Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-109728/2/Zo/Pe

Linz, 24.08.2004

 

 

 VwSen-109728/2/Zo/Pe Linz, am 24. August 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des J G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. N N, vom 14.4.2004, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 29.3.2004, VerkR96-9209-2003, wegen zwei Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 51 Abs.1, 44a Z1 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Der Bezirkshauptmann von Gmunden hat über den Berufungswerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis zwei Geldstrafen sowie entsprechende Ersatzfreiheitsstrafen verhängt, weil dieser am 8.9.2003 um 16.25 Uhr den Lkw mit dem Kennzeichen in Linz auf der Waldeggstraße in Fahrtrichtung Autobahn gelenkt habe, wobei er auf Höhe Waldeggstraße Nr., Auffahrt zur Westbrücke, an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden beteiligt gewesen sei. Obwohl sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall gestanden sei, habe er es unterlassen

  1. sein Fahrzeug sofort anzuhalten,
  2. ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle von diesem Verkehrsunfall zu verständigen.

Der Berufungswerber habe dadurch Übertretungen nach § 4 Abs.1 lit.a sowie § 4 Abs.5 StVO 1960 begangen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorerst vorbringt, dass keine rechtswirksame Verfolgungshandlung gesetzt worden sei. Er habe erst am 16.3.2004, also nach Ablauf der Verjährungsfrist, Akteneinsicht genommen. Weiters führt der Berufungswerber aus, dass die Unfallgegnerin jedenfalls ein Mitverschulden treffe und dass es in der Linkskurve zu einem Verrutschen der geladenen Paletten kommen kann, welches vom Fahrer des Lkw mit der Berührung eines anderen Kraftfahrzeuges verwechselt werden kann. Es wurde die Einholung eines kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigengutachtens sowie die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Gmunden hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Da sich bereits aus diesem ergibt, dass der Berufung stattzugeben war, entfällt die öffentliche mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Die Unfallgegnerin erstattete am 8.9.2003 um 16.25 Uhr beim Unfallkommando der BPD Linz die Anzeige, dass es am 8.9.2003 um 15.45 Uhr in Linz, Waldeggstraße Nr., bei der Auffahrt zur Westbrücke zu einem Verkehrsunfall mit dem Lkw gekommen sei. Der Unfallgegner habe sein Fahrzeug nicht angehalten, weshalb in weiterer Folge das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt wurde. In der Strafverfügung vom 23.10.2003 wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er nach einem Verkehrsunfall um 16.25 Uhr "Fahrerflucht begangen habe". In sämtlichen Schriftstücken im erstinstanzlichen Verfahrensakt ist als Tatzeit 16.25 Uhr angegeben. Erst am 16.3.2004 - also nach mehr als sechs Monaten - hat der Rechtsvertreter des Berufungswerbers in den Akt Einsicht genommen und konnte dabei erstmals feststellen, dass sich der Verkehrsunfall bereits um 15.45 Uhr ereignet hat.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 44a Abs.1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung muss die Tat im Spruch hinsichtlich Tatzeit und Tatort so eindeutig umschrieben sein, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Sämtliche Tatbestandsmerkmale der übertretenen Norm müssen dem Beschuldigten so konkret vorgeworfen werden, dass er im ordentlichen Verfahren in der Lage ist, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen widerlegen zu können. Weiters muss der Spruch so eindeutig formuliert sein, dass der Beschuldigte rechtlich davor geschützt ist, wegen des selben Verhaltens noch einmal zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

5.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist als Berufungsinstanz berechtigt, den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu korrigieren. Er darf dabei aber nach der Rechtsprechung den Spruch nicht so weit abändern, dass er dem Berufungswerber eine andere Tat vorwirft, als dies im erstinstanzlichen Straferkenntnis der Fall war (vgl. VwGH vom 25.2.2004, 2001/03/0436).

 

Im vorliegenden Fall besteht zwischen der tatsächlichen Unfallzeit und der dem Berufungswerber vorgeworfenen Tatzeit eine Differenz von 40 Minuten. Eine minutengenaue Angabe der Tatzeit ist zwar in aller Regel nicht erforderlich und in vielen Fällen auch gar nicht möglich, die Abweichung von 40 Minuten ist aber nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates doch so groß, dass hier der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses nicht mehr korrigiert werden kann, ohne dabei die dem Berufungswerber vorgeworfene Tat auszuwechseln. Innerhalb der Verjährungsfrist wurde keine Verfolgungshandlung mit der richtigen Tatzeit gesetzt, weshalb das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war. Im vorliegenden Fall ist auch zu berücksichtigen, dass die richtige Unfallzeit auf Grund der Unfallanzeige der BPD Linz von Anfang an bekannt war und der Umstand, dass dem Berufungswerber eine falsche Tatzeit vorgeworfen wurde, nicht in seiner Sphäre liegt.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum