Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260228/2/WEI/Bk

Linz, 23.11.1998

VwSen-260228/2/WEI/Bk Linz, am 23. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des J gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 6. Oktober 1997, Zl. Wa 96-7-1997, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990 und BGBl I Nr. 74/1997) zu Recht erkannt:

I. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis vom 6. Oktober 1997 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie sind als Geschäftsführer der G KG dafür verantwortlich, daß durch Ableitung von Steinschneidewässern über Ableitungsrohre in das kleine Vorflutgerinne und damit in den K am 13.3.1997 um 12.30 Uhr flüssige Stoffe in ein Gewässer eingebracht wurden, ohne daß dafür eine wasserrechtliche Bewilligung vorliegt." Dadurch erachtete die belangte Behörde den § 137 Abs 3 lit g) iVm § 32 Abs 2 lit a) WRG 1959 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung "gemäß § 137 Abs.3 lit.g" (richtig: Strafrahmen des § 137 Abs 3 WRG 1959 ) eine Geldstrafe von S 5.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 500,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis vom 6. Oktober 1997, dessen Zustellung im vorgelegten Akt nicht durch einen schriftlichen Zustellnachweis ausgewiesen ist, erhob der Bw die am 13. Oktober 1997 bei der belangten Behörde offenbar rechtzeitig eingelangte Berufung, irrtümlich datierend vom 10. September 1997. Mit der Berufung wird sinngemäß die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt. Die Berufung ist auf dem Geschäftspapier der "G KG" in der Ich-Form abgefaßt und offenbar vom Bw unterschrieben worden. Der erkennende Verwaltungssenat wertet die Berufung daher als eine solche des Bw und nicht der G KG.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t : 2.1. Mit Schreiben vom 28. April 1997, Zl. U-GS-320015/25-1997/Hub/Kr, zeigte die Unterabteilung Gewässerschutz der belangten Behörde an, daß bei einer Begehung des K am 13. März 1997 um 12.30 Uhr festgestellt werden konnte, daß "neuerlich" Steinschneidewässer in das kleine Vorflutgerinne von der G KG abgeleitet wurden. Beim Einleitungsrohr wurde eine Abwasserstichprobe gezogen, wobei aus dem nunmehr vorliegenden Analysenergebnis (Prüfbericht Nr. ) massive Überschreitungen der Emissionsrichtwerte für die Einleitung in Fließgewässer hervorgingen. Konkret angeführt wurden die Werte für die Parameter: absetzbare Stoffe, abfiltrierbare Stoffe, Gesamtphoshor und Kobalt. Die Belastungsmerkmale wären typisch für die bei der Steinbearbeitung anfallenden betrieblichen Abwässer. Die Abwassereinleitung wäre dann eingestellt worden. Herr W hätte konkretere Angaben verweigert. Die Firma habe den Bereich der Steinbearbeitung gegenüber den Behörden als abwasserfrei mit Kreislaufführung deklariert.

2.2. Am 26. Juni 1997 führte die belangte Behörde eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bw und des Mag. W, Angestellter der Firma S, durch. Der Bw übernahm die Verantwortung für die Einleitung der Steinschneidewässer und erklärte dazu, daß sie auf eine Störung des Kreislaufbetriebes zurückzuführen gewesen wäre. Die vermutliche Ursache wäre ein Defekt der Pumpe gewesen. Normalerweise erfolge keine Ableitung der Steinschneidewässer in den K, was durch regelmäßige Kontrollen der amtlichen Sachverständigen bestätigt werden müßte. Außerdem wurde zum Beweis, daß der Vorfall vom 13. März 1997 eine einmalige Angelegenheit gewesen wäre, eine Überprüfung des Bachgerinnes bezüglich Ablagerungen angeregt.

2.3. Die belangte Behörde berichtete mit Schreiben vom 1. Juli 1997 der Unterabteilung Gewässerschutz von der Verantwortung des Bw und ersuchte um verschiedene Auskünfte. Mit Antwortschreiben vom 12. August 1997, U-GS-320015/26-1997/Hub/Rei/Kr, teilte die Unterabteilung Gewässerschutz mit, daß bei insgesamt drei amtlichen Überpüfungen seit Oktober 1995 eine Ableitung von Steinschneidewässern am 13. März 1997, nicht aber am 18. April 1996 oder am 18. März 1997 festgestellt werden konnte. Anläßlich des Vorfalles vom 13. März 1997 hätte allerdings ein namentlich nicht genannter Anrainer angegeben, daß häufig die Ableitung von grautrüben Steinschneidewässern beobachtet werden könnte. Deshalb meinte der Amtssachverständige, daß der Vorfall vom 13. März 1997 kein Einzelfall gewesen sein dürfte.

Zu dem vom Bw als Ursache genannten Pumpendefekt bemerkten die Amtssachverständigen, daß dann die Anlage zur Kreislaufführung der Steinschneidewässer nicht die entsprechende Betriebssicherheit aufweise. Bei einer dem Stand der Technik entsprechenden Störfallsicherheit dürfe ein Pumpendefekt nicht zwangsläufig zu einer Ausschleusung von Steinschneidewässern führen. Eine einmalige Kontrolle des Bachbettes sei nicht zielführend. Es könne mit den der Unterabteilung Gewässerschutz zur Verfügung stehenden Methoden nicht mit Sicherheit gesagt werden, wie lange der natürliche Abtransport des Schleifstaubes nach einer Ableitung dauert. Es sei jedoch sehr wahrscheinlich, daß im Zuge der Juli-Hochwässer der größte Teil des zuvor abgeleiteten Schleifstaubes mobilisiert und abtransportiert wurde. Wenn inzwischen verbreitete Ablagerungen im K gefunden werden könnten, wäre eine Ableitung nach den Hochwässern sehr wahrscheinlich. 2.4. Die belangte Behörde informierte den Bw mit Schreiben vom 3. September 1997, daß nach der ergänzend eingeholten Stellungnahme der Unterabteilung Gewässerschutz ein Pumpendefekt bei einer dem Stand der Technik entsprechenden Störfallsicherheit nicht zwangsläufig zu einer Ausschleusung von Steinschneidewässern führen dürfe. Es wurde ihm freigestellt, dazu schriftlich Stellung zu nehmen oder zu einem bestimmten Termin zu erscheinen. Eine Stellungnahme des Bw ist nicht aktenkundig. Die belangte Strafbehörde erließ in der Folge das angefochtene Straferkenntnis und vertrat die Ansicht, daß die Einleitung nicht in Abrede gestellt wurde und die "die Ursache betreffenden Diskussionspunkte im Hinblick auf die Erfüllung des Straftatbestandes" nicht von Relevanz wären.

2.5. In der Berufung wird auf die Mitteilungen der Unterabteilung Gewässerschutz und den Pumpendefekt verwiesen, der nur kurze Zeit gedauert hätte. Die allgemeine Äußerung eines Anrainers könne keine Grundlage sein, zumal nur eine dauernde Beobachtung des Gerinnes die Feststellung der wiederkehrenden Ableitung rechtfertige. Dies wäre nicht der Fall gewesen und es habe auch keine Ableitung stattgefunden. Da auch keine Ablagerungen festgestellt werden konnten, hätte eine dauernde Beeinträchtigung des Gewässers nicht stattgefunden. Eine Verletzung von Rechtsgütern sei nicht eingetreten. Der Bw ersuchte daher abschließend um "Zurückziehung" des Straferkenntnisses.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage abzuleiten ist und im wesentlichen Rechtsfragen zu beurteilen sind. Den genauen Grund für die an sich unbestrittene Ableitung der Steinschneidewässer in den K am 13. März 1997 hat die belangte Behörde nicht festgestellt.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer ohne die gemäß § 32 Abs 1 und 2 WRG 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt.

Nach § 32 Abs 1 WRG 1959 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (vgl § 30 Abs 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (§ 32 Abs 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

Nach § 32 Abs 2 lit a) WRG 1959 bedarf die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen der Bewilligung im Sinne des Absatz 1.

Der Maßstab für die Reinhaltung der Gewässer ergibt sich aus der Zielvorschrift des § 30 Abs 2 WRG 1959, wonach jede Beeinträchtigung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens als Verunreinigung gilt.

4.2. Gemäß § 31 Abs 1 WRG 1959 trifft jedermann die Sorgfaltspflicht, seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben und sich überhaupt so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird. Zur Abgrenzung der Bestimmungen der §§ 31 und 32 WRG 1959 und damit auch der korrespondierenden Strafbestimmungen des § 137 Abs 3 lit d und g) geht der Verwaltungsgerichtshof von einem Alternativverhältnis aus. Für die Anwendbarkeit des § 32 WRG 1959 fordert er einen konkret wirksamen und beabsichtigten Angriff auf die bisherige Beschaffenheit von Wasser, der plangemäß durch Einbringung von wassergefährdenden Stoffen unter Verwendung von Anlagen erfolgt, während sich im Fall des § 31 WRG 1959 die Verpflichtung zur Vermeidung von Verunreinigungen auf Anlagen und Maßnahmen bezieht, bei denen eine Einwirkung auf Gewässer zwar nicht vorgesehen, aber erfahrungsgemäß möglich ist (vgl mwN Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 1993, 563 Rz 8 zu § 137 Abs 3 lit d). Beim Bewilligungstatbestand für Einwirkungen hat der Gesetzgeber projektsgemäß geplante, vorhersehbare und typische Einbringungen und nicht einzelne Störfälle vor Augen. Ist nicht erkennbar, daß eine aus betriebsbedingten Gründen regelmäßig wiederkehrende Ableitung unter Benützung von Anlagen erfolgt, dann liegt ein Fall des § 31 WRG 1959 vor (vgl zum Ganzen näher Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 174 f, Rz 13 zu § 32 WRG mit zahlreichen Judikaturnachweisen).

4.3. Die belangte Strafbehörde hat die aufgezeigten Abgrenzungsfragen im Verhältnis von §§ 31 und 32 WRG 1959 nicht erörtert und ist rechtsirrig davon ausgegangen, daß es nur auf die Tatsache der Ableitung von Steinschneidewässern ankäme, ohne daß geprüft werden müßte, ob es sich dabei um eine wiederkehrende betriebsbedingte Einbringung handelt oder nicht. Der Einwand des Bw, daß es sich um einen einmaligen Störfall in der Kreislaufführung der Steinschneidewässer infolge Pumpendefekts handelte, war entgegen der Ansicht der belangten Behörde relevant. Mit dieser Einlassung hat der Bw sinngemäß eine projektsgemäße und typische Einbringung unter Verwendung von Anlagen geleugnet und damit die Anwendbarkeit des § 32 WRG 1959 in Frage gestellt.

Nach Einsicht in die vorgelegten Akten vertritt der erkennende Verwaltungssenat die Ansicht, daß bei der gegenständlich angelasteten Ableitung in den K im Hinblick auf den Grundsatz "in dubio pro reo" nicht von einer betrieblich wiederkehrenden Einleitung von Steinschneidewässern ausgegangen werden kann. Die Unterabteilung Gewässerschutz mußte in ihrer Stellungnahme vom 12. August 1997 zugestehen, daß Amtssachverständige nur am 13. März 1997 die Ableitung von Steinschneidewässern beobachten und eine Probe ziehen konnten. Im übrigen beruft sich die Unterabteilung Gewässerschutz nur auf einen namentlich nicht genannten Anrainer, der häufig Ableitungen beobachtet haben will. Eine solche Vorgangsweise ist für Zwecke eines Strafverfahrens untauglich, weil damit kein den rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechender Beweis, sondern nur ein Verdacht geschaffen wird, der aber für eine Verurteilung nicht ausreicht. Nähere Untersuchungen des Bachbettes auf Ablagerungen haben die Amtssachverständigen im Hinblick auf zwischenzeitige Hochwässer als nicht zielführend betrachtet. Bei einer solch dürftigen Beweislage dürfen dann aber keine Feststellungen zum Nachteil des Beschuldigten getroffen werden.

4.4. Für die vom Bw ins Treffen geführte Kreislaufführung der Steinschneidewässer spricht auch die Tatsache, daß in dem namens des Landeshauptmannes von der belangten Behörde erlassenen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 14. Mai 1996, Wa 10-70-17-1994-Fu, nur die Einleitung von betrieblichen Abwässern in die Ortskanalisation samt dazugehörigen Anlagen, nicht aber die Steinschneidewässer behandelt wurden. In ihrer oben genannten Stellungnahme gehen die Amtssachverständigen auch von einer Anlage zur Kreislaufführung der Steinschneidewässer aus, wenn sie kritisieren, daß diese Anlage nicht die dem Stand der Technik entsprechende Betriebssicherheit aufweist, weil ein Pumpendefekt nicht zwangsläufig zu einer Ausschleusung von Steinschneidewässern führen dürfe.

Auch wenn der erkennende Verwaltungssenat dieses Argument der Amtssachverständigen durchaus für schlüssig erachtet, folgt allerdings daraus noch nicht die Anwendbarkeit des § 32 Abs 2 lit a) WRG 1959. Denn selbst wenn der mangels einer dem Stand der Technik entsprechenden Störfallsicherheit bedenkliche Betrieb einer abwasserfreien Anlage zur Kreislaufführung von Steinschneidewässern sorgfaltswidrig erschiene, spräche diese Tatsache im gegebenen Fall im Hinblick auf die eingetretene Verunreinigung des K nur für die Anwendung des Erfolgsdeliktes der Gewässerverunreinigung nach § 31 Abs 1 iVm § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959. In diese Richtung hat die belangte Behörde aber keine Erhebungen durchgeführt und auch keine Feststellungen getroffen. Da diesbezüglich auch keine einschlägige Verfolgungshandlung vorliegt, brauchte der erkennende Verwaltungssenat weder Ermittlungen noch weitere Überlegungen anstellen. Die Berufung war daher im Ergebnis erfolgreich und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e i ß Beschlagwortung: Abgrenzung §§ 31 Abs.1, 32 WRG 1959

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