Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109694/8/Br/Ka

Linz, 14.05.2004

 VwSen-109694/8/Br/Ka Linz, am 14. Mai 2004

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom 17. März 2004, Zl.: VerkR96-163-2004-Ro, wegen Übertretung des FSG und der StVO 1960, nach der am 7. Mai 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird in den Schuldsprüchen keine Folge gegeben; im Strafausspruch wird im Punkt 1.) die Geldstrafe auf 600 Euro ermäßigt, wobei die diesbezüglich ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt wird. Im Punkt 2.) wird das Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG;

 

Im Punkt 1.) ermäßigt sich demzufolge der Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren auf 60 Euro; Für das Berufungsverfahren entfällt diesbezüglich ein Verfahrenskostenbeitrag.

Im Punkt 2.) werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 14,40 Euro (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 65 und § 64 Abs.1 u. 2 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde erster Instanz hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretungen nach § 1 Abs.3 FSG und § 4 Abs.5 StVO 1960 zwei Geldstrafen 1.) 1.363 Euro und 2) 72 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen und 48 Stunden verhängt, wobei ihm zur Last gelegt wurde, er habe am 19.12.2003 um ca. 17.20 Uhr den Kombi mit dem behördlichen Kennzeichen im Gemeindegebiet von Braunau am Inn, auf der Weilhart Landesstraße 501, in Fahrtrichtung Schwand im Innkreis, bei Strkm. ca. 2,456,

1 . obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse B sei, gelenkt;

2. sei diese Fahrt mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden, wobei er nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt habe, obwohl er auch dem Geschädigten nicht seinen Namen und Anschrift nachgewiesen habe, zumal er mit der linken Fahrzeugseite mit dem entgegenkommenden PKW, kollidierte und anschließend nach kurzem Anhalten die Unfallstelle verlassen und in Richtung Schwand im Innkreis davongefahren sei.

 

2. In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses stützte die Behörde erster Instanz den Schuldspruch im Ergebnis auf den Inhalt der Anzeige und den Umstand, dass der Berufungswerber sich an der Unfallstelle nicht in das Verfahren eingelassen habe.

Hinsichtlich der Strafzumessung wurde auf general- wie auch spezialpräventive Gründe hingewiesen, wobei weder mildernde noch erschwerende Umstände berücksichtigt wurden.

 

2.1. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung bestreitet der Berufungswerber die Lenkeigenschaft. Nach dem Vernehmen eines Knalls seien "sie" stehen geblieben, er sei zur Unfallstelle zurückgegangen und habe gefragt ob was beschädigt sei. Da ihm keine richtige Antwort gegeben worden wäre sei er weggegangen. Abschließend vermeint der Berufungswerber, dass die Strafe zu hoch sei.

In der Bezeichnung "Straferkenntnis vom 19.12.2003" dürfte dem Berufungswerber ein Irrtum unterlaufen sein. Auf Grund des Datums der Eingabe und der offenen Berufungsfrist ist nicht zu bezweifeln, dass er sich mit dieser Eingabe gegen das Straferkenntnis vom 17. März 2004 wenden wollte.

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Dem Akt sind Kopien von Lichtbildern und die Einvernahme der auch im Rahmen dieses Verfahrens einvernommenen Zeugen angeschlossen.

 

3.1. Da jeweils keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war hier in Wahrung der sich aus Art. 6 EMRK ergebenden Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme und auszugsweise Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, an welchem auch der Berufungswerber persönlich und ein Vertreter der Behörde erster Instanz teilnahm, wurden als Zeugen der Lenker des zweitbeteiligten Pkw´s R N und die Zulassungsbesitzerin des vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeuges, dessen Tochter Frau Ch K, einvernommen. Der Berufungswerber legte Dokumente über seine finanziellen Verbindlichkeiten zur Einsicht vor.

 

5. Unstrittig ist, dass der Berufungswerber nicht im Besitz einer Lenkberechtigung der Klasse B ist. Ebenfalls ist erwiesen, dass es auf der Weilharter Landstraße bei Strkm 2,456 im Gegenverkehr zu einem Streifkontakt zwischen dem in Richtung Braunau fahrenden Pkw des R N und des in Gegenrichtung vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeug gekommen ist. Dabei wurden insbesondere die Seitenspiegel beider Fahrzeuge beschädigt bzw. zerstört.

Während der Zeuge N sofort anhielt, wurde das Fahrzeug vom Berufungswerber erst nach etwa 200 m angehalten. Eine Lenkerin eines ebenfalls in Richtung Braunau fahrenden Fahrzeuges hielt beim Fahrzeug des N an, wobei diese Frau die Gendarmerie verständigte. Zwischenzeitig begab sich der Berufungswerber zu Fuß zur Unfallstelle zurück. Dabei begrüßte er den ihm persönlich bekannten, da im gleichen Haus wohnhaften Zeugen N. Als dem Berufungswerber mitgeteilt wurde, dass bereits die Gendarmerie verständigt sei, entfernte sich der nach Alkohol riechende Berufungswerber sogleich wieder von der Unfallstelle.

 

5.1. Die Zeugin K schilderte im Rahmen der Berufungsverhandlung, dass sie von der Fahrt ihres Vater mit ihrem Fahrzeug keine Kenntnis hatte. Sie sei zu diesem Zeitpunkt nach Maria Schmolln übersiedelt, habe das Fahrzeug aber noch am Wohnsitz ihres Vaters abgestellt gehabt. Die Versicherung habe den Schaden bezahlt und sie sei in den Malus gestuft worden. Über die Lenkeigenschaft konnte sie keinerlei Angaben machen.

Der Zeuge N gab im Ergebnis an, dass der Berufungswerber einige Minuten nach dem Unfall zu Fuß an der Unfallstelle erschien und sich von dort gleich wieder entfernte, als von der bereits verständigten Gendarmerie die Rede war. Sinngemäß hätte der Berufungswerber gemeint, dass ohnedies nichts passiert wäre. Den Berufungswerber kenne er seit langer Zeit als Hausmeister. Dieser habe nach Alkohol gerochen, wobei er jedoch nicht behaupten könne, dass dieser auch tatsächlich alkoholisiert gewesen wäre.

Der Berufungswerber bestreitet im Rahmen der Berufungsverhandlung wohl nicht mehr den stattgefundenen Fahrzeugkontakt, sehr wohl jedoch weiterhin seine Lenkeigenschaft. Das Fahrzeug sei zum damaligen Zeitpunkt von einer Frau gelenkt worden. Diese wolle er jedoch zwecks Herbeiführung von vermögensrechtlichen Nachteilen durch seine geschiedene Frau nicht benennen. Selbst unter Hinweis, dass dieses Verfahrensergebnis keine größere Publizitätswirkung entfalten würde und diese Bedenken daher unbegründet wären, blieb der Berufungswerber dabei diese angeblich dritte - und als Fahrzeuglenkerin zum Unfallszeitpunkt agierende - Person nicht benennen zu wollen.

In dieser Verantwortung vermochte dem Berufungswerber nicht gefolgt werden. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von einer Schutzbehauptung des Berufungswerbers aus, wobei das Motiv "seiner Flucht" von der Unfallstelle im damals offenkundig getätigten Alkoholkonsum gründen dürfte.

Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" einer bestreitenden Verantwortung nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759).

Die Angaben des Zeugen N sind in jeder Richtung glaubwürdig, sodass in diesem geschilderten Zusammenhang das Verhalten des Berufungswerbers nur auf dessen Lenkeigenschaft schließen lässt. So wäre es einerseits nicht der Lebenspraxis entsprechend, dass sich nur der Beifahrer zu Fuß zur Unfallstelle zurück auf den Weg machte, während die (angebliche) Lenkerin im etwa 200 m entfernt angehaltenen Fahrzeug verblieben wäre. Andererseits hätte der Berufungswerber wohl auch schon gegenüber seinem Unfallgegner an der Unfallstelle die Erwähnung von einem anderen Lenker gemacht.

 

 

6. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

6.1. Die Behörde erster Instanz hat hier das Tatverhalten in zutreffender Weise subsumiert und unter Anwendung des § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.3 Z1 FSG zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 129/2002 auch zutreffend qualifiziert.

Zur Würdigung von Beweisen ist ungeachtet der Beurteilung in jedem Einzelfall in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach in Anbetracht der Wichtigkeit einer im Nachhinein geänderten Sachverhaltsdarstellung, grundsätzlich davon auszugehen ist, dass auf einen verfahrensentscheidenden Umstand - wie hier etwa die Lenkeigenschaft - schon bei erster sich bietender Gelegenheit - von sich aus - hingewiesen wird (VwGH 26.1.1996, 95/02/0289). Dies entspricht in erster Linie auch der Lebenspraxis.

Schon nach älterer Rechtsprechung des VwGH ist etwa im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunkes dem Umstand Bedeutung beizumessen, zu welchem Zeitpunkt der Lenker diese Behauptung aufgestellt hat (VwGH 12.10.1970, 133/70, und 12.1.1987, 87/02/0134).

 

6.2. Voraussetzung für die Erfüllung der Tatbestände iSd § 4 Abs.1 lit. a und c, sowie § 4 Abs.5 StVO ist der tatsächliche Eintritt eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden sowie die Kenntnis des Täters hievon. Hinsichtlich des letzteren Umstandes genügt es, wenn ihm objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit "eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden" zu erkennen vermocht hätte. Es reicht wohl die Schuldform der Fahrlässigkeit - für das Erkennen müssen eines VU mit Sachschaden aus (VwGH 11.9.1979, ZfVB 1980/4/1233). Im gegenständlichen Fall läge darüber hinaus die Begehungsform des Vorsatzes und auch noch die Vereitelung der Mitwirkungspflicht vor.

 

 

7. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

7.1. Dem Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne einer erforderlichen Lenkberechtigung zählt zu den schwersten Verstößen gegen straßenpolizeiliche- bzw. kraftfahrrechtliche Bestimmungen. Der Gesetzgeber hat diesen Umstand durch Festlegung eines entsprechenden Strafrahmens (gemäß 37 Abs.3 FSG von 363 Euro bis 2.180 Euro) Rechnung getragen.

Wenn in diesem Punkt die Erstbehörde angesichts fehlender Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen und des strafmildernden Umstandes der bisherigen Unbescholtenheit, mit Blick auf präventive Überlegungen zum Punkt 1.) etwa den vierfachen Betrag der Mindestgeldstrafe verhängte, kann dies nicht mehr im Rahmen des vom Gesetz für die Strafzumessung intendierten Ermessensrahmens erachtet werden. Insbesondere die ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse, vor allem der Schuldenstand des Berufungswerbers im Umfang von über 60.000 Euro, aber auch der sich aus der Aktenlage ergebende Milderungsgrund der Unbescholtenheit lassen vielmehr eine doch wesentlich geringere Geldstrafe im Ausmaß von 600 Euro angemessen erscheinen. Die Verhängung der Mindeststrafe konnte jedoch angesichts der Schwere der Übertretung und insbesondere deren nachteilige Tatfolgen nicht in Betracht kommen. Die Ersatzfreiheitsstrafe entspricht jedoch durchaus der Tatschuld, wobei die Geldstrafe vor allem aus wirtschaftlichen Gegebenheiten zu reduzieren war.

Die zu Punkt 2.) verhängte Geldstrafe (§ 4 Abs.5 StVO) ist demgegenüber angesichts des schweren Verschuldensgrades der vorsätzlichen Begehung - wenn auch aus dem Motiv des Selbstschutzes, d.h. einem allfälligen positiv verlaufenden Alkotest zu entgegnen - vermag im Gegensatz zu der zu Punkt 1.) verhängten Strafe, diese als überdurchschnittlich milde erachtet werden.

Gemäß Art. 132 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens eine Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem Ermessen (Strafzumessung) im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. dazu unter vielen VwGH v. 25. März 1980, [verst. Senat] Slg. Nr. 10.077/A).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

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