Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109669/2/Bi/Be

Linz, 26.04.2004

 

 

 VwSen-109669/2/Bi/Be Linz, am 26. April 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn J R, vom 3. März 2004 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 27. Februar 2004, VerkR96-3361-2003, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass im Spruch die Zitierung des § 7 Abs.1 KFG zu entfallen hat und hinsichtlich jedes der vier Reifen, bei dem die Mindestprofiltiefe unterschritten wurde, eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 134 Abs.1 iVm 103 Abs.1 Z1 KFG 1967 und § 4 Abs.4 KDV vorliegt. Für jede dieser vier Übertretungen wird die Geldstrafe mit je 15 Euro, im Nichteinbringungsfall je 6 Stunden EFS, festgesetzt.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz beträgt jeweils 1,50 Euro, insgesamt 6 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z 1 und 2 und 19 VStG,

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.1 Z1 iVm 7 Abs.1 und 134 Abs.1 KFG 1967 und § 4 Abs.4 KDV eine Geldstrafe von 60 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er, wie am 24. September 2003 um 18.03 Uhr in der Grammelsbergstraße (laut Anzeige Kramelsbergerstraße) im Gemeindegebiet von Perg festgestellt worden sei, als Zulassungsbesitzer des Pkw, nicht dafür Sorge getragen habe, dass der Zustand des genannten Pkw den Vorschriften des KFG entspreche, da festgestellt worden sei, dass beim betroffenen Kfz alle vier


Reifen in der Mitte der Lauffläche nicht mehr die erforderliche Profiltiefe von 1,6 mm aufgewiesen hätten.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 6 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, Frau R habe den Pkw alleinig zur Verfügung gehabt und zum Übergabezeitpunkt seien alle Reifen in Ordnung gewesen. Frau R sei auch bewusst gewesen, dass sie den Pkw in verkehrs- und betriebssicher halten müsse und alleinig verantwortlich sei.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Meldungsleger RI P am 24. September 2003 um 8.03 Uhr den auf den Bw zugelassenen Pkw in Perg, Kramelsbergerstraße, angehalten habe, wobei dieser von R R gelenkt worden sei. Am Pkw seien Sommerreifen montiert gewesen, vorne Good Year Eagle F1, Dimension 235/40ZR18, und hinten Falken FK 451, Dimension 265/35ZR18. Die Vorderreifen hätten an den Außenwänden sichtbare Beschädigungen aufgewiesen und bei allen vier Reifen hätten 3/4 der Laufflächenbreite nicht mehr die erforderliche Mindestprofiltiefe von 1,6 mm aufgewiesen.

Die auf der Anzeige basierende Strafverfügung der Erstinstanz wurde vom Bw fristgerecht beeinsprucht und geltend gemacht, er habe den Pkw Anfang September 2003 Frau R übergeben, wobei sich diese verpflichtet habe, die Pflichten des Zulassungsbesitzers zu übernehmen. Ihn treffe demnach kein Verschulden.

Frau R R hat bei ihrer Zeugenbefragung am 13. Jänner 2004 vor der Erstinstanz ausgeführt, der Pkw werde hauptsächlich von ihr verwendet. Der Bw habe ihn ihr im Sommer 2003 zur Verfügung gestellt, allerdings ohne schriftlichen Vertrag; dies sei mündlich vereinbart worden.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen ... zuwiderhandelt.



Gemäß § 103 Abs.1 Z1 KFG 1967 hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

Gemäß § 4 Abs.4 KDV muss die Tiefe der für die Ableitung des Wassers von der Lauffläche des Reifens erforderlichen Vertiefungen des Laufstreifens (Profiltiefe) im mittleren Bereich der Lauffläche, der etwa drei Viertel der Laufflächenbreite einnimmt, bei Kraftfahrzeugen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h, ausgenommen Motorfahrräder, und bei Anhängern, mit denen eine Geschwindigkeit von 25 km/h überschritten werden darf, am gesamten Umfang mindestens 1,6 mm ... betragen.

Grundsätzlich hat der Bw die Unterschreitung der Mindestprofiltiefe nicht bestritten; er versucht aber, die Verantwortung als Zulassungsbesitzer an die damalige Lenkerin, der der Pkw Anfang September 2003 - die Zeugin spricht von Sommer 2003 - übergeben worden sei, abzuwälzen.

Fest steht, dass der Bw Zulassungsbesitzer des genannten Pkw ist. Auch wenn er sich durch einen mündlichen Vertrag mit der Zeugin geeinigt hat, dass diese - neben eventuellen Lenkerpflichten - auch die dem Zulassungsbesitzer zukommenden Verpflichtungen zu erfüllen hat, unterscheidet das KFG nicht nach dem subjektiven Empfinden bzw nach Abmachungen oder vertraglichen Vereinbarungen, sondern kennt nur einen einheitlichen Begriff "Zulassungsbesitzer" und knüpft an diese Eigenschaft bestimmte Rechtsfolgen. Grundsätzlich ist die Verpflichtung, für einen ordungsgemäßen Fahrzeugzustand zu sorgen, sowohl dem Lenker - hier allerdings nach Maßgabe der Zumutbarkeit - als auch dem Zulassungsbesitzer auferlegt, dh beide sind nebeneinander für Mängel verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Die Bestellung eines "verantwortlichen Beauftragten", der für den technischen Fahrzeugzustand eines Kfz verantwortlich ist, ist gemäß § 9 VStG nur bei juristischen Personen möglich und im gegenständlichen Fall auszuschließen, da der Pkw auf den Bw persönlich zugelassen ist.

Damit ist eine Übertragung der unter dem Rechtsbegriff "Zulassungsbesitzer" zusammenfasenden Verpflichtungen nicht in der Weise möglich, dass einer anderen Person, der ein Pkw hauptsächlich zur Verfügung gestellt wird, damit auch die rechtliche Stellung eines Zulassungsbesitzers gegenüber der Behörde "übertragen " wird. Der Bw bleibt daher als Zulassungsbesitzer für den technischen Zustand des auf ihn zugelassenen Pkw, insbesondere auch für dessen Reifenzustand und die Profiltiefe der Reifen, verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Die festgestellte Unterschreitung der Mindestprofiltiefe bei allen vier Reifen des Pkw auf 3/4 der Laufflächenbreite ist zweifellos auf Abnutzung zurückzuführen und daher


für den Bw im Verhältnis zu den gefahrenen Kilometern geradezu zu erwarten, auch wenn die Zeugin den Pkw in ihrer Gewahrsame und der Bw den Pkw nicht ständig vor Augen hat.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist, wenn an einem Kfz Schäden an mehreren Reifen vorliegen, eine Strafe pro Reifen zu verhängen. Schäden an ein und demselben Reifen, selbst wenn sie verschiedener Art sind (zB zu geringe Profiltiefe und Risse), stellen nur eine Verwaltungsübertretung dar, wobei die Anzahl der Schäden bei der Strafbemessung zu beachten ist.

Schäden (Mängel) an einem Reifen, die in § 4 Abs.4 KDV nicht ausdrücklich genannt sind, können unter die Bestimmung des § 7 Abs.1 KFG fallen, sofern es sich um solche Mängel handelt, welche einen Reifen als nicht (mehr) "verkehrs- und betriebssicher" erscheinen lassen. Zur Beantwortung der (Fach-)Frage, ob ein mit solchen Schäden behafteter Reifen nicht (mehr) "verkehrs- und betriebssicher" iSd § 7 Abs.1 1.Satz KFG ist, wird allerdings in der Regel die Beiziehung eines diesbezüglichen Sachverständigen erforderlich sein, wobei die Feststellung und Beschreibung des Sachverhalts (nämlich der Schäden des Reifens) durch ein einschreitendes Straßenaufsichtsorgan dienlich sein kann(vgl ua VwGH 20.5.2003, 2002/02/0200).

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist davon auszugehen, dass der Bw, wenn er den Pkw längere Zeit nicht gesehen hat, von den vom Anzeiger beschriebenen Beschädigungen an den Außenwänden der Vorderreifen, soweit sie nicht auf normale Abnutzung zurückzuführen sind, keine Kenntnis haben musste und konnte, dh er kann dafür nicht verantwortlich gemacht werden.

Auch ist in der Anzeige von mangelnder "Verkehrs- und Betriebssicherheit" nicht die Rede, dh unter Bezugnahme auf die zitierte Judikatur die in § 4 Abs.4 KDV ausdrücklich genannten Mängel, nämlich die Unterschreitung der Mindestprofiltiefe, stellen keine Beeinträchtigung der Verkehrs- oder Betriebssicherheit des Kfz dar, weshalb § 7 Abs.1 KFG im Spruch entfallen konnte - wenn der Meldungsleger nach dem unmittelbaren Eindruck von Zustand der Reifen keine Bedenken im Hinblick auf die Verkehrs- oder Betriebssicherheit hatte, erübrigt sich auch die Beiziehung eines Sachverständigen dazu.

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass der Bw als Zulassungsbesitzer für den mangelhaften Zustand jedes einzelnen Reifen am Pkw PE am Vorfallstag insofern verantwortlich ist, als er den ihm nunmehr zur Last gelegten Tatbestand hinsichtlich jedes einzelnen Reifen erfüllt und sein Verhalten jeweils als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.





Zur Strafbemessung
ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 2.180 Euro bzw im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe berücksichtigt und die finanziellen Verhältnisse des Bw auf netto 1.000 Euro monatlich bei Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten geschätzt - diese sind mangels gegenteiligem Vorbringen des Bw auch im Berufungsverfahren zugrunde zulegen.

Da sich aus dem vorliegenden Verfahrensakt keine Vormerkungen des Bw ergeben, war von dessen Unbescholtenheit als Milderungsgrund auszugehen. Eine Herabsetzung der nach Neubemessung unter Bedachtnahme auf das Verschlechterungsverbot ohnehin geringen Strafen war in Anbetracht des Umstandes, dass bei allen vier Reifen die Mindestprofiltiefe unterschritten wurde, nicht möglich.

Die verhängten Strafen entsprechen den Kriterien des § 19 VStG, liegen im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und sollen den Bw zu mehr Sorgfalt bei der Wartung des auf ihn zugelassenen Kfz anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 
 

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