Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109826/6/Bi/Be

Linz, 05.08.2004

 

 

 VwSen-109826/6/Bi/Be Linz, am 5. August 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W P, vertreten durch RA Mag. H P, vom 26. April 2004, am 4. August 2004 eingeschränkt auf die mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 15. April 2004, VerkR96-25258-2001, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 verhängte Strafe, aufgrund der Ergebnisse der am 4. August 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:
 
 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als in beiden Punkten des angefochtenen Straferkenntnisses von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Berufungswerber jeweils unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines im Spruch umschriebenen Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 21 Abs.1 VStG,

zu II.: §§ 64f VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen zweier Verwaltungsübertretung jeweils gemäß §§ 134 Abs.1 KFG iVm Art.15 Abs.2 EG-VO 3821/85 jeweils eine Geldstrafe von 40 Euro (30 Stunden EFS) verhängt und ihm ein Kostenbeitrag von insgesamt 8 Euro auferlegt.



Ihm wurde zur Last gelegt, er sei am 1. November 2001 um 14.45 Uhr als Lenker des Sattelzuges, Zugfahrzeug, Sattelanhänger, auf der A1 Westautobahn im Gemeindegebiet von Innerschwand in Fahrtrichtung Salzburg einer Verkehrskontrolle unterzogen und dabei festgestellt worden:

1) Er habe vom 28. Oktober 2001 auf den 29. Oktober 2001 mehr als ein Schaublatt benützt, obwohl das Schaublatt erst nach der täglichen Arbeitszeit zu entnehmen sei.

2) Er habe vom 30. Oktober 2001 auf den 31. Oktober 2001 das Schaublatt über den Zeitraum, für den es bestimmt gewesen sei, hinaus verwendet.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 4. August 2004 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw und seines rechtsfreundlichen Vertreters Mag. F M durchgeführt. Der Vertreter der Erstinstanz war entschuldigt. Die Berufung wurde in der Verhandlung auf die Strafe eingeschränkt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, es sei nicht festgestellt worden, um welchen Tachographen es sich damals gehandelt habe - dieses Vorbringen wurde in der Verhandlung mangels Relevanz für den ggst Fall zurückgenommen.

Die Voraussetzungen für eine Ermahnung seien aber insofern gegeben, als von geringfügigem Verschulden und dem Fehlen von Folgen der Übertretungen auszugehen sei. Weiters sei zu bedenken, dass sich der Vorfall im Jahr 2001 schon ereignet habe, sodass auch aus spezialpräventiven Überlegungen eine Strafverhängung nicht mehr geboten sei, abgesehen von der überlangen Verfahrensdauer.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw bzw sein rechtsfreundlicher Vertreter gehört und die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt wurden.

In der mündlichen Verhandlung hat der Bw beide Übertretungen, wie im Schuldspruch formuliert, unter Feststellung der sachlichen Irrelevanz, um welchen Tachographen es sich im ggst Fall gehandelt hat, zugestanden, jedoch insofern geringfügiges Verschulden geltend gemacht, als er am 28. Oktober 2001, einem Sonntag, um ca 22.30 Uhr mit einem neuen Schaublatt weggefahren und ab ca 00.50 Uhr in Linz auf dem Firmengelände im Lkw geschlafen habe. Da er beabsichtigt habe, am Morgen weiterzufahren, habe er das Schaublatt weiter



verwendet. Um ca 4.30 Uhr sei er mit so großen Magenschmerzen aufgewacht, dass er zunächst beabsichtigt habe, einen Arzt aufzusuchen und den Lkw für diesen Tag nicht mehr zu lenken; daher habe er die Tachographenscheibe herausgenommen. Er habe dringend eine Toilette gebraucht, jedoch feststellen müssen, dass er den Schlüssel zur Firmentoilette zu Hause gelassen habe. Ihm sei dann eine Tankstelle in der Salzburger Straße eingefallen, wo er auf die Toilette gehen könnte, und er habe, um dorthin fahren zu können, ein neues Schaublatt einlegen müssen. Dann sei er zur Tankstelle gefahren und dort zur Toilette gegangen. Danach sei er bis ca 7.30 Uhr dort geblieben und dann zur Fa S gefahren, um zu laden - der diesbezügliche Frachtbrief wurde vorgelegt. Er habe, nachdem er das Schaublatt entfernt gehabt habe, ein neues einlegen müssen, um zur Tankstelle zu gelangen.

Am 30. Oktober 2001 habe er sich in Ungarn befunden und sich schlafen gelegt, ohne das Schaublatt herauszunehmen. Er habe keine Schwierigkeiten mit ungarischen Polizisten haben wollen, um seine tatsächliche Ruhezeit beweisen zu können. Dadurch dass er das Schaublatt im Tachographen gelassen habe, habe er den Nachweis der tatsächlichen Einhaltung der Ruhezeit erbracht, zumal einwandfrei ersichtlich sei, dass er das Fahrzeug nicht mehr bewegt habe. Dass die Aufzeichnungen überschrieben wurden - nämlich in Ruheposition des Lkw - sei passiert.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte, wenn beide der im § 21 Abs.1 VStG genannten Kriterien vorliegen, einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung (vgl Erk 19.9.2001, 99/09/0264, ua). Die Schuld des Beschuldigten ist dann geringfügig, wenn sein tatbildmäßiges Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH 10.12.2001, 201/10/0049, ua).

Gemäß Art.15 Abs.2 EG-VO Nr.3821/85 benutzen die Fahrer für jeden Tag, an dem sie lenken, ab dem Zeitpunkt, an dem sie das Fahrzeug übernehmen, Schaublätter. Das Schaublatt wird erst nach der täglichen Arbeitszeit entnommen, es sei denn, eine Entnahme ist auf andere Weise zulässig. Kein Schaublatt darf über den Zeitraum, für den es bestimmt ist, hinaus verwendet werden. ...



Hinsichtlich des Herausnehmens des Schaublattes am 29. Oktober 2001, 4.30 Uhr, durch den Bw ist insofern von geringfügigem Verschulden auszugehen, als der Bw in der Verhandlung glaubwürdig - und unwiderlegbar - dargetan hat, er habe beim Aufwachen um 4.30 Uhr derart starke Magenschmerzen gehabt, dass er zunächst ernsthaft in Erwägung gezogen hat, an diesem Tag nicht weiterzufahren, sondern zum Arzt zu gehen. Damit war nämlich die tägliche Arbeitszeit zu Ende und das Schaublatt herauszunehmen, was der Bw auch getan hat. Dass er den Schlüssel für die Firmentoilette vergessen und schließlich beschlossen hat, eine nahegelegene Tankstelle anzufahren, um dort auf die Toilette zugehen, ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung jedenfalls glaubwürdig und nicht zu widerlegen. Dafür hatte er aber ein neues Schaublatt einzulegen, weil er das herausgenommene nicht mehr weiterverwenden durfte.

Zum Vorfall vom 30./31. Oktober 2001 ist zu sagen, dass der Bw bereits am Ende seiner täglichen Arbeitszeit - das war laut Schaublatt und Bestätigung des Bw in der Verhandlung um 17.00 Uhr des 30. Oktober 2001 - das Schaublatt herausnehmen hätte müssen. Seinem Vorbringen, er habe keine Probleme bei Kontrollen in Ungarn, bei denen es erfahrungsgemäß Schwierigkeiten gebe, haben wollen und daher seine tatsächlich eingehaltene Ruhezeit konkret nachweisen wollen, ist grundsätzlich nichts entgegenzusetzen, weil sich trotz Überschreiben der Aufzeichnungen am Schaublatt ersehen lässt, dass die Ruhezeit tatsächlich eingehalten wurde. Der Bw hat sich auf unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Staaten berufen und darauf, dass ein Belassen des Schaublattes als Beweismittel günstiger sei. Von geringfügigem Verschulden ist hier trotz offensichtlich vorsätzlicher Begehung deshalb auszugehen, weil die Überlegungen des Bw verständlich und schon angesichts der sprachlichen Verständigungsprobleme nachvollziehbar sind und überdies aus dem Schaublatt vom 31. Oktober 2001 einwandfrei zu ersehen ist, dass er an diesem Tag um 6.30 Uhr unter Verwendung eines neuen Schaublattes zu lenken begonnen hat. Die Aufzeichnungen sind somit in beiden Fällen lückenlos, weshalb auch diesbezüglich die Folgen beider Übertretungen zu vernachlässigen sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Geringfügiges Verschulden in beiden Punkten zu bejahen - Ermahnung gerechtfertigt, weil keine Folgen

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