Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109688/9/Sch/Pe

Linz, 07.12.2004

 

 

 VwSen-109688/9/Sch/Pe Linz, am 7. Dezember 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung der Frau Mag. E M E vom 31. März 2004, vertreten durch Rechtanwälte Dres. H und W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 12. März 2004, VerkR96-2857-2003, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7. Dezember 2004 zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das Straferkenntnis im angefochtenen Ausmaß bestätigt.
  2.  

  3. zDie Berufungswerberin hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 30 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 12. März 2004, VerkR96-2857-2003, wurde über Frau Mag. E M E, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 150 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden verhängt, weil sie am 2. Mai 2003 um 9.29 Uhr in Linz auf der A 7 bei km 3,400, Dauphinebrücke, Richtungsfahrbahn Süd, den Kombi mit dem Kennzeichen gelenkt habe und dabei beim Fahren hinter dem nächsten vor ihr fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten habe, dass ihr jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, da sie bei einer Fahrgeschwindigkeit von 93 km/h einen Sicherheitsabstand von lediglich 12 m zum Vorderfahrzeug eingehalten habe.

 

Überdies wurde die Berufungswerberin zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 15 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben, die anlässlich der o.a. Berufungsverhandlung auf das Strafausmaß eingeschränkt wurde. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Anhalteweg für den Lenker eines Fahrzeuges besteht bekanntlich aus dem Reaktionsweg und dem Bremsweg. Als Abstand beim Hintereinanderfahren ist zumindest der Reaktionsweg einzuhalten, welcher die während der Reaktionszeit zurückgelegte Strecke darstellt. Die Reaktionszeit (die Zeit vom Erkennen einer Gefahr bis zum Beginn der Bremshandlung) beträgt ca. eine Sekunde. Sie umfasst die (vermeidbare) "Schrecksekunde" (bis zu einer halben Sekunde) und die eigentliche (nicht vermeidbare) Reaktionszeit.

 

Die Reaktionszeit ist von persönlichen und äußeren Umständen abhängig, wobei als persönliche Umstände etwa eine mögliche Verkürzung durch eingeschliffene Reaktionshandlungen, gute Disposition (z.B. Ausgeruhtsein), überdurchschnittliche Veranlagung, Jugendlichkeit, Erwartungsspannung, etc. erfolgen kann. Andererseits ist auch eine Verlängerung möglich, etwa aufgrund Ermüdung, minderer Begabung, Unaufmerksamkeit (z.B. Unterhaltung mit einem Beifahrer) etc.

 

Äußere Faktoren, die zu einer Verkürzung der Reaktionszeit führen können, sind übersichtliche Verkehrssituationen, prägnanter Wahrnehmungsgegenstand, etc. Demgegenüber kann eine Verlängerung der Reaktionszeit bewirkt werden durch komplizierte und seltene Verkehrssituationen, weniger auffällige Wahrnehmungsgegenstände, etc.

 

Bei diesem Durchschnittswert von einer Sekunde verbleibt naturgemäß kaum eine Sicherheitsreserve, weshalb bei der Ausbildung von Kraftfahrzeuglenkern in Fahrschulen ein Mindestabstand von zwei Sekunden für den Regelfall als geboten angesehen und daher entsprechend vermittelt wird.

 

Eine Unterschreitung des Ein-Sekunden-Abstandes bewirkt sohin grundsätzlich eine potenzielle Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer und zwar nicht nur des vorausfahrenden Fahrzeuglenkers, sondern auch anderer, die bei Auffahrunfällen lebensnah zudem zu Schaden kommen können.

 

Die Berufungswerberin hat gegenständlich zu dem vor ihr fahrenden Fahrzeuglenker lediglich einen Sicherheitsabstand von 0,47 Sekunden eingehalten, welcher bei einer Fahrgeschwindigkeit von 93 km/h einen Abstand von ca. 12 m darstellt.

 

Auf der anlässlich der Berufungsverhandlung eingesehenen Videoaufzeichnung ist einwandfrei erkennbar, dass sich dieser Vorgang über eine längere Wegstrecke abgespielt hat.

 

Angesichts des damit verbundenen beträchtlichen Gefährdungspotenziales kann keinesfalls von einem geringfügigen Unrechtsgehalt dieser Übertretung ausgegangen werden. Dazu kommt noch, dass solche Delikte in der Regel einem Fahrzeuglenker nicht nur fahrlässig unterlaufen, sondern - zumindest bedingt - vorsätzlich in Kauf genommen werden.

 

Aufgrund dieser Erwägungen muss die angesprochene Anwendung des § 21 Abs.1 VStG völlig außer Betracht bleiben.

 

Aber auch die Höhe der von der Erstbehörde verhängten Geldstrafe im Ausmaß von 150 Euro vermag der Oö. Verwaltungssenat nicht als unangemessen zu erkennen. Derartig gravierende und der Verkehrssicherheit abträgliche Delikte sollten nicht mit unbedeutenden "Bagatellstrafen" abgetan werden.

 

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit der Berufungswerberin wurde hinreichend berücksichtigt. Dem von der Erstbehörde angenommenen Einkommen von 1.500 Euro ist zudem nicht entgegen getreten worden, sodass es auch der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt werden konnte. Damit wird der Rechtsmittelwerberin die Bezahlung der Verwaltungsstrafe ohne unzumutbare Einschränkungen möglich sein.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 
 

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