Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109927/2/Kei/Da

Linz, 28.10.2004

 

 

 VwSen-109927/2/Kei/Da Linz, am 28. Oktober 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Dr. M W, Z, S, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 14. Juli 2004, Zl. 4105/ST/04, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967) , zu Recht:

 

  1. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.
  2.  

    Rechtsgrundlage:

    § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

     

  3. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 16 Euro, zu leisten.

 
Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Sie haben als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem polizeilichen Kennzeichen auf Verlangen der Behörde (BPD Linz) vom 18.5.2004 zugestellt mit RSb-Brief am 24.05.2004, binnen zwei Wochen keine Auskunft darüber erteilt, wer dieses Kraftfahrzeug am 19.3.2004 um 10.12 Uhr in Linz, Ebelsberger-Umfahrung, km 3.0, Fahrtrichtung stadteinwärts, gelenkt hat.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 103 Abs. 2 KFG 1967

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 80,00, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG 1991) Euro 8,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, zu zahlen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher:

Euro 88,00.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG 1991)."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung vor (auszugsweise Wiedergabe):

"Das Auskunftsverlangen vom 18.05.2004 hatte (im wesentlichen) folgenden Wortlaut: ‚Sie werden als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges .... aufgefordert, der Behörde ... Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 19.03.2004 um 10.12 Uhr in Linz, ... gelenkt hat.'

Dies bildet kein gesetzgemäßes Auskunftsverlangen, weil nicht angeführt ist, welche Tat dem jeweiligen Lenker zur Last gelegt wird. Theoretisch kann es sich um jeden erdenklichen Vorwurf handeln, selbst den einer gerichtlich strafbaren Handlung (etwa Nötigung im Straßenverkehr; Gemeingefährdung etc). Das Auskunftsverlangen enthielt auch keine Belehrung über allenfalls bestehende Zeugnisentschlagungsrechte sowie sonstiger Verfahrensgarantien (etwa einen Hinweis auf das Selbstbelastungsverbot).

Ich bitte den hohen Senat, aus folgenden Gründen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des (teilweise in Verfassungsrang stehenden) § 103 Abs. 2 KFG zu hegen:

Die genannte Bestimmung ist wegen Verletzung des Determinierungsgebotes und sohin des rechtsstaatlichen Prinzips, also eines Baugesetzes der Bundesverfassung, verfassungswidrig. § 103 Abs. 2 KFG knüpft an keine Voraussetzungen für ein Auskunftsverlangen an. Es wäre also - der Fassung dieses Bundesgesetzes nach - denkbar, dass ein Auskunftsverlangen gestellt wird überhaupt aus bloßer Beliebigkeit oder gar Willkür, ohne dass dem jeweiligen Lenker eine Verwaltungsübertretung vorgeworfen wird, oder dass eine Verwaltungsübertretung zur Last gelegt wird oder dass eine gerichtlich strafbare Handlung den Anlass für eine (dem Auskunftsverlangen nachfolgende) Verfolgungshandlung bildet. Diese verschwimmende Beliebigkeit eines (dennoch sanktionierten) Gebotes ließe sich (trotz der bestehenden Determinierungslücke) allenfalls durch eine zumindest verfassungskonforme Praxis so überwinden, dass das Auskunftsverlangen im Einzelfall auf einen konkreten Tatvorwurf abstellt (was freilich in concreto nicht geschehen ist). Verschließt man sich aber einer verfassungskonformen Auslegung, so zwingt § 103 Abs. 2 förmlich dazu, das rechtsstaatliche Prinzip zu verlassen und die Anwendung einer diesem Prinzip (oder zumindest einer ansatzweisen Rechtskultur) widersprechenden ‚Primitivnorm' (von der Art eines Erkundungsbeweises ohne Tatvorwurf) in Kauf zu nehmen.

Im übrigen wird auf die zu § 103 Abs. 2 vorliegende Judikatur des Verfassungsgerichtshofes verwiesen (Aufhebung als verfassungswidrig, weil § 103 Abs. 2 KFG auf eine Selbstbezichtigung hinauslaufen kann: VfSlg 9950/1984; 10.394/1985, sowie mit vergleichbarer Problematik VfGH 6.10.1999, G 249/98) mit dem Hinweis, dass bei einer Grundrechtsverletzung der VfGH auf eine ‚Hebung' in den Verfassungsrang (mit dem unschönen Ergebnis eines grundrechtswidrigen Verfassungsgesetzes) bekanntlich sehr heikel reagiert.

Ich bin daher der Auffassung, dass ich mich wegen Rechtswidrigkeit des Auskunftsverlangens nicht strafbar gemacht habe und beantrage die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses; hilfsweise rege ich die Unterbrechung des Verfahrens an mit der Bitte, den Antrag auf Normenkontrolle an den Verfassungsgerichtshof zu stellen."

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Steyr vom 12. August 2004, Zl. S 4105/ST/04, Einsicht genommen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Oö. Verwaltungssenat zweifelt nicht am Vorliegen des Sachverhaltes, der durch die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), zum Ausdruck gebracht wird.

Das gegenständliche Auskunftsverlangen der Bundespolizeidirektion Linz vom 18. Mai 2004 ist gesetzeskonform. Ein Bedenken in verfassungsrechtlicher Hinsicht liegt nicht vor.

Der Bw hätte dem gegenständlichen Auskunftsverlangen nachkommen müssen und eine Antwort in Entsprechung der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 geben müssen.

Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht. Das Verschulden des Bw wird - ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor - als Fahrlässigkeit qualifiziert. Die Schuld des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG. Da die Schuld nicht geringfügig ist und somit eines der beiden in § 21 Abs.1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt ist, konnte diese Bestimmung nicht angewendet und nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

 

Zur Strafbemessung:

Dem gegenständlichen Verwaltungsakt ist nicht zu entnehmen, dass eine die Person des Bw betreffende Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vorliegt. Der Oö. Verwaltungssenat geht davon aus, dass keine solche Vormerkung vorliegt. Diese Beurteilung hat zur Konsequenz, dass der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

Durch die Tatsache, dass ein Lenker nicht bekannt gegeben wird, ist es der Behörde nicht möglich, die Person, die das Grunddelikt begangen hat, festzustellen. Dadurch wird der Strafanspruch des Staates beeinträchtigt. Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretung ist erheblich.

Auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.

Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt.

Die Höhe der durch die belangte Behörde verhängten Strafe ist insgesamt - auch unter Zugrundelegung der in der Begründung des gegenständlichen Straferkenntnisses beschriebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw - angemessen.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

5. Da in jeder Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. Keinberger

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