Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109731/13/Bi/Be

Linz, 08.07.2004

VwSen-109731/13/Bi/Be Linz, am 8. Juli 2004

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn S P, vom 24. April 2004 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 12. Jänner 2004, VerkR96-4491-2003, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 6. und 8. Juli 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 8Abs.4 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 50 Euro (30 Stunden EFS) verhängt, weil er am 5. Mai 2003 vor 22.34 Uhr mit dem Pkw, Kz., in Marchtrenk auf der verbotenerweise den Gehsteig benutzt habe, indem er das Fahrzeug auf diesem abgestellt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 5 Euro auferlegt.

Das Straferkenntnis wurde laut Rückschein mit Beginn der Abholfrist am 14. April 2004 durch Hinterlegung zugestellt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen

Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 6. und 8. Juli 2004 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, der Meldungslegerin Insp. P B (Ml) und der Zeugin E M durchgeführt. Seitens der Erstinstanz ist niemand erschienen. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, das Straferkenntnis sei deshalb zu Unrecht erlassen worden, weil er das Fahrzeug nicht am Gehsteig, Gehweg oder auf einer Schutzinsel, sondern an einem Grünstreifen gehalten habe, um auf einer Fahrbahn mit Gegenverkehr zwei Fahrstreifen freizuhalten. Der Berufung sind zwei ausgedruckte Digitalbilder beigelegt.

Er macht weiters geltend, er habe von der Zustellung der Strafverfügung innerhalb der Verfolgungsverjährungefrist keine Kenntnis erlangt, sondern erstmals am 14. November 2003, nach mehr als sechs Monaten, weil die Behörde die Strafverfügung an eine falsche Adresse zugestellt habe. Beantragt wird Verfahrenseinstellung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz im angefochtenen Straferkenntnis berücksichtigt und die beiden Zeuginnen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht einvernommen wurden.

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass die Ml, die als Organ Nr. 2432567 in der dem Akt angeschlossenen Organstrafverfügung aufscheint, Anzeige erstattet hat, wobei der Tatvorwurf laut Organstrafverfügung sich darauf bezieht, am 5. Mai 2003, 22.34 Uhr in Marchtrenk, den Pkw, VW Golf, "auf dem Gehsteig bzw Grünfläche" den Pkw geparkt zu haben.

Die Ml hatte in der Verhandlung keine konkrete Erinnerung an den Vorfall, zumal auch keine Anhaltung erfolgt ist. Sie hat aus der Uhrzeit geschlossen, dass ihr damals im Rahmen des Streifendienstes beim Abfahren der dortigen Siedlung der genannte Pkw aufgefallen sei, wobei üblicherweise zunächst die Fahrt fortgesetzt und nachher nochmals Nachschau gehalten werde. Wenn zu dieser Zeit der Pkw immer noch dort abgestellt sei, werde eine Organstrafverfügung ausgestellt. Diese Vorgehensweise halte sie auch im gegenständlichen Fall für zutreffend.

Hinsichtlich des genauen Abstellortes "auf dem Gehsteig bzw Grünfläche" gab die Ml an, sie könne sich daran nicht erinnern, schließe aber aus ihrer eigenen Formulierung, dass der Pkw "irgendwo oben" abgestellt gewesen sei, sie denke mit einem Reifen in der Grünfläche und mit einem Reifen auf dem Gehsteig. Wäre der Pkw mit beiden Reifen auf einer Seite nur in der Grünfläche gestanden, hätte sie


zuerst im mitgeführten StVO-Büchlein nachschauen müssen, weil das dann für sie auf den ersten Blick keinen strafbaren Tatbestand dargestellt hätte.

Die Zeugin Mair, die damalige Freundin des Bw, die in der Paracelsusstraße 21 wohnt, gab an, ihr seien die dort bestehenden Parkplatzprobleme wohl bewusst. Dort befinden sich entweder nummerierte Mieterparkplätze, die Tiefgarage oder eine geringe Anzahl von Besucherparkplätzen, die an Abend voll seien. Auf der Straße dürfe man auch nicht parken. Sie kenne einige Leute, die dort wegen Parkvergehen gestraft worden seien. Am Vorfallstag habe sie noch aus der Wohnung etwas holen wollen und dem Bw gesagt, er möge seinen Pkw seitlich versetzt mit zwei Reifen in der Grünfläche abstellen, weil es dort die wenigsten Probleme gebe. Die Besucherparkplätze seien voll gewesen; es habe sonst keine Möglichkeit bestanden und auf der Straße dürfe er nicht stehenbleiben. Er habe zuerst unten gewartet, sie habe ihm dann beim Küchenfenster hinuntergerufen, dass sie länger brauchen werde. Er sei dann in die Wohnung gekommen. Es könne sein, dass sein Pkw mit der Motorhaube auf den anschließenden Gehsteig geragt sei, aber er sei sicher nicht mit einem Reifen darauf gestanden.

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung war für den Unabhängigen Verwaltungssenat davon auszugehen, dass sich die Ml konkret nicht an die genaue Parkposition des Pkw des Bw erinnern konnte und darauf angewiesen war, ihr damalige Formulierung entsprechend zu deuten. Aus der Formulierung "auf dem Gehsteig bzw Grünfläche", wobei "bzw Grünfläche" nachträglich (mit Auslassungszeichen) eingefügt wurde, hat sie geschlossen, der Pkw könne demnach mit einem Reifen auf dem Gehsteig und mit dem anderen Reifen derselben Fahrzeugseite in der Grünfläche geparkt gewesen sein.

Der Bw hat sich von Anfang an damit verantwortet, er sei mit beiden Reifen in der Grünfläche gestanden, weil er wegen des Bewuchses Schwierigkeiten gehabt habe, die Fahrzeugtür zu öffnen und auszusteigen.

Die Zeugin M hat die dort offenbar latenten Parkplatzprobleme für Nichtmieter anschaulich beschrieben und die Grünfläche als kurzfristigen Parkplatz "für Notfälle" als offenbar üblich dargelegt. Da sie sich am Vorfalltag zunächst beeilen wollte, dann aber doch länger gebraucht hat, hat sie dem Bw diesen Abstellplatz ausdrücklich vorgeschlagen und zwar eingeräumt, der Pkw könne mit der Motorhaube auf den Gehsteig geragt sein, sei aber sicher in der Grünfläche abgestellt gewesen.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates beruht die Darstellung der Ml auf einer Vermutung, wobei die Ml im erstinstanzlichen Verfahren nicht zeugenschaftlich vernommen wurde und verständlicherweise 14 Monate später keine Erinnerung an den Vorfall mehr haben konnte. Ihre nachträgliche Deutung der Formulierung war zu vage, um darauf einen Schuldspruch zu gründen, zumal sie auch nicht bestätigt hat, aus dem Streifenfahrzeug ausgestiegen zu sein und die


Parkposition genau angesehen zu haben. Hingegen war die Aussage der Zeugin M, die die schwierige Parkplatzsituation dort schlüssig und nachvollziehbar - das erkennende Mitglied hat am 17. Mai 2004 in Marchtrenk in der Paracelsusstraße einen Ortsaugenschein durchgeführt - geschildert und auch auf den "Notparkplatz" in der Grünfläche hingewiesen hat, glaubwürdig. Davon auszugehen, der Bw hätte ihre auf Erfahrung beruhende Empfehlung bei besetztem Besucherparkplatz nicht befolgt, besteht allein aufgrund der Aussage der Ml kein Ansatz.

In rechtlicher Hinsicht war daher gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG wegen Nichterweisbarkeit des Schuldvorwurfs im Zweifel zugunsten des Bw spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.

Zum übrigen Berufungsvorbringen ist zu bemerken, dass Verjährung aber nicht eingetreten ist, weil gemäß § 32 VStG eine Verfolgungshandlung die Verjährung auch dann unterbricht, wenn sie dem Beschuldigten nicht binnen sechs Monaten zur Kenntnis gelangt ist. Die an den Bw (richtigerweise) mit der Zulassungsadresse des Pkw LL-6KEX in Leonding, Hartackerstraße 40, gerichtete Strafverfügung vom 6.8.2003 verließ die Erstinstanz laut Rückschein am 8. September 2003, dh gerechnet ab dem Vorfallstag 5. Mai 2003 fristgerecht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

Beschlagwortung:

Tatvorwurf nicht nachweisbar → Einstellung

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