Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109792/6/Br/Wü

Linz, 02.07.2004

VwSen-109792/6/Br/Wü Linz, am 2. Juli 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W J -S, vertreten durch RAe. W S und P K, T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom 20. April 2004, Zl.: VerkR96-8208-1-2003-Fs, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 2. Juli 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber 5,80 Euro als Kosten für das Berufungsverfahren auferlegt (20% der verhängten Geldstrafe).

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem Straferkenntnis vom 20.April 2004, Zl.: VerkR96-8208-1-2003-Fs, über den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 29 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von zwölf Stunden verhängt, weil er am 25.10.2003 um 15.55 Uhr, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen , im Gemeindegebiet von Hochburg/Ach, auf der L 501 bei Strkm 20,730 gelenkt und dabei die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 15 km/h überschritten habe.

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte ihre Entscheidung auf das Ergebnis einer sogenannten Lasermessung mittels eines geeichten und für derartige Messungen zugelassenen Gerätes. Unter Hinweis auf die unterbliebene Mitwirkungspflicht folgte sie der bestreitenden Verantwortung des Fahrzeughalters - nämlich das Fahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt nicht gelenkt zu haben - nicht.

Ebenfalls wies die Behörde erster Instanz auf die in Österreich herrschende Verpflichtung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers hin. Letzteres könnte angesichts der auf die Lenkeigenschaft gestützte Bestrafung auf sich bewenden.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner nachstehend wiedergegebenen fristgerecht durch seine ag. Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung:

"Die im Straferkenntnis vom 20.04.2004 angegebene Begründung vermag eine Verurteilung meines Mandanten nicht zu rechtfertigen.

Die Mutter meines Mandanten, Frau L J, hatte zwar wahrheitsgemäß die Auskunft erteilt, daß sie ihren Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen im Oktober des Jahres 2003 ihrem Sohn, Herrn W J, überlassen hatte. Herr J hat das Fahrzeug am 25.10.2003 um 15.55 Uhr im Gemeindegebiet Hochburg auf der L 501 bei Straßenkilometer 20.730 jedoch nicht gelenkt.

Mit unserem Schriftsatz vom 20.02.2002 hatten wir keineswegs ausgeführt, daß Herr W J "nicht selbst am Fahrzeug gesessen" sei, sondern mein Mandant hatte über unsere Kanzlei

wahrheitsgemäß erklärt, daß er unterwegs sich mit einer anderen Person am Steuer abgewechselt hatte, die zum Vorfallszeitpunkt dann auch am Steuer saß; selbstverständlich saß Herr W J selbst ebenfalls im Fahrzeug, allerdings nicht am Steuer. Sowohl nach deutschem als auch nach österreichischem Recht haftet der Beifahrer nicht für Verkehrsverstöße des Fahrers.

Damit ist der Schluß der Behörde, es sei davon auszugehen, daß Herr J das gegenständliche Kraftfahrzeug gelenkt habe und damit auch die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten habe, widerlegt.

Da es sich bei dieser Person des Fahrers zum Vorfallszeitpunkt um den Bruder meines Mandanten handelt, steht Herrn J ein Aussageverweigerungsrecht zu. Auf deutsches Recht haben wir uns dabei nicht berufen, sondern dieses Auskunftsverweigerungsrecht ergibt sich bereits aus Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention, da ja wohl auch in Österreich gelten dürfte! In diesem Zusammenhang weisen wir bereits jetzt auf Art. 4 Abs. 1 des deutsch österreichischen Vertrages hin."

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien in Wahrung der gem. Art. 6 EMRK intendierten Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, Zl.: VerkR96-8208-2003-Fs. Der Verfahrensakt wurde im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, an welcher auch eine Vertreterin der Behörde erster Instanz teilnahm, verlesen und zur Erörterung gestellt. Einsicht genommen wurde in ein aus dem System DORIS beschafftes Luftbild mit der darauf ersichtlichen Straßenkilometrierung, sowie in das beigeschaffte Messprotokoll und den Eichschein des verwendeten Lasermessgerätes. Ebenfalls wurde der Meldungsleger zeugenschaftlich zum Messverlauf befragt. Der Berufungswerber und dessen Rechtsvertreter nahm unentschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil.

4.1. Aus der Aktenlage ergibt sich, dass am 10.11.2003 vorerst gegen die Fahrzeughalterin eine Strafverfügung erlassen wurde. Diese wurde mit dem Hinweis beeinsprucht eine Rechtfertigung nachzureichen. Mit dem Schreiben vom 29. Dezember 2004 wurde schließlich vom ausgewiesenen Rechtsvertreter der Behörde erster Instanz mitgeteilt, dass zur fraglichen Zeit das Kraftfahrzeug ihrem Sohn (dem Berufungswerber) überlassen worden war.

In der Folge wurde der Berufungswerber aufgefordert den Lenker zu benennen, wobei ein für die Beantwortung dieser Anfrage vorgesehenes Formular mit entsprechender Rechtsbelehrung verwendet wurde.

In Reaktion darauf teilte der Berufungswerber durch seinen ag. Rechtsvertreter mit, dass er das Fahrzeug zur fraglichen Zeit nicht selbst gelenkt habe, jedoch hinsichtlich des Lenkers, eines nahen Angehörigen, von seinem Entschlagungsrecht Gebrauch machen zu wollen.

Aus der Anzeige lassen sich keine nähren Präzisierungen über die Person des Lenkers nachvollziehen. Bemerkenswert ist, dass die Lasermessung offenbar erst nach der Vorbeifahrt am Standort des Meldungslegers gemacht wurde.

Der Meldungsleger erklärte die unterbliebene Anhaltung mit der Beschaffenheit des Standortes, welcher keine Frontalmessung und daher keine nachfolgende Anhaltung ermöglicht hätte.

Im Übrigen erklärte der Meldungsleger den Verlauf der Messung in sich schlüssig, wobei gemäß dem zur Einsicht vorgelegten und korrekt ausgefüllten Messprotokoll und dem Eichschein des Lasermessgerätes an der Richtigkeit derselben nicht zu zweifeln ist. Dem hielt der Berufungswerber nichts entgegen, sodass angesichts des Umstandes, dass ihm von seiner Mutter das Fahrzeug überlassen wurde auch von seiner Lenkeigenschaft auszugehen ist. Mit der bloß bestreitenden Verantwortung, selbst unter Hinweis nicht verpflichtet zu sein den Lenker zu benennen, kann seiner Verantwortung mangels jeglicher Mitwirkung und Glaubhaftmachung seiner in Abrede gestellten Lenkeigenschaft nicht gefolgt werden. Da gegen einen "unbekannten Dritten" bereits Verfolgungsverjährung eingetreten wäre geht auch der Hinweis auf das Entschlagungsrecht ins Leere. Anzumerken gilt es jedoch, dass, obwohl Anhaltungen nach Geschwindigkeitsmessungen alleine schon wegen der Präventionswirkung geboten erscheinen, insbesondere wegen fehlender Vollstreckbarkeit des § 103 Abs.2 KFG bei deutschen Staatsbürgern Anhaltungen vorgezogen werden sollten, als sich mit bloßen Anzeigen nach dem Kennzeichen zu begnügen. Dieses führt häufig zu einem unverhältnismäßig hohen Verfahrensaufwand, welcher vielfach nur als frustrierter Aufwand zu Buche schlägt.

Nicht unerwähnt soll an dieser Stelle auch bleiben, dass auch hier die Verfahrenskosten den Strafbetrag um ein Vielfaches übersteigen dürften, wenngleich hier auf Grund der Beweislage der Berufungswerber als der Lenker anzusehen war.

6. Rechtlich verweist der unabhängige Verwaltungssenat auf die von der Erstbehörde richtigen Subsumtion des Tatverhaltens unter § 20 Abs.2 StVO 1960 und die Strafnorm nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

Der Verwaltungsgerichtshof geht - wie schon in Ansehung des Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessers der Bauart LTI 20.20 TS/KM (vgl. VwGH 2.3.1994, Zl. 93/03/0238) - davon aus, dass auch Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E grundsätzlich taugliche Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit sind und dass einem mit der Geschwindigkeitsmessung mittels eines derartigen Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessers betrauten Beamten aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten ist (unter vielen VwGH 8.9.1998, 98/03/0144).

Die Geschwindigkeit des gemessenen Fahrzeuges wird als dreistellige Zahl mit einer Auflösung von 1 km/h digital angezeigt, die Bewegungsrichtung wird durch ein vorgesetztes "-" (abfließender Verkehr) bzw. das Fehlen eines Vorzeichens (ankommender Verkehr) angegeben. Eine vollständige Messung dauert ca. 0,3 s. Durch Kontrollprüfungen wird sichergestellt, dass nur einwandfreie Messergebnisse zu einer Geschwindigkeitsanzeige führen. Im gegenteiligen Fall erfolgt eine Fehleranzeige verbunden mit einem Warnton.

Bilden laut den Verwendungsrichtlinien (Punkt F 2.9) Messergebnisse die Grundlage für die Ahndung von Übertretungen von Geschwindigkeitsbegrenzungen, sind die Verkehrsfehlergrenzen des Laser-VKGM zu berücksichtigen. Die Verkehrsfehlergrenzen betragen:

bei Messwerten bis 100 km/h: +/- 3 km/h,

bei Messwerten über 100 km/h: +/- 3 % des Messwertes.

Die Messergebnisse des Laser-VKGM sind innerhalb der Verkehrsfehlergrenzen richtig, wenn die Strahlungsrichtung des Lasers mit der Bewegungsrichtung des gemessenen Fahrzeuges einen Winkel von 0 Grad bildet. Da dieser Winkel in der Praxis immer von 0 Grad verschieden ist, entstehen dadurch zusätzlich systematische Fehler: Die Messwerte verringern sich gemäß dem Cosinus des tatsächlichen Winkels (z.B. entsteht bei einem Winkel von 14 Grad ein zusätzlicher Fehler von - 3 %), dh. sie verändern sich zugunsten des kontrollierten Fahrzeuglenkers (VwGH 2.3.1994, 93/03/0238).

Der Berufungswerber brachte ferner auch inhaltlich nichts dahingehend vor was hier an der Richtigkeit der Messung berechtigte Zweifel aufkommen lassen könnte.

6.1. Der Verfahrensgrundsatz, dass die Behörde von Amts wegen vorzugehen hat (§ 24 VStG iVm § 39 Abs.2 AVG, § 25 Abs.1 VStG), befreit die Partei nicht von ihrer Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen, wobei diese Mitwirkungspflicht auch den (die) Beschuldigte(n) im Verwaltungsstrafverfahren trifft. Die Mitwirkungspflicht hat insbesondere dort Bedeutung, wo - so wie hier - ein Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit der Partei geklärt werden kann, und erfordert es, dass der Beschuldigte seine Verantwortung nicht darauf beschränken kann, die ihm zur Kenntnis gelangten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. So löst etwa das bloße globale Bestreiten des Beschuldigten, ohne nähere Konkretisierung und Stellung von Beweisanträgen, in einem durch eine Meldung eines Sicherheitswachebeamten eingeleiteten Verfahrens keine weitere Ermittlungspflicht aus. Unterlässt der Beschuldigte die gebotene Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren, so bedeutet es keinen Verfahrensmangel wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt (unter vielen VwGH vom 20.9.1999, 98/21/0137).

6.2. Da trotz eingehender Hinweise auf die Mitwirkungspflicht und sorgfältiger Manuduktion weder der Berufungswerber noch dessen ausgewiesene Rechtsvertreter ohne Angabe von Gründen unentschuldigt zur Berufungsverhandlung nicht erschienen ist, konnte dem gänzlich unbelegt bleibenden bestreitenden Vorbringen nicht gefolgt werden. Vielmehr war der Behörde erster Instanz in ihren Ausführungen und Feststellungen dem Inhalt nach zu folgen und die die Lenkeigenschaft bestreitende Verantwortung des Berufungswerbers als bloße Schutzbehauptung zu qualifizieren.

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Die mit bloß 29 Euro festgesetzte Strafe wurde überdurchschnittlich niedrig bemessen, sodass sich weitere Ausführungen zur Strafzumessung erübrigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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