Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109771/2/Bi/WW/Be

Linz, 01.07.2004

 

 

 VwSen-109771/2/Bi/WW/Be Linz, am 1. Juli 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau J P, vom 19. Mai 2004 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 6. Mai 2004, Zl. VerkR96-2546-2003-Hof, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z3 und 66 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 2 Abs.1 Z.1 Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 36 Euro verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden festgesetzt, weil sie am 22. Juli 2003 um 13.34 Uhr auf dem Stadtplatz in Rohrbach vor dem Haus den Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen (A) in der Kurzparkzone abgestellt und diesen nicht mit einer richtig eingestellten Parkscheibe gekennzeichnet habe.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 3,60 Euro auferlegt.

 

 

 

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

3. Die Bw stellte in ihrer Berufung den Antrag, den angefochtenen Strafbescheid zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Für den Fall, dass dennoch ein Schuldspruch gefällt werden sollte, ersuche sie, eine Ermahnung auszusprechen. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass die belangte Behörde erst Anfang März - nach Eintritt der Verfolgungsverjährung - einen Tatbestand formuliert habe. Im bekämpften Straferkenntnis werde nun wieder eine neue Tatbestandvariante ins Spiel gebracht. Weiters sei der beschriebene Tatbestand auch inhaltlich keinesfalls richtig, da sie den erwähnten Pkw zur bezeichneten Tatzeit nicht in der Kurzparkzone abgestellt habe, sondern dieser Pkw zum angegeben Zeitpunkt (bereits) abgestellt gewesen sei.

Sie habe am 22. Juli 2003 ihr Kraftfahrzeug um 12.20 Uhr von der Firma Wögerbauer abgeholt. Sie habe daher ihr Kraftfahrzeug am Tatort erst um etwa 12.25 Uhr abstellen können. Um 13.34 Uhr sei ihr Pkw etwa eine Stunde und 9 Minuten geparkt gewesen. Obwohl die Ankunftszeit auf der Parkscheibe auf 12.30 Uhr eingestellt gewesen sei, sei irrtümlich eine Beanstandung durch das Straßenaufsichtsorgan erfolgt.

Darüber hinaus äußerte die Bw Bedenken hinsichtlich der von der belangten Behörde durchgeführten Strafbemessung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Aus diesem geht hervor, dass die an die Bw als Zulassungsbesitzerin gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 gerichtete Lenkererhebung vom 10. Oktober 2003 damit begründet wurde, der Lenker des näher bezeichneten Kraftfahrzeuges habe dieses mehrspurige Fahrzeug in der Kurzparkzone zum Halten oder Parken abgestellt, ohne dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug am Ende der höchsten zulässigen Parkzeit vom Ort der Abstellung entfernt worden sei. Dabei wurde als Tatzeit 22. Juli 2003, 13.34 Uhr, und als Tatort Rohrbach, Stadtplatz vor dem Haus angegeben. Die Bw hat als Zulassungsbesitzerin gemäß § 103 Abs. 2 KFG die Auskunft erteilt, sie selbst sei die Lenkerin zum angefragten Zeitpunkt gewesen.

Die Anzeigerin M A wurde am 5. November 2003 zeugenschaftlich einvernommen, wobei als Gegenstand der Amtshandlung "siehe Akt" angeführt ist.

Mit Schreiben vom 6. November 2003 wurde der Bw mitgeteilt, dass in folgender Angelegenheit eine Beweisaufnahme stattgefunden habe: "Verwaltungsübertretung am 22.7.2003 im Stadtgebiet von Rohrbach".

Beiliegend wurde eine Kopie der Niederschrift über die Aussage der Anzeigerin übermittelt. Diese konnte sich demzufolge an den Vorfall nicht mehr erinnern. Wenn sie aber auf die Organstrafverfügung die Parkzeit 11.30 Uhr geschrieben habe, dann entspreche es auch der Tatsache. Es könne sein, dass die Bw die Parkuhr falsch eingestellt habe. An eine Konversation mit der Bw konnte sie sich nicht mehr erinnern. Das Fahrzeug sei von ihr um 13.34 Uhr mit der Organstrafverfügung versehen worden.

In der Ladung des Zeugen Peter Schaubschläger vom 31. Dezember 2003 wurde von der belangten Behörde angegeben, es sei folgende Angelegenheit zu bearbeiten: "Verwaltungsübertretung der Frau P J, am 22.7.2003 um 12.30 Uhr am Stadtplatz vor dem Haus Nr.9 mit dem Pkw (A)"

In der Ladung der Bw vom 1. März 2004 wird dieser zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretung begangen zu haben: "Sie hätten am 22.7.2003 um 13.34 Uhr im Stadtgebiet Rohrbach, vor Haus, den Personenkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen (A) in der Kurzparkzone abgestellt, ohne dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug am Ende der nächsten zulässigen Parkzeit vom Ort der Abstellung entfernt wurde".

Mit Schreiben vom 9. März 2004 wurde der Bw von der belangten Behöre mitgeteilt, dass in folgender Angelegenheit eine Beweisaufnahme stattgefunden habe: "Verwaltungsübertretung am 22.7.2003, um 13.34 Uhr im Stadtgebiet von Rohrbach, vor Haus ". Beiliegend wurde eine Kopie der Niederschrift über die Aussage der Meldungslegerin vom 2.3.2004 übermittelt.

 

Mit Schreiben vom 24. März 2004 wurde der Bw von der belangten Behörde mitgeteilt, dass in folgender Angelegenheit eine Beweisaufnahme stattgefunden habe: "Verwaltungsübertretung am 22.7.2003, um 13.34 Uhr im Stadtgebiet von Rohrbach, vor Haus Nr. 9". Beiliegend wurde eine Fotokopie der Niederschrift aufgenommen mit Herrn S P, Firma W, übermittelt.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Wird ein mehrspuriges Fahrzeug in einer Kurzparkzone abgestellt, so hat der Lenker gemäß § 2 Abs.1 Z.1 der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung das Fahrzeug für die Dauer des Abstellens mit dem für die jeweilige Kurzparkzone entsprechenden Kurzparknachweis zu kennzeichnen und gemäß § 2 Abs.1 Z.2 der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung dafür zu Sorgen, dass das Fahrzeug spätestens mit Ablauf der höchsten zulässigen Parkzeit entfernt wird.

Gemäß § 2 Abs.2 Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung sind Parkscheibe, Parkschein, Automatenparkschein, Parkzeitgeräte oder Sondernachweise bei Fahrzeugen mit einer Windschutzscheibe hinter dieser und durch diese von Außen gut lesbar, bei anderen Fahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar und lesbar anzubringen; es dürfen an den genannten Stellen nur jene Kurzparknachweise sichtbar sein, die sich auf den jeweiligen Parkvorgang beziehen.

Gemäß § 2 Abs.3 Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung begeht eine Verwaltungsübertretung, wer entgegen Abs.1 Z.2 durch Änderungen am oder des Kurzparknachweises die höchste zulässige Parkdauer zu überschreiten versucht.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Gemäß § 31 Abs.2 VStG beträgt die Verfolgungsverjährungsfrist im gegenständlichen Fall sechs Monate.

Dabei ist festzuhalten, dass nur eine Verfolgungshandlung im Sine des § 32 Abs.2 VStG, in welcher das angelastete Verhalten ausreichend konkretisiert wird, die Verfolgungsverjährungsfrist unterbrechen kann.

Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im VStG vorgesehene Weise zu prüfen, wobei eine Verfolgungshandlung nur dann die Verjährung unterbricht, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente bezogen hat. Die - richtige - rechtliche Beurteilung der Sachverhaltselemente ist dabei nicht erforderlich (vgl VwGH 26.6.2000, 96/17/0362)

Innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist (Beginn: 22. Juli 2003; Ablauf: 22. Jänner 2004) wurde der Bw von der belangten Behörde eine Lenkererhebung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 zugestellt. Diese wurde zwar damit begründet, der Lenker des näher bezeichneten Kraftfahrzeuges habe nicht dafür gesorgt, dass das Fahrzeug am Ende der höchsten zulässigen Parkzeit vom Ort der Abstellung entfernt wurde, jedoch ist die Lenkererhebung nicht Teil des Verwaltungsstrafverfahrens und stellt damit - abgesehen davon, dass darin noch keine bestimmte Person einer konkreten Verwaltungsübertretung beschuldigt wird - keine Verfolgshandlung dar, die die Verfolgsverjährungsfrist unterbrechen könnte (vgl VwGH 8.7.1971, 2080/70, ua). Die Lenkererhebung ist vielmehr Gegenstand eines Administrativverfahrens (vgl VwGH 9.11.1984, 84/02 B/0029).

Die erste Verfolgungshandlung der belangten Behörde im Verwaltungsstrafverfahren, in der die Bw (sinngemäß) als Beschuldigte bezeichnet wird, ist das Schreiben vom 6. November 2003, in dem die Berufungswerberin davon verständigt wurde, dass in der Angelegenheit "Verwaltungsübertretung vom 22.7.2003 im Stadtgebiet von Rohrbach" eine Beweisaufnahme stattgefunden habe, und in der Anlage eine Kopie der Niederschrift über die Aussage der Anzeigerin übermittelt wurde. Dieses Schreiben stellt keine im Sinne des § 44a Z1 VStG ausreichend konkretisierte Verfolgungshandlung dar, zumal offen bleibt, ob sich der Vorwurf auf eine Überschreitung der höchsten zulässigen Parkzeit oder eine falsche Einstellung der Parkscheibe bezieht. Auch die mit diesem Schreiben übermittelte Niederschrift trägt nichts zur Konkretisierung bei. Die Anzeigerin ließ bei ihrer Aussage nämlich offen, ob die Bw es zu verantworten habe, die Parkuhr falsch eingestellt zu haben oder die höchste zulässige Parkzeit überschritten zu haben.

Ebenso wenig wird in der Zeugenladung des Herrn Peter Schaubschläger von der Firma Toyota Wögerbauer vom 31. Dezember 2003 der gegen die Bw erhobene Vorwurf konkretisiert, es wird ohne weitere tatseitige Ausführungen lediglich von einer "Verwaltungsübertretung der Frau P, am 22.7.2003 um 12.30 Uhr am Stadtplatz vor dem Haus mit dem Pkw (A)" gesprochen. Auch diese Ladung stellt daher keine ausreichend konkretisierte Verfolgungshandlung dar, welche die Verfolgungsverjährungsfrist unterbrechen hätte können.

Mit Ladungsbescheid vom 1. März 2004 wurde der Bw nun angelastet, sie habe (unter näherer Bezeichnung des Tatortes und der Tatzeit) nicht dafür gesorgt, dass das Fahrzeug am Ende der nächsten zulässigen Parkzeit vom Ort der Abstellung entfernt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt war aber bereits die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist (mit 22. Jänner 2004) abgelaufen bzw Verfolgungsverjährung eingetreten.

Im Straferkenntnis vom 6. Mai 2004 wurde dieser Vorwurf abgeändert. Der Bw wurde angelastet, sie habe die Parkscheibe nicht richtig eingestellt. Da die die belangte Behörde aber - wie bereits ausgeführt wurde - innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist keine ausreichend konkretisierten Verfolgungshandlungen gesetzt hat, war dieses Straferkenntnis - wie von der Bw auch ins Treffen geführt wurde - in Folge der mittlerweile eingetretenen Verfolgungsverjährung mit Rechtswidrigkeit belastet.

Es erübrigte sich somit eine eingehende Beweiswürdigung dahingehend, ob die Bw die Parkuhr falsch eingestellt oder die höchste zulässige Parkzeit überschritten hatte.

Aus diesen Überlegungen war der Berufung Folge zu geben und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 
Beschlagwortung:
Verjährung eingetreten, weil kein Tatvorwurf innerhalb 6 Monaten formuliert → Einstellung

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