Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280088/22/Kon/Fb

Linz, 15.10.1996

VwSen-280088/22/Kon/Fb Linz, am 15. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn F H, pA R GmbH, W, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels als Bezirksverwaltungsbehörde vom 9. Mai 1995, GZ MA2-Ge-4153-1994 Scho, wegen Übertretung der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung - AAV, auf Grund des aufhebenden Verwaltungsgerichtshoferkenntnisses vom 2. August 1996, 96/02/0184, 0185, im zweiten Rechtsgang neuerlich zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 45 Abs.1 Z2 (2. Fall) VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält in seinem Schuld spruch nachstehenden Tatvorwurf:

"Sie sind als Geschäftsführer der R Ges.mbH., W, W, dafür verantwortlich, daß, wie aufgrund einer Kontrolle dieses Betriebes durch das Arbeitsinspektorat Wels am 21.9.1994 festgestellt wurde, gegen die Bestimmung des § 23 Abs. 3 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung verstoßen wurde, indem der Notausgang im Arbeitsraum in der Näherei, welcher als solcher gekennzeichnet ist, versperrt war. In unmittelbarer Nähe des Notausganges war ein Schlüsselkästchen vorhanden.

Gemäß § 23 Abs. 3 AAV ist bei Notausgängen, sofern sie aus Betriebsgründen versperrt sein müssen, durch geeignete Vorkehrungen dafür zu sorgen, daß sie sich jederzeit ohne fremde Hilfsmittel von innen leicht öffnen lassen, solange sich Arbeitnehmer im Raum aufhalten.

Schlüsselkästen werden nach der Judikatur des VwGH als fremde Hilfsmittel gewertet und sind somit unzulässig.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 23 Abs. 3 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr. 218/1993 i.d.g.F." Die begründenden Ausführungen der belangten Behörde, wie das Berufungsvorbringen wurden in der Begründung des aufgehobenen Erkenntnisses des unabhängigen Verwaltungssenates bereits wiedergegeben, sodaß, um Wiederholungen zu vermeiden, auf dieses verwiesen wird.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

§ 23 Abs.3 AAV bestimmt:

"Sofern Notausgänge und Notausstiege aus Betriebsgründen ver sperrt sein müssen, ist durch geeignete Vorkehrungen dafür zu sorgen, daß sie sich, solange sich Arbeitnehmer im Raum aufhalten, jederzeit ohne fremde Hilfsmittel von innen leicht öffnen lassen." Als Notausgänge im Sinne der zitierten Gesetzesstelle sind solche anzusehen, für die objektiv die Notwendigkeit besteht, daß sie aus betrieblichen Gründen während der Betriebszeit zu versperren sind. Beispielsweise dann, wenn es der Schutz betriebsfremder Personen erfordert.

Dies bedeutet, daß nur in einem solchen Fall dem Arbeitgeber aus der AAV heraus (§ 23 Abs.3) die Verpflichtung trifft, dem Erfordernis des leichten Öffnens ohne fremde Hilfsmittel zu entsprechen.

Anhaltspunkte dafür, daß es sich bei den Notausgängen in der Betriebsanlage des Beschuldigten um solche iSd § 23 Abs.3 AAV handelt, liegen nicht vor. Sie ergeben sich weder aus dem gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 10.6.1980, MA2-Ge-3039-1980, samt Verhandlungsschrift vom 3. Juni 1980 noch aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk und auch nicht aus den Angaben des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat am 8. Oktober dJ. Seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung nach, räumt der Beschuldigte lediglich ein, daß es aus Gründen der Diebstahlsicherung möglich gewesen sei, daß der Notausgang während der Pausen fallweise abgesperrt worden wäre und dessen Wiederaufsperren während der Betriebszeit vergessen worden sei. Dies erfüllt für sich allein noch keinen Straftatbestand, weil aus der AAV als genereller Norm keine Bestimmung zu entnehmen ist, welche gebietet, Notausgänge unversperrt zu halten. Um daher in anderen, nicht unter § 23 Abs.3 AAV subsumierbaren Fällen, dennoch die Notausgangsfunktion im Interesse der Arbeitnehmer gewährleisten zu können, erweist sich die Vorschreibung entsprechender Auflagen gemäß § 27 Abs.2 ANSchG für erforderlich. Diese sind jedoch im vorerwähnten Betriebsanlagenbescheid unterblieben. Dieser Bescheid enthält nämlich keine Auflage dahingehend, daß die Notausgänge unversperrt oder mit einem integrierten Öffnungsmechanismus versehen sein müssen, sondern bestimmt lediglich, daß Fluchttüren in Fluchtrichtung aufschlagen müssen (Auflage Punkt 16). Die Vorschreibung ergänzender, dem Stand der Sicherheitstechnik entsprechender Auflagen zur Gewährleistung der Notausgangsfunktion ist im gegenständlichen Fall aber sicherlich geboten.

Da die gegenständlichen Notausgänge nicht solche iSd § 23 Abs.3 AAV sind, wurde die darauf abstellende Strafe zu Unrecht verhängt, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

Aufgrund der stattgebenden Berufungsentscheidung waren dem Beschuldigten gemäß § 65 VStG keine Kosten für das Berufungsverfahren vorzuschreiben.

Abschließend ist festzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem voranzitierten aufhebenden Erkenntnis gegenüber dem unabhängigen Verwaltungssenat als belangter Behörde seine bindende Rechtsansicht dahingehend zum Ausdruck bringt, als er die Rechtswidrigkeit im aufgehobenen Erkenntnis darin erblickt, daß darin die Strafbarkeit der angelasteten Verwaltungsübertretung von einem Antrag des Arbeitsinspektorates gemäß § 10 Abs.1 ArbIG 1993 abhängig gemacht worden sei. Die vorliegende Entscheidung läßt diese Rechtsansicht jedoch unberührt bzw unwidersprochen und gründet lediglich darauf, daß festzustellen war, daß keine Betriebsgründe vorlagen, denenzufolge die gegenständlichen Notausgänge hätten versperrt gehalten werden müssen. Es liegt sohin kein Verstoß gegen das Bindungsgebot an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes vor.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K o n r a t h

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