Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260217/3/WEI/Bk

Linz, 27.03.1998

VwSen-260217/3/WEI/Bk Linz, am 27. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer (Vorsitzender Dr. Fragner, Berichter Dr. Weiß, Beisitzerin Mag. Bissenberger) über die Berufung des R, Geschäftsführer, T gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 12. März 1997, Zl. UR 96-35-1995/RE, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 137 Abs 3 lit g) iVm § 32 Abs 2 lit c) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis der belangten Behörde vom 12. März 1997 wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma F mit Sitz in und somit als gemäß § 9 VStG. für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften beauftragtes Organ zu verantworten, daß am 23.10.1995 von der Firma F GesmbH. im Betriebsstandort M ca. 40 m3 Asphaltgranulat auf unbefestigten Flächen und ohne Überdachung gelagert wurden, somit Stoffe gelagert wurden, aus denen durch Eindringen Niederschlagswässern Schadstoffe ins Erdreich gelangen können, obwohl Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird, bewilligungspflichtig sind." Dadurch erachtete die belangte Behörde § 137 Abs 3 lit g) iVm § 32 Abs 2 lit c) WRG 1959 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung "gemäß § 137 Abs. 3 lit. g. WRG" (richtig: nach dem Strafrahmen des § 137 Abs 3 WRG 1959) eine Geldstrafe von S 20.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Woche. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 2.000,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 19. März 1997 durch Hinterlegung zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 26. März 1997, die am 27. März 1997 bei der belangten Behörde einlangte und mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die angemessene Herabsetzung der Strafe beantragt wird. 1.3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet. 2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Am 23. Oktober 1995 hat die Umweltrechtsabteilung des Amtes der o.ö. Landesregierung unter Beiziehung eines Amtssachverständigen für Abfalltechnik einen Lokalaugenschein am Betriebsstandort der Firma F Ges.m.b.H. in M, auf dem Grundstück Nr. 1360/7, KG M, zur Überprüfung einer anonymen Anzeige durchgeführt, in der die konsenslose Lagerung von Bauschutt und Asphaltbruch behauptet wurde. Dabei wurde festgestellt, daß am Gelände einer ehemaligen Schottergrube Schotter und Kies aufbereitet und Beton erzeugt wird. Die am Überprüfungstag im nördlichen Teil des Betriebsgeländes gelagerten Materialien waren sortenrein und ohne relevante Verunreinigungen. Es handelte sich um ca. 1.000 m3 Betonbruch, je 500 m3 Asphaltschollen und Ziegelbruch sowie ca. 40 m3 Asphaltgranulat, bei dem es sich um einen Restbestand aus einer größeren Zwischenlagerung handelte. Nach Auskunft des anwesenden Firmenvertreters wurde eine mobile Anlage zum Brechen der Bauschuttfraktionen verwendet.

In seinem Gutachten führte der Amtssachverständige aus, daß Asphalt aus einem Gemisch von unbedenklichem Kies mit dem Bindemittel Bitumen besteht, das einen Anteil von 6 bis 8 % ausmacht. Bitumen, eine nicht verdampfbare Restfraktion bei der Erdölgewinnung, bestehe aus verschiedenen Kohlenwasserstoffverbindungen, denen der hohe Siedepunkt und die geringe Wasserlöslichkeit gemein sei. Bitumen werde als Dichtungsmaterial zB beim Kellerbau und als Bestandteil beim Straßenbau verwendet, ohne daß man darin eine reale Gefahr für die Umwelt sieht. Es erfolge ein flächiger Auftrag, wobei besonders bei frisch aufgebrachtem Material Schadstoffe ausgewaschen werden und versickern können. Man gehe davon aus, daß die Selbstreinigungskraft der Belebtzone des Bodens ausreicht, um grundwassergefährdende Substanzen abzubauen. Diese Grundsätze seien auch für die Zwischen- oder Endlagerung von Asphaltschollen maßgeblich, bei denen wegen der im Vergleich zum Volumen geringen Bruchfläche nicht mit dem Austritt relevanter Schadstoffmengen zu rechnen sei. Dagegen werde beim Brechvorgang als Vorstufe der Wiederverwendung von Asphalt die Oberfläche des Materials drastisch vergrößert und damit der Angriff von Niederschlagswasser auf wasserlösliche Bitumenbestandteile bedeutend erleichtert, was eine erhöhte Auswaschung von Schadstoffen bedinge. Bei der haufenweisen Lagerung von Asphaltgranulat müsse mit einem punktuellen Eintrag von Schadstofffrachten in den Untergrund gerechnet werden, der die Selbstreinigungskraft des Bodens überfordern könnte. Deshalb werde die Zwischenlagerung von Asphaltgranulat auf befestigten Flächen verbunden mit Sickerwassererfassung und -behandlung bzw eine Überdachung für erforderlich gehalten. Bei Fortführung des Asphaltbrechens müsse eine wannenförmig befestigte Zwischenlagerfläche ausgeführt werden, die zu einem Pumpensumpf entwässern und eine Kreislaufführung des Wassers ermöglichen könne.

Abschließend stellte der Amtssachverstständige aus abfallchemischer Sicht für die vorgefundene Situation aber klar, daß die Lagerung der Asphaltschollen sowie der im Befund angeführten geringen Menge Asphaltgranulat keine unmittelbare Gefährdung der Umwelt begründe, so daß keine behördlichen Maßnahmen im Sinne einer Entfernung oder Umlagerung des Materials erforderlich wären.

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21. Dezember 1995 lastete die belangte Behörde dem Bw die Tat wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses an. Anläßlich seiner Einvernahme am 10. Jänner 1996 sowie mit nachfolgendem Schreiben vom 12. März 1996 (eingelangt am 13. März 1996) verwies der Bw zu dem ihm als Geschäftsführer angelasteten Tatvorwurf auf den Schriftverkehr mit der Umweltrechtsabteilung, und zwar besonders auf das Schreiben vom 23. November 1995 der Firma F und auf das Antwortschreiben der Umweltrechtsabteilung vom 19. Dezember 1995. Kopien der Schreiben legte er der belangten Behörde vor. Im Schreiben der Firma F vom 23. November 1995 wird mit einer Lagerung auf "Mieten" argumentiert, durch welche Lagerungsform verhindert werde, daß Niederschlagswässer durch die Lagermenge durchsickern und mit dem Lagerboden in Berührung kommen. Das Wasseraufnahmevermögen des gelagerten Asphaltgranulates sei durch die große Oberfläche der nach Sieblinie gebrochenen Körnung als für die Bindung des Niederschlagswassers mehr als ausreichend anzusehen. Im Bereich der Lagerfläche wären Bodenabdichtungen mit Kieswaschschlämmen im Wege von Absetzbecken aus der genehmigten Kieswäsche errichtet gewesen. Die Lagerfläche bestünde daher nicht einfach aus Schotterboden. Wegen der zunehmend auf Baustellen angewendeten Frästechnik wäre auch der Anfall an Asphaltschollen von Jahr zu Jahr geringer, wobei er sich im Bereich M sogar auf die Hälfte reduziert hätte. Die Herstellung einer flüssigkeitsdichten Fläche mit Auffangbecken und Wasserversprühung wurde von der Firma F als Investition angesehen, die in keinem Verhältnis zu dem umweltfreundlichen Recyclingerlös stünde. Dabei wurde noch zu bedenken gegeben, daß das Asphaltgranulat auf untergeordneten Zufahrts- und Güterwegen als Straßenbelag verwendet werde, wobei gerade bei dieser flächigen Auftragung des Granulates die Gefahr einer Grundwasserschädigung weitaus größer erscheine.

Die Umweltrechtsabteilung reagierte mit Schreiben vom 19. Dezember 1995 und verwies zu diesem Vorbringen auf die gutachtlichen Ausführungen des Amtssachverständigen für Abfallchemie in der Niederschrift vom 23. Oktober 1995. Danach könne eine unkontrollierte Versickerung von grundwassergefährdenden Stoffen nicht von vornherein ausgeschlossen werden, zumal das Asphaltgranulat auch bei Lagerung in Mietenform keine unbegrenzte Wasseraufnahmekapazität (z.B. bei Starkregenereignissen) habe. Die Lagerung stelle eine bewilligungspflichtige Maßahme nach § 32 Abs 2 lit c) WRG 1959 dar und erfordere ein Projekt. Die vorhandenen Bodenabdichtungen mit Kieswaschschlämmen von Kiesabsetzbecken könnten selbstverständlich in ein eventuell dadurch kostengünstigeres Projekt miteinbezogen werden. Die Dichtheit dieser Bodenschichten müsse jedoch durch entsprechende Unterlagen (Atteste, Gutachten) nachgewiesen und sichergestellt werden, daß kontaminierte Niederschlagswässer nicht versickern können.

Mit Schreiben vom 8. Jänner 1996 teilte die Firma F sodann der Umweltrechtsabteilung mit, daß sie sämtliche Aktivitäten bezüglich Asphaltrecycling eingestellt hätte. Für den Fall einer Wiederaufnahme dieser Tätigkeit wurde die Vorlage eines Projekts angekündigt. Die Durchgangswerte von Kieswaschschlamm könnten bei Bedarf vom firmeneigenen Kieswerk Vorchdorf übermittelt werden.

Im Schreiben vom 12. März 1996 an die belangte Behörde wurde noch ausgeführt, daß die Firma F über Aufforderung der Umweltrechtsabteilung sofort reagiert und ein Projekt ausgearbeitet hätte, dessen Verwirklichung S 800.000,-- kostete. Dies stünde aber in keinem Verhältnis, um diese Tätigkeit weiter zu betreiben.

2.3. Mit Schreiben vom 5. Dezember 1996 teilte die Firma F der belangten Behörde mit, daß sie sich aus diesem Geschäftsbereich zurückgezogen hätte. Der gelagerte Restbestand an Asphaltschollen wäre im Oktober 1996 zu Recyclingmaterial verarbeitet und zum größten Teil für den Bau der neuen G verwendet worden, die nach Fertigstellung in den Besitz des Magistrats Wels und der Gemeinde M übergehen und die Wohngebiete vom Schwerverkehr entlasten sollte. Das Grundstück wäre von den Firmen F und D zur Verfügung gestellt worden und diese Firmen würden auch die gesamten Errichtungskosten tragen. Die belangte Behörde wurde im Hinblick auf diesen Sachverhalt um Verständnis für die abermalige Erzeugung und kurzfristige Lagerung von Recyclingmaterial ersucht. Mit dem restlichen Material, das nicht für die G benötigt wird, werden Zufahrtswege für die genannten Firmen errichtet werden. Die baulichen Maßnahmen sollten im ersten Quartal 1997 abgeschlossen sein. In Zukunft werde kein Asphaltrecyclingmaterial mehr erzeugt und deponiert.

Die belangte Behörde übersendete eine Kopie der Mitteilung der Firma F an den Bw und räumte eine Frist zur Stellungnahme ein. Ein Antwortschreiben des Bw ist nicht aktenkundig. Im parallelen Strafverfahren zum Akt UR 96-34-1995-RE der belangten Behörde wegen des gleichen Vorfalles antwortete der mitbeschuldigte Geschäftsführer Dipl.-Ing. P mit Schreiben vom 18. Dezember 1996 und bekräftigte unter Hinweis auf die Mitteilung der Firma F, daß es sich ausschließlich um die kurzfristige Produktion und Verwendung von Asphaltrecyclingmaterial im Zuge einer konkreten Baumaßnahme handelte. Das noch vorhandene restliche Recyclingmaterial werde noch im Winter 1996/1997 für die Herstellung der Zufahrtswege und weiterer Flächen aufgebraucht werden. Seit Jänner 1996 wäre kein Asphaltaufbruch mehr angenommen worden. Auch in Zukunft würde die Herstellung und Lagerung von Asphaltrecyclingmaterial unterlassen werden.

2.4. Die belangte Behörde erließ das angefochtene Straferkenntnis vom 12. März 1997, in dem sie im wesentlichen vom oben dargestellten Sachverhalt ausging. Sie beurteilte die angelastete Verwaltungsübertretung als erwiesen. Durch die unstrittig vorgenommenen Maßnahmen könnten Schadstoffe ins Erdreich eindringen, weshalb diese der Bewilligungspflicht nach den einschlägigen Bestimmungen des WRG 1959 unterlägen. Dem Gutachten des Amtssachverständigen für Abfallchemie sei zu entnehmen, daß es bei Ablagerung von Asphaltgranulat in Haufenform zu punktuellen Auswaschungen von grundwassergefährdenden Stoffen kommen kann. Der Schutzzweck des § 32 WRG 1959 ziele auf eine abstrakte Gefährdung ab. Es komme nicht auf die konkrete Grundwassergefährdung, sondern lediglich auf die Möglichkeit einer Gefährdung an.

Da nach Mitteilung der Umweltrechtsabteilung des Amtes der o.ö. Landesregierung am 25. November 1996 ca. 1.000 m3 Asphaltgranulat, das offenbar aus der Verarbeitung der noch gelagerten Asphaltschollen stammte, neuerlich vorgefunden wurde, wäre abermals ein strafbares Verhalten gesetzt worden, obwohl bei Fortsetzung der Tätigkeit die Vorlage eines Projektes angekündigt worden war. Wegen der neuerlichen Erzeugung und Lagerung von Asphaltrecyclingmaterial ohne wasserrechtliche Bewilligung sei die Glaubwürdigkeit des Bw nicht mehr gegeben.

Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde entsprechend den Angaben des am 10. Jänner 1996 vernommenen Bw von einem monatlichen Bruttoeinkommen in Höhe von ca. S 70.000,-- von fehlenden Sorgepflichten und dem Eigentum an einem Wohnhaus aus. Strafmildernd wurde gewertet, daß der Bw nicht einschlägig vorbestraft sei und die Verwaltungsübertretung nicht bestritten habe. Straferschwerende Umstände stellt die belangte Behörde nicht fest.

2.5. Die Berufung macht unrichtige rechtliche Beurteilung, Verletzung von Verfahrensvorschriften und in eventu unangemessene Strafhöhe geltend. Sie bringt im wesentlichen vor:

Eine tatsächliche Einwirkung auf Gewässer habe die belangte Behörde nicht festgestellt, weil sie die Ansicht vertrete, daß die bloß abstrakte Möglichkeit einer Grundwassergefährdung für die Verwirklichung des Straftatbestandes ausreicht. Es gebe kein Beweisergebnis, daß durch die Lagerung von 40 m3 Asphaltgranulat eine Einwirkung auf ein Gewässer vorgenommen wurde. Die bloße Möglichkeit einer Einwirkung begründe noch keine Bewilligungspflicht, weil diese erst eintrete, wenn nach den allgemeinen praktischen Erfahrungen des täglichen Lebens und nach dem natürlichen Verlauf der Dinge mit einer Einwirkung tatsächlich zu rechnen ist (Hinweis auf VwGH 23.4.1991, 91/07/0037). Die Kriterien dieser Rechtsprechung hätten im konkreten Fall geklärt werden müssen, was die belangte Behörde unterlassen habe. Dem Einwand der Lagerung in Form von "Mieten" und der Bodenabdichtung mit Kieswaschschlämmen sei die belangte Behörde in keiner Weise nachgegangen. Auch das Gutachten des Amtssachverständigen für Abfallchemie weise lediglich darauf hin, daß es zu punktuellen Auswaschungen von grundwassergefährdenden Stoffen kommen kann, was noch nicht bedeute, daß nach den allgemeinen praktischen Erfahrungen des täglichen Lebens und nach dem natürlichen Verlauf der Dinge tatsächlich mit einer Einwirkung zu rechnen sei. Diesbezüglich liege kein Ermittlungsergebnis vor. Die belangte Behörde habe eine Abklärung in Verkennung der Verfahrensrechte unterlassen.

Die verhängte Geldstrafe sei unter Bedachtnahme auf die gegebenen Strafzumessungsgründe bei weitem überzogen und wäre wesentlich geringer auszumitteln gewesen.

3. Die erkennende Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich hat nach Erörterung der vorgelegten Verwaltungsakten unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, daß der Sachverhalt im wesentlichen unstrittig und das angefochtene Straferkenntnis bereits nach der Aktenlage aufzuheben ist.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer ohne die gemäß § 32 Abs 1 und 2 WRG 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt.

Nach § 32 Abs 1 WRG 1959 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

Gemäß § 32 Abs 2 lit c) WRG 1959 bedürfen jedenfalls Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird, der Bewilligung im Sinne des Absatz 1.

Der Maßstab für die Reinhaltung der Gewässer ergibt sich aus der Zielvorschrift des § 30 Abs 2 WRG 1959, wonach jede Beeinträchtigung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens als Verunreinigung gilt.

Geringfügige Einwirkungen auf Gewässer liegen nur vor, wenn sie einer zweckentsprechenden Nutzung des Gewässers nicht entgegenstehen. Darunter ist eine Nutzung zu verstehen, die dem Ziel der Reinhaltung iSd § 30 Abs 1 WRG 1959 nicht widerspricht (vgl mwN Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 1993, § 32 Rz 14; Rossmann, Wasserrecht, 2. A, 1993, 112, Anm 3).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bewilligungspflicht nach § 32 WRG dann gegeben, wenn nach den allgemeinen praktischen Erfahrungen des täglichen Lebens und nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit einer Einwirkung auf Gewässer zu rechnen ist (vgl VwGH 18.3.1994, 93/07/0187 = ZfVB 1995/3/1123 unter Hinweis auf Vorjudikatur; vgl weiter die Nachw bei Rossmann, Wasserrecht, 2. A, 1993, 114, Anm 6 zu § 32). Der Nachweis des Eintritts einer Gewässerverunreinigung (also des Erfolgseintritts) ist dafür nicht notwendig. Beim Bewilligungstatbestand nach § 32 WRG 1959 hat der Gesetzgeber projektsgemäß geplante und typische oder sonst vorhersehbare, regelmäßige oder dauerhafte Einwirkungen auf Gewässer mit nachteiligen Folgen vor Augen (vgl näher mwN Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 1993, Rz 4, 7 und insb 13).

4.2. Die belangte Behörde vertritt die Rechtsansicht, daß nach dem Schutzzweck des § 32 WRG 1959 die Bewilligungspflicht schon im Falle einer solchen abstrakten Gefahr, für die die bloße Möglichkeit einer Gefährdung des Grundwassers ausreiche, gegeben sein soll. Deshalb schloß sie bereits aus der Aussage des Amtssachverständigen, daß es durch die Lagerung des Asphaltgranulats in Haufenform zu Auswaschungen und punktuellem Eintrag von Schadstofffrachten in den Untergrund kommen könne, die die Selbstreinigungskraft des Bodens überfordern könnten, auf eine Bewilligungspflicht iSd § 32 Abs 2 lit c) WRG 1959.

Diese pauschale Rechtsansicht der belangten Behörde kann die erkennende Kammer des O.ö. Verwaltungssenates nicht teilen. Umschreibungen, die allein auf den idealtypischen Gegensatz von abstrakter und konkreter Gefahr abstellen, sind wenig aussagekräftig und können die Frage des Beginns der Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959 nicht zufriedenstellend lösen. Da es vom gewählten Bezugspunkt des Betrachters in der bekannten und prognostizierten Kausalkette abhängt, ob eine Gefahr eher als abstrakt oder eher als konkret anzusehen ist, sind im allgemeinen nur relative Aussagen über die Gefahrenlage möglich. Der Gesetzgeber verwendet zur Umschreibung der im § 32 WRG 1959 vorausgesetzten Gefahrensituation den Begriff der Einwirkung auf Gewässer, die mittelbar oder unmittelbar die Wassergüte (vgl § 30 Abs 2 WRG 1959) beeinträchtigt und nicht bloß geringfügig erscheint. Mit diesem Ansatz werden zunächst unmittelbare Einträge in Gewässer mit Folgen und damit konkrete Gefahren für die Wassergüte oder überhaupt direkte Verunreinigungen erfaßt. Andererseits sollen aber auch Einwirkungen mit mittelbaren Folgen für die Wassergüte genügen. Diese zwar nicht konkrete, sondern tendenziell eher - aber nicht gänzlich - abstrakte Gefahrenlage im Verhältnis zur Beeinträchtigung der Wassergüte charakterisiert der Verwaltungsgerichtshof durch den Hinweis auf die allgemeine praktische Lebenserfahrung und den natürlichen Lauf der Dinge. Da es sich auch um projektsgemäß geplante, typische und vorhersehbare Einwirkungen auf die Beschaffenheit von Gewässer handeln muß (vgl abermals Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 1993, Rz 4, 7 und insb 13, sowie die in ständiger Judikatur im Verhältnis von § 32 zu § 31 Abs 1 WRG 1959 entwickelte Abgrenzungsformel, wonach im Fall des § 32 WRG 1959 ein "konkret wirksamer und beabsichtigter Angriff auf die bisherige Beschaffenheit von Wasser vorliegen muß, der plangemäß unter Verwendung von Anlagen erfolgt", bspw VwGH 10.11.1981, 81/07/0113; VwGH 1.2.1983, 82/07/0227; VwGH 2.10.1990, 89/07/0168; VwGH 29.10.1991, 90/07/0159), kommt es nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates für die Bewilligungspflicht iSd § 32 WRG 1959 darauf an, ob beim Betrieb einer Anlage oder der Vornahme einer Maßnahme unter den gegebenen Umständen nach der allgemeinen Lebenserfahrung über Kausalverläufe vorhersehbar und realistischerweise mit nachteiligen Auswirkungen auf Gewässer zu rechnen ist.

4.3. Anderes gilt für den Tatbestand des § 31b Abs 1 WRG 1959. Dieser sieht für die Ablagerung von Abfällen generell eine präventive Bewilligungspflicht vor, es sei denn, daß auch bei ungeschützter Lagerung eine Verunreinigung der Gewässer nicht zu besorgen ist. Ein so formulierter Bewilligungstatbestand will die Ablagerung von abstrakt wassergefährlichen Abfällen schlechthin erfassen und nur dann eine Ausnahme machen, wenn die Ungefährlichkeit auch bei ungeschützter Lagerung feststeht. Dies ist aber nur bei wasserwirtschaftlich neutralen Stoffen der Fall. Nach dem § 31b WRG 1959 soll demnach schon das abstrakte Gefährdungspotential eines Stoffes für sich allein die Bewilligungspflicht auslösen (vgl idS Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 1993, Rz 5 ff, insb 7 Pkt b) zu § 31b WRG). Während es bei der Deponieregelung des § 31b WRG 1959 im Hinblick auf langjährige Ablagerungen auf Dauer naheliegend und folgerichtig erscheint, beliebige abstrakte Gefahren im weiten Vorfeld einer Verunreinigung vorbeugend zu berücksichtigen, kann dies für den Tatbestand des § 32 Abs 2 lit c) WRG 1959 aus den schon angeführten Gründen nicht behauptet werden. Der § 32 Abs 1 WRG 1959 verlangt zumindest Einwirkungen auf Gewässer, die deren Beschaffenheit unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigen und der typisierte Unterfall des § 32 Abs 2 lit c) WRG 1959 stellt auf das Eindringen von solchen Stoffen in den Boden ab, die eine Grundwasserverunreinigung zur Folge haben. Schon aus den verwendeten gesetzlichen Begriffen muß für § 32 WRG 1959 geschlossen werden, daß eine so weitgehende Abstraktion der Gefahrensituation wie im § 31b WRG 1959 nicht möglich ist. Vielmehr spielen bei § 32 WRG 1959 auch die konkreten Umstände des Einzelfalles eine Rolle.

4.4. Im vorliegenden Fall hat der Amtssachverständige allgemein zur ungeschützten Lagerung von Asphaltgranulat zum Unterschied von Asphaltschollen erklärt, daß wegen der durch den Brechvorgang drastisch vergrößerten Oberfläche wasserlösliche Bitumenanteile durch Niederschlagswässer bedeutend leichter ausgewaschen werden können und daher mit einer vergleichsweise höheren Auswaschung von Schadstoffen zu rechnen sei. Bei Lagerung von Asphaltgranulat in Haufenform könne es daher zum punktuellen Eintrag von Schadstofffrachten in den Untergrund kommen, der möglicherweise die Selbstreinigungskraft des Bodens überfordert. Für die Lagerung von Asphaltschollen sieht er wegen der im Vergleich zum Volumen geringen Bruchflächen - offenbar unabhängig von der gelagerten Menge - keine Gefahr der Auswaschung relevanter Schadstoffmengen. Eine genaue Abstufung dieser Aussagen nach dem Grad der Wahrscheinlichkeiten fehlt.

Die belangte Behörde hat offenbar wegen ihrer pauschalen Rechtsansicht die konkreten Umstände des Falles vernachlässigt und weitere entscheidungswesentliche Aussagen des Amtssachverständigen im gegebenen Zusammenhang nicht gewürdigt. Dieser hat nämlich fallbezogen ausdrücklich betont, daß die Lagerung der im Befund beschriebenen Asphaltschollen (ca. 500 m3) sowie der geringen Menge (ca. 40 m3) Asphaltgranulat am Tag des Lokalaugenscheines noch keine Umweltgefährdung bedeuteten, weshalb auch keine Entfernung oder Umlagerung des Materials erforderlich wäre. Außerdem folgt teilweise aus den Ausführungen des Amtssachverständigen, aber auch schon aus den Gesetzen der Logik, daß die Beantwortung der Frage einer relevanten Auswaschung von Schadstoffen mit der anschließend möglichen Folge einer schädlichen Einwirkung auf das Grundwasser maßgeblich vom Grad der Wasserlöslichkeit des gebundenen Bitumenanteils im Asphaltgranulat, von der Menge des gelagerten Materials und dessen Wasseraufnahmefähigkeit, von der Dauer der Lagerung und der Niederschlagsmengen in dieser Zeit, von der Durchlässigkeit des Untergrundes und schließlich von der Selbstreinigungskraft des Bodens abhängt. Die meisten dieser Faktoren wurden weder von der Umweltrechtsabteilung noch von der belangten Behörde näher untersucht. Im Hinblick auf die am Überprüfungstag vorgefundene geringe Menge von 40 m3 hatte der Amtssachverständige allerdings von vornherein keinen Handlungsbedarf gesehen. Zu den Einwänden der Firma F im Schreiben vom 23. November 1995 verwies die Umweltrechtsabteilung unter Berufung auf den Amtssachverständigen für Abfallchemie lediglich darauf, daß eine Versickerung nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne, zumal das Asphaltgranulat auch bei Lagerung in Mietenform keine unbegrenzte Wasseraufnahmekapazität (zB bei Starkregenereignissen) habe. Allein aufgrund dieser theoretisch gegebenen Möglichkeit bejahte die Umweltrechtsabteilung im Antwortschreiben vom 19. Dezember 1995 eine Bewilligungspflicht nach § 32 Abs 2 lit c) WRG 1959. Die erkennende Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates kann dieser Ansicht, die ohne Berücksichtigung der sonstigen Faktoren, die für eine grundwasserschädliche Einwirkung maßgeblich sind, allein auf die an sich mögliche Auswaschung von wasserlöslichen Bitumenanteilen bei gelagertem Asphaltgranulat abstellt, nicht beitreten. Käme es nur auf solche abstrakt denkbaren Möglichkeiten an, dürfte man auch Holzhäuser und Holzzäune nicht mehr mit wassergefährlichen Schutzanstrichen behandeln, ohne dafür vorher eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen. So weit kann die Bewilligungspflicht des § 32 WRG 1959 aber bei vernünftigen und lebensnahen Maßstäben, die sich an den allgemeinen Erfahrungen des praktischen Lebens und nicht am Spezialwissen eines Chemikers und theoretischen Möglichkeiten orientieren können, nicht reichen. Außerdem ist besonders im vorliegenden Fall der Lagerung von Asphaltgranulat, was auch aus dem Gutachten des Amtssachverständigen sinngemäß abzuleiten ist, die Lagermenge, die Lagerdauer und die Niederschlagshäufigkeit für die Gefahrenbeurteilung von ausschlaggebender Bedeutung. Aus den dargelegten Gründen kann jedenfalls die tatgegenständliche Lagermenge von lediglich 40 m3 Asphaltgranulat und die Anlastung für die Dauer von bloß einem einzigen Tag, von dem nicht einmal feststeht, daß es regnete, mangels einer für eine Einwirkung auf das Grundwasser relevanten Größenordnung keinen tauglichen Tatvorwurf ausmachen. Abgesehen davon sind grundsätzliche Zweifel am behaupteten Gefahrenpotential angebracht, wenn man bedenkt, daß Bitumen (und zwar in hochkonzentrierter Form und nicht bloß mit 6 bis 8 % Anteil) nach dem Stand der Technik für umfangreiche Abdichtungsarbeiten im Hausbau (Keller, Balkone, Flachdächer etc.) und als Bindemittel beim Asphaltieren von Straßen offenbar bedenkenlos verwendet wird. Weiters ist es nach dem glaubhaften Vorbringen der Firma F üblich, auf Güterwegen und untergeordneten Zufahrtswegen Asphaltgranulat flächig aufzutragen und als Straßenbelag zu verwenden, was für das Grundwasser zumindest ebenso gefährlich sein müßte. Vor allem bei frisch asphaltierten Straßenzügen oder bei durch Sommerhitze aufgeweichtem und brüchigem Asphalt müßte im Niederschlagsfall die Gefahr der Auswaschung von grundwassergefährlichen Substanzen und der nachfolgenden unkontrollierten Versickerung noch höher sein. Entweder ist das tatsächliche Risiko viel geringer als nach der Aktenlage dargestellt, wofür auch die vom Amtssachverständigen betonte geringe Wasserlöslichkeit und der hohe Siedepunkt des Bitumens spricht, oder es wird mit zweierlei Maß gemessen. Der unabhängige Verwaltungssenat brauchte diese Fragen durch Einholung weiterer Sachverständigengutachten nicht mehr vertiefen, zumal für den gegenständlich zu beurteilenden Tatvorwurf eine Einwirkung auf das Grundwasser jedenfalls auszuschließen war.

Der Vollständigkeit halber sei auch erwähnt, daß die erkennende Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich die im Oktober 1996 erfolgte Verarbeitung des Restbestandes an Asphaltschollen, die noch am Betriebsgelände der Firma F gelagert waren, zu Recyclingmaterial mit anschließender kurzer Zwischenlagerung einer größeren Menge (angeblich 1.000 m3) Asphaltgranulat, die unmittelbar zur Neuerrichtung der G und von Zufahrtswegen verwendet wurde, entgegen der Ansicht der belangten Behörde für unbedenklich hält. Wer diese durch eine konkrete Straßenbaumaßnahme begründete Vorgangsweise der Firma F ohne wasserrechtliche Bewilligung für unzulässig hält, muß seinen lebensfremden Standpunkt konsequenterweise für jede Straßenbaustelle vertreten, auf der Asphaltgranulat in größeren Mengen zwischengelagert und verwertet wird. Eine derart überzogene Betrachtungsweise entspricht offenbar auch nach den Ausführungen des Amtssachverständigen nicht dem Stand der Technik. Außerdem ist sie geeignet, das die Erdölvorräte schonende und daher ökologisch wünschenswerte Asphaltschollenrecycling zu verhindern.

5. Im Ergebnis war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen, weil die dem Bw zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet. Gemäß § 66 Abs 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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