen fahrenden Mercedes zu reagieren, ohne ein noch größeres Risiko einzugehen. Dieser Mercedes habe zudem die Spur gewechselt, da er überholt worden sei.

In der niederschriftlichen Zeugeneinvernahme von Herrn Rev. Insp. P vom 29.10.2003 gab dieser folgendes zu Protokoll:

"Wenn der Geschwindigkeitsunterschied zwischen dem vorausfahrenden Fahrzeug und dem Fahrzeug, welches zur Anzeige gebracht wird, größer als 5 % innerhalb der Meßstrecke ist, ist eine gültige Messung aus technischen Gründen des Betriebssystems nicht möglich, weshalb von einer plötzlichen Geschwindigkeitsreduktion des vorausfahrenden Fahrzeuges nicht gesprochen werden kann. Vielmehr ist aus den Tatablaufbildern ein gleichbleibender Abstand des Angezeigten zum vorausfahrenden Fahrzeug über die Länge der Meßstrecke eindeutig ersichtlich. Ein Spurwechsel des Vordermannes ist auf den Tatablaufbildern innerhalb der Meßstrecke nicht zu erkennen. Die Anzeige bleibt daher aufrecht."

Von der Möglichkeit zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme haben Sie keinen Gebrauch gemacht.

Die ha. Behörde hat folgendes erwogen:

Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten, vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Der jeweils einzuhaltende Mindestabstand ist im Gesetz nicht zahlenmäßig bestimmt; er richtet sich vor allem nach der Geschwindigkeit, Fahrbahnbeschaffenheit, Sichtverhältnissen etc.; er muß jedenfalls so groß sein wie die Länge des Reaktionsweges (Richtwert von
0,8 bis 1,20 sec, bei längeren monotonen Fahrten bis zu 2,5 sec) - der im Hinblick auf die Verkehrssicherheit empfohlene Richtwert liegt jedenfalls bei 2 sec Mindestabstand. Sie haben jedoch bei einer Geschwindigkeit von 87 km/h einen Sicherheitsabstand von nur
0,57 sec eingehalten, was wiederum einem Abstand von 13,80 m entspricht. Dieses Messergebnis unterschreitet diese Richtwerte bei weitem und es wird seitens der Behörde davon ausgegangen, dass selbst bei optimalem Reaktionsverhalten ein rechtzeitiges Anhalten im Falle eines plötzlichen Bremsmanövers des vorderen Fahrzeuges nicht mehr möglich gewesen wäre.

Wenn Sie die korrekte Abstandsmessung betreuen, so werden Ihnen die Angaben in der Anzeige sowie die Zeugenaussage des Meldungslegers entgegengehalten und sah die Behörde keinerlei Veranlassung, an der glaubwürdigen und nachvollziehbaren Aussage des fachlich geschulten und unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen zu zweifeln. Der Meldungsleger widerlegte Ihre Rechtfertigung, dass das vor Ihnen fahrende Fahrzeug plötzlich die Geschwindigkeit verringert hätte und Sie dadurch zu knapp aufgefahren wären, weil einerseits das Betriebssystem des Messgerätes so gesteuert ist, dass ein gültiges Messergebnis unter den von Ihnen geschilderten Umständen gar nicht zustande gekommen wäre. Andererseits vermag auch die Behörde anhand der vorliegenden Tatablaufbilder keinen Spurwechsel des vor Ihnen fahrenden Fahrzeuges zu erkennen.

Die Messung erfolgte auf einem der Messtrecke vorgelagerten Bereich von mindestens
200 m, die laut Verwendungsbestimmungen vorgesehenen Toleranzwerte wurden zu Ihren Gunsten von den gemessenen Werten abgezogen. Die Behörde ist der Ansicht, dass (ähnlich wie bei einer Radarmessung) auch einem mit der Abstandsmessung mittels dem geeichten Verkehrskontrollsystem VKS 3.0 betrauten Beamten aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Handhabung des Gerätes zuzumuten ist.

Für die Behörde erscheint es auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisses zweifelsfrei erwiesen, dass Sie im konkreten Fall die Ihnen angetastete Verwaltungsübertretung begangen haben.

Im Sinne des § 19 Abs.1 VStG bildet Grundlage für die Bemessung der Strafhöhe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe sind - soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Bei der Strafbemessung wurde - mangels Bekanntgabe - hinsichtlich Ihrer Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von folgender Schätzung ausgegangen;

Strafmildernd wurde die Tatsache gewertet, dass keine gleichlautenden Vormerkungen gegen Sie aufscheinen, straferschwerend war das hohe Gefährdungspotential ihres Verhaltens zu berücksichtigen."

2. In der dagegen fristgerecht bei der Behörde erster Instanz protokollarisch eingebrachten Berufung, hält der Berufungswerber dem Tatvorwurf im Ergebnis nur entgegen, dass der vor ihm fahrende Mercedes plötzlich in seine Fahrspur gewechselt hätte. Im Zuge dieses Fahrstreifenwechsels habe dieses Fahrzeug seine Fahrgeschwindigkeit reduziert. Aus diesem Grunde fühle er sich keiner Verwaltungsübertretung schuldig.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurden die mit der Anzeige übermittelten Fotos im Beisein des Amtssachverständigen Ing. H, welcher bereits in Vorbereitung zur Berufungsverhandlung über h. Auftrag entsprechende Berechnungen anstellte, ausführlich erörtert. Der Berufungswerber und eine Vertreterin der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil, wobei dem Berufungswerber Gelegenheit eröffnet war den Sachverhalt aus seiner Sicht darzulegen.

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war hier trotz einer 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten.

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

4.1. Der Berufungswerber lenkte am 19.4.2002 um 14:59:51:10 Uhr den Pkw und Anhänger mit dem oben angeführten Kennzeichen auf der A7 in Richtung Nord bei Strkm 15,7. Zu diesem Zeitpunkt wurde ein Foto von einer Überkopfkamera aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Berufungswerber etwa auf Höhe der Zugspitze eines den rechten Fahrstreifen befahrenden Sattelkraftfahr-zeuges mit einem Muldenauflieger. Etwa die Länge zweier Leitlinien (40 m) vor diesem Lkw befindet sich am mittleren Fahrstreifen ein Mercedes, welchem der Berufungswerber in sichtlich knappen Abstand folgt. Am linken Fahrstreifen ist ein weiteres Fahrzeug auf Höhe des Berufungswerbers mit offenbar noch höherer Geschwindigkeit ersichtlich.

Auf dem zweiten, exakt 1,53 Sekunden später aufgenommenen Foto hat das äußerst links fahrende Fahrzeug den Mercedes bereits überholt und das Fahrzeug des Berufungswerbers ist immer noch im optisch gleich groß wirkenden Abstand knapp hinter dem Mercedes und etwa fünfzehn Meter vor der Zugspitzes des Sattelkraftfahrzeuges. Der Mercedes fährt wie bereits auf dem ersten Bild knapp an der Leitlinie zum rechten Fahrstreifen und das Sattelkraftfahrzeug hätte bei einer Fahrgeschwindigkeit von 84 km/h knapp 36 m zurückgelegt. Dies kann optisch an einem Leitpflock und die dazwischen liegenden drei Streifen der Leitlinie nachvollzogen werden.

4.2. Der an der Berufungsverhandlung teilnehmende technische Sachverständige, Herr Ing. H führte hinsichtlich der gutachterlichen Auswertung des Fotomaterials folgendes aus:

"Unter Zugrundelegung der beiden VKS-Fotos, wird zum behaupteten Ausschervor-gang des Mercedes, folgende Stellungnahme abgegeben.

Auf Grund der beiden vorliegenden Fotos kann die Geschwindigkeit des auf der rechten Fahrspur fahrenden Sattel - KFZ mit zumindest 70 Km/h angegeben werden

(Zeit ~ 2s; Weg ~ 40 m).

Der vorausfahrende PKW, Fabrikat Mercedes ist mit ca. 90 Km/h unterwegs (lt. VKS-Auswertung).

Bei einem sportlich durchgeführten Spurwechsel benötigt der Mercedes einen Ausscherweg von ca. 68 m, in einer Zeit von ca. 2,7 s.

Unterstellt man daß dieses Ausschermanöver stattgefunden hat, so befand sich der Beschuldigte um ca. 68 m hinter der Position als im Bild 1 zu sehen ist. Diese Position entspricht dem Kurvenanfang.

Wurde das Ausschermanöver vom Mercedes in ca. 2,7 s durchgeführt und unterstellt man weiters, daß der Mercedes vorher etwa in der Mitte der rechten Fahrspur gefahren ist so hatte das Fahrzeug nach ca. 1s nach Beginn des Ausschervorgangs einen Spurversatz von ca.1,3m. Das bedeutet zu diesem Zeitpunkt ragte der ausscherende PKW bereits mit ca. 0,3m seiner Fahrzeugbreite in die mittlere Spur.

Dieser Spurversatz ist für den nachfolgenden Lenker bereits eindeutig erkennbar und zwingt ihn zu einer entsprechenden Reaktion. (Bremsen - Abstand wieder vergrößern).

Unterstellt man dem Beschuldigten nach dem erkennbaren Spurwechsel bei erhöhter Aufmerksamkeit eine Reaktionszeit von 0,8s so ergibt sich aus der Ausscherzeit die Zeit von ca. 1 Sekunde die er noch hinter dem herausfahrenden PKW nachfuhr.

Mit der auf den Videobildern dargestellten Zeit ergibt sich eine Gesamtnachfahrzeit von ca. 3 s.

(1s aus Ausschervorgang + 2s aus Videobildern )

Hätte der Beschuldigte durch das Einleiten einer schwachen Abbremsung ( 1,5 m/s² ) seines Fahrzeuges reagiert so hätte sich der Fahrzeugabstand in den 3s um mehr als 6m (= Länge einer Leitlinie) vergrößert. Dieser Abstand wäre auf den Videobildern erkennbar. Der erkennbare Abstand auf beiden Bildern ist aber etwa gleich groß. Selbst innerhalb von 2 Fahrsekunden hätte sich der Abstand um 3 m
(=1/2 Leitlinielänge) vergrößert. Diese Ausführungen gehen davon aus das der vorausfahrende PKW in dieser Zeit nicht gebremst hat.

Wenn der Vorausfahrende seine Geschwindigkeit zumindest beibehalten hat, hätte der Beschuldigte unter Zugrundelegung seiner Aussage, daß der Mercedes kurz vorher auf seine Spur wechselte, ca. 3 s Zeit gehabt um einen größeren Abstand herzustellen. Dieses leichte Abbremsen müßte man durch eine erkennbare Abstandsvergrößerung zwischen den Fahrzeugen erkennen können. Innerhalb von 3s müßte sich der Abstand um ca.6m (= Länge einer Leitlinie) vergrößert haben."

4.3. Der Berufungswerber verantwortete sich im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens im Ergebnis damit, dass der auf den Fotos knapp vor ihm fahrende Mercedes plötzlich in seine Fahrspur gewechselt hätte. Diese Verantwortung ist einerseits aus den logischen Verkehrsabläufen nicht realistisch und lässt sich letztlich auch rechnerisch nicht logisch nachvollziehen.

Wenn schließlich der Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung im Ergebnis den Ablauf dahingehend darstellte, dass der vor ihm fahrende Mercedes bereits vor dem auf dem rechten Fahrstreifen fahrenden Sattelkraftfahrzeug von der äußerst linken Spur auf die mittlere Spur gewechselt hätte ist das noch unglaubwürdiger. Ginge man davon aus, dass das Sattelkraftfahrzeug mit nur
70 km/h unterwegs gewesen wäre, dann würde sich in diesem Fall - bei einer sich damit ergebenden Geschwindigkeitsdifferenz von 20 km/h - ein wesentlich längeres knappes Hintereinanderfahren zum Mercedes ergeben. Gänzlich unlogisch erscheint schließlich die Verantwortung einer plötzlichen Geschwindigkeitsreduktion nach dem angeblichen Umspuren auf den mittleren Fahrstreifen durch den Mercedesfahrer. Einerseits ist ein Befahren des äußerst linken Fahrstreifens mit einer Fahrgeschwindigkeit von nur 90 km/h unwahrscheinlich. Kein nachvollziehbarer Anhaltspunkt lässt sich für eine Geschwindigkeitsreduzierung nach dem Umspuren nach links erkennen, wobei dies, folgte man der Verantwortung des Berufungswerbers, noch vor dem Vorbeifahren am Sattelkraftfahrzeug erfolgt sein müsste. Dieses Geschehen läge noch vor der im Akt erliegenden Bildsequenz. Auf dieser Bildsequenz lässt sich jedoch nur eine weitgehend gleichbleibende Geschwindigkeit der beiden Fahrzeuge (Berufungswerber + Vorderfahrzeug) ableiten.

Der Amtssachverständige gelangt in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise zum Ergebnis, dass selbst bei der vom Berufungswerber geschilderten Variante des plötzlichen Umspurens genügend Zeit verblieben wäre durch eine leichte Bremsung auf dieses Ereignis sachgerecht zu reagieren und den Sicherheitsabstand zu vergrößern. Wenn jedoch, so wie dies der Berufungswerber erstmals im Rahmen der Berufungsverhandlung darstellte, dieser knappe Abstand [durch Umspuren des Vorderfahrzeuges] noch hinter dem zumindest 16 m langen Sattelkraftfahrzeug erreicht worden sein soll, würde sich bis zur Position am Bild 2 (Fahrzeug 1 ist etwa 40 m vor der Stirnseite des Sattelkraftfahrzeuges) eine Zeitspanne des knappen Auffahrens [relativ zum Lkw mit einer Länge 16 m und einem fiktiven Abstand des Umspurens hinter dem Lkw unter Berücksichtigung der Wegstrecke für den Seitenversatz beim Umspuren 40 m + 16 m + 68 m = 124 m] von mindestens
22 Sekunden bei einer Relativgeschwindigkeit von 5,56 m/sek, ergeben. Dies unter einer bereits zu Gunsten des Berufungswerbers angenommenen Geschwindigkeitsdifferenz von 20 km/h (mit höchster Wahrscheinlichkeit war der Lkw mit mindestens 80 km/h unterwegs, was auf ein noch längeres knappes Nachfahren schließen lässt. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde diese Plausibilitätsüberlegung durch den Sachverständigen bestätigt.

Zusammenfassend lässt sich hier die Verantwortung des Berufungswerbers daher als ein "in Kauf genommenes Nachfahren in unter Außerachtlassung des Sicherheitsabstandes interpretieren". Dies lässt sich nicht zuletzt aus der vom Berufungswerber zum Ausdruck gebrachten Auffassung nachvollziehen, wonach er mit dem Hinweis auf seine Fahrpraxis ein Bremsen aus Sicherheitsgründen unterlassen hätte.

Der Berufungswerber vermochte den im Rahmen der Berufungsverhandlung getätigten Überlegungen letztlich nichts auf sachliche Ebene entgegen setzen. Vielmehr brachte er eine andere und aus seiner Praxis abgeleitete Rechtsüberzeugung zum Ausdruck.

Das ein derartiges knappes Auffahren als sogenanntes Drängen mit einem damit einhergehenden erhöhten Risikopotenzial auf der Autobahn zu qualifizieren ist, schien dem Berufungswerber angesichts seiner Darstellung nicht bewusst zu sein.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Gemäß § 18 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass bei einer Fahrgeschwindigkeit von zumindest 90 km/h ein Abstand von 12 bzw. 13 m nur einer Wegzeit von einer knappen halben Sekunde entspricht. Ein plötzliches Abbremsen eines Vorderfahrzeuges führt angesichts einer solchen Situation zwingend zu einem Auffahrunfall, weil selbst bei der geringsten Reaktionszeit von einer halben Sekunde auf ein solches Manöver nicht mehr wirkungsvoll reagiert werden kann (unter vielen VwGH 30.9.1999, 98/02/0443).

6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Betreffend die auf den Tatvorwurf nach § 18 Abs.1 StVO getätigte Strafzumessung kann gesagt werden, dass insbesondere angesichts des hohen abstrakten Gefährdungspotenzials eines zu knappen Sicherheitsabstandes, was empirisch belegt vielfach unfallursächlich ist, die Festsetzung einer empfindlichen Geldstrafe geboten und im gegenständlichen Fall durchaus innerhalb des gesetzlichen Ermessensrahmens liegt. Auf eine in den letzten Tagen von einem Gericht in Deutschland vorgenommene Ahndung eines dort unfallskausalen Drängens iVm anderen gefährlichen Verhaltensmustern im Straßenverkehr, mit einer Freiheitsstrafe von 11/2 Jahren, soll an dieser Stelle beispielhaft hingewiesen werden. Das vom Berufungswerber mit 2.000 Euro bezifferte Einkommen ist hier bei der Beurteilung der Geldstrafe berücksichtigt worden. Diese Geldstrafe scheint daher insbesondere auch aus Gründen der Generalprävention als gerechtfertigt und der Tatschuld angemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von
180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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