Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109768/8/Br/Wü

Linz, 24.06.2004

 

 

 VwSen-109768/8/Br/Wü Linz, am 24. Juni 2004

DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S
 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn P K, S, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E B, B, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems, vom 31. März 2004, Zl. VerkR96-216420-2003, nach der am 23. Juni 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:
 

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 u. 3 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z2 u. 3, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 10/2004 - VStG;

 

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Wider den Berufungswerber wurde mit dem o.a. Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems wegen der Übertretungen nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1b StVO eine Geldstrafe von 1.162 Euro und im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 16 Tagen verhängt, weil er sich am 31.10.2004 um 23.59 Uhr auf der S, Parkplatz G K nach der Lenkung des Pkw's, Kennz. trotz Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht dadurch, dass er drei Blasversuche am Alkomatgerät nicht vorschriftsmäßig durchführte, sodass kein gültiges Messergebnis zu Stande kam, geweigert habe, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründete den Schuldspruch wie folgt:

"Die Ihnen im Spruch zur Last gelegte Verwaltungsübertretung ist durch die dienstliche Wahrnehmung des Gendarmeriebeamten RI. P als erwiesen anzusehen.

 

Im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren verantworten Sie sich im wesentlichen dahingehend, dass Sie am 31.10.2003 kein Kraftfahrzeug auf einer öffentlichen Verkehrsfläche gelenkt hätten. Ihr Fahrzeug wäre auf dem Privatparkplatz des G K abgestellt gewesen und Sie hätten kein Kraftfahrzeug auf einer öffentlichen Verkehrsfläche gelenkt. Die Aufforderung zur Ablegung eines Alkotestes wäre daher nicht rechtmäßig gewesen, weil

 

keine Vermutung bestand hätte, dass Sie sich zur Zeit des Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befanden.

 

Sie hätten dem gemäß gar nicht zu einem Alkotest aufgefordert werden dürfen und es liege daher auch keine Verweigerung zur Ablegung eines Alkotestes vor.

 

Die Behörde hat hierüber nachstehendes erwogen:

 

Den vorliegenden Ermittlungen zufolge haben Sie am 31.10.2003 um 23.45 Uhr den Pkw, Kennz. vom Parkplatz des G K im Ortsgebiet von Windischgarsten ausparken wollen und sind dabei statt vorwärts nach rückwärts gefahren. Dies wurde von Beamten des GP. Windischgarsten wahrgenommen und Sie wurden im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle aufgrund der deutlichen Alkoholisierungsmerkmale aufgefordert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Trotz dreier Blasversuche kam kein gültiges Messergebnis zustande, da jeweils die Blaszeit zu kurz war. Weitere Versuche wurden von Ihnen verweigert.

 

Der erhebende Gendarmeriebeamte RI. F P wurde beim hs. Amt laut Niederschrift vom 10.02.2004 als Zeuge einvernommen und er gibt an, dass der Gendarmerieposten Windischgarsten von einer unbekannten Person angerufen worden sei, dass ein Pkw- Lenker beim Parkplatz des G K durch lautes und aufheulendes Motorengeräusch die Nachtruhe störe. Als die Beamten zum besagten Parkplatz kamen, konnten diese feststellen, dass der Pkw, Kennz. zum Teil auf dem Parkplatz und mit den Vorderrädern bereits über dem Randstein im Grünstreifen stand und der Lenker des Pkw's bereits den Steher der Parkplatzhinweistafel angefahren hat. Der besagte Parkplatz schließt unmittelbar an die sog. "Svetlinstraße" an und ist baulich nicht abgegrenzt. Zum Beweis dafür wurde eine Lichtbildbeilage über die örtlichen Verhältnisse vorgelegte.

 

Dazu ist auszuführen, dass gemäß § 1 der Straßenverkehrsordnung 1960 dieses Bundesgesetz für Straßen mit öffentlichem Verkehr gilt. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Eine Straße kann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung frei steht.

 

Für die Wertung einer Straße als solche mit öffentlichem Verkehr kommt es nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund, sondern nur darauf an, dass die Verkehrsfläche von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann. Es handelt sich also dann um eine solche mit öffentlichem Verkehr, wenn sie weder abgeschrankt, noch als Privatstraße gekennzeichnet ist, sodass auch Parkplätze, welche nur für Gäste oder nur für Kunden vorgesehen sind, als Straßen mit öffentlichem Verkehr anzusehen sind. Auch ein allfälliger anderer Widmungsakt ist dabei nicht entscheidend, sondern das ausschließliche Merkmal des Fußgänger- und Fahrzeugverkehrs.

 

Der Parkplatz des G K steht unbestrittener Maßen im Privateigentum einer natürlichen Person. Wie aus vorgelegten Lichtbildern ersichtlich, ist dieser jedoch nicht abgeschrankt und kann auch aus der Tatsache, dass die Svetlinstraße asphaltiert und der anschließende Parkplatz "nur" mit Pflastersteinen gepflastert ist, nicht von einer baulichen Trennung gesprochen werden.

 

Für die erkennende Behörde steht daher fest, dass die Verweigerung jedenfalls auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr stattfand.

 

Was den Einwand betrifft, dass die Aufforderung zur Ablegung des Alkotestes nicht rechtmäßig war, weil keine Vermutung bestand, dass Sie sich zur Zeit des Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben, ist entgegenzuhalten, dass gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960 Organe der Straßenaufsicht oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt sind, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen. Dass Sie das oben angeführte Fahrzeug zumindest in Betrieb genommen haben, steht außer Zweifel bzw. wurde dies im Zuge des durchgeführten Ermittlungsverfahrens nicht bestritten, sodass die Aufforderung des Gendarmeriebeamten rechtmäßig war.

 

Abschließend wird noch ausgeführt, dass auch aus der Tatsache, dass der Gendarmeriebeamte, nachdem 3 Blasversuche zu keinem gültigen Ergebnis führten, da jeweils die Blaszeit zu kurz war, die Amtshandlung abbrach, keine Unrechtmäßigkeit gesehen werden kann, zumal Sie weitere Blasversuche verweigerten.

 

Im übrigen geht die Behörde davon aus, dass einem ausschließlich im Verkehrsüberwachungsdienst tätigen Gendarmeriebeamten zugebilligt werden kann, das Ihnen angetastete Verhalten richtig und objektiv festzustellen sowie wiederzugeben.

 

Die Behörde gelangte auf Grund der insgesamt vorliegenden Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens in freier Beweiswürdigung zum Schluss, dass Sie den Ihnen im Spruch zur Last gelegten Tatbestand verwirklicht und als Verwaltungsübertretung zu verantworten haben.

 

Ihre diesbezüglichen Rechtfertigungsangaben sind gegenüber dem vorliegenden Beweismaterial nicht stichhaltig und als bloße Schutzbehauptungen anzusehen.

 

Bei erwiesenem Tatbestand der Ihnen zur Last gelegten Zuwiderhandlung war sohin spruchgemäß zu entscheiden und die zu verhängende Geldstrafe unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VSTG 1991 festzusetzen.

 

Bezüglich des Strafausmaßes ist auszuführen:

 

Für eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO. 1960 sieht das zitierte Gesetz eine Geldstrafe von 1. 162 bis 5.813 Euro im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Arreststrafe von zwei bis zu sechs Wochen vor.

 

Gemäß § 19 VStG. 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 - 46 VStG) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafbemessung wurden das Ausmaß Ihres Verschuldens und der Umstand, dass Ihnen der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugute kommt, gewertet und somit die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abgewogen, sowie Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse (ca. 1.200 Euro monatliches Nettoeinkommen, kein Vermögen) berücksichtigt.

 

Aufgrund dieser Strafzumessungsgründe konnte auf die im Gesetz vorgesehenen Mindestgeldstrafen erkannt werden.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten stützt sich auf die zitierten Gesetzesstellen."

 

 

2. In der fristgerecht durch einen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wird Nachstehendes ausgeführt:

"In umseits näher bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte P K durch seinen ausgewiesenen Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Erich Bernögger gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 27.04.2004, AZ: Verkr96-16420-2003, zugestellt am 29.04.2004, innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der

BERUFUNG

 

an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als Berufungsbehörde und führt die Berufung aus wie folgt:

 

Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 27.04.2004, AZ: Verkr96-16420-2003, wird seinem gesamten Umfang und Inhalt nach angefochten.

Der Berufungswerber beantragt, seiner Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben.

 

Als Berufungsgrund wird unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache (materielle Rechtswidrigkeit) geltend gemacht.

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber wegen der Weigerung, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht aufgefordert wurde, eine Geldstrafe in Höhe von € 1.162 verhängt. Ferner wurden dem Berufungswerber € 116,20 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt. Der vom Berufungswerber zu bezahlende Gesamtbetrag beträgt sohin € 1.278,20.

 

Selbst wenn man von der Richtigkeit des von der Erstbehörde festgestellten Sachverhaltes ausgeht, ist jene Rechtsansicht unrichtig, die die Erstbehörde ihrer rechtlichen Beurteilung zugrundegelegt hat und liegt keinerlei Verweigerung eines Alkotestes durch den Berufungswerber, welche die Verhängung einer Geldstrafe rechtfertigen würde, vor.

 

Nach den Feststellungen der Erstbehörde und aufgrund der vom Berufungswerber beigebrachten Unterlagen (Grundbuchsauszug, Auszug aus der digitalen Katastermappe) steht eindeutig fest, dass die Parkfläche, auf welcher der Berufungswerber betreten wurde, im Privateigentum einer natürlichen Person steht.

 

Aus den angefertigten Lichtbildern ist ersichtlich, dass dieser Privatparkplatz durch ansteigende Randsteine baulich von der Fahrbahn der Svetlinstraße getrennt ist. Die Parkflächen sind durch Pflastersteine markiert, die Svetlinstraße hingegen asphaltiert. Auch ist die Svetlinstraße tiefer gelegen als der Privatparkplatz.

 

Aus all diesen oben angeführten Kriterien ist ersichtlich, dass der Parkplatz von der Svetlinstraße sehr wohl baulich abgegrenzt ist.

 

Weiters ist auf dem Parkplatz eine Tafel montiert, die darauf hinweist, dass das Parken ausschließlich Gästen des G K vorbehalten bleibt.

 

Das Gesetz normiert in keiner Weise, dass nur im Falle einer besonderen Kennzeichnung, insbesondere einer Abschrankung, von einer Straße ohne öffentlichen Verkehr gesprochen werden kann (vgl. VWGH 23.3.1983, 82/03/0248,0249).

 

Nach der Rechtssprechung des VwGH sind die äußeren, für den Verkehrsteilnehmer wahrnehmbaren Verhältnisse entscheidend (vgl. VwGH 12.9.1977, 1074/77).

Aufgrund der baulichen Abgrenzung von der Svetlinstraße und der aufgestellten Hinweistafel ist es für jedermann ersichtlich, dass sich der Eigentümer des Grundstückes die individuelle Zulassung bestimmter Personen vorbehält und die Parkfläche daher nicht "von jedermann unter den gleichen Bedingungen" benützt werden kann.

 

Gemäß § 1 Abs.1 StVO gilt die Straßenverkehrsordnung nur für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

 

Im gegenständlichen Fall handelt es sich jedoch wie bereits dargelegt um einen reinen Privatparkplatz eines Gasthauses, der auch als solcher beschildert und gekennzeichnet ist und auch baulich von der öffentlichen Verkehrsfläche abgetrennt ist. Dieser Privatparkplatz darf nur von Gästen des G K benützt werden, und kann daher diese Fläche nicht "von jedermann unter den gleichen Bedingungen" benützt werden.

Die vom Berufungswerber benützte Fläche (Privatparkplatz) ist daher entgegen der Rechtsansicht der Erstbehörde nicht als Straße mit öffentlichem Verkehr in Sinne des § 1 Abs. 1 StVO zu qualifizieren.

 

Gemäß § 1 Abs.2 StVO erstrecken sich die Befugnisse der Behörden und Organe der Straßenaufsicht nicht auf Straßen ohne öffentlichen Verkehr.

 

Der Berufungswerber hätte daher gar nicht zu einem Alkotest aufgefordert werden dürfen, weil er kein Kraftfahrzeug auf einer öffentlichen Verkehrsfläche gelenkt oder in Betrieb genommen hat. Die Aufforderung zur Ablegung des Alkotestes war daher rechtswidrig und unzulässig.

 

Der Berufungswerber hat daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen.

 

Da sohin keinerlei Rechtsgrundlage für die Verhängung einer Geldstrafe besteht, ist das angefochtene Straferkenntnis der Erstbehörde materiell rechtswidrig.

Der Berufungswerber P K stellt sohin den

 

ANTRAG

 

der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wolle seiner Berufung Folge geben und das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 27.04.2004, AZ: Verkr96-16420-2003, ersatzlos beheben und das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

 

Windischgarsten, am 07.05.2004 P K
297103 -.B IR - 25632.doc"

 

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.1 VStG durchzuführen.

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde GrInsp. P zeugenschaftlich einvernommen. Der ebenfalls neben seinem Rechtsvertreter unter Hinweis auf die Zweckmäßigkeit seiner Teilnahme zur Berufungsverhandlung geladene Berufungswerber erschien ohne sachlich nachvollziehbare Angaben zur Berufungsverhandlung nicht persönlich, während eine Vertreterin der Behörde erster Instanz daran teilnahm.

 

 

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

 

4.1. Der Berufungswerber versuchte auf dem Parkplatz des G K sein Fahrzeug in Betrieb zu nehmen, was ihm jedoch laut fernmündlicher Mitteilung eines namentlich nicht bekannten Dritten unter entsprechender Lärmverursachung nicht gelungen sein dürfte. Dieser Parkplatz kann von jedermann befahren werden, wenngleich er im Eigentum des K (den Besitzer des Gasthauses) steht. Schließlich bewegte der Berufungswerber sein Fahrzeug über die Parkplatzkante hinaus nach vorne und blieb dort hängen, was nach dem Eintreffen der Gendarmerie festgestellt werden konnte.

Der einschreitende Meldungsleger stellte schließlich beim Berufungswerber Alkoholisierungssymptome fest, wobei der Berufungswerber freimütig einräumte, ausnahmesweise einmal Alkohol konsumiert zu haben, wobei diese Mitteilung offenbar zwecks Erklärung der ihm vorgehaltenen Alkoholisierungssymptome gemacht wurde.

Der Berufungswerber wurde folglich auf dem Gendarmerieposten Windischgarsten verbracht, wo angeblich drei Beatmungsversuche kein Ergebnis erbrachten.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung konnte sich der Zeuge P an diese Amtshandlung offenbar nicht mehr konkret erinnern. Er vermeinte vorerst, dass der Berufungswerber die Beatmung überhaupt verweigert hätte. Über Vorhalt, dass laut der sehr knapp abgefassten "GENDIS-Anzeige" von drei Blasversuchen die Rede ist, bedauerte der Meldungsleger diesen Irrtum. Nach weiterer Erörterung der Anzeige wurde darüber hinaus evident, dass die angebliche Fehlbeatmung und damit die vermeintliche Verweigerung nicht am Parkplatz vor dem Gasthaus, wovon im gesamten erstinstanzlichen Verfahren ausgegangen wurde, sondern auf dem Gendarmerieposten Windischgarsten erfolgte. Über den Ablauf der Beatmung bzw. die Umstände des Nichtzustandekommens eines verwertbaren Ergebnisses, konnte mangels konkreter Erinnerung weder vom Meldungsleger Näheres in Erfahrung gebracht werden, noch ergibt sich derartiges aus der sogenannten GENDIS-Anzeige. Darin findet sich nur, dass die Verweigerung am 31.10.2003 um 23.59 Uhr in Windischgarsten erfolgte. Auch findet sich dem Akt weder ein Messstreifen noch ein Messprotokoll angeschlossen.

Zu folgen ist jedoch der nunmehrigen Aussage des Meldungslegers, dass die vermeintliche Verweigerung der Atemluftuntersuchung am Gendarmerieposten Windischgarsten und nicht auf dem Parkplatz gesetzt wurde. Dies wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung auch seitens der Vertreterin der Behörde erster Instanz als offenkundig eingeräumt. Somit muss davon ausgegangen werden, dass dem Berufungswerber der wahre Tatort nie zur Last gelegt wurde, zumal sich dieser weder aus der Anzeige noch aus dem Rechtshilfeersuchen an die Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 4.11.2003, noch aus den Landungsbescheiden dieser Bezirkshauptmannschaft vom 11.11.2003 und 26.11.2003 nachvollziehen lässt. Darin wurde offenkundig von der Verweigerung der Atemluftuntersuchung am Gasthausparkplatz ausgegangen. Angesichts dieses Umstandes ergibt sich jedenfalls für den Beschuldigten ein Nachteil sich auf den konkreten Tatvorwurf hin entsprechend effektiv verteidigen zu können. Die ihm konkret angelastete Tat wurde jedenfalls auf den Tatort bezogen nicht begangen.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Der Berufung musste hier - ungeachtet der Frage ob hier die Fehlversuche auch den Verweigerungstatbestand erfüllen - angesichts einer auf den offenkundigen Tatort am Gendarmerieposten Windischgarsten fehlenden Verfolgungshandlung innerhalb der Frist nach § 32 Abs.2 VStG ein Erfolg beschieden werden. Nach der Bestimmung des § 44a Z1 VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat unter Umschreibung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale zu enthalten wobei selbst eine Ausführung dieser wesentlichen Tatbestandselemente in der Begründung des Straferkenntnisses nicht ausreichen würde (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., in Anm. 2 zu § 44a VStG dargestellte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Bei der Umschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien in der zuletzt zitierten Gesetzesstelle wird auf eine bestimmte Person als Beschuldigten abgestellt, dem eine konkrete strafbare Handlung oder Unterlassung angelastet wird, sodaß sich die Verfolgungshandlung auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, ferner auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z2 VStG 1991 beziehen muss (siehe dazu die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 16. Jänner 1987, Zl. 86/18/0073, und vom selben Tag, Zl. 86/18/0077).

 

Ferner gilt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) - keinesfalls außerhalb der sich nach § 32 Abs.2 VStG ergebenden Frist - nicht die Befugnis hat, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107).

Im Hinblick auf die eindeutig falsche Tatortangabe war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 und mit Blick auf den zutreffenden Tatort präsumtiv auch nach Z3 VStG einzustellen, weil der Beschuldigte die ihm im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Tat jedenfalls nicht begangen hat und hinsichtlich des zutreffenden Tatortes darüber hinaus - sollte dort ein zurechenbarer Verweigerungstatbestand gesetzt worden sein - auch Verfolgungsverjährung eingetreten wäre (vgl. auch h. Erk. v. 22.12.1999, VwSen-106179/Frau/Ka).

Auf die Frage des Charakters der hier fraglichen Verkehrsfläche ist daher nicht mehr weiter einzugehen, wenngleich an dieser Stelle nicht verschwiegen werden soll, dass gemäß der ständigen Rechtsprechung ein für Jedermann unter gleichen Bedingungen benützbarer Parkplatz dem § 1 StVO zu subsummieren ist (vgl. etwa h. Erkenntnisse vom 16.9.1969, VwSen-103706/Ki/Shn und 28.12.2001, VwSen-107979/12/Br/Bk [Gasthausparkplatz]).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

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