Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280046/11/Ga/La

Linz, 02.04.1996

VwSen-280046/11/Ga/La Linz, am 2. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des A... in W... gegen Spruchpunkt II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 13. Februar 1995, Zl. Ge96-67-1994-Bi, zu Recht erkannt:

A. Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid in seinem Spruchpunkt II., betreffend die Einstellung eines wegen des Verdachtes der Übertretung des § 15 Abs.1 KJBG gegen einen bestimmten Beschuldigten geführten Verwaltungsstrafverfahrens, wird aufgehoben.

B. STRAFERKENNTNIS: Herr J... A..., geb. am ..., ist schuldig, er hat als Inhaber des Gastgewerbebetriebes in ... M..., dem in diesem Betrieb beschäftigten Jugendlichen J... A..., geb. am ..., an folgenden Tagen:

5., 6., 7., 8., 9., 17., 18., 19., 20., 25., 27. und 30.

Juni sowie 1., 3., 4. und 5. Juli 1994, jeweils nach einer Dauer der Arbeitszeit von mehr als viereinhalb Stunden an diesen Tagen, entgegen der Vorschrift des § 15 Abs.1 KJBG keine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde gewährt; durch dieses Verhalten hat er eine Verwaltungsübertretung nach § 30 KJBG begangen.

Über ihn wird gemäß § 30 KJBG eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt.

Rechtsgrundlage:

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG: § 66 Abs.4.

Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG: § 24; § 16, § 19, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d, § 51e Abs.2.

Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG: § 63 Abs.1.

Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit - BVGPersFreiheit: Art. 3 Abs.3.

Entscheidungsgründe:

Auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/02/0225, hatte im Berufungsfall der unabhängige Verwaltungssenat selbst ein STRAFERKENNTNIS durch erstmaligen Schuldspruch (originär) - wie sonst die hiezu regelmäßig bestimmten Strafbehörden erster Instanz (§ 26 VStG) - zu fällen. Auf die in den Entscheidungsgründen niedergelegte Rechtsanschauung des VwGH ist der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 63 Abs.1 VwGG gebunden, auch wenn er diese Rechtsanschauung nicht teilt.

1.1. Nach einer am 6. Juli 1994 durchgeführten Überprüfung der Arbeitszeitunterlagen im Gastgewerbebetrieb des Beschuldigten erhob der Berufungswerber (= A...; im folgenden kurz: Bw) mit Schriftsatz vom 19. Juli 1994 Strafanzeige ua. wegen festgestellten Verstoßes gegen § 15 Abs.1 KJBG an mehreren Tagen im Juni und Juli 1994. Zum Nachweis der Feststellungen waren der Anzeige Kopien der Arbeitszeitaufzeichnungen über die fraglichen Zeiträume angeschlossen.

1.2. Mit der an den Beschuldigten gerichteten Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19. August 1994 (als erste Verfolgungshandlung) leitete die belangte Behörde unter Vorhalt aller wesentlichen Tatelemente das ordentliche Strafverfahren wegen des Verdachts einer Übertretung des § 15 Abs.1 KJBG ein. Nach stattgefundenem Ermittlungsverfahren, ua durch Vernehmung des Beschuldigten zum Tatvorwurf, verfügte jedoch die belangte Behörde unter Spruchpunkt II. des eingangs bezeichneten Straferkenntnisses die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens "hinsichtlich der Nichtgewährung von Ruhepausen nach einer Dauer der Arbeitszeit von mehr als 4,5 Stunden an mehreren Tagen im Juni sowie Juli 1994" und begründete die Einstellung mit der zugunsten des Beschuldigten anzuwenden gewesenen Zweifelsregel, weil "der in diesem Punkt angelastete Tatvorwurf nicht mit einer für eine Bestrafung ausreichenden Sicherheit" habe festgestellt werden können.

1.3. Gegen diese Einstellung erhob das zwecks Wahrung des Strafanspruchs des Staates am Verfahren als Amtspartei teilnehmende Arbeitsinspektorat das ordentliche Rechtsmittel der Berufung und beantragte die Änderung des Strafbescheides dahingehend, "daß der Beschuldigte wegen Übertretung des § 15 Abs.1 KJBG iSd § 30 KJBG mit 2.000 S bestraft" werde.

Diese Berufung wies der unabhängige Verwaltungssenat durch Bescheid vom 13. März 1995, VwSen-280046/2/Ga/La, mit der Feststellung zurück, daß er "zur Entscheidung über einen Berufungsantrag, wie ihn das Arbeitsinspektorat gestellt hat, nicht zuständig" sei. Näherhin begründete er die Zurückweisung der Berufung mit verfassungsrechtlichen Gründen und führte hiezu ua aus: "Was nämlich schon diese Ebene anbelangt, ist auf Art. 6 Abs.1 MRK hinzuweisen, wonach der unabhängige Verwaltungssenat eingerichtet ist, um über die Stichhaltigkeit der gegen einen Beschuldigten erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden." Eine strafrechtliche Anklage im Sinne dieser Verfassungsvorschrift liege jedoch im Berufungsfall gerade nicht vor, weil die belangte Behörde keinen Schuldspruch gefällt habe.

1.4. In der gegen die Zurückweisung erhobenen Beschwerde an den VwGH vertrat der Bundesminister für Arbeit und Soziales ua die Auffassung, daß aus der rechtspolitischen Zielsetzung, nämlich mit der Einrichtung der unabhängigen Verwaltungssenate eine dem Art.6 MRK entsprechende Vollzugszuständigkeit zu schaffen, wohl nicht abgeleitet werden könne, daß sich die von der Bundesverfassung zugedachte "Sicherung der Gesetzmäßigkeit der öffentlichen Verwaltung" auf den Schutz subjektiver Interessen von Beschuldigten beschränke, hingegen die Gewährleistung der objektiven Rechtmäßigkeit der Vollziehung ausschließe.

1.5. Der Beschwerdebegründung hielt der unabhängige Verwaltungssenat in seiner Gegenschrift vom 22. August 1995, Zl. VwSen-280046/8/Ga/La, ua. das von der herrschenden Lehre vertretene Verständnis des Anklageprinzips entgegen und führte aus: "So zB spricht Rudolf Thienel, Anklageprinzip und Verwertung erzwungener selbstbelastender Aussagen im Strafprozeß, JBl. 1992, 484 ff, mit Hinweis auf Beispiele aus der Judikatur des EGMR, von dem in Art.6 MRK normierten prinzipiellen Vorrang der Verteidigungsrechte vor den Interessen an der Strafverfolgung als Abwägungsmaßstab." Es sei daher die Gefahr aufzuzeigen, daß die vom Beschwerdeführer vertretene Konsequenz aus einer so formulierten Berufung der Amtspartei zu einer konventionswidrigen und auch sachlich nicht gerechtfertigten Privilegierung des objektiven Rechtsschutzes auf Kosten der Beschuldigtenpartei führe.

Nach der Darstellung verschiedener, den Rechtsschutz des Beschuldigten schmälernden Konsequenzen aus der Beschwerdeauffassung, faßte der unabhängige Verwaltungssenat sein Verteidigungsvorbringen wie folgt zusammen:

"Auf der einen Seite bekämpft der Beschwerdeführer die Zurückweisung der Berufung des Arbeitsinspektorates gegen die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens im Ergebnis mit der Auffassung, der UVS hätte herkömmlich wie eine mit dem Beschuldigten inquisitorisch verfahrende Strafbehörde zum ersten Mal über einen Tatverdacht mit Schuldspruch zu erkennen gehabt, somit in der Rolle einer ersten Instanz an Stelle der sonst hiezu berufenen BVB als Strafbehörde materiell absprechen müssen. Dies wird in der Hauptsache zu Unrecht damit begründet, daß das einfachgesetzlich (noch immer so) geregelte Verwaltungsverfahrensrecht kein anderes Ergebnis zulasse. (....) Insoweit aber das einfachgesetzliche Verfahrensrecht den auf Art.6 MRK gestützten Anforderungen noch nicht ausdrücklich entspricht, scheint die verfassungskonforme Auslegung nicht nur zulässig, sondern geboten (hiezu: Alfred Grof, Der O.ö.

Verwaltungssenat als MRK-konforme Rechtsschutzinstitution?, ÖJZ 1995, 281, insbesondere 290 f). So gesehen steht daher auch der Gebrauch des Berufungsrechtes zur Wahrung der objektiven Rechtmäßigkeit unter der Konformitätsregel. Auf den Beschwerdefall angewendet folgt daraus, daß als Sache des Einstellungsbescheides daher nicht der Freispruch von einem bestimmten Tatverdacht, sondern in enger Auslegung nur die Verfahrensbeendigung als solche vorliegt. Konkret darauf abgestellt hätte die Amtspartei den Berufungsantrag formulieren und ausdrücklich nur die Aufhebung der Einstellung (nicht jedoch: die Bestrafung des Beschuldigten) begehren müssen. Im Falle der Stattgabe hätte der O.ö. Verwaltungssenat den Spruch über die Einstellung aufzuheben gehabt, dies mit der Feststellung, daß die Strafbehörde das eingeleitet gewesene Strafverfahren fortzuführen und mit Schuldspruch zu beenden haben wird - mit dann für beide berufungsfähige Prozeßparteien verfügbarem ordentlichen Rechtsmittel." 1.6. Der VwGH verwarf jedoch die Argumentation des unabhängigen Verwaltungssenates und hob mit dem oben zit.

Erkenntnis den h. Zurückweisungsbescheid auf. Begründend pflichtete der VwGH dem Beschwerdeführer insbesondere darin bei, daß ein Verwaltungsstrafverfahren, in welchem nicht nur dem Beschuldigten ein Berufungsrecht zusteht, nicht nur dem Rechtsschutz des Beschuldigten, sondern auch dazu diene, der anderen Partei zu ihrem Recht zu verhelfen bzw. insbesondere im Falle des Berufungsrechtes einer "Organpartei" dem Strafanspruch des Staates Genüge zu tun. Und schließlich habe der unabhängige Verwaltungssenat mit dem Einwand, daß das Arbeitsinspektorat ausdrücklich nur die Aufhebung der Einstellung des Strafverfahrens (nicht jedoch die Bestrafung des Beschuldigten) begehren hätte müssen, verkannt, daß der unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsbehörde der Vorschrift des § 66 Abs.4 AVG (Entscheidung in der Sache) genügen müsse.

2.1. Zufolge der Aufhebung durch den VwGH tritt die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des Zurückweisungsbescheides befunden hat (§ 42 Abs.3 VwGG). In Bindung an die Rechtsanschauung des VwGH hat der unabhängige Verwaltungssenat nunmehr den Berufungsantrag als zulässig zu erachten, einen Ersatzbescheid zu fällen und sich dabei in die inhaltliche Prüfung des dem Beschuldigten angelasteten Tatverdachtes (oben 1.2.) einzulassen.

Die Bindung erstreckt sich jedoch nicht auf den vom VwGH angenommenen Sachverhalt. Diesen hat vielmehr der unabhängige Verwaltungssenat im Grunde seiner - im Gegensatz zum VwGH - umfassenden Zuständigkeit zur Prüfung auch der Tatfrage selbständig festzustellen.

2.2. Aus der Einsicht in den von der belangten Behörde zu Zl. Ge96-67-1994-Bi vorgelegten Strafakt erweist sich, daß der maßgebende Sachverhalt, so wie er dem Schuldspruch zugrundegelegt ist, vollständig geklärt sowie unstrittig vorliegt und insoweit einer abschließenden rechtlichen Beurteilung durch den unabhängigen Verwaltungssenat zugänglich ist. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Insbesondere ist keine, auch weder vom Bw noch von der Beschuldigtenpartei beantragte, öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Gemäß § 30 KJBG ist, wer diesem Bundesgesetz ... zuwiderhandelt, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 1.000 S bis 15.000 S, im Wiederholungsfall von 3.000 S bis 30.000 S, oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Beide Strafen können auch nebeneinander verhängt werden.

Jugendliche sind gemäß § 3 KJBG Personen, die nicht als Kinder im Sinne dieses Gesetzes gelten, 1. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres oder 2. bis zur Beendigung eines Lehr- oder sonstigen mindestens einjährigen Ausbildungsverhältnisses, längstens jedoch bis zur Vollendung des 19.

Lebensjahres.

Gemäß § 15 Abs.1 KJBG muß dem Jugendlichen nach einer Dauer der Arbeitszeit von mehr als viereinhalb Stunden eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde gewährt werden.

Gemäß § 26 Abs.1 KJBG ist in jedem Betrieb, in dem Jugendliche beschäftigt werden, ein Verzeichnis der Jugendlichen zu führen. Dieses Verzeichnis hat gemäß Z5 dieser Vorschrift Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu enthalten.

3.2. Vor dem Hintergrund dieser hier anzuwendenden Rechtsvorschriften steht fest, daß der Beschuldigte die ihm spruchgemäß angelastete Tat begangen hat.

Aus den der Anzeige beigeschlossen gewesenen Kopien der Arbeitszeitaufzeichnungen des Beschuldigten gehen - einwandfrei lesbar - die Eintragungen über die vom involvierten Jugendlichen tageweise in den Monaten Juni und Juli 1994 geleisteten Arbeitsstunden hervor. Für die im Spruch bezeichneten Tage ist jeweils eine Arbeitszeit von deutlich mehr als viereinhalb Stunden eingetragen; nicht eingetragen an diesen Tagen sind jedoch die Ruhepausen, die der Beschuldigte dem Jugendlichen hätte gewähren müssen. Gegen die Richtigkeit der von ihm selbst zu verantwortenden Arbeitszeitaufzeichnungen hat der Beschuldigte im Verfahren vor der belangten Behörde nichts vorgebracht. Andererseits enthalten diese Aufzeichnungen noch weitere Arbeitstage, diese jedoch mit gewährten Ruhepausen.

Zusammenfassend ist der unabhängige Verwaltungssenat mit dem Bw der Auffassung, daß die belangte Behörde auch hinsichtlich des Vorwurfs eines Verstoßes gegen § 15 Abs.1 KJBG - in gleicher Weise wie hinsichtlich der übrigen dem Beschuldigten zur Last gelegten Übertretungen des KJBG keine Veranlassung hätte haben dürfen, die Richtigkeit dieser Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Im Ergebnis ist die Tatbestandsmäßigkeit nach Maßgabe des Schuldspruchs gegeben und ist der Beschuldigte für die Zuwiderhandlung auch verantwortlich.

3.3. Nicht in den Tatvorwurf war der 11. Juni 1994 aufzunehmen. Offenbar irrtümlich nahm die belangte Behörde in die maßgebliche Verfolgungshandlung (oben 1.2.) statt des 11. den 10. Juni 1994 auf. Dadurch aber verfiel der 11. Juni (als Tatelement) der Verjährung; für den 10. Juni hingegen liegen Arbeitszeitaufzeichnungen nicht vor, sodaß auch dieser Tag in den Vorwurf nicht einzubeziehen war.

3.4. Dieser Umstand hindert allerdings nicht die Einordnung der für den ganzen Zeitraum vom 5. Juni bis 5. Juli 1994 festgestellten Zuwiderhandlung als ein in dieser Kontinuität mit Gesamtvorsatz begangenes fortgesetztes Delikt.

Daß diesbezüglich dem Beschuldigten, was die subjektive Tatseite anbelangt, zumindest bedingter Vorsatz anzulasten ist, schließt der unabhängige Verwaltungssenat aus der Verantwortung des Beschuldigten in seiner Vernehmung am 30.

November 1994. Dort nämlich reklamierte er für sich, daß in seinem Betrieb den beschäftigten Jugendlichen "selbstverständlich" die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen gewährt würden. Damit aber gab er auch zu erkennen, über die betreffende Gesetzesvorschrift so eindeutig Bescheid zu wissen, daß ihm die Befolgung der Vorschrift eine "Selbstverständlichkeit" sei. Sind daher an den bezeichneten Tagen die Ruhepausen dennoch nicht gewährt worden, ist dies, was die belangte Behörde verkannte, mit bloßem Sorgfaltsmangel nicht mehr zu erklären, sondern reicht bereits in die Schuldform des bedingten Vorsatzes - der Beschuldigte hielt die Verwirklichung des in Rede stehenden Tatbildes zumindest ernstlich für möglich und fand sich damit ab - hinein.

4. Entgegen dem Berufungsantrag war jedoch die Geldstrafe nicht mit 2.000 S, sondern nur mit 1.000 S festzusetzen.

Was die bei der Strafbemessung beachtlichen Kriterien, insbesondere den Unrechtsgehalt der Tat, angeht, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende Darstellung im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen.

Besondere Erschwerungs- oder Milderungsgründe waren nicht zu werten. Auch der vom unabhängigen Verwaltungssenat angenommene bedingte Vorsatz wirkt hier nicht erschwerend, sondern ist diese Schuldform schon tatbildseitig im Typus des fortgesetzten Deliktes berücksichtigt. Andererseits war zu bedenken, daß die Tat bereits verhältnismäßig lange zurückliegt und, wie die belangte Behörde schon festhielt, im Ermittlungsverfahren keine grundsätzlich ablehnende Haltung des Beschuldigten gegenüber den Anforderungen des KJBG hervorkam, weshalb der spezialpräventive Strafzweck in den Hintergrund zu treten hatte.

Und schließlich ist dem Bw entgegenzuhalten, daß die mit der Kontrolle in diesem Fall befaßt gewesenen Arbeitsinspektoren in der niederschriftlich festgehaltenen Stellungnahme vom 19. Oktober 1994 einer Herabsetzung der ursprünglich mit 2.000 S beantragten Strafe auf 1.000 S ausdrücklich "zugestimmt" haben. Im Hinblick darauf ist die nunmehr mit der Berufung beantragte Strafe neuerlich in der Höhe von 2.000 S offensichtlich unbegründet.

Aus allen diesen Gründen hält der unabhängige Verwaltungssenat die im Spruch verhängte Geldstrafe für tatund schuldangemessen.

5. Die gleichzeitig für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe kann wegen der Besonderheit des Berufungsfalles nicht allein auf § 16 Abs.1 VStG gestützt werden, sondern ist vielmehr auch Art. 3 Abs.3 BVGPersFreiheit heranzuziehen. Weil nämlich dieses Erkenntnis keinem Rechtszug mehr unterliegt, sondern nur durch Beschwerde an den VwGH angefochten werden kann, ist damit weder eine Anfechtung in vollem Umfang noch mit aufschiebender Wirkung gewährleistet, sodaß im Einklang mit der zitierten Verfassungsvorschrift die ERSTMALIGE VERHÄNGUNG einer Ersatzfreiheitsstrafe hier überhaupt nur deswegen statthaft ist, weil sie durch den O.ö.

Verwaltungssenat und somit von einer iSd Art. 6 Abs.1 MRK unabhängigen, dh konventionskonformen Behörde verhängt wurde.

6. Obgleich als Ergebnis dieses Verfahrens Schuldspruch und Strafverhängung auszusprechen waren, bewirkt die besondere Fallkonstellation, daß der Bestrafte entgegen § 64 VStG zu keinem Verfahrenskostenbeitrag zu verpflichten ist.

6.1. Der sonst in Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat dem Bestraften aufzuerlegende Kostenbeitrag in der Höhe von 20% der verhängten Strafe scheidet hier von vornherein aus, weil durch den unabhängigen Verwaltungssenat nicht, wie es § 64 Abs.1 zweiter Fall VStG als Tatbestandsmerkmal für einen solchen Kostenausspruch verlangt, ein Straferkenntnis bestätigt, sondern originär gefällt wurde.

6.2. Insofern zwar liegt immerhin ein Straferkenntnis iSd § 64 Abs.1 erster Fall VStG vor, dennoch ist nicht der geringere Kostenbeitrag von 10% zu leisten, weil § 64 Abs.2 VStG diesen Beitrag ausdrücklich nur für das Verfahren erster Instanz bestimmt. In dem diesbezüglich maßgeblichen formell-organisatorischen Verständnis jedoch führte der unabhängige Verwaltungssenat dieses Verfahren zweifellos als Berufungsinstanz, wenngleich er dabei INHALTLICH in die Rolle einer Strafbehörde erster Instanz zu schlüpfen hatte.

In Wahrheit handelt es sich also um grundsätzlich verschiedene, nur vermeintlich ähnliche Sachverhalte, sodaß eine unechte Lücke im System der Kostenregelungen des VStG vorliegt, die daher nicht rechtsschöpfend durch Analogie geschlossen werden darf (vgl. zur Lückenschließung mittels 'Analogie': Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht 7.A [1992], Rz 136 mwN).

6.3. Aus diesen Gründen war im Berufungsfall, abweichend von der bisherigen Rechtsprechung des unabhängigen Verwaltungssenates (vgl. das Erk. vom 14.11.1995, VwSen221024/28/Le/La), von einer Verpflichtung des Beschuldigten zu Kostenbeiträgen gänzlich abzusehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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