Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109611/9/Zo/Pe

Linz, 10.05.2004

 

 

 VwSen-109611/9/Zo/Pe Linz, am 10. Mai 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau Mag. U G, vom 5.2.2004, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 19.1.2004, VerkR96-9894-2002, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 27.4.2004 zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
  2.  

  3. Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten einen Betrag von 2,80 Euro als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren zu leisten (20 % der verhängten Geldstrafe).

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat der Bezirkshauptmann von Linz-Land über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 14 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden, Verfahrenskosten 1,40 Euro) verhängt, weil diese, wie am 17.4.2002 um 16.52 Uhr auf der Markatstraße Höhe Nr. 10 bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt worden sei, als Lenkerin des Kraftfahrzeuges, während der Fahrt den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet habe, obwohl der von ihr benützte Sitzplatz mit einem solchen ausgerüstet war.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher die Berufungswerberin vorbringt, dass sie aus ihr unerklärlichen Gründen zu einer Fahrzeugkontrolle zur Seite gewunken worden sei. Sie sei zu diesem Zeitpunkt gerade beim Anschnallen gewesen, weil sie 50 m vorher aus einer Parklücke herausgefahren sei. Beim Anhalten am Straßenrand sei sie sehr wohl angeschnallt gewesen, als die Beamtin die Fahrzeugtür geöffnet habe. Sie habe den Gurt bereits in der Hand gehabt, als sie aus dem fließenden Verkehr gewunken wurde.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27.4.2004, bei welcher die Berufungswerberin gehört sowie die Zeugen Dr. S und Insp. S unter Erinnerung an die Wahrheitspflicht zum Sachverhalt einvernommen wurden. Die Erstinstanz hat am Verfahren entschuldigt nicht teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Die Berufungswerberin lenkte am 17.4.2002 um 16.52 Uhr den Pkw in Linz auf der Markatstraße, wobei sie unmittelbar vorher aus einem Parkplatz herausgefahren war. In etwa auf Höhe der Berufsschule hat ihr eine Polizistin ein Anhaltezeichen gegeben, wobei die Berufungswerberin zu diesem Zeitpunkt den Sicherheitsgurt bereits in der Hand hatte, um diesen einzuklicken. Zum Zeitpunkt des Anhaltezeichens hatte sie den Gurt aber noch nicht vollständig angelegt, sondern hatte die Berufungswerberin diesen noch in der Hand. Die Berufungswerberin hat ihr Fahrzeug einige Meter nach der Polizeibeamtin angehalten, als diese zum Fahrzeug gekommen ist, hatte die Berufungswerberin den Gurt vollständig angelegt, das heißt dieser war dann auch eingerastet.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß Art.III Abs.1 der dritten KFG-Novelle sind die Lenker und beförderte Personen je für sich zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Sicherheitsgurtes verpflichtet, wenn ein Sitzplatz eines Kraftfahrzeuges mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet ist.

 

Gemäß Art.III Abs.5 Z1 der dritten KFG-Novelle begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Lenker eines Kraftfahrzeuges die im Abs.1 erster Satz angeführte Verpflichtung nicht erfüllt, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wird, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 21 Euro zu ahnden ist. Wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird, ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden zu verhängen.

 

5.2. Wie sich aus dem Gesetzestext ergibt, besteht die Verpflichtung zum Angurten während der gesamten Phase des Lenkens eines Kraftfahrzeuges. Um Beweisschwierigkeiten weitestgehend zu vermeiden, wurde aber angeordnet, dass eine Verwaltungsübertretung nur dann vorliegt, wenn das Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes bei einer Anhaltung gemäß § 27 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wurde.

 

§ 97 Abs.5 StVO 1960 berechtigt die Organe der Straßenaufsicht, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle, zwecks anderer, den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffende Amtshandlung oder zwecks Durchführung von Verkehrserhebungen zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten.

 

Daraus ergibt sich, dass die Anhaltung nicht erst mit dem Zeitpunkt beginnt, an welchem das Fahrzeug tatsächlich zum Stillstand kommt, sondern eine Anhaltung iSd § 97 Abs.5 StVO 1960 beginnt bereits mit dem deutlich sichtbaren Haltezeichen. Die nach dem tatsächlichen zum Stillstandkommen des Fahrzeuges durchgeführte Amtshandlung mag zwar ebenfalls noch zum Begriff Anhaltung zählen, das ändert aber nichts daran, dass die Anhaltung eben bereits mit dem deutlich sichtbaren Haltezeichen beginnt. Das Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes ist dann eine Verwaltungsübertretung, wenn es bei einer Anhaltung - also zu irgendeinem Zeitpunkt der Anhaltung iSd § 97 Abs.5 StVO 1960 - festgestellt wird. Am Beginn der Anhaltung, nämlich zu jenem Zeitpunkt, als die Polizeibeamtin das deutlich sichtbare Haltezeichen gegeben hat, war die Berufungswerberin nicht angegurtet, weil - wie sie selbst einräumt - der Sicherheitsgurt noch nicht eingerastet war. Sie hat daher die gegenständliche Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Zur Gurtanlegepflicht siehe auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.2.2004, Zl. 2003/02/0293.

 

Das Berufungsverfahren hat keine Hinweise darauf ergeben, dass die Berufungswerberin an dieser Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft, weshalb ihr iSd § 5 Abs.1 VStG zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafbemessung ist zu berücksichtigen, dass die Berufungswerberin erst eine kurze Strecke gefahren ist und bereits im Begriff war, sich anzugurten. Aber auch auf dieser kurzen Strecke hätte es im städtischen Verkehr zu einem Verkehrsunfall kommen können, sodass auch für diese kurze Fahrtstrecke das Anlegen des Sicherheitsgurtes erforderlich gewesen wäre und die Berufungswerberin durch das Nichtanlegen gegen den Schutzzweck der Norm, nämlich sich selbst für den Fall eines Unfalles vor Verletzungen möglichst zu schützen, verstoßen hat.

 

Als strafmildernd ist die bisherige Unbescholtenheit der Berufungswerberin zu berücksichtigen, sonstige Straferschwerungs- oder Strafmilderungsgründe lagen nicht vor. Unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe von 72 Euro erscheint die verhängte Geldstrafe in Höhe von ca. 20 % des Strafrahmens notwendig, um die Berufungswerberin in Zukunft dazu anzuhalten, den Sicherheitsgurt bereits vor dem Wegfahren anzulegen. Eine noch niedrigere Geldstrafe hätte im Hinblick auf die Vermögensverhältnisse der Berufungswerberin (monatliches Nettoeinkommen 2.000 Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) keinerlei spürbaren Sanktionscharakter mehr.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Z ö b l

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