Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109774/4/Zo/Pe

Linz, 14.07.2004

 

 

 VwSen-109774/4/Zo/Pe Linz, am 14. Juli 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn R H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R J, vom 28.4.2004, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 8.4.2004, VerkR96-8348-2003, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung und Verkündung am 13.7.2004 zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches abgewiesen und das Straferkenntnis insoweit bestätigt.
  2. Hinsichtlich der Strafhöhe wird die Geldstrafe auf 250 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 100 Stunden herabgesetzt.

     

  3. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 25 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat über den Berufungswerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 350 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 144 Stunden, Verfahrenskostenbeitrag 35 Euro) verhängt, weil dieser am 29.1.2003 um 14.30 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen auf der Westautobahn A 1 in Fahrtrichtung Salzburg gelenkt habe, wobei er bei km 256,227 die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 63 km/h überschritten habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 begangen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber vorbringt, dass für den Tatort bei km 256,227 keine Geschwindigkeitsbeschränkung verordnet gewesen sei. Der Vorfall habe sich bei km 256,227 in Fahrtrichtung Salzburg ereignet, wobei für diesen Bereich die Fahrstreifen noch nicht verschwenkt gewesen seien. Bei km 256,227 habe es sich nicht um einen Gegenverkehrsbereich gehandelt und der Berufungswerber habe sich unstrittig noch auf der Richtungsfahrbahn Salzburg befunden. Für die Richtungsfahrbahn Salzburg sei jedoch keine Geschwindigkeitsbegrenzung rechtsgültig verordnet gewesen, weil in Punkt 42 des Bewilligungsbescheides, auf welchen die Verordnung verweist, die Phase III nur auf die Richtungsfahrbahn Wien verweist. Für die Richtungsfahrbahn Salzburg sei daher keine Geschwindigkeitsbeschränkung verordnet gewesen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.7.2004, bei welcher der Verfahrensakt verlesen wurde. Die Erstinstanz hat an dieser Verhandlung entschuldigt, der Berufungswerber bzw. dessen Rechtsvertreter ohne Angabe von Gründen nicht teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 29.1.2003 um 14.30 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen auf der A 1 Westautobahn in Fahrtrichtung Salzburg. Bei km 256,227 hielt er eine Geschwindigkeit von 163 km/h ein. Diese Geschwindigkeit wurde mit dem gültig geeichten Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät LTI 20.20 TS/KM-E mit der Nr. 4342 festgestellt.

 

Auf der A 1 Westautobahn fanden in dieser Zeit Bauarbeiten statt, welche zu umfangreichen Verkehrsbeschränkungen führten. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20.6.2002, VerkR01-1655-2002, wurde einer Baufirma die straßenpolizeiliche Bewilligung für die Generalerneuerung der A 1 Westautobahn unter zahlreichen Bedingungen erteilt. Dieser Bescheid wurde mit Bescheid vom 4.7.2002 in zwei für das gegenständliche Verfahren nicht relevanten Punkten abgeändert.

Vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wurden mit Verordnung vom 4.7.2002, Gz.: 314.501/25-III/10-02, gemäß § 43 Abs.1a StVO 1960 zur Durchführung dieser Bauarbeiten in den Bauphasen I bis IVa sowie IVb bis VI für die Zeit bis 8.8.2003 für beide Richtungsfahrbahnen der Westautobahn A 1 für den Bereich von km 256,0 bis 268,520 sowie für die in diesem Bereich liegenden Rampen der Anschlussstelle "Mondsee" und des Rathauses "Mondsee" jene Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und -verbote erlassen, die aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20.6.2002, Zl. "VerkR01-1655-2002", und den mitübersandten Regelplänen der Typen EII/1, EII/2, EII/6 und UII/4 ersichtlich sind, wobei diese Regelpläne einen integrierenden Bestandteil dieser Verordnung bilden.

Entsprechend dem bereits angeführten Abänderungsbescheid vom 4.7.2002 der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck wurde auch die Verordnung am 24.7.2002 abgeändert, wobei diese Änderung für das gegenständliche Verfahren nicht von Bedeutung ist.

 

Punkt 42 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20.6.2002, VerkR01-1655-2002, lautet wie folgt:

"Die Bewilligung

...c) Phase III ist nur in der Zeit von 6.9.2002 bis 13.6.2003, ... und zwar auf der Richtungsfahrbahn in ...

Phase III Wien von km 268,300 bis km 256,0, ... gültig"

 

Punkt 7 des angeführten Bescheides lautet, dass die Absicherung und Kennzeichnung der Arbeitsstelle bei Phase III nach Regelplan UII/4 vorzunehmen ist, wobei die Aufstellung der Leiteinrichtungen analog den Regelplänen D1 und D3 zu erfolgen hat.

 

Der Regelplan UII/4 ergibt, dass in Fahrtrichtung Salzburg gesehen auf der Richtungsfahrbahn Salzburg bei km 256,0 die 100 km/h Beschränkung beginnt. Bei km 257,590 wird eine Geschwindigkeit von 80 km/h verordnet, bei km 257,840 eine solche von 60 km/h. Im Bereich ca. zwischen km 257,950 und 258,100 erfolgt die Verschwenkung der beiden Fahrstreifen, welche in Fahrtrichtung Salzburg führen, auf die Richtungsfahrbahn Wien. In diesem Bereich erfolgt auch die Einengung der Fahrstreifen. In weiterer Folge wird der Verkehr in beide Fahrtrichtung mit jeweils zwei Fahrstreifen auf der Richtungsfahrbahn Wien geführt.

 

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Abs.10a StVO "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

5.2. Im gegenständlichen Berufungsverfahren ist ausschließlich strittig, ob die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung ordnungsgemäß verordnet ist. Im gegenständlichen Fall wurden Bauarbeiten durch die zuständige Bezirkshauptmannschaft gemäß § 90 StVO 1960 unter Vorschreibung zahlreicher Bedingungen, Auflagen und Fristen genehmigt. Die Verordnung der notwendigen Verkehrsbeschränkungen erfolgte in der Form, dass die für die Erlassung der Verordnung zuständige Behörde, jene Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und -verbote erlassen hat, die aus dem Genehmigungsbescheid betreffend die Bauarbeiten und den mitübersandten konkret genannten Regelplänen ersichtlich sind, wobei diese Regelpläne einen integrierenden Bestandteil der Verordnung bilden.

 

Zur konkreten Feststellung der tatsächlich verordneten Verkehrsbeschränkungen ist es daher erforderlich, den Genehmigungsbescheid sowie den dazugehörigen Regelplan entsprechend auszuwerten. Aus Punkt 7 des Genehmigungsbescheides ergibt sich, dass für die Phase III der Regelplan UII/4 anzuwenden ist. Punkt 42 des Genehmigungsbescheides legt fest, dass für die Tatzeit die Phase III anzuwenden ist, wobei die Bewilligung in Phase III auf der Richtungsfahrbahn Wien von km 268,300 bis km 256,0 gültig ist. Dieser Bescheidinhalt, welcher auch zum Inhalt der Verordnung wurde, ist entsprechend auszulegen. Dabei darf der Wortlaut, wonach die Phase III auf der Richtungsfahrbahn Wien gültig ist nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss im Zusammenhang mit dem entsprechenden Regelplan UII/4 gesehen werden. Daraus ergibt sich, dass in der Bauphase III der Verkehr in beide Fahrtrichtungen auf der Richtungsfahrbahn Wien geführt wird. Dies hat für die Fahrtrichtung Wien eine Verengung der beiden Fahrstreifen zur Folge, für die Fahrtrichtung Salzburg eine Verschwenkung und Einengung der beiden Fahrstreifen von der Richtungsfahrbahn Salzburg auf die Richtungsfahrbahn Wien. Es ist selbstverständlich, dass für das Verschwenken der Fahrstreifen in Fahrtrichtung Salzburg von der Richtungsfahrbahn Salzburg auf die Richtungsfahrbahn Wien entsprechende Verkehrsbeschränkungen, insbesondere Geschwindigkeitsbeschränkungen in Form eines Geschwindigkeitstrichters, bereits auf der Richtungsfahrbahn Salzburg erforderlich sind. Die entsprechenden Verkehrsbeschränkungen auf der Richtungsfahrbahn Salzburg sind auch auf dem Regelplan UII/4 klar dargestellt. Im Hinblick darauf, dass der Regelplan ausdrücklich zu einem integrierenden Bestandteil der Verordnung gemacht wurde, ist die Einschränkung auf die Richtungsfahrbahn Wien in Punkt 42 des Bewilligungsbescheides so zu verstehen, dass eben der Verkehr in beide Fahrtrichtungen in der gegenständlichen Phase III auf der Richtungsfahrbahn Wien geführt wird. Dies bedeutet aber nicht, dass nicht auch bereits vor dem Verschwenken der Fahrstreifen Verkehrsbeschränkungen erforderlich sind. Diese erforderlichen Verkehrsbeschränkungen wurden eben im Regelplan deutlich dargestellt und gelten daher ebenfalls als verordnet. Sie sind auch für jedermann klar nachvollziehbar und damit hinreichend konkretisiert.

 

Es ist daher nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich von einer gültigen Verordnung betreffend die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h auszugehen. Die vom Berufungswerber eingehaltene Geschwindigkeit von 163 km/h wurde mit einem geeichten und tauglichen Messgerät festgestellt und ist daher als erwiesen anzusehen. Umstände, welche das Verschulden des Berufungswerbers ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 5 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Erstinstanz hat zutreffend die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung als straferschwerend sowie die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers als strafmildernd gewertet. Zusätzlich ist aber zu berücksichtigen, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung fast am Beginn der Geschwindigkeitsbeschränkung festgestellt wurde. Die gegenständliche 100 km/h-Beschränkung ist mehr als 1,5 km lang, die Fahrbahnverschwenkung und damit der unmittelbare Gefahrenbereich befindet sich ca. 1,7 km/h vom Tatort entfernt. Im Übrigen hat nur geringes Verkehrsaufkommen geherrscht. Der Berufungswerber hat anscheinend die, allerdings auch vorher bereits überhöhte Geschwindigkeit (vgl. § 20 Abs.2 StVO 1960), nicht rechtzeitig reduziert. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte auch noch vor dem Standort jener Gefahrenzeichen, welche auf die Baustelle und die Fahrbahnverengung hinweisen. Aus diesen Gründen konnte die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe deutlich herabgesetzt werden. Eine noch weitere Herabsetzung war jedoch sowohl aus general- als auch aus spezialpräventiven Überlegungen nicht möglich.

 

Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse werden jene Angaben zu Grunde gelegt, welche bereits die Erstinstanz im Straferkenntnis ausgeführt hat, weil der Berufungswerber diesen nicht widersprochen hat.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Z ö b l

 
 

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