Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-109967/4/Bi/Be

Linz, 21.09.2004

 

 

 VwSen-109967/4/Bi/Be Linz, am 21. September 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn R P, vertreten durch RA Mag. H E, vom 24. August 2004 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 9. August 2004, VerkR96-10739-2003, wegen der Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit einer Verwaltungsübertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 71 Abs.1 AVG iVm §§ 24 und 51 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers (Bw) vom 5. August 2004 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung abgewiesen, da das Straferkenntnis vom 29. Juni 2004 nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 7. Juli 2004 beim Postamt Ebensee hinterlegt worden sei und berufliche Abwesenheit von der Wohnung während des Tages keine Ortsabwesenheit im Sinne des § 17 Abs.3 ZustellG sei, gelte das Schriftstück mit der Hinterlegung als zugestellt und die Berufung sei als verspätet anzusehen.

2. Dagegen hat der Bw fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im zugrundeliegenden Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden war, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei durch ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden gehindert worden, die beim Postamt Ebensee hinterlegte Sendung früher als am 23. Juli 2004 zu beheben. Er habe seinen Wohnsitz täglich um 4.30 Uhr verlassen und sei erst gegen 20.00 Uhr aus Wels, wo er beruflich tätig sei, zurückgekehrt, da dies aus dienstlichen und beruflichen Gründen unbedingt notwendig gewesen sei. Eine Verschiebung oder Verlegung der Dienstzeit, die ihm die Behebung während der Amtsstunden ermöglicht hätte, sei nicht möglich gewesen. Ein Verschulden daran treffe ihn nicht, zumal die Wahrnehmung seiner beruflichen Pflichten durch ihn in keiner Weise zu beeinflussen gewesen sei. Er verweist gleichzeitig auf die Berufung, die gleichzeitig mit dem gegen die Versäumung der Berufungsfrist gerichteten Antrag auf Wiedereinsetzung eingebracht wurde.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass das mit Rsa-Brief an den Bw adressierte Straferkenntnis der Erstinstanz vom 29. Juni 2004 nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 6. und 7. Juli 2004 am 7. Juli 2004 beim Postamt Ebensee hinterlegt wurde. Der Bw hat, anwaltlich vertreten, am 5. August 2004 Berufung eingebracht und gleichzeitig "aus anwaltlicher Vorsicht" den Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt, in dem er inhaltlich wie nunmehr in der Berufung dargelegt auf berufliche Verpflichtungen verweist, die ihn an der Behebung des hinterlegten Schriftstückes während der Amtsstunden des Postamtes gehindert hätten. Er vertritt jedoch die Auffassung, dass die Berufungsfrist mit der tatsächlichen Übernahme des Straferkenntnisses am 23. Juli 2004 begonnen habe.

Mit Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 3. September 2004 wurde der Bw aufgefordert, die von ihm ins Treffen geführten "unvorhersehbaren und unabwendbaren" Gründe im Hinblick auf seine beruflichen Verpflichtungen näher darzulegen und entsprechende Unterlagen vorzulegen bzw. Zeugen dafür zu benennen.

Mit Schriftsatz vom 16. September 2004 hat der Bw das Gleitzeit-Journal für den Monat Juli 2004 sowie eine Bestätigung seines Chefs, des Betriebsleiters der M GmbH & Co KG, Wels, Herrn J P, vorgelegt, wonach der Bw beim genannten Unternehmen als Lagerleiter beschäftigt und seine Anwesenheit zwischen 5. und 23. Juli 2004 dringend notwendig gewesen sei, weil die anfallenden Tätigkeiten für den Neubau des Hochofens A im V-Gelände termingenau zu erledigen gewesen seien. Eine Freistellung oder urlaubsbedingte Abwesenheit des Bw sei unmöglich gewesen, zumal das Unternehmen über keine Ersatzkraft verfüge.

Die Zeitaufzeichnungen bestätigen, dass der Bw zwischen 5. und 23. Juli 2004 am Morgen nie nach 5.50 Uhr zu arbeiten begonnen und nie vor 17.34 Uhr die Arbeit verlassen hat, auch nicht am Freitag (Arbeitsende 9. Juli 18.15 Uhr, 16. Juli 17.45 Uhr). Erstmals am Freitag, dem 23. Juli 2004, wurde die Arbeit um 14.56 Uhr beendet; an diesem Tag wurde auch der Rsa-Brief beim Postamt Ebensee behoben.

In rechtlicher Hinsicht war zu erwägen:

Die Ansicht des Bw, die Zustellung sei erst mit der Behebung des Straferkenntnisses am 23. Juli 2004 erfolgt, geht insofern ins Leere, als von Ortsabwesenheit im Sinne des § 17 Abs.3 Zustellgesetz bei täglicher, wenn auch später Rückkehr an die Abgabestelle nicht auszugehen war (vgl VwGH 16.2.1994, 93/03/0128: Eine vorübergehende Abwesenheit, welche die Anwendung des § 17 Abs.3 letzter Satz ZustellG nach sich ziehen würde, liegt nur dann vor, wenn der Empfänger dadurch gehindert ist, Zustellvorgänge im Bereich des Zustellortes wahrzunehmen, wie zB im Fall einer Reise, eines Urlaubes oder Krankenhausaufenthaltes). Die Hinterlegung am 7. Juli 2004 hatte daher sehr wohl die Wirkung der Zustellung, die Berufungsfrist endete daher mit 21. Juli 2004. Der Wiedereinsetzungsantrag war im Hinblick auf die verspätete Einbringung der Berufung (Poststempel 5. August 2004) zu prüfen.

Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG iVm § 24 VStG ist gegen die Versäumung einer Frist ... auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten ... und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist auf der Grundlage der Berufungsausführungen vom 24. August 2004 in Verbindung mit den nunmehr vorgelegten Unterlagen davon auszugehen, dass der Bw, dem gerade als Lagerleiter ein Dispositionsspielraum bei derartigen Terminarbeiten nicht zukommt, auch nicht die Möglichkeit gehabt hat, sich dafür zu entscheiden, an einem Tag später in die Arbeit zu fahren, um gleich am Morgen beim Postamt Ebensee den Rsa-Brief beheben zu können, weil dies unter Berücksichtigung einer Fahrzeit von ca. einer Stunde von Ebensee nach Wels bedeutet hätte, dass er erst um frühestens 9.00 Uhr in Wels hätte sein können. Ein solcher Zeitverlust gerade am Morgen hätte nur mit einer Ersatzkraft ausgeglichen werden können, die laut Betriebsleiter nicht zur Verfügung stand. Am Abend hat der Bw auch an Freitagen keine Möglichkeit gehabt, noch während der Amtsstunden das Postamt Ebensee zu erreichen. Dass ihn an der Unmöglichkeit der Abholung des Rsa-Briefes unter Berücksichtigung dieser Überlegungen kein Verschulden trifft, ist nachvollziehbar, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung ist die Berufung gegen das Straferkenntnis als rechtzeitig eingebracht anzusehen und hat darüber nun der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nach Durchführung eines Beweisverfahrens zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum