Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109716/16/Ki/Da

Linz, 08.07.2004

 

 

 VwSen-109716/16/Ki/Da Linz, am 8. Juli 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des G S, B, F-X-G-P , vertreten durch Rechtsanwälte D. E. G D. S. H D. G. A, O, K, vom 29.3.2004 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11.3.2004, VerkR96-19584-1-2003, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 6.7.2004 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten-beiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 11.3.2004, VerkR96-19584-1-2003, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 11.4.2003 um 05.41 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der Westautobahn A 1 in Fahrtrichtung Wien gelenkt, wobei er im Gemeindegebiet von St.Lorenz bei km 267.500 die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 70 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinem Gunsten abgezogen. Er habe dadurch § 52 lit.a Z10a StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 360 Euro (168 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 36 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 29.3.2004 Berufung mit dem Antrag, das gegenständliche Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Weiters wurde die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung bzw. die Einvernahme der Zeugen G S und J R beantragt.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 6.7.2004. An dieser Verhandlung nahmen der Berufungswerber im Beisein seines Rechtsvertreters sowie eine Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck teil. Als Zeugen wurden der Leiter der Autobahnmeisterei Seewalchen sowie - wie beantragt - G S und J R einvernommen.

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oö. (Verkehrsabteilung) vom 20.5.2003 zu Grunde. Die Geschwindigkeit des verfahrensgegenständlichen Pkw's wurde mit einem stationären Radarmessgerät festgestellt.

 

Der Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Pkw's gab auf eine Anfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 hin der Behörde bekannt, dass Auskunft Frau Andrea Strasser (Gattin des Berufungswerbers) erteilen könnte.

 

Auf eine weitere Anfrage hin gab dann die Gattin des Berufungswerbers bekannt, dass dieser das Fahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt gelenkt habe.

 

Der Berufungswerber bestreitet jedoch, Lenker des Fahrzeuges gewesen zu sein, er habe das Fahrzeug einem Herrn K überlassen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck versuchte daraufhin mit der vom Berufungswerber genannten Person Kontakt aufzunehmen, was jedoch nicht gelungen ist. Der Rechtsmittelwerber führt dazu in seiner Berufung aus, dass Herr K zwar an der bekannt gegebenen Adresse aufhältig sei, er jedoch keine Poststücke behebe bzw. er "untergetaucht" sei.

 

Bei der mündlichen Berufungsverhandlung erklärte der Beschuldigte, er sei zum Vorfallszeitpunkt im Auftrag einer Salzburger Firma in Tschechien gewesen. Der verfahrensgegenständliche Pkw sei vom Zulassungsbesitzer seiner Gattin überlassen worden, zumal das Familienfahrzeug wegen eines Unfalles beschädigt war. Beim Zulassungsbesitzer handle es sich um einen Cousin seiner Gattin. Die Gattin habe ihm das Fahrzeug überlassen, er habe beabsichtigt, mit diesem Fahrzeug nach Tschechien zu fahren. Letztlich sei er dann von Herrn R angerufen worden, dass er mit diesem in einem Lkw (Marke IVECO) nach Tschechien reisen solle. Er habe daraufhin Herrn K, welcher mit ihm nach Tschechien fahren sollte, angerufen, dass dieser mit dem Pkw nach Tschechien nachkommen solle. Er habe den Pkw beim Firmenparkplatz der Firma P abgestellt und den Fahrzeugschlüssel im Auspuffrohr deponiert.

 

Um 2.00 Uhr Früh des 11.4.2003 seien Herr R und er mit dem besagten Lkw losgefahren, es sei beabsichtigt gewesen, dass Herr K nachkommen würde.

 

Tatsächlich sei Herr K jedoch nicht nachgekommen, letztlich wurde der Berufungswerber von ihm angerufen, dass er den Pkw im Bereich des Linzer Hafens abgestellt hätte. Der Beschuldigte sei nach Abschluss der Arbeiten in Tschechien mit Herrn R wiederum zurückgefahren, in Linz habe er den Pkw übernommen und sei mit diesem wieder nach Berndorf zurückgefahren.

 

Der als Zeuge einvernommene Johannes R bestätigte im Rahmen seiner Befragung die vom Berufungswerber gemachten Angaben, wonach letzterer mit ihm im Lkw (Marke IVECO) nach Tschechien gereist sei.

 

Der ebenfalls als Zeuge einvernommene G S, es handelt sich um einen Angestellten der Firma P, erklärte, dass er zwecks Aufsichtstätigkeiten ebenfalls nach Tschechien gereist und an der Baustelle sowohl den Berufungswerber als auch Herrn R angetroffen habe. Ihm sei nicht aufgefallen, dass im Bereich der dortigen Baustelle ein Pkw mit einem Salzburger Kennzeichen abgestellt gewesen sei.

 

Der Ordnung halber wird auch wiedergegeben, dass der Leiter der Autobahnmeisterei Seewalchen bestätigt hat, dass die entsprechenden Verkehrszeichen der zu Grunde liegenden Verordnung gemäß aufgestellt waren.

 

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. zur Auffassung, dass der vom Berufungswerber bzw. vom Zeugen R dargestellte Sachverhalt auf den ersten Blick zwar fantasievoll, letztlich aber nicht unschlüssig erscheint. Es finden sich in den Aussagen keinerlei Widersprüche und letztlich widerspricht die Schilderung auch nicht den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen.

 

Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Zeugen eingehend darüber belehrt wurden, dass sie zur Wahrheit verpflichtet sind bzw. dass eine allfällige Zeugenaussage für sie strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte.

 

Ausdrücklich widerlegt werden könnte die Angabe des Berufungswerbers allenfalls durch eine Einvernahme des von ihm benannten Herrn K. Diesbezüglich hat bereits die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck versucht, mit Herrn K Kontakt aufzunehmen, was jedoch fehlgeschlagen ist. Herr K hat die Anfrage der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck nicht in Empfang genommen, weitere Versuche mit ihm Kontakt aufzunehmen, sind nicht erfolgt. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. vertritt die Auffassung, dass letztlich - auch aus verwaltungsökonomischen Gründen - weitere Versuche einer Kontaktaufnahme im nunmehrigen Berufungsverfahren zu keinem brauchbaren Ergebnis führen würden.

 

Auf Grund der vorliegenden Beweise kann somit die Rechtfertigung des Beschuldigten, er habe sein Fahrzeug an Herrn K überlassen und er sei zum Vorfallszeitpunkt mit Herrn R in dessen Lkw nach Tschechien unterwegs gewesen, nicht widerlegt werden.

 

I.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

Dazu wird festgestellt, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" (im Zweifel für den Beschuldigten) anzuwenden ist. Dieser Grundsatz ist eine Regel für jene Fälle, in denen im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise in dem entscheidenden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden konnte. Wenn nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung somit Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen.

 

Wie oben dargelegt wurde, sind die Aussagen des Beschuldigten bzw. der von ihm benannten Zeugen nicht unglaubwürdig, weshalb jedenfalls Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten bestehen müssen. Nachdem weitere Beweismittel, welche den Nachweis der Täterschaft des Berufungswerbers erbringen könnten, nicht zur Verfügung stehen, muss im vorliegenden konkreten Falle davon ausgegangen werden, dass der dem Beschuldigten zur Last gelegte Sachverhalt nicht als erwiesen angesehen werden kann.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG war daher - in dubio pro reo - der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten einzustellen.
 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

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