Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109692/7/Br/Ka

Linz, 12.05.2004

 VwSen-109692/7/Br/Ka Linz, am 12. Mai 2004

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H J, vertreten durch RAe Dr. H V u. Dr. G G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 11. März 2004, Zl.: S-12255/03 VS, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 12. Mai 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

 

  1. Der Berufung wird im Punkt 1.) im Schuldspruch keine, im Strafausspruch jedoch mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 1.162 Euro ermäßigt wird; im Punkt 2.) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.
  2.  

    Rechtsgrundlage:

    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG;

     

  3. Im Punkt 1.) ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 116,20 Euro; für das Berufungsverfahren entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 65 und § 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde erster Instanz hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretungen nach § 5 Abs.1 StVO und § 4 Abs.5 StVO 1960 zwei Geldstrafen 1.) 1.500 Euro und 2) 200 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen und 100 Stunden verhängt, weil er am 03.04.2003, 06.05 Uhr als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen in Sankt Florian, Marktplatz St. Florian, Parkplatz vor dem Haus Marktplatz Nr. 8,

1. dieses KFZ in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt, da bei einer Messung mittels Atemluftalkoholmessgerätes ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,99 mg/l festgestellt werden konnte.

2. habe er es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste

Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten unterblieben sei.

 

2. In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses tätigte die Behörde erster Instanz folgende Erwägungen:

 

"Der dem Spruch zu Grunde liegende Sachverhalt ist durch die Anzeige vom 3.4.2003, das durchgeführte Ermittlungsverfahren, sowie durch die Messung mittels eines geeichten und den Verwendungsbestimmungen gemäß eingesetzten Atemluftalkoholmessgerätes zweifelsfrei erwiesen. Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Um Ihnen den gesamten Akteninhalt zur Kenntnis zu bringen bzw. um Ihnen die Möglichkeit einzuräumen, Ihrer Entlastung dienende Beweismittel bekanntzugeben, wurde Sie zu einer mündlichen Verhandlung am 21.05.2003 geladen. Die Ladung wurde zu eigenen Handen zugestellt und am 6.5.2003 gem. § 17 Abs. 3 Zustellgesetz mit Wirkung der Zustellung hinterlegt, da keine Abwesenheit von der Abgabestelle vorlag.

 

Weiters enthielt die Ladung die Androhung, dass das Verwaltungsstrafverfahren ohne Ihre weitere Anhörung durchgeführt wird, falls Sie dieser keine Folge leisten. In der mit 12.5.2003 von ihrem ausgewiesenen Rechtsvertreter verfassten Stellungnahme gaben Sie an, dass die gegenständliche Anzeige aus dem Führerscheinentzugsverfahren bereits vorliegen würde und der Ladetermin vom 21.05.2003 deshalb nicht wahrgenommen und zur Verfahrensbeschleunigung schon jetzt die nachstehende Stellungnahme abgegeben werde. Die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen hätten Sie nicht begangen. Sie hätten lediglich den automatischen Ganghebel berührt, worauf es zu einem kurzfristigen Rückwärtsrollen des Fahrzeuges gekommen sei, wobei Sie sofort die Handbremse gezogen hätten, ohne dass es zu irgend einer Berührung zwischen den Unfallfahrzeugen gekommen sei. Ihr eigener PKW würde überhaupt keine Schäden aufweisen. Indem Sie das Fahrzeug nicht in Betrieb genommen hätten und auch kein VU mit Sachschaden vorliegen würde, hätte kein Anlaß bestanden dem Zweitbeteiligten ihre Generalien bekanntzugeben. Sie hätten auch nicht gegen § 5 StVO verstoßen, weil Sie Ihr Fahrzeug nicht in Betrieb genommen hätten.

 

Der Zeuge G B gab bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 24.06.2003, nach Wahrheitserinnerung an, dass er den Angaben in der Niederschrift des Gendarmeriepostens St. Florian (gemeint kann nur die Anzeige vom 3.4.03 gemeint sein) nichts hinzuzufügen hätte. Dazu würde er angeben, dass der seitliche Unterfahrschutz sehr wohl verbogen gewesen sei und darauf noch immer Kratzspuren zu sehen wären.

 

Die Zeugin S Sch gab bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 8.8.2003 nach Wahrheitserinnerung an, dass sie in der Eingangstür ihres Arbeitsplatzes, im Schlecker Markt St. Florian gestanden sei und keine direkte Sicht zum Fahrzeug des Beschuldigten gehabt hätte. Sie könne jedoch angeben, dass sich das Fahrzeug des Beschuldigten zurück und schnell wieder nach vor bewegt hätte. Ob eine Berührung der beiden Fahrzeuge stattgefunden hätte, hätte sie nicht gesehen. Anschließend sei sie zum PKW des Beschuldigten gegangen, wo sich auch der Lieferantenfahrer aufgehalten hätte. Er hätte auf das Seitenfenster des Fahrzeuges geklopft und dem Beschuldigten ersucht sein Fahrzeug zu verlassen. Dieser hätte in keiner Weise reagiert. In weiterer Folge hätte der Lieferantenfahrer die Fahrertür des PKW des Beschuldigten geöffnet. Er hätte den Führerschein verlangt, da bei Schäden immer Probleme mit der Firma auftreten würden. Dieser hätte aber nur nein gesagt und wäre weggegangen.

 

Daraufhin hätte er den Gendarmerieposten St. Florian angerufen und den Beamten den Vorfall geschildert. Der Lenker hätte auf Sie einen sehr alkoholisierten Zustand gemacht. Mehr könne sie zum gegenständlichen Vorfall nicht sagen.

 

Zur Kenntnisnahme des Akteninhaltes bzw. des aktuellen Verfahrensstandes wurde von ihrem ausgewiesenen Rechtsvertreter neuerlich eine mit 11.11.2003 datierte Stellungnahme zum Akt übermittelt. Darin wiederholten Sie im wesentlichen die bereits im Verwaltungsstrafverfahren vorgebrachten Argumente. Besonders verwiesen sie darauf, dass der Pkw des Beschuldigten mit Sicherheit nicht vor dem Haus Marktplatz Nr. 8 abgestellt gewesen sei.

 

Daraufhin wurde der Meldungsleger im Rechtshilfeweg als Zeuge einvernommen. In der Niederschrift vom 6.12.2003 gab der Meldungsleger, RI W B an, dass die Angaben in der Anzeige vom 3.4.2003 den Tatsachen entsprechen würden. Das Fahrzeug des Beschuldigten sei eindeutig vor dem Marktplatz Nr. 8 gestanden. Dazu verwies er auf ein beiliegendes Foto. Hinsichtlich des Fahrzeugschadens am Anhängerwagen mit der Kz. Nr. würde er ebenfalls die beiliegenden Detailaufnahmen, aus denen der Schaden eindeutig hervorgehen würde, verweisen.

 

Nach einer neuerlichen Akteneinsicht durch Ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter blieben Sie in der Stellungnahme vom 11.12.2003 dabei, dass das Fahrzeug sicherlich nicht vor dem Haus Marktplatz Nr. 8 abgestellt gewesen sei. Außerdem beantragten Sie, die in der Niederschrift mit dem Meldungsleger erwähnten Bilder, welche sich zum damaligen Zeitpunkt noch nicht beim Akt befunden hatten, beizuschaffen.

 

Anlässlich des Ladetermines am 9.3.2004 sollten diese ihrem ausgewiesenen Rechtsvertreter zur Kenntnis gebracht werden.

 

Allerdings wurde der Ladetermin bereits am 17.02.2004 von Ihrem Rechtsvertreter wahrgenommen, diesem der gesamte Akteninhalt zur Kenntnis gebracht und eine Frist von 2 Wochen zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme, zu übersenden direkt an die erkennende Behörde, eingeräumt.

 

In der Stellungnahme vom 02.03.2004, verwiesen Sie lediglich darauf, dass der Pkw des Beschuldigten vor dem Haus Marktplatz Nr. 9 abgestellt gewesen sei und nicht vor dem Haus Marktplatz Nr. 8. Damit würde eine unrichtige Tatortbezeichnung vorliegen. Im übrigen würden Sie auf die Stellungnahme vom 11.11.2003 verweisen.

 

Gemäß § 5 Abs.1 StVO darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber, oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als Alkohol beeinträchtigt.

 

Gemäß § 99 Abs. 1 lit.a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.162,00 Euro bis 5.813,00 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr, oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

 

Gemäß § 4 Abs. 5 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn dabei nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726,00 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs.2 lit.a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalles nicht Hilfe leistet.

 

In der Sache selbst bestand für die erkennende Behörde keinerlei Anlass, an der Richtigkeit des zugrundeliegenden Sachverhaltes zu zweifeln, da dieser von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Zuge seiner dienstlichen Tätigkeit festgestellt werden konnte , die Messung mittels eines geeichten und den Verwendungsbestimmungen gemäß eingesetzten Atemluftalkoholmessgerätes vorliegt und zudem die schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben zweier Zeugen vorliegen, die bei einer falschen Zeugenaussage strafrechtliche Folgen zur gewärtigen hätten.

 

Dass ein Verkehrsunfall mit Sachschaden vorliegt, ist durch die beim Akt befindlichen Fotos bewiesen, aus welchen klar und deutlich die am Unterfahrschutz des LKW - Anhängers verursachten Beschädigungen ersichtlich sind.

 

Ebenso ist auf dem Bild Nr. 1 der Lichtbildbeilage das am Tatort Marktplatz Nr. 8 abgestellte Fahrzeug des Beschuldigten ersichtlich.

 

Dass der Beschuldigte sein Fahrzeug gelenkt hat, ist erwiesen durch die Aussagen der beiden Zeugen G B u. S Sch. Insbesondere die Zeugin Sch gibt in ihrer Niederschrift an, dass sie hätte sehen können, dass sich das Fahrzeug des Beschuldigten Rück - und schnell wieder nach vor bewegt hätte. Dies kann denkmöglich nur durch ein Lenken des Fahrzeuges durch den Beschuldigten erfolgt sein.

 

Dazu ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, die besagt das einzuräumen ist, das ein Lenken eines Kraftfahrzeuges auch ohne Anwendung von Maschinenkraft denkbar ist, so z. B. beim Zurückrollen lassen eines Motorrades oder wenn eine auf einem Moped sitzende Person dieses vom Gehsteig auf die Straße rollen läßt (VwGH v. 7.11.1963, 981/62; vom 2.7.1964, ZVR 1965/156, vom 31.10.1984, ZVR 1986/80).

 

Aber auch das Lenken ohne Anwendung von Maschinenkraft würde denk notwendigerweise immer einen Bewegungsvorgang bzw. eine Fahrtrichtungsänderung voraussetzen (VwGH v. 27.6.1980, ZVR 1981/3/904).

 

Die erkennende Behörde sieht keinen Anlass, an den klaren und schlüssigen Angaben der Zeugen und des Meldungslegers zu zweifeln. In Abwägung des widersprüchigen Vorbringens bezüglich des angezeigten Sachverhaltes war daher den schlüssig und widerspruchsfreien Angaben des Meldungslegers und der Zeugen, die überdies bei einer falschen Zeugenaussage straf bzw. im Fall des Meldungslegers auch dienstrechtliche Folgen zu gewärtigen hätten, doch mehr Glauben beizumessen, als den Angaben des Beschuldigten, der sich ebenso verantworten kann, wie es ihm für den Ausgang des Verfahrens am Günstigsten erscheint.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Bei der Bemessung der Strafe wurde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt.

 

Die verhängte Geldstrafe entspricht somit dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Erschwerend bei der Strafbemessung war das Vorliegen einer einschlägigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkung zu werten; mildernde Umstände lagen keine vor.

 

Da Sie der erkennenden Behörde ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekanntgegeben haben, wurde bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass sie kein hierfür relevantes Vermögen besitzen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten haben und ein Einkommen von 700,-- Euro monatlich beziehen.

 

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet."

 

2.1. In der dagegen fristgerecht durch die ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wird ausgeführt:

"In der außen bezeichneten Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte H J gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, Strafamt, vom 11.3.2004, zugestellt am 15.3.2004, innerhalb offener Frist

 

BERUFUNG

 

Als Berufungsgründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Tatsachenfeststellung bzw. unrichtige Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht und dazu ausgeführt:

 

Wie bereits in der Stellungnahme vom 11.11.2003 hingewiesen wurde, liegt in der Einvernahme des Zeugen G B vom 24.6.2003 durch das Marktgemeindeamt Ried/Rdmk. keine ausreichende Zeugenaussage vor, welche als Grundlage im Verwaltungsstrafverfahren herangezogen werden könnte. Es wurde lediglich protokolliert, dass der Zeuge G B seinen Angaben in der Niederschrift des Gendarmeriepostens St. Florian nichts hinzuzufügen habe und sie in der damals gemachten Form aufrecht halte. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass selbst vor dem Gendarmerieposten St. Florian keine niederschriftliche Einvernahme mit dem Zeugen G B durchgeführt wurde, sondern nur dessen sinngemäße Angaben in der Anzeige festgehalten wurden.

 

Bei der Einvernahme des Zeugen G B vor dem Marktgemeindeamt Ried/Rdmk. am 24.6.2003 fehlt es daher an einer ordnungsgemäßen Einvernahme in Form von Frage und Antwort. Der pauschale Verweis auf die Anzeige ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreichend und stellt somit die Einvernahme des Zeugen G B vor dem Marktgemeindeamt Ried/Rdmk. keine taugliche Grundlage dar, um hierauf im Verwaltungsstrafverfahren Feststellungen zu stützen.

 

Es liegt daher insofern eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens 1. Instanz zum Nachteil des Beschuldigten vor.

 

Bereits in der Stellungnahme vom 12.5.2003 und wiederholend auch in der Stellungnahme vom 11.11.2003 wurde der Beweisantrag gestellt, dass der Anhängewagen sowie der PKW des Beschuldigten durch einen Amtssachverständigen besichtigt werden und das Gutachten eines Amtssachverständigen eingeholt werde zum Beweis dafür, dass es technisch nicht möglich ist, dass der seitliche Unterfahrschutz des Anhängewagens durch den PKW des Beschuldigten, auf welchem keine Schäden vorhanden waren, beschädigt werden konnte.

 

Es ist sicherlich davon auszugehen, dass der seitliche Unterfahrschutz des Anhängewagens, welcher ja sonst sinnlos wäre, wesentlich mehr aushält als die Stoßstange des Beschuldigtenfahrzeuges, auf der nicht einmal ein Lackschaden zu erkennen war.

 

Indem die erstinstanzliche Behörde diesen Beweisantrag auf Einholung des Gutachtens eines Amtssachverständigen übergangen hat, ist daher das erstinstanzliche Verfahren zum Nachteil des Beschuldigten mangelhaft geblieben, welchem dadurch die Möglichkeit genommen wurde, seine Verantwortung unter Beweis zu stellen, dass es zu keiner Berührung zwischen den Fahrzeugen gekommen ist. Es lag daher auch kein Verkehrsunfall mit Sachschaden vor, sodass eine Verpflichtung zur Verständigung der nächsten Sicherheitsdienststelle nicht bestanden hat.

 

Weiters wurde in der Stellungnahme vom 11.11.2003 zum Beweis der Verantwortung des Beschuldigten, nämlich dass der PKW des Beschuldigten nicht vor dem Haus Marktplatz Nr. 8 abgestellt war, die Durchführung eines Lokalaugenscheines beantragt.

 

Der PKW des Beschuldigten war nämlich vor dem Haus Marktplatz Nr. 9 abgestellt. Dieser Umstand lässt sich auch aus den vorliegenden Lichtbildern nicht entsprechend erkennen und nachvollziehen, sondern nur bei Durchführung eines Lokalaugenscheines an Ort und Stelle. Insbesondere aus dem Lichtbild Nr. 1 ist dies nicht entsprechend ersichtlich, dass sich der PKW des Beschuldigten in Wahrheit vor dem Haus Marktplatz Nr. 9 befindet.

 

Dies ist insofern wesentlich, weil damit der Tatort nicht richtig bezeichnet ist. Infolge der unrichtigen Tatortbezeichnung fehlt es jedoch an der ausreichenden Umschreibung der Tat und stellt dies in rechtlicher Hinsicht einen Umstand dar, welcher zur Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses zu führen hat. Einer Berichtigung des Tatortes steht die zwischenzeitig eingetretene Verfolgungsverjährung entgegen.

 

Der Beschuldigte hat bereits in der Stellungnahme vom 12.5.2003 darauf hingewiesen, dass er sein Fahrzeug nicht in Betrieb genommen hat. Vielmehr war es so, dass er aus seinem Fahrzeug die Wohnungsschlüssel und sein Handy holen wollte. Nachdem sich das Handy nicht in der Mittelkonsole befand, griff er von der Fahrerseite des PKW's aus über die Mittelkonsole zum Handschuhfach. Dabei berührte er unabsichtlich den automatischen Ganghebel, wodurch dieser von der Position "P" (= parken) auf "N" (= neutral = Leerlauf) bewegt wurde. Dabei kam es zu einem kurzfristigen Rückwärtsrollen seines Fahrzeuges, wobei der Beschuldigte sofort die Handbremse anzog, ohne dass es zu irgendeiner Berührung zwischen dem PKW und dem Anhängewagen kam.

 

Wenn sich nunmehr bei der Sachverhaltsfeststellung die erstinstanzliche Behörde auf die Aussage der Zeugin S Sch vom 8.8.2003 stützt, so ist darauf hinzuweisen, dass die Zeugin S Sch ausdrücklich angegeben hat, dass sie "keine direkte Sicht zum Fahrzeug des Beschuldigten" hatte. Demnach kann aus der Aussage der Zeugin Sch keinesfalls abgeleitet werden, dass der Beschuldigte, der mit seinem PKW tatsächlich "gefahren" ist, bzw. den PKW in Betrieb genommen hat. Weiters ist wesentlich, dass die Zeugin S Sch nach ihren Angaben auch nicht gesehen hat, ob eine Berührung der beiden Fahrzeuge stattgefunden hat.

 

Selbst wenn eine Berührung stattgefunden hätte, so hätte die Zeugin S Sch von ihrer Standposition aus dies oder überhaupt ein Fahren des PKW's nicht sehen können.

 

Zusammenfassend ergibt sich daher, dass die Aussage der Zeugin S Sch keine ausreichende Grundlage bildet, um hierauf den Tatvorwurf zu gründen.

 

Auch die Angaben des Zeugen G B stellen, jedenfalls nicht in der vorliegenden Form, keine ausreichende Grundlage dar, um die Sachverhaltsfeststellungen, wie sie die erstinstanzliche Behörde vorgenommen hat, zu tragen.

 

Bei richtiger Würdigung der vorliegenden Verfahrensergebnisse hätte daher die erstinstanzliche Behörde zumindest im Zweifel zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass eine Inbetriebnahme seines PKW's durch den Beschuldigten nicht vorgelegen hat und es auch zu keiner Berührung zwischen den Fahrzeugen gekommen ist, sodass auch kein Verkehrsunfall mit Sachschaden vorgelegen hat.

 

Beide Tatvorwürfe laut angefochtenem Straferkenntnis sind daher nicht zutreffend.

 

Vorsichtshalber werden die verhängten Strafen als überhöht bekämpft, da sie nicht dem Schuld- und Unrechtsgehalt und auch nicht den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschuldigten entsprechen.

 

Zusammenfassend wird daher der

 

BERUFUNGSANTRAG

 

gestellt, das angefochtene Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 11.3.2004 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen-, in eventu die verhängten Strafen zu mildem.

 

 

Linz, am 29.03.04

Dr. G/N"

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt nach Übermittlung der Berufung durch den Oö. Verwaltungssenat den Verfahrensakt zur Berufungsvorentscheidung vorgelegt. Dem Akt sind Lichtbilder und die Einvernahme der auch im Rahmen dieses Verfahrens einvernommenen Zeugen angeschlossen.

 

3.1. Da jeweils keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war hier trotz jeweils 500 Euro nicht übersteigender Geldstrafen in Wahrung der sich aus Art. 6 der EMRK ergebenden Rechte auf ein faires Verfahren geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme und auszugsweise Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes. Im Rahmen der durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, an welchem auch der Berufungswerber persönlich, jedoch ein Vertreter der Behörde erster Instanz unbegründet nicht teilnahm, wurden als Zeugen abermals der Lenker des zweitbeteiligten Lastkraftwagens G. B und Frau S. Sch einvernommen.

 

 

5. Unstrittig ist, dass der Lkw-Zug unmittelbar hinter dem am Parkplatz abgestellten Fahrzeug des Berufungswerbers zwecks Durchführung einer Ladetätigkeit im Bereich des Hauses Nr.8 abgestellt wurde. Die exakte Örtlichkeit ist gemäß dem Fotomaterial evident. Unbestritten ist schließlich das nachfolgende Zurückbewegen des schräg zur Gehsteigkante abgestellten Fahrzeuges des Berufungswerbers, wobei es zum Kontakt mit dem linksseitigen Unterfahrschutz des Anhängers des Lkw´s gekommen ist. Unmittelbar vorher wurde der LKW-Zug vom Zeugen B an diese Stelle zurückgeschoben. Als erwiesen, da unbestritten bleibend, gilt schließlich die im Anschluss an den hier zur Last gelegten Vorfall durchgeführte Untersuchung der Atemluft und dessen Ergebnis mit 0,99 mg/l als den geringsten Wert.

Ferner, kann der Verlauf der Abstellfläche zur Platzmitte hin in einem Gefälle verlaufend als erwiesen gelten. Nicht in Abrede gestellt wird ferner das Zurückbewegen des Pkw´s des Berufungswerbers in Richtung des etwa einen knappen Meter dahinter stehenden Anhängers.

Der Berufungswerber verantwortet sich im Rahmen der Berufungsverhandlung abermals dahingehend, sich lediglich aus dem Handschuhfach des Fahrzeuges etwas geholt zu haben, wobei er nicht beabsichtigte wegzufahren. Wohl habe er sich, um zum Handschuhfach zu gelangen, auf den Fahrersitz gesetzt. Dabei habe er aus Unvorsichtigkeit den Ganghebel berührt, wodurch es zum Zurückrollen seines Fahrzeuges gekommen sei. Ein Starten des Motors stellte er auch im Rahmen der Berufungsverhandlung in Abrede.

Ein dadurch am Lkw verursachter Schaden wird unter Hinweis auf die gänzliche Schadensfreiheit seines Fahrzeuges bestritten. Ebenfalls bestreitet der Berufungswerber eine nach dem Zurückrollen erfolgte Bewegung seines Fahrzeuges nach vorne in die Ausgangsposition.

Der Zeuge B erklärte im Rahmen der Berufungsverhandlung, dass er den Berufungswerber vorerst neben dem Auto auf dem Gehsteig stehen gesehen hat. Als er ihn fragen wollte, ob er mit seinem Fahrzeug wegfahren wolle - für diesen Fall wäre er mit dem Lkw noch vor Beginn des Ablandens noch vorgefahren - sei dieser ins Auto gestiegen, habe dieses gestartet und sei zurückgefahren und dabei an den seitlichen Unterfahrschutz gestoßen, wobei dieser aus der damaligen Beurteilungsmöglichkeit angesichts der herrschenden Dunkelheit beschädigt worden schien. Bei diesem Vorgang habe er sich neben dem Anhänger befunden bzw. sei unmittelbar vorher zwischen dem knapp ein Meter breiten Spalt seines Anhängers und dem Fahrzeugheck des Berufungswerbers vorbeigegangen. Der Zeuge bestätigte dezidiert, dass der Motor des beteiligten Pkw´s bei diesem Vorfall gestartet war.

Der Versuch mit dem Berufungswerber durch das Seitenfenster seines Fahrzeug in Kontakt zu treten scheiterte an dessen fehlenden Bereitschaft. Als der Zeuge letztlich die Türe des Fahrzeuges öffnete, entfernte sich der Berufungswerber in der Folge zu Fuß mit dem sinngemäßen Hinweis "es sei ja e´nichts passiert".

Gleichzeitig räumte der Zeuge aber auch ein, dass letztlich ein Schaden am Unterfahrschutz nicht entstand, sondern dieser nur nach innen vorschoben wurde. Der Unterfahrschutz habe letztlich durch das Verschieben der Befestigungsschraube in der Lochöse wieder in die Ausgangsposition gebracht werden können.

 

5.1. Auch die Zeugin Sch bestätigte im Rahmen der Berufungsverhandlung die Schilderung des Zeugen B sinngemäß. Sie sei vorher im Bereich der Eingangstür ihres Geschäftes gestanden und habe lediglich keinen Blickkontakt auf das Heck des vom Berufungswerbers zurückbewegten Fahrzeuges gehabt, sodass sie den Anstoß nicht, jedoch das nach dem Zurückbewegen des Pkw unmittelbar darauffolgenden ruckartige Vorwärtsbewegen sehen konnte. Während der Bemühung des Zeugen B mit dem Lenker des Pkw in Kontakt zu treten, sei sie unmittelbar neben bzw. seitlich hinter dem Zeugen B gestanden, wobei sie dessen o.a. Wahrnehmung sinngemäß bestätigte. Den Fahrzeugmotor des Fahrzeuges des Berufungswerbers habe sie jedoch zu keinem Zeitpunkt laufend wahrgenommen.

Zumindest im Zweifel kann angesichts dieser Schilderungen dem Berufungswerber geglaubt werden, dass er allenfalls mit seinem Fahrzeug tatsächlich nicht wegfahren wollte. Der Zeuge B wollte - als er den Berufungswerber vorher noch am Gehsteig bei seinem Auto gesehen hatte - diesem noch die Wegfahrt ermöglichen.

Geht man davon aus, dass links neben ihm kein Fahrzeug abgestellt war (am Foto ist links das offenbar vorher nicht dort stehende Gendarmeriefahrzeug ersichtlich), dann wäre eine Ausfahrt - wenn überhaupt - wohl nur durch mehrfaches Reversieren möglich gewesen, zumal unstrittig nur ein knapper Meter zwischen dem Fahrzeugheck und dem mittleren Bereich der linken Seite des Lkw-Anhägers frei war. Mit Blick darauf wäre es - im Falle der tatsächlichen Fahrabsicht des Berufungswerbers - wohl naheliegend gewesen, dass dieser mit dem Lkw-Fahrer zwecks Wegfahrmöglichkeit Kontakt aufgenommen hätte. Warum er letztlich das Fahrzeug startete kann dahingestellt bleiben. Aus der Fotobeilage 1 lassen sich die obigen Erwägungen durchaus logisch nachvollziehen.

Die sich wohl als irrational zu bezeichnende Handlung des Berufungswerbers mag sich daher durchaus als Ausfluss und Ursache seiner starken Alkoholisierung darstellen.

Aus den Fotobeilagen 2 und 3 lässt sich ein "verbogener" Unterfahrschutz nicht erkennen. Vielmehr ist auf Bild 2 nur deutlich erkennbar, dass der linke seitliche Unterfahrschutz im Bereich des Kotflügels nach unten hin nach innen gedrückt ist. Dies deckt sich mit der Darstellung des Zeugen B, dass dieser wieder in die Ausgangsposition gebracht werden konnte. Wäre dieses massive Blech tatsächlich verbogen worden, müsste wohl zweifelsfrei auch die vergleichsweise fragile Stoßstange eines Pkw´s beschädigt worden sein. Offenbar unterlief dem den Vorfall aufnehmenden Gendarmeriebeamten bloß ein sich letztlich in der rechtlichen Beurteilung sehr wohl auswirkender Diktionsfehler. Während auf der Textierung zum Foto Nr. 3 (Seite 47 unten) von einem "leicht nach hinten gebogenen" Unterfahrschutz die Rede ist, wird dieser in der Verkehrsunfallsanzeige (Seite 7) als "leicht nach hinten geschoben" umschrieben. Darin liegt aber ein entscheidender Unterschied! Dieser wurde vom Zeugen B schließlich auch klargestellt.

Somit kann von einem "Verkehrsunfall mit Sachschaden" im gegenständlichen Fall nicht die Rede sein.

Was jedoch die Inbetriebnahme - aus welchen Motiv auch immer - des Fahrzeuges anlangt, vermochte der Berufungswerber in Wahrheit kein substanzielles Vorbringen tätigen, welches objektiv geeignet sein könnte die ihm zur Last gelegte Übertretung des § 5 Abs.1 StVO zu falsifizieren. Der Oö. Verwaltungssenat hegt diesbezüglich an den in sich schlüssigen und glaubhaft vorgetragenen Zeugenaussagen keine Zweifel. Nun kann es auf sich bewenden, dass nach gesicherter Judikatur (siehe unten) bereits die Einnahme des Fahrersitzes und das ohne Motorkraft in Bewegung gelangende Fahrzeug einem Lenken desselben gleichzusetzen ist. Da hier darüber hinaus eine beidseitige Bewegung - wenn auch nur im Bereich eines Meters - keinesfalls ohne Motorkraft erklärt werden kann, ist zwingend auch von einem Starten und der Willenssphäre des Berufungswerbers zuzuordnenden Inbetriebnahme und auch Lenken des Fahrzeuges auszugehen.

Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" einer bestreitenden Verantwortung nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759). Da der Berufungswerber auch noch während der Berufungsverhandlung ein Starten des Motors in Abrede stellte, was durchaus in seiner freien Verantwortung legitim ist, zeigte er aber letztlich dadurch keine Unrechtseinsicht hinsichtlich seines Fehlverhaltens.

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass dieses Fehlverhalten letztlich weit hinter dem mit einer sonstigen Alkofahrt einhergehenden nachteiligen Auswirkung bzw. Schädigung gesetzlich geschützter Interessen zurückbleibt.

Dabei wird aber ebenfalls nicht übersehen, dass der Berufungswerber den unmittelbar vor dem Zurücksetzen seines Fahrzeuges - ob durch den behaupteten Manipulationsfehler unbewusst oder bewusst - hinter diesem vorbeigehenden Zeugen B gegen dessen Anhänger drücken hätte können. Selbst unter diesem Blickwinkel ist einer Inbetriebnahme eines Fahrzeuges unter Alkoholeinfluss immer eine gefahrenerhöhende Komponente zuzuordnen.

 

6. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

6.1. Tatbild für die Erfüllung der Tatbestände iSd § 4 Abs.5 StVO ist der tatsächliche Eintritt eines Sachschadens sowie die Kenntnis des Täters hievon. Hinsichtlich des letzteren Umstandes würde es genügen, dass ihm objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit "eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden" zu erkennen vermocht hätte. Es reicht wohl die Schuldform der Fahrlässigkeit - für das Erkennen müssen eines VU mit Sachschaden aus (VwGH 11.9.1979, ZfVB 1980/4/1233).

Da hier jedoch ein Sachschaden nicht vorliegt, ist - ungeachtet der ex ante besehen subjektiv sehr wohl eine Meldepflicht indizierende Ausgangssituation - die Tatbestandsvoraussetzung der o.a. Gesetzesbestimmung nicht gegeben.

Diesbezüglich war daher nach § 45 Abs.1 Z1 VStG mit der Verfahrenseinstellung vorzugehen.

 

6.2. Der § 5 Abs.1 StVO 1960 lautet:

"Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt."

Nach § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.162 Euro bis 5.813 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt. Bereits wer etwa an einem geparkten Fahrzeug die Handbremse löst und das leicht schräg stehende Fahrzeug zurückrollen lässt, lenkt es, weil er mit dieser Handlung die Fahrgeschwindigkeit und die Richtung des Fahrzeuges beeinflusst (VwGH 28.2.2003, 2002/02/0192 mit Hinweis auf VwGH 7.11. 1963, VwSlg. Nr. 6143/A; zum "geringfügigen" Zurückrollen eines Fahrzeuges ohne Motorkraft ferner VwGH vom 24.9.1997, 95/03/0143).

 

6.2.1. Nach § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Obwohl der Berufungswerber bereits aus dem Jahr 2000 einschlägig wegen § 5 Abs.1 StVO vorgemerkt ist, kann angesichts der hier im Ergebnis nur vorliegenden Inbetriebnahme des Pkw`s, wobei dem Berufungswerber auf Grund der objektiven Umstände geglaubt werden konnte, dass er das Fahrzeug nicht lenken und wohl auch kaum aus der Parklücke zu bringen vermocht hätte, abermals mit der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden.

Die Anwendung des außerordentlichen Strafmilderungsrechtes scheidet aber mangels am Überwiegen der hier anzunehmenden Milderungsgründe aus gesetzlichen Gründen aus.

Nur im Falle des beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen - dies wäre etwa im Falle einer zusätzlichen Einsichtigkeit und eines Geständnisses der Fall gewesen - hätte nach § 20 VStG die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden können (vgl. etwa VwGH vom 31. Jänner 1990, 89/03/0027, vom 21.5.1992, 92/09/0015 und vom 2.9.1992, 92/02/0150).

 

Rechtsmittelbelehrung:

 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r
 

Beschlagwortung:
Tatunwert, Lenken, Inbetriebnahme, Zurückrollen

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