Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110079/2/Kl/Rd

Linz, 07.07.1998

VwSen-110079/2/Kl/Rd Linz, am 7. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Schieferer, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des Josef K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 18.8.1997, VerkGe96-27-1997-RE, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG. zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 18.8.1997, VerkGe96-27-1997-RE, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 20.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z6 iVm § 8 des GütbefG 1995 iVm dem Transitvertrag, BGBl.Nr. 823/1992, sowie mit der Verwaltungsvereinbarung über die Festlegung des Zeitpunktes und der Modalitäten der Einführung des im Transitabkommen vorgesehenen Ökopunktesystems vom 30.12.1992, BGBl.Nr. 879/1992, verhängt, weil er als mit Bescheid des Landeshauptmannes von vom 23.7.1996, VerkGe-210.944/6-1996/Ga, genehmigter Geschäftsführer der K Gesellschaft mbH in Ausübung des im Standort S betriebenen Güterbeförderungsgewerbes mit vier Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs (Güterfernverkehr), Konzessionsurkunde vom 18.4.1990, VerkGe-9-1990, zu verantworten hat, daß der Lenker des Sattelzugfahrzeuges mit Sattelanhänger, Harald G, laut dienstlicher Wahrnehmungen des Zollamtes Weigetschlag am 17.4.1997 um 11.55 Uhr für die an diesem Tag durchgeführte Transitfahrt von Italien durch Österreich zur tschechischen Grenze keine mit einem Kontrollvermerk eines österreichischen Zollamtes versehene Bestätigung (drittes Blatt der ÖKO-Karte) über die Entrichtung der Ökopunkte für die betreffende Fahrt vorweisen konnte.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher die Einstellung des Verfahrens beantragt wurde. Dies wurde damit begründet, daß der Fahrer den Auftrag erhielt, in Italien/Casalserugo zu laden und in Linz zu entladen. Die Ware sei in A, Spedition S ausgeladen worden und es sollte dort ein tschechischer LKW die Ware übernehmen. Weil dieser jedoch nicht kam, wurde die Ware wieder aufgeladen zum Weitertransport nach Prag. Durch die Abladung in Linz sei daher kein Transit erfolgt und seien daher keine Ökopunkte zu kleben gewesen. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer des O.ö. Verwaltungssenates zu entscheiden.

4. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.1 VStG nicht anzuberaumen.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über den Güterverkehr im Transit auf der Schiene und der Straße, BGBl.Nr. 823/1992 (Transitvertrag), enthält im Art.15 Ausführungen zur Reduktion der Umweltbelastungen durch ein Ökopunktesystem. Die Bemessung und Verwaltung dieser Punkte wird im Anhang IX des Transitvertrages geregelt; nach Abs.1 dieses Anhanges ist für jeden LKW, der Österreich durchfährt, bei jeder Fahrt (in eine Richtung) unter anderem eine gültige Punktekarte, die von den zuständigen Behörden ausgestellt wird, vorzulegen. Nach Art.15 Abs.8 des Transitvertrages wird Österreich für LKW, die in Österreich zugelassen sind, im Transitverkehr durch Österreich dasselbe Ökopunktesystem anwenden. Nach Art.24 Abs.4 des Transitvertrages werden der Zeitpunkt und die Modalitäten der Einführung des Ökopunktesystems im Jahr 1992 in einer Verwaltungsvereinbarung festgelegt. Diese Verwaltungsvereinbarung wurde unter BGBl.Nr. 879/1992 kundgemacht und trat nach ihrem Art.10 mit 1.1.1993 in Kraft. Nach Art.3 Z1 dieses Verwaltungsübereinkommens hat der Lenker eines Lastkraftwagens für jede Transitfahrt ein einheitliches und vollständig ausgefülltes Formular oder eine österreichische Bestätigung über die Entrichtung der Ökopunkte für die betreffende Fahrt gemäß Anhang A der gegenständlichen Vereinbarung (genannt Ökokarte) mitzuführen und jederzeit auf Verlangen den Kontrollorganen vorzuweisen. Das Formular gemäß Anhang A der gegenständlichen Vereinbarung wird von den zuständigen österreichischen Stellen gegen Entrichtung der bei der Herstellung und dem Versand anfallenden Kosten einschließlich jener für die Ökopunkte ausgegeben. Gemäß Art.8 Z1 der Verwaltungsvereinbarung sind Zuwiderhandlungen eines Lenkers eines Lastkraftwagens oder eines Unternehmens gegen die Bestimmungen des Transitabkommens oder dieser Verwaltungsvereinbarung nach den jeweiligen nationalen Vorschriften zu ahnden.

Gemäß § 23 Abs.1 Z7 Güterbeförderungsgesetz 1995-GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer Ge- und Verbote aufgrund von Abkommen mit Staatengemeinschaften über den grenzüberschreitenden Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen nicht befolgt. Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z7 hat die Geldstrafe mindestens 20.000 S zu betragen (§ 23 Abs.2 leg.cit.).

5.2. Mit der dem Bw zur Last gelegten Tat, nämlich dem Nichtmitführen und Nichtvorweisen einer Ökokarte mit gültigen Ökopunkten für eine Transitfahrt, wurde gegen Art.3 Z1 Abs.1 der Verwaltungsvereinbarung verstoßen. Das Nichtvorweisen der Ökokarte auf Verlangen der Kontrollorgane ist nicht in der von der belangten Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides zitierten Bestimmung des § 8 GütbefG - diese Bestimmung bezieht sich nur auf Kontingenterlaubnisse -, sondern ist in der speziellen Norm des Art.3 Z1 der genannten Verwaltungsvereinbarung zu finden. Eine Verletzung dieser Norm - weil es sich um ein Abkommen mit einer Staatengemeinschaft handelt - ist daher nicht in § 23 Abs.1 Z6 GütbefG, sondern in der Z7 für strafbar erklärt.

In der Sache selbst aber ist auf den Wortlaut des Art.3 Z1 Abs.1 der Verwaltungsvereinbarung hinzuweisen, wonach "der Lenker eines Kraftwagens" die Ökokarte mitzuführen und jederzeit auf Verlangen den Kontrollorganen vorzuweisen hat. Es kann daher nur jener zur Verantwortung gezogen und strafbar sein, dem eine gesetzliche Verpflichtung - hier eine Verpflichtung nach der Verwaltungsvereinbarung - auferlegt wurde. Im konkreten Fall trifft diese Pflicht zum Mitführen und Vorweisen der Ökokarte den Lenker. Eine diesbezügliche Verpflichtung des Unternehmers (Gewerbeinhabers) ist der Verwaltungsvereinbarung nicht zu entnehmen. Es kann daher auch nicht der Bw als gewerberechtlicher Geschäftsführer anstelle des Gewerbeinhabers zur Verantwortung gezogen werden. Aus diesem Grunde hat daher der Bw, weil er nicht Lenker des Sattelkraftfahrzeuges war, die Tat nicht begangen, und es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw einzustellen.

6. Weil das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war, war ein Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 66 Abs.1 VStG nicht vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. Schieferer Beschlagwortung: Abkommen mit Staatengemeinschaft; Pflicht des Lenkers; keine Strafbarkeit des Unternehmers

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