Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260213/5/WEI/Bk

Linz, 04.03.1998

VwSen-260213/5/WEI/Bk Linz, am 4. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des H vom 19. Februar 1997 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Statutarstadt Wels vom 22. Jänner 1997, Zl. MA 11-Wa-138-1988 Rö, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 137 Abs 2 lit h) iVm § 32 Abs 4 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis der belangten Behörde vom 22. Jänner 1997 wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer der W GesmbH. & CoKG., W, und damit als das zur Vertretung nach außen befugte Organ gemäß § 9 Abs 1 VStG 1991 i.d.g.F. strafrechtlich dafür verantwortlich, daß beim Betriebsobjekt W, durch die Einleitung von betrieblichen Abwässern mit einem Gehalt von 335 mg/l bzw. 470 mg/l an schwerflüchtigen lipophilen Stoffen in die städtische Kanalisation am 12.7.1994 bzw. am 14.7.1994 der genehmigte Gehalt von 100 mg/l an verseifbaren Fetten und Ölen überschritten wurde und damit eine bewilligungspflichtige Einleitung in eine Kanalisation entgegen der mit Bescheid des Amtes der oö. Landesregierung vom 1.2.1978, Wa-272/1-1978, erteilten wasserrechtlichen Bewilligung (Wasserrecht PZ. 621 des Wasserbuches des Verwaltungsbezirkes Wels-Stadt) vorgenommen wurde." Dadurch erachtete die belangte Behörde §§ 137 Abs 2 lit h) iVm 32 Abs 4 WRG 1959 idgF als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung "gemäß § 137 Abs. 2 lit h WRG 1959 i.d.g.F." (richtig: nach dem Strafrahmen des § 137 Abs 2 WRG 1959) eine Geldstrafe in Höhe von S 2.500,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 250,-- vorgeschrieben. 1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines Rechtsvertreters am 5. Februar 1997 zugestellt wurde, richtet sich die am 19. Februar 1997 rechtzeitig zur Post gegebene Berufung gleichen Datums, die beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 20. Februar 1997 einlangte. Im Hinblick auf § 63 Abs 5 AVG idF BGBl Nr. 471/1995 gilt die Berufung daher als rechtzeitig eingebracht. Die Berufung strebt sinngemäß die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens an. 1.3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet. 2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Straferkenntnis hat der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 1. Februar 1978, Wa-272/1-1978, der Firma W & CoKG nach Maßgabe der Projektsunterlagen und Beschreibung in der Verhandlungsschrift vom 19. Jänner 1978 die wasserrechtliche Bewilligung zur Einleitung der bei den Schlachtungen, bei der Reinigung der Schlachträume, der Fleischverarbeitungsräume und der Stallungen, aus den sanitären Anlagen und bei der Reinigung von Kraftfahrzeugen anfallenden Betriebsabwässer sowie der Niederschlagswässer von den Verkehrsflächen des Betriebsgeländes (Gst.Nr. 1822/4 und 1822/6 der KG P) in die Kanalanlagen der Stadt W und in weiterer Folge in die Anlagen des Wasserverbandes "Abwasserverband W" unter Vorschreibungen erteilt. Im Vorschreibungspunkt 7 des Spruchteiles I wurde festgelegt, daß ein Gehalt von 100 mg/l an verseifbaren Fetten und Ölen bei Einleitung in die öffentliche Kanalisation einzuhalten ist.

2.2. Die Unterabteilung Gewässerschutz des Amtes der o.ö. Landesregierung hat anläßlich einer Überprüfung des S im Zeitraum vom 11. bis 18. Juli 1994 mengenproportionale Tagesmischproben gezogen und schwerflüchtige lipophile Stoffe von 250 mg/l bis 470 mg/l analysiert (vgl Äußerung der Amtssachverständigen vom 13.09.1994, U-GS-323033/3-1994/Mö/Lb). Im Bericht wird darauf verwiesen, daß auch Kühlwässer über die Meßstelle geführt wurden, die die Ergebnisse noch "verschönert" haben. Der Grenzwert von 150 mg/l nach der branchenspezifischen Verordnung BGBl Nr. 182/1991 des BMLF über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus Schlachtbetrieben und fleischverarbeitenden Betrieben wurde damit deutlich überschritten. Allerdings enthält § 5 dieser Verordnung, worauf der Bw in seiner Stellungnahme vom 26. April 1995 hinwies, eine Anpassungsfrist von fünf Jahren.

Auf Anfrage der belangten Strafbehörde gab die Unterabteilung Gewässerschutz mit Schreiben vom 24. Februar 1995, U-GS-323033/6-1995/Br/Lb, eine ergänzende Stellungnahme durch ihren Amtssachverständigen für Chemie ab. Dieser stellte zunächst klar, daß die Parameter "Verseifbare Fette und Öle" und "schwerflüchtige lipophile Stoffe" durch unterschiedliche Analysemethoden ermittelt werden, weshalb die Analysewerte "nicht unbedingt vergleichbar" sind. Über die "schwerflüchtigen lipophilen Stoffe" werde eine größere Anzahl von Stoffen erfaßt, weshalb dieser Wert im Normalfall höher sei. Aufgrund von Überprüfungsdaten bzw Literaturwerten könne mit einem Verhältnis von 1 : 1,5 bis 2 umgerechnet werden. Eine direkte Beziehung mit konstantem Umrechnungsfaktor sei anhand der der Unterabteilung Umweltschutz vorliegenden Daten nicht gesichert herstellbar. Aufgrund des optischen Eindrucks der Vorreinigungsanlagen im W sei eine Überschreitung des Grenzwerts für den Parameter "Verseifbare Fette und Öle" durchaus in Betracht zu ziehen. Da auch unverschmutzte Kühlwässer über die Meßstelle abgeleitet wurden, wäre es zu einer wesentlichen Verdünnung des anfallenden Abwassers gekommen. Ältere Untersuchungsdaten über die betriebliche Abwassersituation lägen aber nicht vor. Die Berufung auf den alten Bescheid wäre wegen einer wesentlichen Erhöhung der Schlachtzahlen problematisch.

In der Stellungnahme vom 26. April 1995 bestritt der Bw den Umrechnungswert als unzulässig niedrig und kritisierte ua die fehlende Angabe von Literaturwerten und Ausgangsdaten. Die belangte Behörde ersuchte daraufhin den Amtssachverständigen telefonisch um Aufklärung. Die Unterabteilung Gewässerschutz übermittelte sodann mit Begleitschreiben vom 16. Juni 1995 eine Gegenüberstellung von im Labor dieser Abteilung analysierten Meßwerten für die Parameter "verseifbare Fette und Öle" und "schwerflüchtige lipophile Stoffe". Aus einer Aufstellung von insgesamt 20 analysierten Abwasserstichproben ergab sich nunmehr, daß der Umrechnungsfaktor vom Parameter "verseifbare Fette und Öle" auf den Parameter "schwerflüchtige lipophile Stoffe" in einem Verhältnis von 1 : 1,4 bis 5,1 und damit weitergehend als bis dahin bekanntgegeben variieren konnte. Ohne nähere Darlegung wurde angemerkt, daß der Faktor bei reinen Schlachtbetrieben eher zu den kleinen Werten tendiere. Die Anlagen im gegenständlichen Betrieb entsprächen auch keinesfalls dem Stand der Reinigungstechnik. Abermals verwies der Amtssachverständige auf den Verdünnungseffekt und daß der Fettabscheider randvoll gewesen wäre.

In der Stellungnahme vom 18. August 1995 forderte der Bw abermals die Angabe jener wissenschaftlichen Literatur und die Bekanntgabe von Testreihen, die die Aussagen des Amtssachverständigen belegen könnten, widrigenfalls die angegebenen Faktoren als willkürlich festgesetzt beurteilt werden müßten. Die von der Unterabteilung Gewässerschutz vorgelegte Gegenüberstellung könne die bisher geäußerten Bedenken nicht zerstreuen. Solange keine einwandfreie Trennung der gegenständlichen Parameter vorliegt, dürfe ein Verstoß gegen den Genehmigungsbescheid nicht unterstellt werden. Eine vermutete Umrechnung sei für die verwaltungsstrafrechtliche Beurteilung zu wenig.

2.3. Daraufhin erließ der Magistrat der Statutarstadt Wels gegen den Bw das Straferkenntnis vom 5. September 1995, Zl. MA 11-Wa-138-1988, und verhängte wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 137 Abs 2 lit h) iVm § 32 Abs 4 WRG 1959 eine Geldstrafe von S 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag). Aus Anlaß der dagegen eingebrachten Berufung hob der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Erkenntnis vom 11. Juli 1996, VwSen-260184/5/Wei/Bk, das Straferkenntnis wegen sachlicher Unzuständigkeit des Magistrats ersatzlos auf.

Mit Schreiben vom 7. November 1996 teilte die belangte Behörde dem Bw mit, daß nunmehr der Bürgermeister der Stadt Wels als Erstbehörde im übertragenen Wirkungsbereich ein inhaltlich gleichlautendes Straferkenntnis zu erlassen gedenke, weil sich in materiellrechtlicher Hinsicht zwischenzeitlich keine neuen Fakten ergeben hätten. In der Stellungnahme vom 26. November 1996 verweist der Bw auf die nach eigenen Angaben der Unterabteilung Gewässerschutz (Stellungnahme vom 24.02.1995) teilweise nicht zur Gänze normkonform durchgeführten Messung, die zur Feststellung eines verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestandes nicht herangezogen werden könne. Selbst wenn man von den angelasteten Meßwerten ausgeht, sei dadurch eine Konsensüberschreitung nicht bewiesen, weil für die Rückrechnung eine nachprüfbare Begründung fehle. Es wurde beantragt, die Unterabteilung Gewässerschutz zu veranlassen, Meßmethoden und Meßgeräte sowie Überprüfungsdaten und Literaturwerte bekanntzugeben, die sie zur Annahme eines Umrechnungsfaktors von 1,5 bis 2 von "verseifbaren Fetten und Ölen" auf "schwerflüchtige lipophile Stoffe" veranlaßte.

Die belangte Behörde erließ unter Abstandnahme von weiteren Erhebungen das angefochtene Straferkenntnis vom 27. Jänner 1997 und verwies in ihrer Beweiswürdigung auf die Untersuchungsergebnisse der Unterabteilung Gewässerschutz. Bei der Umrechnung wäre der für den Beschuldigten günstige Faktor 3 herangezogen worden, obwohl die Umrechnungsfaktoren bei reinen Schlachtbetrieben eher zu den kleinen Werten hin tendieren. Außerdem wirke sich die "Verdünnung" durch die Führung der betrieblichen Abwässer über die Meßstelle günstig aus.

2.4. In der Berufung wird abermals auf die verschiedenen Analysemethoden zur Feststellung der Parameter "verseifbare Fette und Öle" und "schwerflüchtige lipophile Stoffe" und auf die Bandbreite der von der Unterabteilung Gewässerschutz bekanntgegebenen Umrechnungsfaktoren von 1,4 bis 5,1 hingewiesen. Die im angefochtenen Straferkenntnis vorgenommene Umrechnung mit Faktor 3 wäre unzulässig und nicht nachvollziehbar. Die geforderte Offenlegung der Analysemethoden und der Literaturwerte wäre nicht erfolgt. Warum bei Schlachtbetrieben der Umrechnungsfaktor zu den kleinen Werten hin tendiere, sei nicht im einzelnen begründet worden. Es wäre daher technisch durchaus möglich, daß in den analysierten schwerflüchtigen lipophilen Stoffen im Tatzeitpunkt weniger als 100 mg/l verseifbare Fette und Öle enthalten waren. Jedenfalls reiche die bloße Umrechnung auf wissenschaftlich nicht belegtem Zahlenmaterial für eine Verurteilung nicht aus. Die Berufung setzt sich in der Folge noch detailliert mit den Aussagen des Amtssachverständigen auseinander und vertritt dabei im wesentlichen den schon im strafbehördlichen Verfahren vertretenen Standpunkt. Außerdem wird ausgeführt, daß es sich bei dem im Bewilligungsbescheid geforderten Wert von 100 mg/l an verseifbaren Fetten und Ölen um einen Schreibfehler handeln müsse, weil es 1978 europaweit noch keine Anlagen gegeben hätte, mit denen ein solcher Wert zu erzielen war. Richtigerweise müßte es 300 mg/l heißen, auch wenn der Bewilligungsbescheid nicht bekämpft wurde. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses beziehe sich auf Stoffe, die gar nicht Gegenstand der wasserrechtlichen Bewilligung vom 1. Februar 1978 seien. Zum Beweis dafür beruft sich der Bw auf den Administrativakt und einen Sachverständigen auf dem Gebiet der technischen Chemie.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsstrafakten unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt bis auf die Aussagekraft der Äußerungen des Amtssachverständigen für Chemie unstrittig erscheint. Die Überprüfung der strafbehördlichen Beweiswürdigung und die Lösung der Rechtsfrage der mängelfreien Feststellbarkeit von belastenden Tatsachen war dem erkennenden Verwaltungssenat auch ohne weitere Beweisaufnahmen möglich. 4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 in der zur Tatzeit und zur Zeit des Straferkenntnisses (vgl § 1 Abs 2 VStG) anzuwendenden Fassung BGBl Nr. 252/1990 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen, wer eine bewilligungspflichtige Einleitung in eine Kanalisation (§ 32 Abs 4) ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen vornimmt.

Wer als Indirekteinleiter gemäß § 32 Abs 4 WRG 1959 idF BGBl Nr. 252/1990 Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation vornahm, bedurfte nach dem ersten Satz des Absatz 4 bei Zustimmung des Kanalisationsunternehmens dann keiner wasserrechtlichen Bewilligung, wenn auf die einzuleitenden Abwässer und Stoffe bei der Bewilligung der Kanalisationsanlage Bedacht genommen wurde und eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der Reinigungsanlage, bauliche Schäden oder Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage oder zusätzliche Gefahren für das Wartungs- und Betriebspersonal nicht zu besorgen waren.

Der Verfassungsgerichtshof hat mittlerweile mit Erkenntnis vom 26. Juni 1997, G 51/95-12 ua Zlen., die Worte "dann" und ",wenn auf die einzuleitenden Abwässer und Stoffe bei der Bewilligung der Kanalisationsanlage Bedacht genommen wurde und eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der Reinigungsanlage, bauliche Schäden oder Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage oder zusätzliche Gefahren für das Wartungs- und Betriebspersonal nicht zu besorgen sind" im ersten Satz und den dritten Satz des § 32 Abs 4 WRG 1959 idF der WR-Novelle 1990 unter Fristsetzung als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung tritt danach mit Ablauf des 31. Dezember 1997 in Kraft. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht in Wirksamkeit. Die Bestimmung des § 32 Abs 4 WRG 1959 idF BGBl Nr. 252/1990 war daher auf andere als Anlaßfälle weiterhin anzuwenden (vgl Art 140 Abs 7 B-VG).

Der Gesetzgeber hat mit der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997 (BGBl I Nr. 74/1997) den § 32 Abs 4 WRG 1959 aufgehoben und eine Neuregelung für Indirekteinleiter nach § 32b WRG 1959 geschaffen. Auch die Strafbestimmung des § 137 Abs 2 lit h) wurde völlig neu gefaßt. Diese neuen (im Ergebnis nicht günstigeren) Regelungen stellen auf die vom BMLF mit Verordnung erlassenen Emissionsbegrenzungen und auf vom Kanalisationsunternehmen zugelassene Abweichungen ab. Strafbar ist nunmehr die Nichteinhaltung dieser Begrenzungen oder schlicht die Einleitung ohne Zustimmung des Kanalisationsunternehmens.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde dem Bw den 2. Deliktsfall der Einleitung in eine Kanalisation entgegen einer Bewilligung angelastet und auf den mit Bescheid des Amtes der oö. Landesregierung (richtig: Landeshauptmann von Oberösterreich) vom 1. Februar 1978, Wa-272/1-1978, vorgeschriebenen Grenzwert für "verseifbare Fette und Öle" von 100 mg/l abgestellt. Konsequenterweise hätte die Strafbehörde daher nicht den insofern nicht einschlägigen § 32 Abs 4 WRG 1959 sondern die bezogene Bescheidvorschreibung als verletzte Rechtsvorschrift nennen müssen.

4.2. Die Berufung rügt im Ergebnis mit Recht, daß die angelasteten Grenzwertüberschreitungen auf einer nicht ausreichend gesicherten Tatsachengrundlage erfolgt sind. Auch nach Lektüre sämtlicher Aussagen des Amtssachverständigen für Chemie kann der erkennende Verwaltungssenat nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit feststellen, daß der im Bewilligungsbescheid vorgesehene und im vorliegenden Fall allein maßgebliche Grenzwert für verseifbare Fette und Öle von 100 mg/l tatsächlich überschritten wurde. Schon die Vorgangsweise der Unterabteilung Gewässerschutz, nicht den bescheidmäßig vorgeschriebenen Parameter, sondern allein den Parameter "schwerflüchtige lipophile Stoffe" nach der noch nicht anwendbaren branchenspezifischen Emissionsverordnung, BGBl Nr. 182/1991 idF BGBl Nr. 537/1993, zu analysieren und dann trotz nicht gesicherter Wechselbeziehungen ohne wissenschaftlichen Beleg einfach mit dem vermuteten Faktor 1,5 bis 2 auf "verseifbare Fette und Öle" umzurechnen, ist zumindest als bedenklich und gemessen an der in einem Strafverfahren erforderlichen Beweiskraft als untauglich anzusehen. Wenn dann nach dem berechtigten Begehren des Bw, die Grundlagen für diese Annahmen offenzulegen, die Unterabteilung Gewässerschutz lediglich 20 hinsichtlich beider Parameter analysierte Abwasserstichproben auflisten kann, die noch dazu einen stark schwankenden Umrechnungsfaktor von dem Parameter "verseifbare Fette und Öle" auf den Parameter "schwerflüchtige lipophile Stoffe" im Bereich von 1 : 1,4 bis 5,1 ausweisen, so spricht dies für sich und beweist zumindest, daß die Unterabteilung Gewässerschutz keine technisch gesicherte Aussage über einen Umrechnungsfaktor von 1,5 oder 2 hätte machen dürfen. Der vage Hinweis, daß bei reinen Schlachtbetrieben eher die niedrigen Werte anzunehmen sind, beruht offenbar ebensowenig auf gesicherten Erfahrungen, die durch wissenschaftliche Methoden ausreichend bewiesen wären. Daran vermag auch die begünstigende "Verdünnung" durch abgeleitete Kühlwässer an der Meßstelle nichts zu ändern.

Wenn die belangte Behörde ein angeblich günstiges Umrechnungsverhältnis von 1 : 3 heranzieht, so kann ihr mit Recht entgegengehalten werden, daß es auch für die Annahme dieses Mittelwertes keine gesicherte Grundlage gibt und daß in dieser Vorgangsweise daher eine Beliebigkeit liegt, die mit dem im Strafverfahren geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" nicht vereinbar ist. Die Feststellung von Grenzwertüberschreitungen auf Basis dieser Beweislage bewegt sich daher auf dem Niveau einer Vermutung zu Lasten des Täters. Selbst unter der Annahme, daß die vom Amtssachverständigen für Chemie zuletzt mitgeteilte Schwankungsbreite des Umrechnungsverhältnisses von 1 : 1,4 bis 5,1 maßgeblich ist - nicht einmal diese Tatsache erscheint nach der Aktenlage gesichert - , hätte die belangte Behörde im Hinblick auf die Unschuldsvermutung iSd Art 6 Abs 2 EMRK im Zweifel von dem für den Bw günstigsten Umrechnungsfaktor ausgehen müssen. Die Umrechnung des tatsächlich analysierten Parameters "schwerflüchtige lipophile Stoffe" auf den gesuchten Parameter "verseifbare Fette und Öle" hätte daher im Verhältnis von 5,1 : 1 erfolgen müssen. Danach sind die angelasteten "schwerflüchtigen lipophilen Stoffe" von 335 mg/l und 470 mg/l durch 5,1 zu dividieren, was für den gesuchten Parameter "verseifbare Fette und Öle" eindeutig unter dem bescheidförmigen Grenzwert liegende Gegenwerte von 65,686274 und 92,156862 ergibt.

Da bei einer den rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichteten Beweiswürdigung eine Grenzwertüberschreitung nicht nachweisbar erscheint, war das angefochtene Straferkenntnis jedenfalls aufzuheben und das Strafverfahren mangels erwiesener Verwaltungsübertretung gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e i ß

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