Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109540/2/Br/Pe/Gam

Linz, 10.02.2004

 

 VwSen-109540/2/Br/Pe/Gam Linz, am 10. Februar 2004

DVR.0690392
 
 

ERKENNTNIS
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W K, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels, vom 11. Jänner 2004, Zl: III-S-4.595/03/KFG, wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht:
 


I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 117/2002 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 117/2002 - VStG;
 

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 30 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.
 


Rechtsgrundlage:
§ 64 Abs.1 und 2 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde erster Instanz hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG iVm § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe von 150 Euro und für den Fall der Nichteinbringlichkeit
72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des KFZ mit dem Kennzeichen auf die schriftliche Anfrage der Bundespolizeidirektion Wels vom 15.5.2003, welche ihm am 16.5.2003 zugestellt wurde, binnen zwei Wochen keine Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 7.3.2003 um 22.55 Uhr gelenkt habe.

 

1.2. Die Behörde erster Instanz stützte ihre Anfragebegehren auf die Ahndung einer Geschwindigkeitsüberschreitung mit dem Fahrzeug des Berufungswerbers und die darauf zu stützende gesetzliche Deckung dieser Anfrage. Die Bedenken des Berufungswerbers mit Blick auf ein angeblich beim EGMR anhängiges Verfahren wurden von der Behörde erster Instanz mit dem Hinweis auf die geltende österreichische Rechtslage verworfen. Straferschwerend wertete die Behörde erster Instanz die bereits einschlägigen Vormerkungen des Berufungswerbers. Auf den fehlenden Zusammenhang der vorerst gegen den Berufungswerber von einer anderen Behörde erlassenen Strafverfügung wegen des dieses Lenkerauskunftsbegehrens auslösenden StVO-Deliktes wurde ebenfalls hingewiesen.

 

 

2.1. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen und nachfolgend wörtlich wiedergegebenen Berufung:

"Gegen Ihr Straferkenntnis vom 11.01.2004 erhebe ich das Rechtsmittel der Berufung und begründe dies wie folgt:

 

Mit Strafverfügung der BH Vöcklabruck wurde ich wegen Geschwindigkeitsüberschreitung bestraft. Anschließend wurde von der Poldion Wels ein neues Verfahren eingeleitet. Zwei Verfahren auf Grund eines Deliktes, dies kann nicht sein.

 

In der Begründung zu Ihrem Straferkenntnis verweisen Sie darauf, dass die Behörde darüber Auskunft verlangen kann wer zu einem bestimmten Zeitpunkt das Fahrzeug gelenkt hat. Diese Feststellung ist unrichtig. Die Behörde ist nur dann zur Auskunftsforderung berechtig wenn der Täter nicht feststeht. Im gegenständlichen Verfahren wurde meine Täterschaft durch die Strafverfügung der BH Vöcklabruck einwandfrei und unwiderruflich festgestellt. Zu einer neuerlichen Tätersuche war die Behörde nicht berechtigt.

 

Die Möglichkeit für die Behörde entweder auf das eine oder das andere Verfahren zuzugreifen (zur Findung einer genehmen Strafhöhe oder eines genehmen Täters) ist rechtswidrig. Es entzieht mir auch die Möglichkeit im alten Verfahren weiteres Entlastungsmaterial beizubringen bzw. Rechtsmittel zu ergreifen.

 

Ihre auf Seite 3 angeführte Behauptung den Lenker im Sinne der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit zu erfahren ist beizupflichten. Unter der rechtsstaatlichen Annahme, dass eine Bestrafung nur bei einer einwandfrei erwiesenen Schuld erfolgt, wurde meine Täterschaft bereits durch die Strafverfügung der BH Vöcklabruck - wie erwähnt - einwandfrei und unwiderruflich festgestellt. Ein zweites Verfahren war nicht notwendig.

 

Ich beantrage das Verfahren einzustellen. (Unterschrift des Berufungswerbers)"

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung und sich nur auf die Lösung einer Rechtsfrage reduzierende entscheidungswesentliche Sachverhalt.

 

4. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine Berufungsverhandlung konnte hier mit Blick auf
§ 51e Abs.3 Z1 VStG unterbleiben.

 

5. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt liegt hier der Entscheidung zu Grunde:

 

5.1. Gegen den Berufungswerber als Zulassungsbesitzer des o.a. Fahrzeuges wurde vorerst von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck ohne eine Lenkererhebung vorzunehmen, eine Strafverfügung, wegen Überschreitens der erlaubten Höchstgeschwindigkeit durch den Lenker seines Fahrzeuges am 7.3.2003 um
22.55 Uhr auf der A1 bei km 267.500 in Fahrtrichtung Wien, erlassen.

Diese Strafverfügung wurde von ihm beeinsprucht.

In weiterer Folge wurde von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck das Verfahren am 6. Mai 2003 an die Wohnsitzbehörde des Zulassungsbesitzers abgetreten. Diese forderte den Berufungswerber sodann mit Schreiben vom 15.5.2003 zur Lenkerbekanntgabe auf.

Dieses Schreiben wurde dem Berufungswerber nachweislich am 16.5.2003 zugestellt und blieb in weiterer Folge unbeantwortet.

Bereits in diesem Schreiben war ein Hinweis enthalten, dass ein Unterbleiben der Beantwortung oder eine unvollständige oder falsche Auskunft mit Strafe bedroht ist. Dies bleibt vom Berufungswerber unbestritten, sodaß es keiner weiteren Beweisaufnahme bedarf, weil sich damit für die Berufungsbehörde lediglich eine zu klärende Rechtsfrage stellt.

 

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

6.1. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:

Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Den hier aus der Berufung hervorleuchtenden rechtlichen Bedenken, gegen eine strafbewehrte Pflicht zu allfälliger Selbstbezichtigung unter dem Gesichtspunkt des "Fair trial"-Gebotes im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK ist hier nicht weiter einzugehen, da auch für den Verfassungsgerichtshof nur dessen innerstaatliche Maßstabsfunktion für die Prüfungsbefugnis von Bedeutung ist (vgl. VfGH vom
29. September 1988, G 72 u.a./88, VfSlg. 11.829).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 5. Juli 1996, Zl. 96/02/0075 mwN) liegt dieser Bestimmung die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der (die) verantwortliche Lenker(in) eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen; die aufgrund einer behördlichen Anfrage nach § 103 Abs. 2 KFG erteilte Auskunft darf daher weder in sich widersprüchlich, unklar und muss insbesondere wahrheitsgemäß sein.

Aber auch mit den angedeuteten verfassungsrechtlichen Bedenken ist für den Berufungswerber hier nichts zu gewinnen. Auch der Verfassungsgerichtshof hob das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers hervor, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt. Dabei wies das Höchstgericht jedoch durchaus auch kritisch auf die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art.90 Abs.2 B-VG, durch den mit einer Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses hin (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985, sowie VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.).

Auch hat die Europäische Kommission für Menschenrechte in der Entscheidung vom 5.9.1989 über die Beschwerden Nr. 15.135/89, 15.136/89 und 15.137/89 (siehe ÖJZ 1990, 216) festgestellt, dass die Auskunftspflicht nach § 103 Abs 2 KFG nicht gegen Art 6 MRK (insb. nicht gegen die Unschuldsvermutung nach Art 6 Abs 2 MRK) verstößt (VwGH 26.5.2000, 2000/02/0115).

 

Nicht übersehen wird jedoch der Hinweis des Berufungswerbers auf die seiner Ansicht beim EGMR noch anhängigen Verfahren gegen Österreich. Sollte er sich damit etwa auf das Verfahren vom 7.4.2002, Nr. 38544/97, L W and E W gegen Österreich beziehen wollen, führte darin der EGMR hinsichtlich des angenommenen Teiles der Beschwerden im Ergebnis aus, dass die dem § 103 Abs.2 des KFG inhärente Pflicht zur Selbstbeschuldigung zur Prüfung angenommen wurde. Eine Sachentscheidung steht diesbezüglich noch aus, wobei ungeachtet dieses Hinweises der Unabhängige Verwaltungssenat verpflichtet ist die hier im Verfassungsrang stehende Norm anzuwenden.

 

7. Zur Strafzumessung:

 

Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

7.1. Konkret ist hier zur Strafzumessung auszuführen, dass die belangte Behörde nicht gehalten ist bei der Strafbemessung auf jenen Strafbedarf Rücksicht zu nehmen, welche hinsichtlich jener Verwaltungsübertretung zutreffen würde, die Anlass für das Auskunftsverlangen war (VwGH 5.6.1991, 91/18/0015 mit Hinweis auf VwGH vom 22. Februar 1989, Zl. 89/02/0005, sowie VwGH 22.2.1989,
Zl. 89/02/0005). Bei diesem Delikt hat es sich um eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 23 km/h gehandelt. Hiefür wäre wohl die ursprünglich ohne eine Lenkererhebung von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gegen den Berufungswerber als Zulassungsbesitzer verhängte Strafe in Höhe von 87 Euro durchaus angemessen gewesen. Im zuletzt genannten Erkenntnis führt der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf VwGH 9.11.1984, Zl.84/02B/0029 weiter aus, dass daher die Auskunftspflicht nach § 103 Abs.2 KFG, anlässlich deren Verletzung es folglich zur Einleitung eines eigenen Strafverfahrens zu kommen hat, mit einem durch die Verletzung der Auskunftspflicht unterbleibenden Verfahren in keinem Zusammenhang sein kann. Diese Rechtsauffassung wurde vom
Oö. Verwaltungssenat etwa in den Erkenntnissen vom 18.1.1996, VwSen-103449, 9.2.1998, VwSen-105225 und zuletzt vom 13.9.1999, VwSen-105786, sowie VwSen-107006/7/Br/Bk v. 26. Juni 2000 umgesetzt. Dies insbesondere wegen des vom Grunddelikt losgelösten und in einem anderen Verfahren zu ahndenden deliktischen Verhaltens, ist angesichts des anderen Strafrahmens, und im gegenständlichen Fall des Erschwerungsgrundes der einschlägigen Vormerkung, die gegen den Berufungswerber nun höher bemessene Geldstrafe durchaus berechtigt.

Sehr wohl ist jedoch der Tatunwert in einer Verweigerung der Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers darin zu erblicken, dass durch eine derartige Auskunftsverweigerung das Recht des Staates, eine Verwaltungsübertretung zu ahnden, vereitelt wird. Mit Blick auf den bei diesem Delikt bis zu 2.180 Euro reichenden Strafrahmen, scheint - losgelöst vom Grunddelikt - die nunmehr festgesetzte Geldstrafe, innerhalb des gesetzlichen Ermessensspielraumes. Auf den straferschwerenden Umstand einer einschlägigen Vormerkung ist hinzuweisen. Sohin war in Verbindung mit den von der Behörde erster Instanz angenommen unbestritten bleibenden wirtschaftlichen Verhältnissen die Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

 

Die Verfahrenskosten gründen zwingend in der unter II. zitierten Gesetzesstelle.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 
 

Dr. B l e i e r

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