Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109805/3/Zo/Wü

Linz, 29.08.2004

 

 

 VwSen-109805/3/Zo/Wü Linz, am 29. August 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufungen des Dipl. Ing. Dr. J G vom 15.04.2004 sowie vom 11.06.2004, gegen die Bescheide des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 15.04.2004, VerkR96-5776-2004, und vom 21.05.2004, VerkR96-5776-2004, wegen Zurückweisung eines Einspruches als verspätet sowie Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung gegen den Bescheid vom 21.5.2004 (Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) wird abgewiesen;
  2. Die Berufung gegen den Bescheid vom 15.4.2004 (Zurückweisung des Einspruches als verspätet) wird abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 sowie 71 Abs.1 AVG und § 24 VStG.

zu II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 49 Abs.1 VStG, § 17/3 ZustG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Bescheid vom 15.4.2004, VerkR96-5776-2004, hat der Bezirkshauptmann von Kirchdorf den Einspruch des nunmehrigen Berufungswerbers gegen eine Strafverfügung als verspätet zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Strafverfügung mit Wirksamkeit vom 30.3.2003 durch Hinterlegung zugestellt wurde, weshalb die Einspruchsfrist am 13.4.2004 geendet hatte und der Einspruch vom 15.4.2004 damit verspätet sei.

 

Mit Bescheid vom 21.5.2004, VerkR96-5776-2004, wurde der Antrag des nunmehrigen Berufungswerbers vom 21.4.2004 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet abgewiesen.

2. Dagegen richten sich die rechtzeitig eingebrachten Berufungen. Hinsichtlich der Zurückweisung des Einspruches als verspätet führte der Berufungswerber aus, dass es ihm wegen einer Dienstreise und anschließendem Urlaub unmöglich gewesen sei, die Strafverfügung rechtzeitig nach der Hinterlegung beim Postamt abzuholen bzw. dagegen zu berufen. Gleichzeitig beantragte er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Berufungswerber machte auch inhaltliche Ausführungen, mit welchem er sich gegen die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung wendete.

 

Die Berufung gegen die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründet der Berufungswerber damit, dass es ihm damals wegen einer mehrtägigen dienstlichen Abwesenheit und einem anschließenden Urlaub nicht möglich gewesen sei, dass behördliche Schriftstück fristgerecht abzuholen bzw. Einspruch zu erheben und zu begründen. Bei seiner Dienstreise handle es sich nicht um eine regelmäßige, durch Berufsverrichtung bedingte Abwesenheit. Weiters sei zu berücksichtigen, dass der angebliche Tatort ca. 120 Kilometer von seinem Wohnort entfernt liegt und er wegen seines Urlaubes erst am 14.4. Zeit fand, ein Foto betreffend die lokalen Verhältnisse anzufertigen und damit seinen Einspruch zu begründen. Weiters sei die von der Post aufgelegte Verständigung betreffend die Hinterlegung eines Schriftstückes missverständlich abgefasst, weil es in dieser wie folgt heißt: "wenn Sie zum Zeitpunkt der Zustellung etwa wegen Urlaub, Krankenhausaufenthalt oder dergleichen vorübergehend abwesend waren und daher vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen konnten, dann wird die Zustellung erst an den rückerfolgenden Tag wirksam, wenn dieser noch innerhalb der Abholfrist liegt." Auf Grund dieses Textes sei er der Meinung gewesen, dass die Fristen nicht so streng ausgelegt würden. Er ersuchte daher, die Entscheidung über seinen Antrag auf Wiederaufnahme in den vorigen Stand zu überdenken.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt, eine Verhandlung wurde nicht beantragt und es handelt sich um verfahrensrechtliche Bescheide. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war daher nicht erforderlich.

 

4.1 Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Lenker des PKW wurde am 14.3.2004 angezeigt, weil er an diesem Tag um 13.40 Uhr auf der B 138 bei Strkm. 53,111 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 45 km/h überschritten habe. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde gegen den nunmehrigen Berufungswerber eine Strafverfügung erlassen. Die Zustellung erfolgte mittels RSa Brief, wobei der erste Zustellversuch sowie die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches am 29.3.2004 sowie der zweite Zustellversuch und die Hinterlegung beim Postamt O am 30.3.2004 stattfanden. Der nunmehrige Berufungswerber erhob gegen diese Strafverfügung mit Telefax vom 15.4.2004 Einspruch und führte darin aus, das die Geschwindigkeitsbeschränkung kaum sichtbar hinter einem Wegweiser angebracht sei. Diesem Einspruch war ein Foto der gegenständlichen Straßenstelle angeschlossen. Der Einspruch wurde vom Bezirkshauptmann von Kirchdorf ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens oder Wahrung des Parteiengehörs als verspätet zurückgewiesen.

 

Dagegen wurde sowohl eine Berufung erhoben als auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht. Auf Aufforderung gab der Berufungswerber bekannt, dass er vom 29. auf 30.3.2004 eine Dienstreise nach Sankt Johann/Wimberg durchgeführt habe und die Nacht vom 30. auf den 31.3.2004 bei seiner Freundin in Linz verbracht habe. Erst am Nachmittag des 31.3.2004 habe er in seiner Wohnung in O die Verständigung über die Hinterlegung des RSa Briefes vorgefunden. An diesem Mittwoch Nachmittag war das Postamt bereits geschlossen, weshalb er den Brief erst am 1.4.2004 am Abend beheben konnte. Vom 3. bis zum 7.4.2004 habe er sich in Tirol aufgehalten. Er war sich nicht mehr ganz sicher, wie die örtliche Situation ausgesehen hat und wollte seinen Einspruch durch ein Foto untermauern, was ihm eben erst am 14.4.2004 möglich gewesen war.

 

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde mit Bescheid vom 21.5.2004 abgewiesen, in der Berufung führte der Berufungswerber neuerlich aus, dass es ihm eben wegen seiner mehrtägigen dienstlichen Abwesenheit und des anschließenden Urlaubes nicht möglich gewesen sei, das behördliche Schriftstück fristgerecht abzuholen bzw. seinen Einspruch zu erheben und zu begründen. Er habe sich zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Strafverfügung nicht regelmäßig an seiner Abgabestelle aufgehalten und die von der Post verwendete Verständigung über die Hinterlegung sei missverständlich formuliert.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen 2 Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen.

 

Gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz ist die hinterlegte Sendung mindestens 2 Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag mit dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

 

Gemäß § 71 Abs.1 AVG ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn

 

  1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft oder
  2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der den Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

 

5.2 Vorerst ist zu prüfen, ob die gegenständliche Strafverfügung bereits mit der Hinterlegung vom 30.3.2004 oder erst durch das tatsächliche Abholen am 1.4.2004 zugestellt wurde. Wäre nämlich die Zustellung erst am 1.4.2004 wirksam geworden, so hätte der Berufungswerber die Einspruchfrist gar nicht versäumt und sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand müsste daher zurückgewiesen werden, weil eben gar keine Frist versäumt wurde.

Die Frage, wann hinterlegte Sendungen als zugestellt gelten, ist in § 17 Abs.3 Zustellgesetz geregelt. Nach § 17 Abs.3 dritter Satz Zustellgesetz gelten hinterlegte Sendungen grundsätzlich mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt. Nach § 17 Abs.3 vierter Satz Zustellgesetz gelten sie dann nicht als zugestellt, wenn der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. In diesem Fall wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden konnte. Der Berufungswerber war am 29. und 30.3.2004 von seiner Abgabestelle abwesend und ist am Nachmittag des 31.3.2004 an diese zurückgekehrt. Am Nachmittag des 31.3.2004 hat er vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt, wobei er die Strafverfügung am 1.4. dann tatsächlich behoben hat. Nach der diesbezüglich ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erlangt der Empfänger dann noch rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis, wenn ihm ein für die Erhebung eines Einspruches angemessener Zeitraum verbleibt. Mit der Entscheidung vom 24.2.2000, 2000/02/0027, hat der Verwaltungsgerichtshof einen verbleibenden Zeitraum von zehn Tagen für das Erheben eines Einspruches als ausreichend angesehen. Im gegenständlichen Fall verblieben dem nunmehrigen Berufungswerber zwölf Tage zur Erhebung seines Einspruches. Diese Frist erscheint jedenfalls ausreichend, auch wenn man berücksichtigt, dass der Berufungswerber in dieser Zeit fünf Tage auf Urlaub war. Der Einspruch kann zwar, muss aber nicht begründet werden. Dies ergibt sich auch aus der Formulierung der Rechtsmittelbelehrung in welcher es heißt, dass man sich im Einspruch rechtfertigen kann und die der Verteidigung dienenden Beweise vorbringen kann. Selbstverständlich können Beweise auch nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist nachgebracht werden. Es wäre daher jedenfalls ausreichend gewesen, wenn der Berufungswerber Einspruch erhoben hätte und darauf hingewiesen hätte, dass er in absehbarer Zeit ein Foto der gegenständlichen Straßenstelle nachreichen werde. Für dieses kurze Schreiben war die dem nunmehrigen Berufungswerber zur Verfügung stehende Zeit von immerhin zwölf Tagen jedenfalls mehr als ausreichend. Die Zustellung ist damit im Sinne der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit dem ersten Tag der Abholfrist, das war der 30.3.2004, wirksam geworden, weshalb die Einspruchsfrist versäumt wurde.

 

Mit der Versäumung der Frist ist ein Fall eingetreten, bei welchem eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich möglich ist. Wäre nämlich die Frist gar nicht versäumt gewesen, so könnte eine Wiedereinsetzung gar nicht erfolgen. Der Berufungswerber hat weder in seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch in der gegen den abweisenden Bescheid eingebrachten Berufung einen Wiedereinsetzungsgrund ausdrücklich geltend gemacht. Sein Vorbringen kann dahingehend verstanden werden, dass er sich über das Datum der Zustellung bzw. die Rechtswirkungen der Hinterlegung geirrt hat. Ein derartiger Rechtsirrtum kann ein maßgebliches "Ereignis" im Sinne des § 71 Abs.1 Z1 AVG darstellen. Es ist dann aber weiter zu prüfen, ob den Berufungswerber an diesem Ereignis ein Verschulden trifft, welches den minderen Grad des Versehens nicht übersteigt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wäre der Berufungswerber verpflichtet gewesen, sich bei geeigneten Stellen darüber zu erkundigen, mit welchem Tag die Strafverfügung als zugestellt gilt und damit der Fristenlauf begonnen hat (vergleiche VwGH vom 30.4.2003, 2001/03/0183). Im Hinblick auf den überdurchschnittlichen Bildungsgrad des Berufungswerbers hätten derartige Erkundigungen von ihm jedenfalls leicht verlangt werden können. Der Berufungswerber hat sich jedoch offenkundig bis zum 15.4.2004 hinsichtlich der Frage der Rechtswirkungen einer Hinterlegung nicht erkundigt, sondern erst - nachdem er durch die Zurückweisung des Einspruches von der Fristversäumung Kenntnis erlangt hat. Es trifft ihn daher an seinem Rechtsirrtum ein Verschulden, welches die Weidereinsetzung in den vorigen Stand nicht mehr zulässt. Sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.

 

Damit steht fest, dass der Berufungswerber die Einspruchsfrist tatsächlich versäumt hat, weshalb auch seine Berufung gegen den Bescheid vom 15.4.2004 abzuweisen war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Z ö b l

 
 

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