Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109753/2/Fra/He

Linz, 21.07.2004

 

 

 VwSen-109753/2/Fra/He Linz, am 21. Juli 2004

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn Dr. L H A, H, R, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 2. April 2004, VerkR96-2498-2003-GG, betreffend Zurückweisung eines Einspruches als verspätet und Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Folgender Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsstrafakt:

Der Gendarmerieposten Pregarten hat mit Anzeige vom 1.5.2003 an die Bezirkshauptmannschaft Freistadt den Berufungswerber (Bw) als verdächtigt, eine Übertretung nach § 84 Abs.2 StVO 1960 begangen zu haben.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Strafverfügung vom 17.9.2003, VerkR96-2498-2003, über den Bw wegen Übertretung des § 84 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.j leg.cit. eine Geldstrafe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe
12 Stunden) verhängt. Lt. Zustellnachweis (Rückschein) wurde diese Strafverfügung am 26.9.2003 beim Postamt 4910 Ried im Innkreis durch Hinterlegung zugestellt. Diese Strafverfügung wurde mit dem Postfehlbericht "nicht behoben" an die Bezirkshauptmannschaft Freistadt retourniert.

 

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2003 teilte die Bezirkshauptmannschaft Freistadt dem Bw mit, dass die oa Strafverfügung am 25.9.2003 (Beginn der Abholfrist) beim Postamt 4910 Ried im Innkreis hinterlegt wurde und, da die Sendung innerhalb der Abholfrist nicht behoben wurde, wieder an die Behörde zurückgestellt wurde. Der Bw wurde um Mitteilung ersucht, ob er innerhalb der vom 25.9.2003 bis 13.10.2003 laufenden Abholfrist von der Abgabestelle (Zustelladresse) abwesend war, wo er sich aufgehalten habe und wann er wieder dorthin zurückgekehrt ist. Der Bw teilte hiezu per E-Mail am 22. Oktober 2003 der Bezirkshauptmannschaft Freistadt mit, er habe aus dem oa Schreiben vom 21.10.2003 überrascht erfahren, dass eine gegen ihn ergangene Strafverfügung am 25.9.2003 beim Postamt 4910 Ried im Innkreis hinterlegt worden sein soll. Abgesehen davon, dass er an diesem Tage nicht ortsanwesend war, sondern vielmehr vom 20.9. bis 4.10. einen zweiwöchigen Kuraufenthalt in A T hatte, kommt es in der Regel zu keiner Hinterlegung von Poststücken, da Rückscheinbriefe in "unserem" Haus an der Kassa abgegeben und die unterzeichneten Rückscheine zurückgegeben werden. Wahrscheinlich wurde der Postbote im Geschäft auf seine Abwesenheit aufmerksam gemacht. Er hat mit Sicherheit keine Nachricht an der Abgabestelle, das ist die Haustüre des Hauses H, gegeben, sondern wenn überhaupt, die Verständigung in das Postfach der Firma B-A gelegt. In diesem Fall wäre die Verständigung rechtswidrig, da es sich nicht um sein persönliches Postfach handelt. Er beantrage daher, ihm die Strafverfügung ordnungsgemäß iSd Zustellgesetzes zuzusenden.

 

Von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt wurde dann eine weitere Zustellung der Strafverfügung angeordnet. Lt. Einspruch vom 28.10.2003 wurde diese Strafverfügung am selben Tage zugestellt. Der Bw führt dagegen inhaltlich aus, dass er die inkriminierte Verwaltungsübertretung (mit der oa Strafverfügung wurde dem Bw angelastet, dass er am 22. April 2003 ohne Bewilligung ca. 5 m neben der B 123, bei Strkm. 21.200, Freilandstraße, eine Ankündigung [Werbeeinrichtung] errichten ließ, obwohl außerhalb von Ortsgebieten an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 Meter vom Fahrbahnrand die Anbringung von Ankündigungen verboten ist) nicht begangen habe. Er bringt weiters vor, dass die gegenständliche Ankündigungstafel von der Firma B-A mit Sitz in R, H, aufgestellt wurde. Er sei für dieses Unternehmen nicht vertretungsbefugt. Die Vertretungsverhältnisse können im Firmenbuch nachgelesen werden. Es sei ihm nicht erklärlich, woraus die Behörde einen Zusammenhang mit seiner Person und der Werbeankündigung konstruiere.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft vom 18. Dezember 2003 wurde Frau C A, H, R als die seit 22.12.1980 zur selbständigen Vertretung nach außen berufene handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma B-A nach § 9 VStG aufgefordert, der Behörde bekanntzugeben, ob ein verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs.2 VStG bestellt ist. Mit E-Mail vom 30. Dezember 2003 teilte der Bw zu dieser Aufforderung mit, er empfehle die Lektüre der Entscheidung VwGH vom 22.2.2001, Zl. 98/15/0161. Da die Behörde ausschließlich ihn innerhalb der Verjährungsfrist belangt habe und er kein Organ der B-At, müsse wohl § 31 VStG angewendet werden, da es sich ja um kein Unterlassungsdelikt handelt und der deliktische Erfolg sofort eingetreten ist. Wenn die Behörde das nicht so sehe, werden "wir" den UVS mit dieser Frage befassen müssen. Ein verantwortlicher Beauftragter liege nicht vor. Es haften die Organe der Gesellschaft lt. Firmenbuch.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt teilte dem Bw mit Schreiben vom 7. Jänner 2004 mit, dass er gegen die Strafverfügung vom 17.9.2003, Zl. VerkR96-2498-2003, Einspruch erhoben habe. Die Strafverfügung sei am 25.9.2003, das sei zugleich der Beginn der Abholfrist, hinterlegt worden und gelte mit diesem Tag als zugestellt!!! Die hinterlegte Postsendung sei für ihn beim Postamt 4910 Ried im Innkreis bis 13.10.2003 zur Abholung bereit gehalten worden. Gemäß § 49 Abs.1 VStG beträgt die Einspruchsfrist zwei Wochen. Aus dem Poststempel ergebe sich, dass der Einspruch erst am 29.10.2003 beim Postamt 4910 Ried im Innkreis aufgegeben wurde, weshalb der Einspruch offensichtlich verspätet eingebracht wurde. Die Behörde beabsichtige diesen Einspruch als verspätet eingebracht zurückzuweisen. Der Bw könne binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens dazu Stellung nehmen.

 

Der Bw teilte der Bezirkshauptmannschaft per E-Mail am 8. Jänner 2004 mit, dass am 25.9.2003 keine rechtswirksame Zustellung beim Postamt Ried im Innkreis stattgefunden haben könne, da er zu diesem Zeitpunkt auf Urlaub in A, Hotel M P, gewesen sei. Wenn ein Zusteller entgegen der Übung wie es üblich ist , Rückscheinpost ins Geschäft zu bringen, diese hinterlegt habe, sei das mangels Ortsanwesenheit jedenfalls gesetzwidrig gewesen. Es frage sich auch, ob und wo eine Verständigung rechtswirksam hinterlegt wurde. Da er nicht Postfachinhaber sei, könne sie nicht in das Postfach der Firma B A rechtswirksam gelegt worden sein. Am Haus H sei eine derartige Hinterlegung von niemandem vorgefunden worden. Mangels Kenntnis von dem Poststück sei folgerichtig nach Ende der Behebungsfrist die Retournierung an die Behörde erfolgt. Erst durch ein weiteres Schreiben seitens der Behörde zum Zustellvorgang habe er von den Vorgängen Kenntnis erlangt und sofort bei Kenntnis der Strafverfügung Einspruch erhoben. Die Rechtsansicht der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, die Frist sei abgelaufen, sei daher nicht durch das Zustellgesetz gedeckt. Wenn die Behörde aber weiterhin eine gesetzmäßige Zustellung behauptet, verlange er die Einvernahme des Postorganes. Zum angekündigten weiteren Vorhaben, nach Zurückweisung des Einspruches das Verfahren von amtswegen einzustellen, wobei das ganze Verfahren offenbar nur dazu diene, eine Verfahrenskontinuität zu Verjährungsvermeidung zu konstruieren, teile er mit, dass es dazu wohl nicht mehr kommen werde, weil er eine Zurückweisung des Einspruches jedenfalls vor dem UVS bekämpfen werde. Zur Rechtsansicht, er sei im verwaltungsrechtlichen Sinne Organ der Firma B-A allerdings nur zum Zwecke der Vermeidung des Eintrittes von Verjährung, im Übrigen sei aber dann doch das zur Vertretung bestimmte Organ zuständig, verweise er darauf, dass die Gesellschaft von der Komplementärsgesellschaft B-A vertreten wird, deren Geschäftsführerin C A ist. Er dürfe als Richter nach dem Richterdienstgesetz nicht Geschäftsführer einer GesmbH. sein und scheide daher als Organ jedenfalls aus.

 

Am 30. Jänner wurde Frau L P - die Postbotin - zum Zustellvorgang einvernommen. Zu der Frage, ob sie in ihrer Eigenschaft als Postbotin eine Ankündigung gemäß den einschlägigen Vorschriften (Formular) über einen zweiten Zustellversuch an der Abgabestelle hinterlassen habe, gab sie an, dass sie anlässlich des ersten Zustellversuches den zweiten Zustellversuch mittels Ankündigung eines zweiten Zustellversuches (Formular) angekündigt habe. Zur Frage, ob sie in ihrer Eigenschaft als Postbotin eine Verständigung gemäß den einschlägigen Vorschriften (Formular) über die Hinterlegung an der Abgabestelle hinterlassen habe, gab sie an, dass sie über die Hinterlegung des Schriftstückes bei der Post eine Verständigung gemäß den einschlägigen Vorschriften an der Abgabestelle hinterlassen habe. Als Abgabestelle betrachte sie die Kassa im Geschäft B-A. Weitere Angaben könne sie nicht machen.

 

Im Rahmen der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 3. März 2004 wurde dem Bw diese Zeugenaussage zur Kenntnis gebracht. Mit Schreiben vom 8.3.2004 (eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt am 10. März 2004) teilte der Bw dieser Behörde mit, es sei ihm nicht bekannt, welche Fragen der Zeugin gestellt wurden, weiters seien ihm keine Hinweise zum Datum und zur Uhrzeit der angeführten Zustellung bekannt. Beide Umstände seien jedoch wesentlich, denn an der Kassa der Firma A werde laufend kassiert und bei Kenntnis der Tage und Uhrzeiten könne man rasch herausfinden, welche Verkäuferin sich an die Zustellerin eigentlich erinnern müsste. Diese Umstände seien daher in einer ergänzenden Einvernahme zu erörtern, wobei die angeblichen Zustelltage sich wohl im Akt finden und die Zustellzeiten zumindest annähernd im Dienstplan der Zeugin, soweit sie nicht nur aushilfsweise tätig war, eruierbar seien. Nach Ergänzung der Aussage um diese wichtigen Daten werde er die Gegenüberstellung mit jenen Verkäuferinnen verlangen, die lt. Kassenbons zu diesen Zeiten Dienst hatten, um den angeblichen, im Geschäft nie berichteten Zustellvorgang zu verifizieren. Für ihn ergeben sich noch folgende Fragen von rechtlichem Belang: Wie kommt die Zeugin auf die Idee, die Abgabestelle für höchstpersönliche Zustellungen an Dr. L H A sei die Kasse des Geschäftes A, nur weil Dr. A im selben Hause wohne. Nach § 4 Zustellgesetz ist die Abgabestelle die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder die Arbeitstätte des Empfängers. Er sei zwar Gesellschafter von "B-A", nicht aber Geschäftsführer oder Mitarbeiter. Sein Beruf sei Richter beim Bezirksgericht Braunau und er sei Anteilseigner mehrerer Aktiengesellschaften, GesmbH´s, Kommanditgesellschaften, Genossenschaften etc., ohne an deren Sitzen über Abgabestellen, an denen man ihm ohne seine ausdrückliche Zustimmung zustellen kann, zu verfügen. Seine Wohnung sei im Haus H auch ausgeschildert und es existiere ein Briefschlitz. Dort sei die tatsächliche Abgabestelle für Zustellungen nach § 4 Zustellgesetz. Man könne ihm auch an der Arbeitsstelle beim Bezirksgericht Braunau zustellen. Die Zustellerin sei offenbar nicht ausrecheichend in die Bestimmung des § 21 Zustellgesetz unterwiesen worden, die sie eigentlich kennen müsste, wenn sie RSa-Briefe zustellt. Offenbar sei auch bei dieser Zustellung dasselbe passiert, worüber er sich bei Gericht immer wieder ärgern müsse, nämlich die Vernachlässigung der Bestimmung des § 17 Abs.1 ZPO. Abgesehen vom Verdacht, dass es überhaupt zu keiner Zustellung gekommen sei, erscheine es absolut unglaubwürdig, dass die Zustellerin an zwei Tagen hintereinander von niemanden Kenntnis erlangt habe, dass sich die Ehegatten A auf einem zweiwöchigen Urlaub befinden. Korrekterweise hätte die Zustellerin zumindest fragen müssen, ob er sich "regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte", wenn sie schon den kommunikativen Bereich eines Kassenpultes als Zustellort gewählt habe, außer sie hat sich zweimal klammheimlich zum unbesetzten Kassenpult geschlichen, um dort Zettel zu erlegen und grußlos wieder zu gehen. Die ganze Vorgangsweise sei an sich sehr eigenartig, denn es werden in der Woche viele Rückscheinbriefe zugestellt, wobei in der Regel der Postbote das Schriftstück samt Zustellzettel abgibt und am nächsten Tag den Zustellzettel vom jeweiligen Empfänger unterfertigt zurückbekommt, auch bei RSa-Briefen, obwohl es eigentlich gar nicht erlaubt sei, diese herauszugeben. Er nehme daher an, dass eine Aushilfsbriefträgerin am Werk war, die keine Ahnung über die Gepflogenheiten hatte.

Er selbst dürfte vor 15 Jahren den letzten RSa-Brief direkt bei der Post behoben haben, wobei er sich daran erinnere, dass er damals so schnell mit der Ankündigungsanzeige zum Postamt kam, dass die Sendung noch gar nicht hinterlegt war. Die Vorgangsweise sei höchst merkwürdig, denn selbst dann, wenn tatsächlich irgendwo etwas angekündigt wurde, doch zwei Formblätter vorhanden gewesen wären, von denen zumindest eines den Weg ins Büro gefunden hätte. Es sei auch ganz eigenartig, dass man das hinterlegte Poststück offenbar ohne Rückfrage zurückgesandt habe, denn es bei "uns" absolut nicht üblich, Poststücke zu ignorieren und der zuständige Zusteller hätte sicher etwas gesagt, wäre ihm diese Zustellung untergekommen. Offenbar sei sich die Behörde selbst nicht sicher und habe daher wegen der Zustellung bei ihm nachgefragt, wodurch er erstmals von der Behördenaktion Kenntnis erlangt habe. Jetzt versuche man es offensichtlich, eine unwirksame Zustellung über das Knie zu biegen, und davon abzulenken, dass sich die Bezirkshauptmannschaft Freistadt bei Ermittlungen nicht die Mühe genommen habe, Personen zu identifizieren, die nach Behördenansicht für eine angebliche Verwaltungsübertretung verantwortlich sind, wobei durch das fahrlässige Verhalten des zuständigen Beamten, der offenbar wahllos irgendeine Person mit der Firma Ammerer assoziiert hat, im Zusammenhang mit dem Zustellfehler Verjährung eingetreten ist. Er werde dieses Behördenverhalten auch dem Rechnungshof und der Volksanwaltschaft zugänglich machen, denn es sei nicht einzusehen, dass Steuergelder in Form von Beamtenarbeitszeit mit dieser Intensität vergeudet werden, um unbescholtene Bürger für etwas zu verfolgen, wofür sie - wie auch von der Behörde zwangsläufig nach Firmenbucheinsicht erkannt - nicht verantwortlich sind. Ehe die Sache zum Unabhängigen Verwaltungssenat geht, stelle er daher den Antrag, die Zeugin L P neuerlich zu seinen Vorhalten zu Datum und Uhrzeit sowie dazu einzuvernehmen, wie sie sich von seiner Ortsanwesenheit kundig gemacht habe, wobei er, soweit das rechtlich möglich ist, zu dieser Einvernehmung geladen werden wolle, sodann nach Ermittlung der Daten jene Verkäuferinnen bzw. Lehrlinge der Firma B-A, die bei der Übergabe der Verständigung anwesend gewesen sein könnten und noch benannt werden, in Gegenüberstellung mit L P einzuvernehmen. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt könne sich das alles ersparen, wenn sie endlich bereit sei, im gegenständlichen Fall das Zustellgesetz anzuwenden, vor allem in Bezug auf die gesetzliche Abgabestelle.

 

Darauf erließ die Bezirkshauptmannschaft Freistadt den nunmehr angefochtenen Bescheid.

 

 

2. Der angefochtene Bescheid wurde laut Zustellnachweis am 14.4.2004 zugestellt. Die dagegen erhobene Berufung wurde laut Poststempel auf dem entsprechenden Briefkuvert am 16.4.2004 um 8.47 Uhr dem Postamt 4910 Ried im Innkreis zur Beförderung übergeben und ist somit rechtzeitig eingebracht. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlasst und legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) entscheidet. Da die Berufung zurückzuweisen war, entfiel gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung.

 

3. Die Berufung lautet wie folgt:

"Hiermit erhebe ich gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 2.4.2004, VerkR96-2498-2003-GG, mir zugestellt am 14.4.2004 Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat und führe diese aus wie folgt.

Der Bescheid wird in seinem gesamten Inhalt angefochten und es wird beantragt, das bisherige Verfahren mangels ordnungsgemäßer Zustellung der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschart Freistadt vom 17.9.2003 für nichtig zu erklären und einzustellen.

Begründung:

Die Behörde behauptet rechtswirksame Zustellung einer Strafverfügung und sieht sich daher berechtigt, den dagegen erhobenen Einspruch zurückzuweisen.

Grundlage der Argumentation ist die Aussage der Zeugin L P, die ungeprüft als wahr angesehen wird. In eklatanter Weise wurde dem Berufungswerber das rechtliche Gehör durch Gegenüberstellung der Zeugin mit Mitarbeiterinnen der Firma B-A verweigert und einfach von den Behauptungen der Zeugin ausgegangen. Bei Durchlesen des Protokolls entsteht der Eindruck, dass ein vom vernehmenden Beamten kreierter Stehsatz unterfertigt wurde, wobei nicht einmal der Tag, schon gar nicht die Uhrzeit des angeblichen

Zustellvorganges, vermerkt wurde. Der vernehmende Beamte ist gar nicht auf die Pflichten eines Zustellers eingegangen und L P wurde offenbar gar nicht befragt, welche Umstände sie veranlasst haben, anzunehmen, der Berufungswerber sei ortsanwesend. All das hätte aufgeklärt werden können, denn aus der Uhrzeit des angeblichen Zustellvorganges hätte man bei der Auswertung des Kassastreifens erschließen können, welche Verkäuferin die Verständigungen bzw .

Hinterlegungsanzeigen entgegengenommen haben soll. Es hätte auch aufgeklärt werden können, ob die Verkäuferinnen auf den Urlaub des Berufungswerbers hingewiesen haben. Die Bebörde hat aber diese Beweisaufnahme verweigert und lapidar erklärt, sie habe 'keine Zweifel an der Richtigkeit der Aussage der am 30.1.2004 vernommenen Zeugin, Frau P L'.

Der offenbar nicht rechtskundige Beamte, der den angefochtenen Bescheid erstellt hat, hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, auf die Argumente des Berufungswerbers inhaltlich einzugehen, er hat sie ebenso wie die Gesetzesstellen lediglich zitiert.

Dabei hatte die Behörde offenbar ursprünglich sehr wohl Zweifel am Zustellvorgang, sonst wäre der Berufungswerber nicht schriftlich dazu befragt worden. Eigenartigerweise wurde nach dieser Befragung diese Strafverfügung 'neuerlich' mit der üblichen Rechtsmittelbelehrung betr. Einspruch zugestellt, obwohl sie nach der nunmehr geäußerten Rechtsansicht der Behörde bereits in Rechtskraft erwachsen sein müsste und die Belehrung lauten hätte müssen, dass ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig ist. Der Berufungswerber erhielt erst Kenntnis vom Verfahren aufgrund der Anfrage wg. Zustellung der Strafverfügung und hat sofort dargelegt, dass ihm infolge Ortsabwesenheit nicht rechtsgültig zugestellt wurde.

Dazu kommt, dass die Behörde die Ausführungen des Berufungswerbers zum Zustellort zwar zitiert, aber letztlich ignoriert hat. Es sei offenbar dessen Problem, wenn er zufällig in dem Haus wohne, in dem die Firma B-A ihren Sitz hat und es sei daher die Zustellung im Lokal des Unternehmens korrekt, auch dann, wenn das Haus über einen Parteienbriefschlitz an der Eingangstüre verfügt, in den aber keine Verständigungen eingeworfen wurden.

In der Folge ergeht sich die Behörde in der Begründung zum angefochtenen Beschluss in diffusen Erwägungen zur Frage, inwieweit der Berufungswerber in der Firma B-A vertretungsbefugt ist. Sein Hinweis, dass er ex lege als Richter nicht Geschäftsführer einer GesmbH sein kann und damit auch nicht vertretungsbefugt für eine GesmbH & Co KG, wird in Punkt 2 des angefochtenen Bescheides letztendlich offenbar akzeptiert. Der Bescheidverfasser versucht aber, irgendwelche Vertretungsbefugnisse des Berufungswerbers doch noch zu statuieren, denn der Gendarmerieposten Freistadt habe ihn als gewerberechtlichen Geschäftsführer bezeichnet. Wo der Gendarmerieposten diese Weisheit her hat, ist im Dunklen geblieben, möglicherweise aus einer Privateintragung im Telefonbuch Ried.

Sinn der Übung ist es offenbar, die eigenen Versäumnisse bei der korrekten Ermittlung des Geschäftsführers zu kaschieren und über die juristische Brücke der Aufhebung einer sozusagen rechtskräftig erlassenen Strafverfügung ein Verfolgungskonstrukt zu erstellen, das es der Behörde ermöglicht, gegen die Geschäftsführerin der Firma B-A trotz eingetretener Verjährung vorzugehen. Offenbar wird aus diesem Grund die Rechtskraft der nunmehr angefochtenen Entscheidung abgewartet, denn die Zustellung einer Strafverfügung an die Geschäftsführerin wäre an sich schon vor mehreren Monaten möglich gewesen. Der korrekte Weg wäre der gewesen, vor Erlassung der Strafverfügung beim Firmenbuch die Daten des Unternehmens zu erheben und bei der Bezirkshauptmannschaft Ried die Daten zur gewerberechtlichen Geschäftsführung zu ermitteln. Beides wurde unterlassen, obwohl die Behörde gegen den Geschäftsführer eines Filialunternehmens vorging und ohne seriöse Recherche gar nicht wissen konnte, wen sie belangen kann. Zumindest hätte das Unternehmen zur Selbstauskunft aufgefordert werden müssen, wenn schon nicht am Sitz in Ried, dann wenigstens am Filialstandort Mauthausen, der auf dem inkriminierten Plakat stand. Statt korrekter Ermittlung wurde offenbar irgendein Name als Adressat einer Strafverfügung bestimmt, wobei es aus Gründen, die nicht erläutert wurden, dann eben den Berufungswerber traf. Dieser hätte übrigens schon vor der Gendarmerie gehört werden müssen, wenigstens, um Personalien und Einkommensverhältnisse zu erfragen. In dem Bedürfnis, unbedingt irgendjemanden zu strafen, hat man diese elementaren Regeln aber greulich verletzt.

Mit den Formvorschriften nimmt man es bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt offenbar auch sonst nicht sehr genau, denn die angefochtene Entscheidung wurde nicht zu eigenen Handen zugestellt.

Jetzt kämpft die Behörde offenbar mit aufgrund ihres schlampigen Verhaltens eingetretener Verfolgungsverjährung. Man scheut dabei offenbar nicht davor zurück, alles in die Wege zu leiten, um die Rechtskraft einer tatsächlich nicht wirksam zugestellten Strafverfügung zu statuieren, um sich damit die Möglichkeit zu verschaffen, diese dann von Amts wegen aufzuheben. Es ist eine wohl selten vorkommende groteske Situation, dass eine Behörde einen nichtigen Verwaltungsakt offenbar nur deshalb wider besseres Wissen über den Zustellvorgang für rechtskräftig erklärt, um ihn in - seit Monaten bestehender - Kenntnis der sachlichen Unzulänglichkeit der getroffenen Entscheidung sogleich wieder aufzuheben.

Der Berufungswerber sieht sich natürlich auch mit dem Problem konfrontiert, dass der Unabhängige Verwaltungssenat es ablehnen könnte, zur Rechtskraft der Strafverfügung abzusprechen, da er im Hinblick auf die Aufbebung der sachlich offenbar rechtsirrig ergangenen Strafverfügung keine Beschwer habe.

Daher weist der Berufungswerber mit aller gebotenen Deutlichkeit daraufhin, dass eine derartige Erledigung der Frage rechtlichen Gehörs nicht unwidersprochen bleiben würde. Abgesehen von der Möglichkeit der Anrufung nationaler oder supranationaler Höchstgerichte spielt in diesem Zusammenhang auch die Frage der Amtshaftung eine nicht unwesentliche Rolle, denn durch den skurril anmutenden Schriftverkehr mit der Bezirkshauptmannschaft Freistadt sind dem Berufungswerber auch Kosten entstanden.

Überdies könnte mit dem Konstrukt der Rechtskraft einer in der Folge aufgehobenen Strafverfügung zwar der Berufungswerber in der Sache nicht mehr belangt werden, aufgrund einer rechtswidrigen Annahme der Rechtskraft einer Strafverfügung aber eine Rechtsnorm - hier Verjährung - in gesetzwidriger Weise umgangen werden. Auch diese Rechtslage würde in einem allfälligen Verfahren gegen C A wieder an den Unabhängigen Verwaltungssenat herangetragen werden.

In der Sache selbst erlaubt sich der Berufungswerber die Anmerkung, dass er vor wenigen Tagen bei der Fahrt von Wullowitz nach Linz mindestens 5 Ankündigungsständer an der Bundesstraße gezählt hat, dazu noch eine Unmenge von Aktionstafeln gegen Temelin in deutscher und tschechischer Sprache an Straßenlaternen, zum Teil auch außerhalb von Ortsgebieten, ja sogar im Bereich eines Kreisverkehrs, also einiges an Ablenkungsmöglichkeiten für Autofahrer an einer stark befahrenen Bundesstraße. Gemessen an diesem Ankündigungsverkehr nimmt sich eine Ankündigungstafel der Firma B-A für eine 2 Tage dauernde Gardinenmodenschau wohl eher unbedeutend aus."

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Zum Spruchpunkt 2 (Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens) führt die Bezirkshauptmannschaft Freistadt in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, sie habe auf Grund der o.a. Anzeige des Gendarmeriepostens Pregarten, wonach der Bw als gewerberechtlicher Geschäftsführer einer bezeichneten juristischen Person ausgewiesen wurde unter Anwendung der §§ 47 ff VStG ohne weiteres Verfahren eine Strafverfügung erlassen. Für die Bezirkshauptmannschaft Freistadt sei vorerst nicht erkennbar gewesen, dass der Bw nicht der gewerberechtliche Geschäftsführer sei. Da er nur Gesellschafter der B-A und keine zur Vertretung nach außen berufene Person ist, hat die gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung gegenüber anderen Organen dieser Firma keine Wirkung. Wenngleich gemäß § 68 Abs.7 AVG iVm § 52a Abs.2 niemand einen Anspruch auf die Ausübung des der Behörde zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechtes zustehe, so habe dennoch die Behörde davon Gebrauch gemacht, da der Bw objektiv gesehen nicht die zur Vertretung nach außen berufene Person der Firma B-A ist und somit die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat. Sohin sei im vorliegenden Fall das Gesetz offenkundig zu seinem Nachteil verletzt worden.

 

Gemäß § 66 Abs.4 AVG hat außer dem in Abs.2 erwähnten Fall die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Nach der Rechtsprechung der VwGH liegt ein Zurückweisungsgrund auch dann vor, wenn keine "Beschwer" vorliegt. Die belangte Behörde hat das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Der Bw kann daher durch diese Entscheidung, welche in untrennbarem Zusammenhang mit der Zurückweisung des Einspruches besteht, - nicht beschwert sein. Der untrennbare Zusammenhang des Spruchpunktes 2 mit Spruchpunkt 1 ist deshalb gegeben, weil ja die Anwendung des § 52a VStG die Rechtskraft einer Entscheidung voraussetzt. Da niemand einen Rechtsanspruch auf die Anwendung des § 52a Abs.1 VStG hat, die Behörde dennoch diese Bestimmung Bestimmung angewendet und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt hat, ist eine rechtliche Beschwer ausgeschlossen. Mit der Einstellung des Verfahrens ist dieses beendet. Alle anderen Verfahrensschritte können rechtlich gesehen nur vor dieser Einstellung bewirkt worden sein, also auch die Zurückweisung des Einspruches. Ist mit der Einstellung des Verfahrens eine Beschwer des Bw ausgeschlossen, können auch davor erfolgte Verwaltungsakte keine Beschwer mehr auslösen. Dennoch sei zur Frage der rechts- oder rechtsunwirksamen Zustellung der Beeinspruchungsstrafverfügung Folgendes angemerkt:

Wenn man davon ausgeht, dass die beeinspruchte Strafverfügung erstmals am 26.9.2003 durch Hinterlegung zugestellt wurde und der Bw vom 20.9. bis 4.10.2003 vorübergehend ortsabwesend war, wäre gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz die Zustellung am 6.10.2003 wirksam geworden. Da gemäß § 6 Zustellgesetz, wenn das gleiche Schriftstück mehrmals gültig zugestellt wird, die erste Zustellung maßgebend ist, wäre sohin trotz zweiter Zustellung der Strafverfügung der am 29. Oktober 2003 eingebrachte Einspruch verspätet. Sohin bleibt strittig, ob die Kassa im "Geschäft B-A" als Abgabestelle im Sinne des § 21 Abs.2 Zustellgesetz zu gelten hat. (Nach der Zeugenaussage von L P - der Postbotin - wurde über die Hinterlegung des Schriftstückes bei der Post eine Verständigung gemäß den einschlägigen Vorschriften an der Abgabestelle hinterlassen, wobei sie als Abgabestelle die Kassa im "Geschäft B-A! betrachte.) Wenn die belangte Behörde zum Ergebnis kommt, dass die Kassa des "Geschäftes B-A" in R, H als Abgabestelle zu werten sei, kann diese Schlussfolgerung auf Grund der angeführten Begründung (Seiten 6 und 7 des angefochtenen Straferkenntnisses) die Plausibilität nicht abgesprochen werden.

 

Schließlich ist noch festzustellen, dass die Befürchtungen des Bw die beeinspruchte Strafverfügung könnte in einem allfälligen Verfahren gegen Frau C A als Verfolgungshandlung gewertet werden, unbegründet sind. (Auf die zutreffende Begründung auf Seite 7 letzter Absatz des angefochtenen Bescheides wird verwiesen.)

 

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. F r a g n e r

 
 

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