Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-109522/8/Sch/Pe

Linz, 21.04.2004

 

 

 VwSen-109522/8/Sch/Pe Linz, am 21. April 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 7. Jänner 2004, VerkR96-6770-2003, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 20. April 2004 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis hat mit Straferkenntnis vom 7. Jänner 2004, VerkR96-6774-2003, über Herrn D, wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 29 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Stunden verhängt, weil er am 9. Juni 2003 um 12.15 Uhr als Lenker des Pkw VB auf der Innkreisautobahn A8 bei km 68,007 im Gemeindegebiet von Antiesenhofen in Richtung Suben die auf einer österreichischen Autobahn zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 15 km/h überschritten habe.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 2,9 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber hat bei der ersten sich für ihn bietenden Gelegenheit, das war der Einspruch gegen die vorerst erlassene Strafverfügung, vorgebracht, nicht der Lenker des auf ihn zugelassenen Kraftfahrzeuges zum Vorfallszeitpunkt gewesen zu sein. Er begehrte in dieser Eingabe eine Ausfertigung des Radarfotos, um Ermittlungen anstellen zu können, wer tatsächlich Lenker war.

Das Berufungsvorbringen hat einen ähnlichen Inhalt.

 

Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die von einem Beschuldigten bei der ersten Gelegenheit gemachten Angaben erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kommen (VwGH 25.6.1999, 99/02/0076 u.a.). Dem Berufungswerber ist gegenständlich zugute zu halten, dass er sogleich nach Kenntnis des Tatvorwurfes, dies war in Form der Strafverfügung auf seine - angeblich - nicht gegeben gewesene Lenkereigenschaft verwiesen hat. Eine solche Vorgangsweise, mag das Vorbringen nun den Tatsachen entsprechen oder nicht, muss im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugunsten des Berufungswerbers berücksichtigt werden. Er ist auch nicht verpflichtet gewesen, der Behörde von sich aus eine andere Person als Lenker konkret zu benennen.

 

Der Vollständigkeit halber ist noch Nachstehendes auszuführen:

Nach den dem Oö. Verwaltungssenat geläufigen Erfahrungswerten über die Vorgangsweise der Strafbehörden im Falle einer bestrittenen Lenkereigenschaft wird davon ausgegangen, dass die Erstbehörde im Falle eines in Österreich zugelassenen Kraftfahrzeuges mit einem Auskunftsbegehren iSd § 103 Abs.2 KFG 1967 vorgegangen wäre. Bei einer nicht - hinreichend - erteilten Auskunft hätte dann ein entsprechendes Verwaltungsstrafverfahren abgeführt werden können, ohne weiter auf die Tätereigenschaft betreffend das zugrundeliegende Delikt eingehen zu müssen. Die im Rahmen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, zuständigen deutschen Behörden verweigern allerdings - mit einer hier nicht wiederzugebenden Begründung - diesbezüglich die Mitwirkung (vgl. etwa das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes vom 14. Mai 1999, Gz. 670.037/0-V/2/99). Es besteht daher das Bestreben der Strafbehörden, in solchen Fällen im Rahmen der Beweiswürdigung das mit dem Fahrzeug begangene Delikt dem Zulassungsbesitzer (Halter) zuzuordnen, zumal diese Verwaltungsstrafe dann wiederum in der Bundesrepublik vollstreckt würde. Diese Vorgangsweise der Strafbehörden mag in manchen Fällen durchaus rechtens sein, keinesfalls darf aber damit zum einen eine dadurch motivierte quasi "gewaltsame" Beweiswürdigung verbunden sein und zum anderen erscheint es auch kaum sachlich vertretbar, eine unterschiedliche Behandlung deutscher und österreichischer Zulassungsbesitzer bzw. Fahrzeuglenker vorzunehmen. Nach Ansicht der Berufungsbehörde könnte im Einzelfall durchaus eine Lenkeranfrage auch nach Deutschland für die spätere Beweiswürdigung hilfreich sein, zumal ja nicht von vornherein angenommen werden muss, dass der Halter keinerlei Auskunft erteilen würde. Jedenfalls darf nicht erwartet werden, dass ein deutscher Fahrzeughalter ungefragt einen Lenker präsentiert, welche Vorgangsweise auch von einem Inländer nicht verlangt wird.

 

Angesichts der obigen Darlegungen war der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren unter Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" einzustellen, wenngleich die Berufungsbehörde nicht verkennt, dass die gegenständliche Entscheidung angesichts des wenig substanziellen Vorbringens des Berufungswerbers durchaus mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit am tatsächlichen Geschehnisablauf vorbeigehen könnte.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum