Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109898/2/Sch/An

Linz, 07.09.2004

 

 

 VwSen-109898/2/Sch/An Linz, am 7. September 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der M H vom 4. Juni 2004, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 11. Februar 2004, Zl. VerkR96-4409-2003, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Straferkenntnis vom 11. Februar 2004, VerkR96-4409-2003, über Frau M H, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 69 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt, weil sie am 27. April 2003 um 9.46 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet von Lengau auf der B147 in Richtung Straßwalchen gelenkt und bei Strkm. 5,600 im Ortsgebiet von Friedburg erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 59 km/h um 26 km/h überschritten habe.

 

Überdies wurde die Berufungswerberin zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 6,90 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin Berufung erhoben. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Die Berufungsweberin hat bereits im Einspruch gegen die ursprünglich erlassene Strafverfügung vorgebracht, sie sei "mit diesem Auto zu diesem Zeitpunkt nicht gefahren".

Die Erstbehörde hat hierauf die Genannte als Zulassungsbesitzerin des oben angeführten Kraftfahrzeuges gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 zur Auskunftserteilung aufgefordert.

Sie hat hierauf mitgeteilt, dass sie das Fahrzeug verschiedenen Personen zur Verfügung gestellt habe und keine Aufzeichnung führe, weshalb ihr nicht bekannt sei, wer das Fahrzeug zum angegebenen Zeitpunkt gelenkt habe. Sie wisse nur mit 100%iger Sicherheit, dass sie selbst das Fahrzeug nicht gelenkt habe.

Hierauf hat die Behörde das nunmehr in Berufung gezogene Straferkenntnis erlassen. Sie vermeint im Hinblick auf die Lenkereigenschaft der Berufungswerberin, diese sei hinreichend erwiesen, da sie keinen Beweis dafür angeboten habe, dass sie zum angefragten Zeitpunkt das Fahrzeug nicht gelenkt habe. Sie habe keine Personen mit Name und Anschrift bekannt gegeben, die zum Tatzeitpunkt als mögliche Lenker in Betracht gekommen wären. Deshalb sei sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen.

Dieser Beweiswürdigung vermag sich die Berufungsbehörde allerdings nicht anzuschließen:

Zum einen kann von einem relevanten Untätigbleiben der Berufungswerberin im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (etwa VwGH 28.4.1998 97/02/0527) nicht die Rede sein. Die Berufungswerberin hat nämlich bei der ersten sich bietenden Gelegenheit, das war der Einspruch gegen die erwähnte Strafverfügung, die Lenkereigenschaft dezidiert in Abrede gestellt. Auch hat sie auf die Anfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 reagiert und wiederum vorgebracht, nicht Fahrzeuglenkerin zum Vorfallszeitpunkt gewesen zu sein, da das Fahrzeug von mehreren Personen benützt würde.

Dieses Vorbringen ist weder als Untätigbleiben anzusehen noch von vornherein lebensfremd oder unglaubwürdig. Damit fehlt aber die Grundlage dafür, ohne Vorliegen irgendeines Beweismittels von der Lenkereigenschaft der Berufungswerberin ausgehen zu können.

 

Der Vollständigkeit halber ist noch Nachstehendes anzuführen:

Nach den dem Oö. Verwaltungssenat geläufigen Erfahrungswerten über die Vorgangsweise der Strafbehörden im Falle einer bestrittenen Lenkereigenschaft wird davon ausgegangen, dass bei einem in Österreich zugelassenen Kraftfahrzeug nach nicht hinreichender Auskunftserteilung im Sinne des § 103 Abs.2 KFG 1967, wie ohne Zweifel auch jene der Berufungswerberin zu bewerten wäre, mit der Einleitung eines entsprechenden Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung dieser Bestimmung vorgegangen worden wäre, ohne weiter auf die Tätereigenschaft betreffend das zugrunde liegende Delikt eingehen zu müssen. Die im Rahmen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, zuständigen deutschen Behörden verweigern allerdings - mit einer hier nicht wiederzugebenden Begründung - diesbezüglich die Mitwirkung (vgl. etwa das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes vom 14. Mai 1999, GZ.: 670.037/0-V/2/99). Es besteht daher das Bestreben der Strafbehörden, in solchen Fällen im Rahmen der Beweiswürdigung das mit dem Fahrzeug begangene Delikt dem Zulassungsbesitzer (Halter) zuzuordnen, zumal diese Verwaltungsstrafe dann wiederum in der Bundesrepublik Deutschland vollstreckt würde. Diese Vorgangsweise der Strafbehörden mag in manchen Fällen durchaus rechtens sein, keinesfalls darf aber zum einen damit keine dadurch motivierte, quasi "ergebnisorientierte" Beweiswürdigung verbunden sein und zum anderen erscheint es auch kaum sachlich vertretbar, eine unterschiedliche Behandlung deutscher und österreichischer Zulassungsbesitzer bzw. Fahrzeuglenker vorzunehmen. Jedenfalls darf nicht erwartet werden, dass ein deutscher Fahrzeuglenker im Strafverfahren sogleich einen Lenker präsentiert, welche Vorgangsweise auch von einem Inländer nicht verlangt wird.

Angesichts der obigen Darlegungen war der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren unter Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" einzustellen, wenngleich die Berufungsbehörde nicht verkennt, dass die gegenständliche Entscheidung durchaus mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit am tatsächlichen Geschehnisablauf vorbei könnte.

Dieser Umstand würde bei einem gleichgelagerten Fall - Geschwindigkeitsmessung ohne Anhaltung - bei einem Zulassungsbesitzer aus dem sonstigen Ausland aber von vornherein keine Rolle spielen, da dann ein Verwaltungsstrafverfahren nicht einmal eingeleitet werden würde.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

S c h ö n

 
 

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